So machen das die Franzosen mit den Jobcentern ...
Hier scheinen ja einige auch schon Erfahrungen mit den Jobcentern in Deutschland zu haben. Oft hört man, dass die insgesamt eher eine überwachende und strafende Funktion haben, als einer wirklichen Vermittlungstätigkeit nachzukommen. Diverse Fernsehbeiträge verstärkten in der Vergangenheit diesen Eindruck. Jedenfalls gibt es wohl nicht so etwas wie eine Solidarisierung mit den Arbeitslosen. Eher herrschen in vielen Köpfen Vorstellungen, dass Arbeitslose den Staat irgendwie ausnutzen. Umso erstaunlicher, weil ein guter Teil der "vermittelnden" Mitarbeiter dort selber in prekären Arbeitsverhältnissen beschäftigt ist und i. d. R. nach Ablauf von 2 Jahren rausfliegt.
Ein Blick nach Frankreich lohnt. Hier gibt es inzwischen zahlreiche Mitarbeiter der Agenturen, die jegliche Sanktionen und Schikanen ggü. Arbeitslosen verweigern. Das natürlich mit Hilfe der Gewerkschaft der Arbeitsagenturen. Man kritisiert offen die Sippenhaftung und zeigt Solidarität. Man stellt fest, dass es eben keine Arbeit für alle gäbe und mit ständig geforderten Besuchen keine Arbeit schaffen würde. Die Regelungen würden nur das Risiko für die Erwerbslosen steigern, schikaniert und bestraft zu werden. Man wolle den Menschen aber nicht noch mehr schaden, die schon durch den Verlust des Arbeitsplatzes genug Schaden genommen hätten. Man weigert sich, die Erwerbslosen auszugrenzen oder Streichungen von Leistungen vorzunehmen ohne Moral und Menschlichkeit einer Maßnahme geprüft zu haben. Man wolle Angebote machen, aber nicht überflüssige Gespräche führen, keinen Zwang ausüben, unterdrücken oder erpressen, keine unlauteren Arbeitsangebote machen. Und was ich auch wichtig finde, man sieht sich nicht als Sozialpolizei und weigert sich, sich selbst der Wut der Erwerbslosen auszusetzen. Man sieht weder sich, noch die Arbeitslosen als verantwortlich für die herrschenden Zustände am Arbeitsmarkt an. Man drückt seinen Respekt vor den bürgerlichen Rechten der Erwerbslosen aus und erklärt ausdrücklich seine Solidarität.
Das ist ein Vorgang, den ich in Deutschland für absolut unmöglich halte. Aber dafür beneide ich die Franzosen. Da kann man nur noch sagen: à la bonne heure.
Das ganze mit den Jobcentern hier mal von zwei Seiten betrachtet. Einmal aus Sicht derer die dort eigentlich Arbeitssuchende in Jobs vermitteln sollen. Du schreibst, das diese selbst nach zwei Jahren Tätigkeit im Jobcenter rausfliegen. Ich weiss nicht wo du diese Information her hast, aber ich kenne einige Langzeitarbeitslose, welche schon über Jahre die selben Sachbearbeitet/Vermittler im Jobcenter haben. Also kann das mit den zwei Jahren nur bedingt stimmen, wenn überhaupt.
Dazu muss man sehen, das wir in Deutschland viele offene Stellen haben. Sicherlich nicht immer der Traumjob, aber unsere Arbeitslosenquote würde total nach unten gehen, wenn diese offenen Stellen über Nacht besetzt werden würden. Nur warum kümmert sich der einzelne Vermittler nicht wirklich? Klar, er will seine Daseinsberechtigung nicht verlieren.
Denn jeder in Arbeit gebrachte Kunde bedeutet auch, das auf Dauer bei den Vermittlern eingespart wird. Und wenn insgesamt weniger Leute einen Job suchen, dann kann man die Vermittler eben auch nicht anderweitig in der Agentur für Arbeit einsetzen.
Nun mal das Ganze aus Sicht von Arbeitssuchenden. Und ich habe da sehr viele Lebensberichte direkt von den Betroffenen bekommen. Beispiel eine gelernte Bankkauffrau. Ledig mit über 40, keine Kinder, Führerschein hat sie. Trotz ihrer Berufserfahrung und auch der Möglichkeit, das sie durch die familiäre Unabhängigkeit die größte Flexibilität besitzt, bekommt sie keinerlei Jobangebote. Weder in ihrem erlernten Beruf, noch in anderen Branchen.
Anderes Beispiel. Mann, ledig und auch ohne Kinder. Hat bis zur Arbeitslosigkeit im Außendienst gearbeitet. Wurde dort gekündigt, weil er auf einem Auge fast keine Sehkraft mehr besitzt und mangels räumlichen Sehens wurde ihm von ärztlicher Seite das Autofahren mehr oder weniger untersagt. Attest liegt der Agentur für Arbeit vor und der Mann bekommt ständig nur Angebote, wo er täglich mehrere hundert Kilometer auf deutschen Straßen zurücklegen müsste.
Du siehst also, man macht gezielt nichts oder die falschen Vorschläge, damit man ja genug Arbeitssuchende zu Verwalten hat. Oder warum kriegen private Jobvermittler selbst Langzeitarbeitslose in recht kurzer Zeit in Arbeit, was die Agentur für Arbeit nie wirklich wollte? Man sollte die Vermittler in den Jobcentern mit Grundgehalt und Erfolgsquote bezahlen, dann würden wir auch hier andere Verhältnisse haben.
Punktedieb hat geschrieben:[...] Du schreibst, das diese selbst nach zwei Jahren Tätigkeit im Jobcenter rausfliegen. Ich weiss nicht wo du diese Information her hast, aber ich kenne einige Langzeitarbeitslose, welche schon über Jahre die selben Sachbearbeitet/Vermittler im Jobcenter haben. Also kann das mit den zwei Jahren nur bedingt stimmen, wenn überhaupt.[...]
Für den Großteil der Mitarbeiter gilt das auch, aber wie ich sagte, für einen Gutteil, nämlich für ca. 20 %, nicht. Die sind befristet beschäftigt und hangeln sich von Befristung zu Befristung. Da es in der Vergangenheit sehr viele Klagen gegeben hat, ist man jetzt wohl noch vorsichtiger mit den Begründungen der Befristung geworden. Klagen hat da kaum noch Sinn. Heute werden die Leute angelernt, bauen während der Zeit natürlich auch den ein oder anderen Bockmist und wenn sie halbwegs brauchbar sind, dürfen sie wieder gehen. Kein besonders sinnvolles Verfahren.
Du hast einen interessanten Grund für eventuell schlechte Vermittlungsleistung angegeben, nämlich den, die eigene Existenzberechtigung zu wahren. Dazu muss man aber sagen, dass der Controlling-Bericht der Bundesagentur ziemlich unterschiedliche, ja konträre Vermittlungsergebnisse zeigt. Man muss Glück haben, an welches Jobcenter man gerät. Aber natürlich wird deren Leistung dann auch vom örtlichen Angebot abhängig sein.
Was aber bei uns vollkommen fehlt, ist ein gewisses Maß an Solidarisierung. Eher ist ja das Gegenteil der Fall. Und da finde ich die Nummer in Frankreich schon einen beachtlichen Vorgang.
Sicherlich ist das regional unterschiedlich. Ich sehe alleine durch die Angebote für Dozenten, das es in Thüringen mehr Maßnahmen gibt, als in Sachsen. Einfach weil es da unterschiedliche Strukturen und auch andere Arbeitslosenquoten gibt. Was man eben auch im Bereich der entsprechenden Schulen sehen kann, wo es hier in Plauen mit einem größeren Einzugsbereich weniger Anbieter gibt, als zum Beispiel in Sömmerda.
Allerdings habe ich es ja schon selbst erlebt, das man Stellenangebote ein zweites Mal geschickt bekommt, wo man schon gemeldet hat, das man dort zum Leistungsbetrug angestiftet wird. So was dürfte auch nicht sein, genauso wenig, wie man Arbeitssuchenden an den Kopf knallt, das deren Bewerbungsmappe vollkommener Mist ist ohne ihnen sagen zu können, was sie daran ändern sollen.
Wenn im Jobcenter Mitarbeiter angelernt werden für nur zwei Jahre, dürften die wenig motiviert sein, offene Stellen zu vermitteln, oder die Arbeitslosen auf andere Art zu unterstützen. Das dürfte eine Tätigkeit für gelernte Fachkräfte sein, die sich richtig auskennen. Ein Arbeitsloser muss nicht nur vermittelt werden, sondern auch beraten. Ich kann mir schon vorstellen, dass einige Jobvermittler sich so verhalten, wie Punktedieb schreibt. Aber das finde ich einfach nur traurig.
Punktedieb hat geschrieben:Dazu muss man sehen, das wir in Deutschland viele offene Stellen haben. Sicherlich nicht immer der Traumjob, aber unsere Arbeitslosenquote würde total nach unten gehen, wenn diese offenen Stellen über Nacht besetzt werden würden.
Punktdieb, irgendwie verstehe ich deine Argumentation überhaupt nicht. Auf der einen Seite jammerst du, weil manchen unpassende oder wenige Jobangebote zugeschickt werden. Zugleich weißt du selbst, dass es viele offene Stellen gibt. Deutschlandweit stehen die Zeitungen voll mit Angeboten und jeder der eine Schule besucht hat, sollte mit einer Zeitung halbwegs umgehen können. Habe ich glaub ich in der fünfte Klasse in der Schule schon gelernt.
Nur wenn man sich die offenen Stellen ansieht, dann merkt man schnell, dass dies nicht nur keine Traumjobs sind, sondern oftmals absoluter Schwachsinn. Da wird für einen Niedriglohn verlangt, dass Fahrer tagtäglich ihren Führerschein aufs Spiel setzen, quasi durchgehend zu erreichen sind, Überstunden hinnehmen, manchmal auch ohne Bezahlung und oftmals findet man befristete Verträge bei Zeitarbeitsfirmen. Da werden dann jetzt Leute gesucht, die den Winter durch auf Abruf Schnee räumen, im Frühjahr sind sie dann wieder arbeitslos.
Auf die Anzeigen melden sich die unterschiedlichsten Menschen. Vom 19jährigen Studenten, über den Weltreisenden der gerade wieder in Deutschland gelandet ist, die Mutter nach der Elternzeit, Frührentner, Tagelöhner, Bauhelfer, die keine Lust mehr auf dem Bau haben und Menschen, die einfach wieder auf eigenen Beinen stehen wollen. Wenn querbeet alle mehr oder weniger jammern, dann sollte man vielleicht manchmal mal nicht nur auf die bösen Arbeitslosen zeigen, sondern sich um anständige Arbeit zu einem vernünftigen Gehalt bemühen. Wer auf Provisionsbasis Zeitungsabos für "die junge Hausfrau" am Telefon vertickern soll, wird diesen Job nicht lange machen- unabhängig davon wie jung oder alt, gebildet oder dumm, motiviert oder genervt oder Lang- oder Kurzzeitarbeitslos man ist.
Wer hier mal in einer Maßnahme gesessen hat, erkennt schnell wie unsinnig viele davon sind. Da sitzen dann Leute im "Computertraining für Bewerbungen", die vorher einen mehrwöchigen Lehrgang zum Altenhelfer gemacht haben, ein bisschen Maler spielten und als Eurojobber an Haltestellen herumstanden. Daran verdienen die Weiterbildungsläden, die Referenten zum Billiglohn beschäftigen.
Egal, was man macht, wird es im jetzigen System nicht mehr Stellen geben. Dafür braucht es andere Gehälter. So lange mehr als 6 Millionen Sozialleistungen abhängig sind, kann man wohl kaum behaupten, dass all diese Menschen nicht arbeiten wollen.
@Trisa
Ich weiss zwar nicht wo ich gejammert habe, wenn ich hier mir bekannte Fakten mitteile. Teilweise aus Zeiten, wo ich Arbeitsuchend war. Vieles aus den letzten Jahren, wo ich selbst als Dozent vor Teilnehmern von Weiterbildungsmaßnahmen stand. Und die Kurse, wo ich unterrichtet habe, sehe ich vom Wissen, welches vermittelt wurde, nicht als unsinnig an. Einzig, das man beim Leistungsniveau anders zusammenstellen sollte, ist das was Dozenten, wie auch Bildungseinrichtungen seit Jahren fordern.
Woher du allerdings wissen willst, das Dozenten zu Billighonoraren arbeiten, würde ich schon gerne wissen. Denn es kann sich kein Freiberufler acht Unterrichtsstunden zu niedriger Bezahlung leisten, weil man schließlich auch genug Kosten hat.
Und das nur, wie von dir bezeichnet, nur schwachsinnige Stellen ausgeschrieben wären, dann frage ich mich, woher das Jammern der Industrie kommt, das Fachkräfte in vielen Bereich fehlen. Das Ausbildungsbetriebe jammern, das sie keine Auszubildenden finden und das bei Berufen, wo sich die Jugendlichen vor zwei/drei Jahren noch fast um den Ausbildungsplatz geprügelt haben.
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