Wie jemanden aufbauen, der sich mit gutem Grund beklagt?

vom 14.10.2011, 11:28 Uhr

In meinem Leben gibt es einen Menschen, der es gesundheitlich nicht gerade leicht hat. Mit zwei Bandscheibenvorfällen und der daraus resultierenden langfristigen Therapie, die nicht vollständig angeschlagen hat, kämpft derjenige nun seit einiger Zeit mit Schmerzen, ständigen Verspannungen, leichter Bewegungseinschränkung und der Tatsache, dass er so lange arbeiten gehen will, bis es definitiv nicht mehr geht, um dann eine oder zwei Wochen krankgeschrieben zu werden, anschließend aber wieder zur Arbeit zu gehen. Es gab in diesem Fall auch schon eine Klage gegen die Rentenversicherung und insgesamt ist diese ganze Problematik sehr verzwickt und verfahren.

Diese Person nimmt ständig Schmerzmedikamente, allerdings aber keine leichten Präparate, sondern doch das, was man eher als Hammer bezeichnet. Sie arbeitet außerdem stehend und in einem Umfeld, in dem sie großer Wärme ausgesetzt ist, was vermutlich für die Durchblutung und somit gegen die Schmerzen ganz gut sein dürfte. Allerdings ist allein diese stehende Berufstätigkeit natürlich nichts für den Rücken und die Schmerzen werden insofern auch immer wieder schlimmer, teilweise ergeben sich auch Entzündungen, die dann behandelt werden.

Es gibt Tage, an denen diese Person mir ihr Leid klagt und sich darüber „beschwert“, dass sie nachts nicht schlafen kann, diese Problematik der Schlafstörungen kommt als weitere hinzu. Es gibt Nächte, in denen sie gar nicht schläft und andere, in denen vier Stunden möglich sind. Diese Nächte sind allerdings äußerst selten, am häufigsten sind eineinhalb bis zwei Stunden Schlaf mit einer Unterbrechung möglich. Ich versuche mittlerweile nicht mehr, Tipps zum bessere Einschlafen zu geben, weil ich aufgrund der Dauer dieser Problematik mittlerweile weiß, dass schon alles, was mir einfällt, versucht wurde. Also versuche ich, dieser Person gut zuzureden, was natürlich im Prinzip so gar nichts bewirkt und auch nichts an der Situation verbessert.

Gestern habe ich dann über den Tag verteilt immer wieder Nachrichten erhalten, in denen sie sich bei mir darüber ausgelassen hat, dass ein richtig blöder Arbeitstag sei und immer wieder etwas hinzukam, das diese Person übernehmen sollte, ohne das eigentlich wegen fehlenden Schlafs und eben dieser Schmerzen zu können. In dieser Situation kam ich mir so richtig machtlos vor, weil mir einfach nichts Passendes einfallen wollte, das ich hätte sagen können, außer eben wieder ein paar kläglichen Versuchen der Aufmunterung, die aber, das war mir eigentlich klar, völlig für die Katz waren.

Damit das hier nicht falsch aufgefasst wird: Bei dieser Person handelt es sich nicht um eine solche, die sich nur und ständig beklagt, ganz im Gegenteil. Es ist auch in keiner Weise so, dass diese Beschwerden mich nerven würden und ich weiß auch, dass man sein körperliches Leid jemandem anvertrauen muss und es manchmal schon hilft, das einfach nur zu äußern, ohne ein großartiges Feedback zu bekommen, das einem konkret weiterhilft. Dennoch habe ich mich gestern so machtlos gefühlt, weil ich die passenden Worte gesucht, aber nicht gefunden habe.

Geht es Euch auch manchmal so, dass ihr jemandem eigentlich Trost und Mut, vielleicht auch Motivation geben wollt, aber nicht wisst, wie Ihr das anstellen könntet? Wie würdet Ihr in einer Situation wie der oben geschilderten verfahren? Und was erhofft Ihr selbst Euch davon, wenn Ihr Euer Leid jemand anderem anvertraut?

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Diese Frau in Deinem Leben hat es wohl nicht leicht und ich denke, dadurch, dass sie die Möglichkeit hat, sich bei Dir auszuweinen, ist ihr schon ganz gut geholfen. Mehr kannst Du im Grunde nicht tun, als Dich zur Verfügung zu stellen, wenn sie ihr Leid klagt und ich denke, sie weiß es durchaus zu würdigen, dass Du so bemüht bist, ihr eben zuzuhören und auch gegebenenfalls, um ihr zu helfen. Ich gehe aber mal davon aus, dass sie selbst nicht weiß, wie man ihr als Außenstehender helfen kann, wenn man nicht gerade etwas tun kann, um ihr eigentliches Leid zu lindern.

Ich habe selbst schon einige Situationen gehabt, sowohl als zuhörende, aber auch als selbst sich ausweinende Person. Und von beiden Seiten aus betrachtet war und ist es einfach so gewesen, dass man jeweils froh war, seinen Kummer sich von der Seele zu reden. Nichts, was gesagt wird oder getan wird, kann letztendlich auch helfen, wie in Deinem Fall die Schmerzen zu lindern oder beispielsweise bei einem Todesfall den verstorbenen Menschen zurück zu holen.

Es ist schon so, wenn ich gern etwas tun würde oder möchte, es auch so sage: sprich, ich biete eben an, wenn etwas zu tun ist oder ich in irgendeiner Art und Weise helfen kann, solle man bitte keine Hemmungen scheuen, sich an mich zu wenden. Dummerweise ist man dann schon manchmal zu stolz, dieses Angebot anzunehmen und ich versuche dann eben zwischenzeitlich schon mal zu fragen, was ich denn tun kann und wie es so geht. So nimmt es dann seinen eigenen Lauf und dem Hilfesuchenden vielleicht auch die Hemmungen, als auch den Wind aus den Segeln.

Ich denke, jeder, der sich Hilfe sucht oder sich mal ausweint, will nicht unbedingt Hilfe im Sinne von Ratschlägen. Manchmal tut es einfach nur gut, sich seinen Frust von der Seele zu reden und wenn man da zuhört, ist schon viel getan. Das ändert zwar nichts an diesem machtlosen Gefühlen, was ich persönlich auch sehr gut nachvollziehen kann, aber dennoch ist es eine Form der Hilfe, die auch nicht ganz unwichtig ist.

Ich brauche einfach nur ein offenes Ohr und ich weiß auch, wenn ich mich ausspreche, dass ich im Grunde nichts an der Situation ändern kann. Wenn selbst ich, die in dieser Situation nicht steckend, nicht daran ändern kann, darf ich nicht erwarten, dass jemand anderes da eingreift. Eventuell bekommt man einen anderen Weg aufgezeigt, wenn man sich beispielsweise in eine Sackgasse manövriert hat oder eben auch einen ganz anderen Blickwinkel aufgezeigt, was ich auch als sehr wichtig empfinde. Und meistens ist mir einfach schon damit geholfen, dass ich weiß, jemand ist für mich da und hört mir zu.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Manchmal tut es einfach gut, wenn man jemanden sein Leid klagen kann und man einfach jemanden hat, der einem zuhört. Oft ist es dann ja auch so, dass man keine wirklichen Ratschläge erwartet, sondern einfach nur froh ist, dass man sich mal Luft machen kann. Es reicht dann ja schon, wenn der Jenige zuhört und ein paar tröstende Worte hat oder eben eben zustimmt, dass es gerade wirklich übel ist. Ein bisschen Mitleid tut da ja doch jedem manchmal gut.

Hast du deiner Freundin denn mal gesagt, dass du manchmal gar nicht wirklich weißt, wie du ihr helfen kannst und ein paar aufbauende Worte für sie findest? Vielleicht ist sie ja schon einfach froh darüber, dass sie dich hat und sich bei dir aus heulen kann. Lade sie doch mal zum Frühstück oder so ein und macht euch einen schönen Nachmittag. Das wird sie sicherlich auch mal etwas Ablenken und mal eine willkommene Abwechselung sein.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Kurz vorweg: Es handelt sich bei dieser Person um einen Mann. „Sie“ habe ich nur gesagt, um nicht ständig „diese Person“ zu sagen, ich meinte aber „die Person“ damit.

In Situationen, in denen ich sage, dass ich ihm gerne weiterhelfen können würde, erhalte ich Aussagen wie: „Das kann wohl niemand“ und damit war es das dann auch schon wieder. Sicherlich weiß ich, dass es oft schon ausreicht, wenn man jemandem einfach nur sein Leid klagen kann, ohne konkrete Hilfe zu erfahren, allerdings erlebe ich zu oft, dass ich mich als der zuhörende Part nicht ständig wiederholen will mit meinen Floskeln. Dass er sich bei mir „ausheult“, passiert so häufig, dass ich mich aber in eben dieser Situation tatsächlich immer wieder sehe. Und ich merke, wie ich dann, wenn ich seine Nachrichten lese, schon manchmal aufatme, nicht direkt genervt, aber doch ein wenig angestrengt, weil ich mich frage, was ich denn jetzt wiederum dazu sagen soll, nachdem mir langsam die Worte ausgehen.

@ Nelchen: Wir unternehmen häufiger mal was zusammen, aber das ändert nicht wirklich etwas an der Tatsache, dass mir die Worte langsam ausgehen. Ein gemeinsames Frühstück ist sicherlich schon allein aufgrund seines äußerst frühen Arbeitsbeginns nicht möglich. Aber ich wüsste ohnehin nicht, was gemeinsame Unternehmungen an der Tatsache ändern sollten, dass ich häufig nicht weiß, was ich ihm antworten soll, wenn er sich bei mir über seine Arbeitsbedingungen beschwert. Über Abwechslung in seinem Leben kann er sich sicherlich nicht beklagen und tut das auch nicht, aber das ist eben auch nicht das wirkliche Problem, mit dem er sich herumschlägt oder das ich hier anspreche.

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



moin! hat geschrieben:Geht es Euch auch manchmal so, dass ihr jemandem eigentlich Trost und Mut, vielleicht auch Motivation geben wollt, aber nicht wisst, wie Ihr das anstellen könntet? Wie würdet Ihr in einer Situation wie der oben geschilderten verfahren? Und was erhofft Ihr selbst Euch davon, wenn Ihr Euer Leid jemand anderem anvertraut?

Ich bin der Meinung, das du schon genau richtig reagierst, indem du ein offenes Ohr hast für die Sorgen und Nöte der beschriebenen Person, denn für die wird es schon erleichternd sein, wenn sie sich mal ihr Leid von der Seele reden kann. Viel Trost und Motivation kann man in dem Fall wohl nicht wirklich geben und ich wüsste auch nicht genau, wie ich das anstellen würde, aber zuhören ist doch schon mal ein guter Schritt.

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» EmskoppEL » Beiträge: 3423 » Talkpoints: 20,21 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Wenn jemand richtig schön genervt ist und einen beschissenen Tag hat, dann bringt es meist mehr wenn man ihm einfach nur zuhört. Trösten würde ich hier eher weniger. Also ein wenig trösten ist auf jeden Fall nicht verkehrt aber es sollte eben nicht zu viel sein. Es gibt sicher Leute die in der Situation auf gut gemeinte Worte etwas stinkig reagieren. Reaktionen wie "ach du hast leicht reden" kenne ich nur zu gut. Solche Reaktionen hatte ich ab und zu mal von meinen Freunden. Deswegen setzte ich hier lieber auf die Karte "zuhören" anstatt auf "trösten" aber das kommt auch ganz auf den Menschen darauf an. In der Regel will man einfach mal Dampf oder Luft ablassen. Das tut einem gut und danach lebt es sich wieder ein wenig besser.

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» Zohan » Beiträge: 4398 » Talkpoints: 16,33 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


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