Lieber ehrliche oder höfliche Kinder?

vom 04.10.2011, 14:38 Uhr

Cid hat geschrieben:Warum soll ein Kind gezwungen werden, etwas zu probieren, von dem es von vorne herein weiß, dass es das nicht essen kann, weil es ihm nicht schmeckt. Nein, es muss nicht probiert werden, wenn das Kind das Gericht kennt und genau weiß, dass ihm übel davon wird. Das gibt es doch bei Erwachsenen auch, dass die dann dankend ablehnen. Wenn ein Kind weiß, dass es seine Meinung äußern darf, wird es das auch tun und zwar so, wie es das zu Hause gelernt hat, ehrlich und höflich.

Können und wollen ist ein deutlicher unterschied, und du kannst mir auch nicht erzählen, dass jedes Kind weiß das das essen überall anders schmeckt. So kann die Spagetti Bolognese daheim ganz toll empfunden werden, und bei Freunden als total ekelhaft. Dabei handelt es sich um ein und das selbe Gericht und das kann man auch anders rum spielen, wenn das Essen daheim nicht so gut schmeckt kann es woanders jedoch richtig toll sein - findet man aber nur heraus wenn man auch probiert. Wenn ein Kind das ganze im vorne herein ablehnt, dann wird es auch geschmacklich nie etwas neues dazu lernen und erst recht nicht seine Meinung zu sagen, dass das Essen nun nicht so gut schmeckt wie woanders.

Zudem hab ich auch noch kein Kind erlebt, dem von einem bestimmten Essen Übel geworden ist und ich war auch mal Kind und auch ich hatte das nicht. Die Sachen die sich im Kopf abspielen kommen erst später, im Bezug auf Fleisch, Schnecken und Fisch. Kleinere Kinder sind in solchen Sachen noch unkompliziert und oftmals schmecken ihnen da noch Gerichte, die sie später nicht mehr anrühren würden da sich auch die Geschmackszellen mit der Zeit weiter entwickeln. Auch du hattest bestimmt als Kind Gerichte, die du nicht essen wolltest und nun doch isst. Und wie findet man so etwas raus? Richtig man probiert, ansonsten findet man das nicht raus.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



Ich muss mich Diamante da anschließen. Wir wurden nämlich auch so erzogen. Grundsätzlich legten meine Eltern schon Wert darauf, dass wir höflich waren, allerdings hätten wir dafür nicht lügen sollen. Wenn ein Essen nicht schmeckt, dann kann man das sagen. Es komm eben einfach darauf an, wie man es sagt. Und wenn ein Kind generell etwas nicht isst, und das bekannt ist, dann kann es ja auch mitteilen, dass es das nicht gerne essen mag. Ich weiß nicht, wieso man das Kind dann aus lauter Höflichkeit kosten lassen muss, obwohl es da schon eine gefestigte Meinung dazu hat.

Wir durften übrigens auch mal fluchen, wenn uns danach war. Sowas haben meine Eltern nämlich auch gemacht. Aber das muss ich nicht am Esstisch bei einer Familienfeier bringen. Und auch hier kommt es generell darauf an, was man äußert. Wenn ich da so höre, was einige Kinder da schon von sich geben, da schlackern selbst mir zeitweise die Ohren. Bei solchen Begriffen wären meine Eltern vermutlich vom Glauben abgekommen (auch wenn sie Atheisten sind).

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


Ich sehe gerade in Bezug auf Essen und da unterschiedliche Gewohnheiten nicht, dass sich Höflichkeit und Ehrlichkeit ausschließen müssen. Meine Kinder habe ich so erzogen, dass sie bei neuen Mahlzeiten schon einmal probieren. Wenn es ihnen dann nicht schmeckt, dann müssen sie auch nicht weiter davon essen. Glücklicherweise sind die beiden aber so neugierig, dass sie innerhalb weniger Monate auch Dinge probieren, die sie einige Zeit zuvor noch nicht mochten. Entweder schmecken sie dann oder sie schmecken nicht.

Und meine Kinder müssen auch nichts woanders probieren oder gar essen, was sie daheim nicht mögen. Denn auch wenn es Unterschied in der Zubereitung gibt, so ist der Geschmack ja doch in der Regel ähnlich. Daher müssen sie das nicht, allerdings sind beide nicht mäkelig und mir fällt pro Kind jeweils nur ein Nahrungsmittel ein, was das Kind partout nicht essen würde.

Sicher bringen die Kinder aus der Schule, dem Hort oder auch von Freunden schon mal Formulierungen mit, die sehr unhöflich sind. Allerdings erkläre ich dass den Kindern dann und diese Ausdrücke bleiben dann auch schnell wieder weg. Ich akzeptiere es auch schon mal, wenn sie eben sagen, dass sie dies oder jenes einfach nicht mögen. Beispielsweise lässt sich bei Serrano-Schinken auch schwer beschreiben, was so unangenehm an dem Geschmack ist. Aber Ausdrücke wie ekelig benutzen wir im Zusammenhang mit Nahrungsmitteln nur sehr selten und wirklich ausgewählt.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Sorae, ich kann mich nicht erinnern, von jedem Kind geschrieben zu haben, sondern nur von „das Kind“, also einem. Ich kenne nicht alle Kinder. Möglich ist, dass du sie kennst. Wenn du meinen Text mal genauer durchliest merkst du, dass ich geschrieben habe: „--- wenn das Kind das Gericht kennt ---“ . Das heißt mit anderen Worten, das Kind ( eins nicht alle!) hat bereits probiert und festgestellt, dass es das Gericht nicht essen kann, weil es ihm nicht schmeckt! Du nennst ein völlig anderes Beispiel. Bei dir geht es um Spaghetti Bolognese, welches ein Kind laut dir mag. Dann wird es dieses Gericht auch anderweitig probieren und erst dann feststellen, dass es anders schmeckt und nicht sein Geschmack ist. Merkst du jetzt, dass es zwei verschiedene Dinge sind?

Ich gebe dir ein anderes Beispiel: Meine Mutter hat darauf bestanden, dass wir Kinder nicht nur probierten, sondern den Teller leer essen mussten, egal, wie lange es dauerte. Gab es ein Fleischgericht, kauten meine Schwester und ich so lange an dem Fleisch herum, bis meine Mutter kurz etwas erledigte und uns nicht im Blickwinkel hatte. Beide haben wir das Fleisch dann ausgespuckt und später entsorgt. Du glaubst nicht, dass es einem Kind übel wird von manchem Essen, das es nicht mag. Ich schrieb es, weil es mir selbst passiert ist. Ganz selten machte meine Mutter mal „Himmel und Erde“. Das war für mich das Schlimmste! Mir ist so schlecht davon geworden und ich war nur am Würgen und konnte nicht schnell genug zur Toilette kommen. Es war einfach ekelhaft für mich. Deshalb bin ich auch der Meinung, dass kein Kind gezwungen werden soll, etwas zu probieren, das es kennt und weiß: es schmeckt ihm nicht! Das mute ich aus eigener Erfahrung keinem Kind zu.

Die Gerichte, die mir als Kind nicht schmeckten, esse ich auch heute noch nicht. Mich interessiert mal, wo du deine Weisheit her hast. Denn du arbeitest nicht mit Kindern, hast selbst keine ( oder doch?) siehst sie praktisch nur, wenn du sie als Rettungssanitäter versorgst. Oder hast du die vielen Erfahrungen aus deinem Freundes- und Bekanntenkreis?

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Ich denke ebenfalls, dass Ehrlichkeit und Höflichkeit sich nicht zwingend widersprechen müssen und bin insofern der Meinung, dass es möglich sein sollte, Kindern dementsprechend zu vermitteln, dass sie mit dem Kundtun ihrer ehrlichen Meinung nicht unbedingt gleichzeitig jemanden verletzen, es aber leider im Bereich des Möglichen liegt, dass sie das tun. Ich weiß, dass meine Mutter, beispielsweise, sehr verletzt wäre, wenn man ihr sagen würde, dass einem ihr Essen nicht schmeckt, sobald man gefragt wird. Auch, wenn ich weiß, dass das eigentlich nur das Problem meiner Mutter ist, die mit Kritik nicht umgehen kann, egal, wie freundlich oder konstruktiv sie auch vorgetragen wird und somit auch nichts dagegen spricht, wenn die ehrliche Antwort auf eine solche Frage gegeben wird, würde ich mich da doch vorsichtig verhalten und mir meine Worte wirklich mit Bedacht überlegen. Verletzen will ich mit meiner ehrlichen Meinung niemanden und insofern auch nur dann deutlich ablehnen, wenn ich wirklich keinen anderen Ausweg sähe.

Und insofern glaube ich tatsächlich auch, dass es eine höflichere und eine unhöflichere Form der Ehrlichkeit gibt, gerade im Fall der Äußerung von Kritik, die sich hier auf die Fähigkeiten einer Person bezieht. Wenn ich am Essenstisch sitze und mir das Essen nicht schmeckt, würde ich sicherlich nicht einfach so frei von der Leber weg sagen, dass es mir nicht schmeckt, sondern vermutlich nur an der Stelle ansetzen, die mich stört und da um Abhilfe bitten, sei es beispielsweise ein Gewürz, das mir fehlt oder irgendetwas dergleichen. In dem Fall, dass das Essen zu stark gewürzt ist, sage ich allerdings durchaus, dass es mir leid tut, ich das Essen so leider nicht essen kann, weil es zu stark gewürzt ist. Diesen Fall hatte ich allerdings aber noch nicht sonderlich häufig.

Selbst bin ich zur Höflichkeit erzogen worden und somit auch dazu, das zu essen, was auf den Tisch kommt, vor allem wohl in fremden Häusern, wenn ich irgendwo eingeladen war. Ich habe so die kuriosesten Dinge gegessen, die ich schon allein dem Geruch nach wirklich äußerst abstoßend fand. Andererseits habe ich dadurch aber auch wiederum Speisen kennengelernt, die ich zugegebenermaßen sehr lecker fand und ich kann auch insgesamt betrachtet nicht sagen, dass ich irgendwelche Nachteile darin erkennen kann, nicht gesagt zu haben, wenn es mir nicht schmeckt, sondern mich da sprichwörtlich durchzubeißen. Diese Höflichkeit hat definitiv auch etwas mit Respekt und Dankbarkeit zu tun, die man dem, der einen bekocht hat, entgegenbringen soll und ich finde das nicht wirklich verkehrt, diese Höflichkeit auch entsprechend zu praktizieren.

Dennoch meine ich, dass man sicherlich auch nichts verkehrt macht, wenn man Kritik an den richtigen Stellen anbringt – wenn es sich wirklich um etwas wenig Genießbares handelt, halte ich das Anbringen von Kritik auch ohne entsprechende Frage der Gegenseite für angebracht. Dabei spielt es aber wiederum keine Rolle, ob es sich beim Kritisierenden um einen Erwachsenen oder um ein Kind handelt, ich gestehe da durchaus beiden dieselben Rechte zu.

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


In der Ehrlichkeit eines Menschen steckt ja eine gewisse Form von Höflichkeit. Wenn man nämlich beispielsweise die Unwahrheit sagt kann man es nicht als Höflich bezeichnen, auch wenn die Wahrheit auf den ersten Blick nicht höflich klingt. Diesen wichtigen und wesentlich Aspekt sollte man auf jeden Fall auch schon Kindern klarmachen und verdeutlichen, denn ansonsten werden sie dann später in gewissen Situationen zur Unwahrheit neigen.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


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