Bewusstlos nach schnellem Auftauchen?
Viele haben sicherlich irgendwo schonmal gelesen, dass Taucher beim Auftauchen aufpassen sollen und nicht zu schnell auftauchen. Denn sobald sie an der Oberfläche ankommen, kann es ihnen schwindelig werden und sie werden auf Anhieb bewusstlos. Gestern habe ich erneut einen Artikel bzw. ein Kapitel darüber im Lehrbuch gelesen, der Inhalt wurde aber nicht näher beleuchtet, obwohl ich dieses "Phänomen" aus physikalischer Sicht durchaus interessant finde.
Der Grund dafür soll das im Blut in gelöster Form vorliegende Gas sein, in erster Linie Stickstoff. Sicherlich werden einige schonmal davon gehört haben, dass pro 10 Meter Wassertiefe der auf den Körper wirkende Druck um 1 Atmosphäre zunimmt. Durch die Druckzunahme nimmt auch die Menge an physikalisch im Blut gelöstem Gas zu, je tiefer man taucht. Soweit so gut, bis dahin ist alles noch nachvollziehbar.
Aber was passiert physikalisch bzw. physiologisch im Körper beim Auftauchen? Ich hatte mal irgendwo gelesen, dass der Körper in dem Zustand vergleichbar ist mit einer geschüttelten Flasche, die mit Mineral- bzw. Sprudelwasser gefüllt ist, dessen Gas beim Auftauchen (=Öffnen der Flasche) sofort entweicht. Allerdings fehlt mir hier der Bezug zum Atemapparat: Was passiert genau mit dem Gas beim Auftauchen? Kollabieren für einen Moment die Blutgefäße, wodurch die zerebrale Blutzufuhr unterbrochen wird und es zur Bewusstlosigkeit kommt?
getku hat geschrieben:Aber was passiert physikalisch bzw. physiologisch im Körper beim Auftauchen? Ich hatte mal irgendwo gelesen, dass der Körper in dem Zustand vergleichbar ist mit einer geschüttelten Flasche, die mit Mineral- bzw. Sprudelwasser gefüllt ist, dessen Gas beim Auftauchen (=Öffnen der Flasche) sofort entweicht. Allerdings fehlt mir hier der Bezug zum Atemapparat: Was passiert genau mit dem Gas beim Auftauchen? Kollabieren für einen Moment die Blutgefäße, wodurch die zerebrale Blutzufuhr unterbrochen wird und es zur Bewusstlosigkeit kommt?
Deine Fragen sind schon immer sehr medizinisch, bist du etwa Medizin Student oder interessierst du dich nur über die physikalischen Wirkmechanismen im Körper?
Der Vergleich mit der Wasserflasche war schon einmal nicht schlecht, durch den Wasserdruck der größer wird je tiefer man taucht, werden die Räume in denen sich normal Luft befindet (z.B. Lunge) zusammengedrückt. Da diese Luft (Stickstoff) irgendwo hin muss, wird sie durch den außen herrschenden Druck in umliegendes Gewebe gedrückt (Osmolarität). Da der Stickstoff im Gewebe gelöst wird, entstehen bei einem zu schnellen Auftauchen Gasblasen im ganzen Körper, unter anderem auch im Gehirn und in der Lunge. Diese Blasen drücken auf alle Organe oder platzen im schlimmsten Fall und erzeugen dabei Reize die dem Gehirn signalisieren, hier liegt ein Sauerstoffmangel vor und das Hirn schaltet deswegen ab. Indem man sich an die Dekompressionszeit auf der jeweiligen Tiefe hält, geht der Stickstoff wieder aus dem Gewebe in die Gefäße zurück und kann über die Lunge normal abgeatmet werden.
Durch den Stickstoff im Gewebe kann der Körper sehr unterschiedlich reagieren, zum einen mit Panikattacken aber auch mit Euphorie oder eben mit Bewusstlosigkeit - das passiert auch gerne untrainieren Tieftauchern oder Anfängern wenn sie auf einmal zu weit abtauchen. Unterscheiden kann man das ganze in zwei Grade, beim ersten Grad tritt in der Regel keine Bewusstlosigkeit auf sondern mehr ein jucken, kribbeln unter der Haut oder auch Muskel- und Gelenkschmerzen. Diesen kann man auch relativ gut Behandeln in einer Druckkammer und reinem Sauerstoff. Es bleiben meistens keine Folgeschäden zurück, der zweite Grad ist es dann wenn Organe davon geschädigt werden z.B. durch das Platzen der Blasen, dabei entstehen oftmals Blutungen im Bereich der inneren Organe die natürlich auch zum Tod führen können.
Das ganze kann aber nicht nur beim Tieftauchen, sondern auch beim Schnorcheln oder Tauchen ohne Ausrüstung passieren, und zwar steigt der Kohlenstoffdioxidgehalt im Blut an je länger man nicht ausatmet. Da der Atemanreiz bei einem gesunden Menschen über diesen Wert gesteuert wird, entsteht erst ein Gefühl der Atemnot, wodurch ein Taucher zum auftauchen gezwungen wird. Durch eine vorherige Hyperventilation kann man das ganze ein wenig hinauszögern, da durch das schnelle Atmen erst mal mehr Kohlenstoffdioxid ausgeatmet wird und mehr Sauerstoff aufgenommen wird. Weniger Kohlenstoffdioxid setzt aber auch den Atemreiz herab, und der Taucher merkt es nicht mehr frühzeitig genug wann er auftauchen müsste und schafft es deswegen nicht rechtzeitig. Bewusstlos wird er dann aufgrund des Sauerstoffmangels im Gehirn.
Sehr gut erklärt, Sorae. Ich hoffe, dass du oder jemand anderes mir auch noch eine Frage dazu beantworten kannst? Und zwar geht es um die Behandlung mit Sauerstoff bzw. in der Druckkammer. Erfolgen diese Behandlungen immer präventiv oder ggf. durch welche Untersuchungen kann man die Notwendigkeit dafür feststellen?
Wie verhielte es sich bei unbehandeltem Jucken/Kribbeln/Gelenkschmerzen? Werden diese immer schlimmer? Könnte auch im Nachhinein noch ein Dekompressionsunfall erkannt werden? Und wie erforscht man so etwas eigentlich? Immer mit Hilfe von Druckkammern? Gibt es überhaupt entsprechende Gewebe und Organe zu Forschungszwecken? Wie lässt sich feststellen, wie lange die einzelnen Organe brauchen, um den Stickstoff "auszuscheiden"?
Die Behandlung mit einer Druckkammer wird von der Ausgangslage abhängig gemacht, es gibt Menschen die hinterher keine Anzeichen auf die Dekompressionskrankheit haben, aber trotzdem in die Druckkammer kommen, da sie sich nicht an die Auftauchgrenzen mit den jeweiligen Zeiten gehalten haben. Diese Gasblasen entstehen bei jedem Tieftaucher und selbst wenn keine Anzeichen erkennbar sind, wird das ganze Präventiv durchgeführt. Andere haben die Anzeichen dafür, wie das jucken unter der Haut und in den Gelenken, diese kommen auf jeden Fall in die Druckkammer und die Fälle die schon Blutungen entwickelt haben die bekommen erst einmal die Operation und danach die Druckkammertherapie auch wenn die Erfolgschancen so gering sind in den Fällen, dass diese meistens nicht einmal lebend in die Klinik kommen oder dort auf dem Operationstisch sterben.
Feststellen könne man das ganze, wenn man von jedem Organ eine Probe entnimmt und diese auf den Stickstoffgehalt untersucht. Das ganze ist aber nicht realistisch, denn dafür müsste alles punktiert und ausgewertet werden was einfach zu lange dauern würde was auch bedeutet, dass es bei zu langem warten zu Folgeschäden kommen kann weswegen dort sofort gehandelt wird.
Das jucken und kribbeln tritt schon unter Wasser ein wenn man sich wenige Zeit dort aufhält. Je länger man untertaucht, desto schlimmer wird das ganze und bei ungeübten Tauchern passiert das in der Anfangszeit immer aber mit der Zeit stellt sich auch der Körper auf diese "Schmerzen" ein und man empfindet sie als nicht mehr so schlimm wie anfangs. Natürlich kann das auch schlimmer werden je schneller man auftaucht, da der Stickstoff sich immer noch im Gewebe befindet aber der Außendruck des Wassers abnimmt. Somit drückt die normale Luft sich wieder in den Bereich hinein und auch der Stickstoff geht langsam aus dem Gewebe was dafür sogt, dass sich das ganze überdehnt wie bei einem Ballon der aufgeblasen wird. Auftreten können diese Symptome aber auch erst viele Stunden später und in der Literatur hab ich die Zeitangabe 1-48 Stunden nach dem Tauchgang gefunden.
Wie lang jedes einzelne Organ braucht um den Stickstoff wieder abzugeben kann ich dir nicht in Zeit beziffern aber pauschal kann man sagen, die Organe die langsam etwas aufnehmen die geben es auch langsam wieder ab, und die Organe die schnell den Stickstoff aufnehmen, die geben ihn auch schnell wieder ab. Vor allem die weichen Gewebe wie Lunge und Haut nehmen schnell den Stickstoff auf und werden ihn auch schnell wieder los. Andere Regionen wie das Rückenmark nehmen den Stickstoff eher langsam auf, und brauchen damit auch länger bis sich das ganze wieder abträgt. Insgesamt versucht man das ganze mittels Tabellen zu errechnen wie lange jedes Organgewebe dazu braucht.
Das ganze wird nur schleppend erforscht da da meiste auf mathematischen Erkenntnissen basiert und darum ändern sich auch immer wieder die Grenzen auf welcher tiefe man für wie lange eine Pause einlegen muss. Auch kommt es dabei immer auf die Gasmischung drauf an, die man beim tauchen verwendet. Ursprünglich im 19. Jahrhundert wurde das ganze mittels Ziegen erforscht die in einer Druckkammer waren und das ganze für die tiefe simuliert wurde. Daraus entstanden dann die ersten Vermutungen und die ersten Berechnungen die nun immer weiter fortgeführt und erweitert werden.
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