Arbeitsagentur unflexibel?
Hier hatte ich ja davon geschrieben, dass eine Freundin sich bei der Arbeitsagentur als Auszubildende für den Beruf Fachangestellte im Bereich der Arbeitsmarktförderung beworben hat. Ich habe mir mal die Mühe gemacht und mir auch das Stellenprofil angeschaut und auch geschaut, welche Arbeitsagenturen in der Umgebung ebenfalls diese Ausbildungsstellen anbieten. Die meisten der Agenturen sind schon einige Kilometer entfernt, aber da man ja als Arbeits- und Ausbildungssuchende selbst flexibel sein soll, wird man ja mehr oder weniger auch eine längere Strecke in Kauf nehmen.
Zu meiner Zeit der Arbeitslosigkeit hieß es mal, dass man doch zwei Stunden Arbeitsweg in Kauf nehmen kann, wenn es sich um eine Vollzeitstelle handelt. Wie es bei den Ausbildungen aussieht, kann ich ja nun leider nicht sagen, aber ich finde es sehr merkwürdig, dass man eben bei einer Ausbildung bei der Arbeitsagentur auch nur Bewerber aus einem Umkreis von 50 Kilometern haben möchte. Es ist ja schon nachvollziehbar, aber widerspricht sich dies nicht, als Arbeitnehmer eben auch mal 100 Kilometer pro einfache Wegstrecke auf sich zu nehmen? Ist die Arbeitsagentur bei Auswahl der Auszubildenden da zu unflexibel oder kann dies auch andere Gründe haben?
Ich denke, dass die entscheidende Grundfrage wohl sein dürfte, auf welche Weise man diese fünfzig Kilometer, in dessen maximalem Umkreis man um die betreffende Arbeitsagentur, die dann Arbeitgeber sein würde, herum wohnt, zurücklegen würde. Wenn ich mir überlege, dass die nächste wirklich größere Stadt hier auch fünfzig Kilometer entfernt ist und ich dort arbeiten würde, so würde ich morgens zur Hauptverkehrszeit mit dem Auto auf jeden Fall deutlich über eine Stunde Anfahrt in Kauf nehmen müssen. Würde ich hingegen versuchen, auf die öffentlichen Verkehrsmittel auszuweichen, so wäre es notwendig, dass ich mein Auto in der Kreisstadt parke, die zunächst mal knappe dreißig Kilometer entfernt ist und von dort aus mit dem Zug weiterreisen würde. Am Bahnhof hätte ich mein Ziel aber noch nicht erreicht und müsste wiederum auf andere Verkehrsmittel oder den Fußmarsch zurückgreifen, also kannst Du davon ausgehen, dass ich auf jeden Fall meine zwei Stunden Anreise hätte, um diese fünfzig Kilometer zurückzulegen.
Vermutlich berücksichtigt der Arbeitgeber, dass nicht jeder Arbeitnehmer ein Auto hat oder für den Arbeitsweg nutzen möchte. Die Angabe der fünfzig Kilometer Umkreis wird also vermutlich ein Richtwert sein und ich meine, dass man Strecken dieses Ausmaßes vor allem in ländlicheren Gegenden tatsächlich nur mit deutlich mehr Zeitaufwand zurücklegen kann als eben in den größeren Städten, deren öffentliches Verkehrsnetz sich auch nicht nur auf den Kern der jeweiligen Stadt bezieht, sondern meistens auch noch das umliegende Gebiet abdeckt. Fünfzig Kilometer Umkreis und der daraus resultierende einfache Arbeitsweg müssen sich jedenfalls nicht mit den angegebenen zwei Stunden Anreisezeit beißen, das kann durchaus hinkommen. Insofern finde ich nicht, dass hier zwingend ein Widerspruch vorliegen muss.
Es sind zwei unterschiedliche Betrachtungsweisen, die man da berücksichtigen muss. Die Arbeitsagentur hat ja das Ziel, Arbeitssuchende so schnell wie möglich an einen Job zu bringen und wenn man dann davon ausgeht, dass die Menge potentieller Stellen größer ist, wenn man auch etwas weitere entfernte Orte mit einzieht, dann wird das Ziel besser erreicht. D.h. in den Jobangeboten der Agentur für Arbeit sind Stellen bis zu einer Entfernung von 100 km enthalten, aber das muss ja nicht bedeuten, dass nicht auch näher am Wohnort gelegene Jobs in Frage kämen, es wird eben insgesamt mehr einbezogen.
Aber wenn irgendwo eine Stelle zu besetzten ist und es sich dabei nicht gerade um eine Montagetätigkeit handelt, dann werden meistens nur Bewerber aus der Region gesucht. Denn wenn die Fahrtstrecken zu lang sind, ist ja die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es demjenigen irgendwann mal zu viel wird und er sich etwas anderes sucht und dann war die ganze Einarbeitung aus Sicht des bisherigen Arbeitsgebers umsonst.
Ich finde das kein bisschen unflexibel, sondern einfach nur logisch. Ein Auszubildender ist, wenn er direkt von der Schule kommt viel zu jung um überhaupt einen Führerschein zu haben. Bei einem Auszubildenden-Bewerber mit Abitur ist oft ein Führerschein vorhanden, aber kein Auto. Da man beides auch kaum von einem Auszubildendengehalt finanzieren kann (jedenfalls nicht im Voraus schon!) ist es nur logisch, dass man eben keine Bewerber von zu weit weg nimmt, da man eben weiß, dass die Strecke einfach auf Dauer nicht zufriedenstellend bewältigt werden kann.
Die unterschiedlichen Anforderungen können auch andere Gründe haben. Für Auszubildende ist sicherlich schon die Ausbildung eine totale Umstellung, da sind zusätzlich 100 km Fahrt echt anstrengend. Für eine Ausbildung ist das eben echt schon sehr weit und für jemanden, der nicht direkt aus der Schule kommt, sieht das sicherlich auch anders aus. Aber der Arbeitgeber hat ja auch Vorteile, wenn der Bewerber nicht so weit weg wohnt oder auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist, denn dann ist die Verspätungsgefahr geringer.
Ich denke auch, dass dieses scheinbar unterschiedliche Vorgehen einfach darin begründet liegt, dass an Arbeitnehmer und Auszubildende doch unterschiedliche Anforderungen gestellt werden. Gerade Auszubildende, die gerade erst die Schule beendet haben, sind vielleicht noch nicht einmal volljährig und damit oft genug immobil sind. Dann sollte auch berücksichtigt werden, dass unter Umständen bestimmte gesetzliche Regelungen für diese minderjährigen Auszubildenden eine Rolle spielen - immerhin ist ein älterer Auszubildender doch eher eine Ausnahme und da wird man nicht Ausnahmeregelungen explizit veröffentlichen.
Es ist ja schon so, dass man bei diesen Stellenausschreibungen wohl auch älteren Menschen die Chance geben will, eine Ausbildung zu machen. Denn laut dieser soll beispielsweise das Alter, die Herkunft und auch das Geschlecht nichts sein, was den Bewerber benachteiligt. Allein von dieser Warte aus betrachtet war mein erster Gedanke schon, dass die Arbeitsagentur da unflexibel ist, ganz gleich, wie der Bewerber seinen Arbeitsweg bestreitet. Immerhin kann der Arbeitsweg ja doch gut ausgebaut sein, dass beispielsweise die öffentlichen Verkehrsmittel das Mittel zur Wahl sind.
Ginge es nur um Bewerber, die vielleicht noch minderjährig sind und geht man davon aus, dass sie eben die einzigen sind, kann ich es voll und ganz nachvollziehen, dass eben nur Bewerber aus einem gewissen Umkreis in Frage kommt. Und gleichzeitig soll aber auch ein Ausbildungssuchender möglichst flexibel und auch mobil sein.
Was mich aber in dem Zusammenhang interessiert - würde man sich nun bewerben, wenn man 60, 70 Kilometer vom Einsatzort entfernt wohnt, macht es Sinn dazu zu schreiben, dass man beispielsweise eine gute Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel hat oder eben auch im Besitz eines Führerscheins und Autos ist oder sollte man dieses dann eher nicht noch mit in die Bewerbung mit einbringen?
Ja da scheint mir das Arbeitsamt sehr unflexibel zu sein. Einerseits wird von den Arbeitssuchenden verlangt, sich auch weiter weg zu bewerben, aber sie selbst, schließen genau diese Menschen aus? Aber ich kann mir schon vorstellen warum. Die wollen die Statistik in Ihrer Region aufbessern. Wenn sie einen Arbeitslosen aus einem anderen Bezirk einstellen, dann haben die einen Arbeitslosen weniger und nicht der Bezirk, zudem die Arbeitsagentur gehört.
*steph* hat geschrieben:Was mich aber in dem Zusammenhang interessiert - würde man sich nun bewerben, wenn man 60, 70 Kilometer vom Einsatzort entfernt wohnt, macht es Sinn dazu zu schreiben, dass man beispielsweise eine gute Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel hat oder eben auch im Besitz eines Führerscheins und Autos ist oder sollte man dieses dann eher nicht noch mit in die Bewerbung mit einbringen?
Nachdem die Arbeitsagentur ihren zu vermittelnden Arbeitsuchenden doch immer den Rat gibt, sich auch auf die Stellen zu bewerben, die nicht zwingend hundertprozentig in Frage kommen, weil beispielsweise solch relevante Dinge wie die vom inserierenden Arbeitgeber geforderten Einsatzzeiten nicht mit dem stimmig sind, was man anbieten kann, denke ich schon, dass es Sinn macht, sich auch auf solche Stellenausschreibungen zu bewerben, selbst, wenn man eben weiter entfernt wohnt als im Radius, der hier in der Stellenanzeige vorgegeben wurde. Und ich würde sicherlich auch im Bewerbungsschreiben einen kurzen Satz mit entsprechender Aussage vorsehen, der erklärt, wie ich mir das mit dem Arbeitsweg vorstelle und warum dieser für mich kein Problem darstellt.
Bisher habe ich diese Radius-Angaben auch immer nur im Zusammenhang mit einer weiteren Erklärung gelesen, die dahin ging, dass man für bestimmte Berufe oder in bestimmten Betrieben flexibel eingesetzt werden soll, also auch als kurzfristige Vertretung für eine Nacht- oder sonstige Schicht und in einem solchen Fall längere Anfahrtszeiten aufgrund weiterer Entfernung zwischen Wohnort und Arbeitsstelle eher unvorteilhaft wären. Da dieser Aspekt bei einem Arbeitsplatz in der Arbeitsagentur aber nicht in Frage kommen, sollte relativ unerheblich sein, woher der Bewerber nun genau kommt, solange die Anreise für ihn kein Problem darstellt, oder nicht?
Was ist aber, wenn der Bezirk eben so groß ist und man dann durchaus mehr als fünfzig Kilometer zu bewältigen hat? Eben, weil man selbst recht weit entfernt von der Kreisstadt lebt, in der aber die Arbeitsagentur seinen Sitz hat? Dass es vielleicht darum geht, möglichst Bewerber aus der eigenen Region zu erhalten, ist für mich nachvollziehbar und je kürzer der Weg ist, desto geringer ist wahrscheinlich die Chance, dass derjenige, der die Stelle dann bekommt, auch regelmäßig zu spät kommt. Oder?
An der Beschönigung der Statistiken von Arbeitslosen und Arbeitssuchenden glaube ich in diesem Fall weniger. Auf andere Bereiche beziehe ich dies auch gern, zugegebenermaßen. Aber immerhin wird zumindest hier bei uns in der Umgebung nur je eine Stelle für diese Ausbildung angeboten und würde man die Statistiken beschönigen wollen, hätte man vielleicht auch zwei, drei Stellen mit dieser Ausbildung angeboten.
Link dieser Seite https://www.talkteria.de/forum/topic-170444.html
Ähnliche Themen
Weitere interessante Themen
- Schöne Blatt Pflanze für die Wohnung 1036mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Rubbelfeld · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Schöne Blatt Pflanze für die Wohnung
- Palmen für die Wohnung 2995mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Dreddi · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Palmen für die Wohnung
- Was kann man gegen eine tropfende Birkenfeige tun? 1848mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: helgak62 · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Was kann man gegen eine tropfende Birkenfeige tun?
- Verträgt Banane chemisches Anti Insekten Mittel? 1342mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Wawa666 · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Verträgt Banane chemisches Anti Insekten Mittel?