Übergewichtige schuld an Klimawandel, Hunger, Armut?

vom 23.08.2011, 08:39 Uhr

Jetzt weiß ich, warum ich noch nie Welt Kompakt gelesen habe- und es wohl auch nie tun werde. Da ist mir die NEON schon lieber, wo es kürzlich einen Artikel gab, dass Insektenernährung Klimawandel, Hunger, Armut stoppen könnten. Dies war auch sehr anschaulich erklärt und die Redakteurin startete auch einen Selbstversuch. Um Insekten zu züchten, braucht man wenig, es geht günstig, verursacht kein Methan, es muss kein Regenwald gerodet werden, sie sind nahrhaft und vor allem, kann man prozentual viel mehr Teile von ihnen verspeisen, als bei unserem typischen Mastvieh.

Das klingt logisch, wobei mir klar ist, dass ich solche Umsetzungen wohl nicht mehr miterleben werde. Für mich geht es auch wenige um Schuldige. Und wenn es um Welthunger geht, sind mir die Thesen und Meinungen von Jean Ziegler wesentlich lieber. Jedes Kind das verhungert wird ermordet! Denn es gibt für alle Menschen auf der Welt genügend Nahrung.

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» Trisa » Beiträge: 3269 » Talkpoints: 20,14 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



@steph Immer mit der Ruhe! :) Was ist denn hier los? Ich staune über so viel Intoleranz und den leicht aggressiven Unterton. Wer behauptet denn in dieser "Conversation", dass Übergewichtige eine (Allein)schuld an Hungersnöten oder am Klimawandel tragen? An welcher Stelle kommt in der "Conversation" - zumindest in der Zusammenfassung - zum Ausdruck, dass Übergewichtigen "eine reingewürgt werden soll"? Habe ich einen anderen Text gelesen? Wo steht da eine "pauschale Verurteilung"?

Hier wird lediglich auf begründete Weise über EINE mögliche Ursache für bestimmte Probleme parliert und es werden Lösungsmöglichkeiten angesprochen. Wenn Übergewichtige "zu viel" Energie verbrauchen, ähnlich wie übergewichtige Autos, und wenn man ein zu viel an Energieverbrauch für eine Ursache diverser Probleme hält, dann ist es doch legitim, sowohl das Problem von SUVs oder das übergewichtiger Menschen anzusprechen. Niemand unterstellt alleinige Korrelationen geschweige denn nimmt Schuldzuweisungen vor.

Wieso kann man da nicht sachlich bleiben? Nur weil man selber vielleicht Übergewicht hat. Na und? Wir haben alle unser Päcklein zu tragen. Der eine hat einen Wäschetrockner und ahnt kaum, welche Energieschleudern das sind, der andere fährt ein dickes Auto, noch einer duscht 20 Minuten am Tag, andere fliegen ständig in den Urlaub. Das sind natürlich alles Stellschrauben für eine andere Welt. Es könnte aber helfen, sich darüber bewusst zu werden und eventuell sein Handeln anzupassen.

*steph* hat geschrieben:[...]Zumal es auch viele schlanke Menschen gibt, die mehr essen, als ich es beispielsweise schon tue und dennoch sind die Übergewichtigen wohl eher diejenigen welche nun abermals einen reingewürgt bekommen.

Für die Mehrheit der Übergewichtigen gilt wohl zweifellos, sie nehmen mehr Kalorien zu sich, als sie verbrauchen. Dabei muss man ja gar nicht "mehr" essen. Es reicht schon, wenn du statt eines Liter Wassers einen Liter Cola trinkst, wenn du auf dein Eis noch Schokolade und Sahne als Topping nimmst, wenn du deine Sauce aus Gemüsebrühe, Wasser und Rotweit noch mit Sahne verfeinerst und am Abend statt Wasser eben Rotwein trinkst. Man hört diese Aussage häufig, aber für mich sind das Ausreden. Auch im persönlichen Umfeld weiß ich bei den Übergewichtigen sehr genau, woran es liegt. Da ist nicht ein Fall, der vom Anschauen der Schokolade zunehmen würde. Wenn das der Fall ist, haben die Leute ihren Stoffwechsel z. B. durch Diäten in eine prekäre Situation gebracht. Und natürlich gibt es auch Fälle, wo Menschen in Bezug auf ihre hormonelle Steuerung Probleme haben, die sind dann eben krank. Wenn die Übergewichtigen aber alle krank wären, dann müsste man bei der ständig steigenden Quote der Übergewichtigen ja schon quasi von einer Epidemie reden. Und das ist übrigens auch nicht ganz falsch. Ich kann mich erinnern, dass da mal irgendwas in die Richtung zumindst diskutiert wurde.

Trisa hat geschrieben:Jetzt weiß ich, warum ich noch nie Welt Kompakt gelesen habe- und es wohl auch nie tun werde.

Dass man die Welt abschaffen könnte, da sind wir uns einig. Kein Mensch braucht dieses Hetzerblatt. Aber ich sage es nochmal, der Text stammt aus einer Zusammenfassung einer Correponcence aus dem Lancet. Und das ist eine angesehene medizinische Fachzeitschrift.

Trisa hat geschrieben:Da ist mir die NEON schon lieber, wo es kürzlich einen Artikel gab, dass Insektenernährung Klimawandel, Hunger, Armut stoppen könnten.

Warum nicht. Bei den Übergewichtigen versucht man den Energieverbrauch des Systems zu drosseln, bei den Insekten versucht man umgekehrt dem System Energie aus neuen Quellen zuzuführen. Ein dritter Weg wäre, die vorhandene Energie (Nahrungsmittel) besser zu verteilen. Alles legitime Möglichkeiten, die man alle offen in ihren Wirkungen diskutieren können muss.

Trisa hat geschrieben:[...] Jean Ziegler wesentlich lieber. Jedes Kind das verhungert wird ermordet! Denn es gibt für alle Menschen auf der Welt genügend Nahrung.

Das nervt mich z. B. an Ziegler, wenn ich ihn auch im Prinzip mag. Er arbeitet oft mit Bildern und zu einfachen Formeln (Kind, Hunger, Mord), denen es an Sachlichkeit fehlt und die zu sehr auf die Tränendrüse drücken. Mit dieser Betroffenheitssoziologie fährt man den Verantwortlichen aber nicht an die Kandarre.

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


@Richtlinie2, manche brauche es eben so einfach. Wobei ich finde, dass seine Bücher schon wesentlich tiefer gehen. Aber wer sind denn die Verantwortlichen? Meiner Meinung nach keineswegs einzelne Menschen aus Industrienationen, die stark übergewichtig sind.

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» Trisa » Beiträge: 3269 » Talkpoints: 20,14 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Trisa hat geschrieben:[...]Aber wer sind denn die Verantwortlichen? Meiner Meinung nach keineswegs einzelne Menschen aus Industrienationen, die stark übergewichtig sind.


Dein Argument ist unsachlich, zumal es sich hier nicht um einzelne Menschen aus Industrienationen handelt, sondern um einen verdammt großen Teil der Bevölkerung. Unsachlich ist auch die komplette Diskussion von Anfang an. Schon angefangen bei der Behauptung es ginge um eine "Studie" - unwahr, eine Studie der "Welt Kompakt" - unwahr, "Schuld an Armut, Hunger und Klimawandel" - reine Spekulation, "Schüren von Hass" - verzerrte Wahrnehmung, das "Zuweisen von Schuld" - verzerrte Wahrnehmung.

Zur Versachlichung, die Argumentationskette war folgendermaßen gedacht. Voraussetzungen sind: Das Übergewicht ist mindestens in der westlichen Gesellschaft ein evidentes Problem, denn ein bedeutender Teil der Erwachsenen sind hier übergewichtig, Tendenz steigend. Der motorisierter Transport ist zu ca. 95% abhängig vom Erdöl.

A) Erdöl spielt in der Landwirtschaft eine Schlüsselrolle in Bezug auf die Preisbildung. Jeder Transport treibt die Kosten für die Nahrungsmittelproduktion in die Höhe und damit die Preise von Nahrungsmitteln. Hier haben wir dann auch mögliche Folgen für die Armen dieser Welt. Natürlich haben wir im Grunde genug Nahrung für alle auf dieser Welt, nur muss man sich die Nahrung auch leisten können. Auch in Somalia wirst du dir einen Sack Reis kaufen können, aber du musst ihn eben auch bezahlen können.

B) Unterstellt man, dass sich Übergewichtige tendenziell auch häufiger motorisiert bewegen (q. e. d.), drückt auch hier die erhöhte Nachfrage auf die Erdölpreise und so auch wieder auf die Lebensmittelpreise.

Damit ergibt sich durch das Übergewicht ein Einfluss auf Klima und Nahrungsmittelpreise. Wie groß der ist, müsste man eben mal genau ausrechnen. In der Correspondence (nicht Studie) wird das nur andiskutiert.

Wo wird denn diese Problematik für uns alle schon spürbar? Wenn wir ehrlich sind, z. B. beim Fliegen. Hier spielt jedes Kilogramm Mehrgewicht eine Rolle. Inzwischen sind die Gepäckregelungen rigoros geworden und werden auch durchgesetzt. Hier wurde bereits vor ein oder zwei Jahren ernsthaft andiskutiert, ob man das Gewicht der Passagiere mit auf die Gepäckregelungen anrechnen soll u. ä. (Stichwort "Fat-Tax"). Aus moralischen Gründen hat man sich wohl dagegen entschieden. Wenn man nun von ca. 30% übergewichtigen Passagieren auf so einem Flug ausgeht, sollte man sich darüber bewusst sein, dass die Normal- und Untergewichtigen Personen den Flugpreis der übergewichtigen Personen mit harten Euros subventionieren. Das ist so und da beißt die Maus keinen Faden ab. So kommt es dann auch zu solchen Szenen, dass eine 50 kg schwere Frau für 2 kg Übergepäck von Frankfurt nach Johannesburg 80€ auf den Tisch legen muss, während am Schalter daneben, die 90 kg schwere Frau lächelnd ihr Butterbrot in der Handtasche bewundert und das Gepäckgewicht exakt stimmt. Da denkt die leichte Frau dann: "Ach hätte ich doch nicht die 2 Weinflaschen als Gastgeschenk eingepackt - was für ein teurer Wein." Hinter der Sicherheitskontrolle sieht man dann noch, wie sich die übergewichtige Dame im Duty Free Shop 2 Flaschen Wein und 3 Riesenpackungen Toblerone mit einem Gesamtgewicht von 3 kg einpacken lässt, die anstandslos umsonst mit auf den Flieger dürfen. Kurios, aber so wird es gehandhabt.

Man könnte den Bogen noch weiter spannen. Übergewichtige benötigen auch im Durchschnitt mehr Material für Bekleidung, verbrauchen also mehr Rohstoff, mehr Arbeitskraft, mehr Transportkapazität, mehr Energie. Auch da beißt die Maus keinen Faden ab. Im Laden aber kostet die Hose in 32 oder 44 in der Regel das gleich Geld. Auch hier subventioniert das Untergewicht das Übergewicht.

Ich persönlich sage: Nun gut, jeder begeht in seinem Leben die ein oder andere "Schweinerei" mit Folgen für die Allgemeinheit. Bei einigen ist es das Essen, bei anderen der Sport, bei noch anderen das Reisen, manche brauchen dicke Autos und wieder andere leisten sich riesige Häuser. Jedes "Falschverhalten" sollte diskutierbar sein, aber nicht immer ist eine Differenzierung dann am Ende auch sinnvoll. Eine Diskussion durch Unsachlichkeiten abzuwürgen finde ich allerdings nicht so prall. Und ja: Ich ziehe den Gedanken der Solidargemeinschaft in den meisten Fällen vor.

Und auch wenn ich gerne auf "Die Welt" einschlage, sie war nur ein Blatt von vielen, die diese Geschichte mal aufgegriffen hat. Und in diesem Hetzerblatt ist doch tatsächlich auch Platz für Satiren wie diese hier.

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich weiß nicht, warum meine Meinung unsachlich ist für dich, Richtlinie2. Es war meine Meinung, kein Argument. Aber ich begründe diese gerne weiter.

Wenn du schreibst, dass Dicke mehr Kleidung brauchen, denke ich daran, wie schwer sich Dicke tun überhaupt etwas Passendes zu finden und dies ist dann oftmals teurer, als Größe 34- 44. Das Dicke nun öfter fliegen oder sich motorisiert fortbewegen kann ich auch nicht bestätigen. Und beim Fliegen zählt eben bisher nur das Gewicht des Gepäcks. Deshalb gibt es nun schon erste Gepäckanzüge mit denen man sich 10 Kilo am Körper verstauen kann. Davon ausgehend, dass die Kleidung dicker Menschen mehr wiegt, haben schlanke Menschen beim Gepäckgewicht sogar einen Vorteil.

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» Trisa » Beiträge: 3269 » Talkpoints: 20,14 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


@Richtlinie2, ich war nicht aggressiv, sondern sarkastisch - mir selbst ist es schon klar, dass man diesen Bericht nicht ganz ernst nehmen sollte. Aber es steht definitiv darin geschrieben, dass die Übergewichtigen Schuld an all diesen Katastrophen sei. Zumindest liest es sich so und das ist eben mein persönliches Empfinden. Jeder mit einem halbwegs gesundem Menschenverstand wird diese These nicht nachvollziehen können - zumindest gehe ich davon aus. Es wird hier alles über einen Kamm geschert, was man auch in anderen Bereichen des Lebens finden wird. Diese These schlägt in Richtung "Alle Arbeitslosengeld-Empfänger sind faul" und solch ein Blödsinn. :wink:

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Trisa hat geschrieben:Ich weiß nicht, warum meine Meinung unsachlich ist für dich,[...]

Weil du in den Raum gestellt hattest, das irgendjemand an irgendwas eine "Schuld" tragen würde (genauer die "einzelnen Menschen in den Industrienationen"). Redet in der Correspondence tatsächlich jemand von "Schuld"? Eher geht es wohl um Ursache und Wirkung und Korrelationen. Zumal bei sachlicher Betrachtung nicht einzelne Personen übergewichtig sind, sondern alleine in Deutschland ... wieviel Millionen sind es noch? Es ist ein evidentes Problem.

Es ist doch wie mit den SUVs. Die verbrauchen viel Sprit, mit allen möglichen schädlichen Folgen. Deswegen sind die nicht einzig und allein Schuld am Unglück dieser Welt, aber es lohnt sich, deren Anteil und Wirkungen zu diskutieren, weil man ja vielleicht erfolgreich ein Stellschräubchen ändern könnte. Der Haken ist doch, dass es nie nur einen Schuldigen gibt, sondern die Summe vieler kleiner Tropfen macht das Fass erst voll.

Trisa hat geschrieben:Wenn du schreibst, dass Dicke mehr Kleidung brauchen, denke ich daran, wie schwer sich Dicke tun überhaupt etwas Passendes zu finden und dies ist dann oftmals teurer, als Größe 34- 44.

"Dicke" habe ich nicht gesagt, ich spreche von "übergewichtig". Ich war gerade mal auf der Seite "Sheego". Da finde ich z. B. viele, viele große Größen bis XXL oder bei Damen bis Größe 58. Da gibt es keine Preisdifferenzierungen hin zu kleinen Größen. Ich kenne das auch nur von wenigen Katalogen. Das mag für die ganz krassen Fälle zugegebenermaßen anders aussehen. Dann rede ich aber von "adipös". Davon war bisher keine Rede. Davon war auch in der Correspondence keine Rede. Hier wurde nur von BMI unter 30 gesprochen.

Trisa hat geschrieben:Das Dicke nun öfter fliegen oder sich motorisiert fortbewegen kann ich auch nicht bestätigen.

Weswegen ich auch "q. e. d." schrieb. Zudem mag das kulturell völlig unterschiedlich sein. Mexikaner, als eine Gruppe der Weltmeister des Übergewichts, werden da ein anderes Verhalten haben als Deutsche. Denke nur an all die übergewichtigen Amis, die ständig zu den McDrives pilgern. Und wenn man es recht überlegt. Jedes zu transportierende Kilo in einem Auto drückt auf den Spritverbrauch. Bei uns empfiehlt der ADAC, Bierkästen nicht umsonst spazieren zu fahren. Ist das bei Bierbäuchen anders? Da kommt echt eines zum anderen, wenn man es mal kräftig durchdenkt. Es ist ja nur eine These und wir haben alle keinen Zugriff auf den Kompletttext der Correspondence, insofern wissen wir nicht, in wie weit das bereits untermauert wurde.

Aber Tatsache bleibt zumindest, dass jemand der mehr isst als andere, auch mehr Transporte verursacht, alleine was Anbau, Ernte, Verarbeitung, Lager und Vertrieb der Waren betrifft. D. h. er verbraucht am Ende auch mehr Energie. Mir stellt sich nur die Frage, ob das wirklich eine relevante Größe ist.

Trisa hat geschrieben:Davon ausgehend, dass die Kleidung dicker Menschen mehr wiegt, haben schlanke Menschen beim Gepäckgewicht sogar einen Vorteil.

Da kann ich dir vorbehaltlos zustimmen. Normal- und untergewichtige Menschen können in der Tat ein, zwei Hosen mehr einpacken. Als Männer sind wir da schon prinzipiell benachteiligt, auch was die Sitzbreite und -abstände in den Fliegern angeht. Nur am Ende haben wir, ob wir nun Größe XXS oder XXL tragen, alle die 20 kg im Koffer. Die Tatsache der Subventionierung bleibt.

*steph* hat geschrieben:[...]Aber es steht definitiv darin geschrieben, dass die Übergewichtigen Schuld an all diesen Katastrophen sei. Zumindest liest es sich so und das ist eben mein persönliches Empfinden.

Was denn nun? Steht es da nun "definitiv" oder ist das nur dein Empfinden? :lol: Ich glaube, du interpretierst da eher zu viel rein.

*steph* hat geschrieben:[...]Jeder mit einem halbwegs gesundem Menschenverstand wird diese These nicht nachvollziehen können

Na herzlichen Dank! Du bist ja heute wieder charmant :wink: Ich gehe jetzt schmollen :ohnmacht:

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Aktuelle Ergänzung: Und was meldet TheLancet.com dazu heute ganz passend? Weltweit sind 2 Milliarden Menschen übergewichtig. 500 Millionen davon sind adipös. Es verbreitet sich wie eine Seuche, die kaum noch zu stoppen ist. Radikale Schritte werden gefordert. Die Einbindung von Regierungen, Steuern auf ungesundes Essen, Werbekontrollen bzw. -verbote.

2 Milliarden sind ein Wort. Das wäre fast ein Viertel der Menschheit. Womit werden denn die Schiffe und LKW betankt, die deren 20% Mehrbedarf decken?

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Nette Studie, die doch eigentlich nur ein Rechenexempel ist, das mit Thesen unterlegt ist, die durch nichts zu beweisen sind. Haben die beiden Autoren der Studie sich eigentlich schon mal ernsthaft mit dem Problem der Lebensmittelknappheit beschäftigt? Sicher werden in den Industrienationen unverhältnismäßig viele Nahrungsmittel verbraucht. Aber die Verschwendung fängt doch schon lange vor dem Endverbraucher und den Verkaufsstätten an. Wie viele Nahrungsmittel werden denn schon in der Produktion verworfen, weil sie den Ansprüchen der Verbraucher und auch bestimmten Normen nicht genügen? Auch wenn es etliches an B-Ware zu kaufen gibt, so ist das doch nur die Minderheit dieser Ware.

Dann setzt diese Studie einfach mal voraus, dass Dicke sich immer weniger bewegen (was vielleicht noch am ehesten zutrifft) und dass sie immer mit dem eigenen Auto unterwegs sind. Gerade in größeren Städten wage ich das zu bezweifeln. Da sind doch viele Personen, unabhängig von der Gewichtsklasse, mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. Ob sich der so errechnete Minderverbrauch an Kraftstoffen dann auch noch bewahrheiten würde, das ist eine andere Frage.

Tja, und wenn man es denn schaffen würde, dass sich der Übergewichtige mehr bewegt, dann würde man das ja nicht nur auf die Personen einschränken können, die übergewichtig sind. Dann würden sich sicher auch andere Personen mehr bewegen. Und wenn die alle athletischer wären und mehr auf ihre Figur achten würden, dann würde sich vielleicht auch das Ernährungsverhalten ändern und Personen, die zuvor weniger gegessen haben, mehr hochwertige Nahrungsmittel zu sich nehmen. Und dann würde der Verbrauch an Nahrungsmitteln eher steigen als sinken - was dann?

Und dann ist diese Studie ja auch irgendwie unvollständig. Was ist mit den an Bulimie erkrankten Personen. Ist das nicht möglich, dass die durch ihre krankhaften Essanfälle noch viel mehr Lebensmittel verbrauchen als der Musterübergewichtige? Hab ich noch etwas vergessen? Mag ja durchaus sein, dass diese Studie wissenschaftlich begründbar ist. So wie sie aber in dem Artikel dargestellt ist, kann ich mir das nicht vorstellen.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


JotJot hat geschrieben:Nette Studie, die doch eigentlich nur ein Rechenexempel ist, das mit Thesen unterlegt ist, die durch nichts zu beweisen sind. Haben die beiden Autoren der Studie sich eigentlich schon mal ernsthaft mit dem Problem der Lebensmittelknappheit beschäftigt?

Vielleicht solltest du so einen kurzen Thread wenigstens mal im Ansatz überfliegen. Ich weiß nicht, wie oft ich bereits geschrieben habe, dass es hier keinesfalls um eine "Studie" geht. Nicht nur dass du den Thread nicht gelesen hast, du hast auch nicht die Quelle gelesen, um die es geht. Wir reden hier über eine "Correspondence", eine Art öffentlichen, wissenschaftlichen Austausch. Nicht "Studie"! Da geht es auch nicht um Beweise, da geht es um das Nachvollziehen logischer Gedankengänge. Den habe ich oben weiter dargelegt (der Zusammenhang zwischen Öl, Produktion, Transport und Lebensmittelpreisen, s. o.)

JotJot hat geschrieben: Sicher werden in den Industrienationen unverhältnismäßig viele Nahrungsmittel verbraucht. Aber die Verschwendung fängt doch schon lange vor dem Endverbraucher und den Verkaufsstätten an.

Darum geht es überhaupt nicht. Diese Verschwendung und die Überproduktion, die auf allen Stufen der Wertschöpfung und auch beim Verbraucher stattfindet, findet sozusagen auf jedem Niveau der Produktion statt.

Beispiel: Würden die Übergewichtigen bei einem Produktionsausstoß von 100 Tonnen Reis, von denen als "Überproduktion" ohnehin 30 Tonnen auf dem Müll landen, plötzlich 20% weniger essen (also 20% von 70 Tonnen), würde der Markt entsprechend weniger produzieren. Verringert sich deswegen die "Überproduktion"? In einem bestimmten Maß sicherlich, aber warum sollte die deswegen verschwinden? Sie ist sozusagen in das System eingebaut und findet auf jedem Angebots- und Nachfrageniveau statt. Es müssten jedoch ca. 14 Tonnen weniger Reis produziert, verarbeitet und transportiert werden. Und das bedeutet das Einsparen von Öl, als dominierendem Faktor in der Verarbeitungskette, was wiederum tendenziell den Preis für die Nahrungsmittel sinken lässt. Wieviel, das bleibt zu beweisen.

Natürlich wäre es viel effektiver, man würde die Verschwendung stoppen und die Verteilung verbessern. Das aber ist eine andere Baustelle.

JotJot hat geschrieben:[...]Tja, und wenn man es denn schaffen würde, dass sich der Übergewichtige mehr bewegt, dann würde man das ja nicht nur auf die Personen einschränken können, die übergewichtig sind. Dann würden sich sicher auch andere Personen mehr bewegen.

Den Zusammenhang kann ich nicht nachvollziehen. Weil mein dicker Nachbar plötzlich Diät schiebt und sein Fahrrad aus dem Keller holt, fange auch ich an, mich mehr zu bewegen :?:

JotJot hat geschrieben: [...] würde sich vielleicht auch das Ernährungsverhalten ändern und Personen, die zuvor weniger gegessen haben, mehr hochwertige Nahrungsmittel zu sich nehmen. Und dann würde der Verbrauch an Nahrungsmitteln eher steigen als sinken - was dann?

Dem kann ich nicht folgen. Was sind überhaupt "hochwertige Nahrungsmittel"? Für mich sind das wenig verarbeitete Nahrungsmittel, aber das mag jeder anders sehen. Da würde man sogar noch die industrielle Verarbeitung sparen. Aber egal, wieso sollte der Gesamtverbrauch denn dann zunehmen?

JotJot hat geschrieben:[...] Was ist mit den an Bulimie erkrankten Personen. Ist das nicht möglich, dass die durch ihre krankhaften Essanfälle noch viel mehr Lebensmittel verbrauchen als der Musterübergewichtige?

Na dann rechne mal. Natürlich hattest du keine Zeit, dir mal eben Zahlen zu besorgen. Das Deutsche Institut für Ernährungsmedizin und Diätetik (DIET) schätzt die Zahl der von Bulimie Betroffenen auf ca. 600.000. Das ist ein paar Jahre her, aber ich sehe keinen Grund, warum sich das großartig geändert haben sollte. Wie hoch ist noch die Zahl der Übergewichtigen?

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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