Plünderer in London lächerlich machen?!
Ich habe gerade in diesem Bericht von Bild.de gelesen, dass Leute per Internet dazu aufgerufen werden die Bilder von den Krawallen in London dahingehend zu verändern, dass "lustige Motive" dabei raus kommen.
Ich finde das Ganze etwas makaber, vor allem vor dem Hintergrund der Proteste. Klar kann man damit friedlich gegen die ausgeübte Gewalt und das Plündern protestieren, ich frage mich nur, ob das nicht eventuell sogar ein wenig anstachelnd wirken kann. Auch kann ich dem Ganzen, was da momentan abläuft nichts lustiges abgewinnen und auch nicht, wenn man irgendwelche Fotos von Gewalttaten oder Einbrüchen dahingehend abändern. Wie steht ihr dazu? Denkt ihr in etwa so wie ich oder denkt ihr, dass ich etwas übertreibe mit meiner Meinung?
Wer sich einmal angeschaut hat wie es den Menschen dort wirklich geht und die Berichterstattung verfolgt, merkt nämlich das es den Menschen dort wirklich teilweise sehr schlecht geht und da wohl lange Zeit etwas sehr unter Oberfläche gehalten wurde.
Die Arbeitslosenzahl ist wohl drastisch hoch, nachdem was ich aus den Bericht vernommen habe und die Menschen sind sauer und unzufrieden mit der Situation. Ähnliches ist ja auch schon in Frankreich zu beobachten, wo die Unzufriedenheit über wenig Arbeit, zu starken Ausschreitungen geführt hat.
Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit bis diese Beule platzt und die Menschen ihren Unmut freien Lauf lassen. Da war der Vorfall mit dem Polizeieinsatz und dem Mann der eine Kugel abbekommen hat wohl nur das Zündlein an der Waage, welches das Fass zum Überschwemmen gebracht hat.
Von daher finde ich die Verhöhnung von Menschen die einfach nur dem Druck machen, was sie seit Jahren quält einfach geschmacklos und sehe dies auch als schlechtes Zeichen für die Wirkung ins Ausland. Die Engländer sind nämlich ein sehr stolzes Volk, welches sich nun nicht zu unschönen Dingen hinreißen lassen sollte.
Natürlich sollten die Plünderer ihre Strafe bekommen, denn das Privateigentum anderer unberechtigt in Besitz zu nehmen gehört sich einfach nicht, aber die Botschaft die aus dem ganzen Aufruhr hervorgeht sollte man Ernst nehmen und nicht wie Cameron einfach mit der Polizei drohen, das löst die Probleme im Land nicht!.
Also ich bin da nicht so. Natürlich sind die Ursachen für die Randale in Großbritannien vielschichtig und eigentlich sehe ich es so, dass diese Ereignisse der Beweis dafür sind, dass dieses ganze Experiment seit Thatcher, aber so was von in die Hose gegangen ist. Das (neo)liberale, ökonomische System Großbritanniens ist tot. Thatcher hat den Gesellschaftsgedanken gehasst und zerschossen, jetzt haben sie den Salat. Und vor allem gibt es keinen Ausweg, wenn man nicht einiges gründlich über den Haufen wirft. Kurzfristig wird man es mit noch mehr Gewalt und Unterdrückung versuchen, aber alleine der Gedanke des Einsatzes der Armee gegen das eigene Volk, der woanders leicht als Bürgerkrieg zu bezeichnen wäre, zeigt ja, wie absurd das alles ist. Nachher kommt noch Gaddafi und hilft bei der Befreiung der Unterdrückten. Uns sollte das als Vorbild dienen, weil die Methoden seit Thatcher auch bei uns großen Anklang gefunden haben.
Das ist die eine Seite. Ich bin aber auch in der Lage, einen Schritt zurückzutreten und die Ereignisse etwas abstrakter zu betrachten. D. h. ich betrachte nicht Personen als Indivduen, sondern die Situation. Und der kann man durch künstlerische Mittel auch meinetwegen einen anderen Sinn geben. Das hat natürlich seine Grenzen, aber das was ich da sehe, finde ich z. T. schon sehr witzig und fantasievoll. Das finde ich allemal besser, als es z. B. die Sun in Großbritannien macht. Dort werden die Täterinnen und Täter absichtlich öffentlich bloßgestellt, verhöhnt und vorgeführt. Ich finde diese Photoshoprioter Sache okay und irgendwie ist es auch eine spezielle Art, diese Dinge zu verarbeiten.
Ich sehe das genauso wie du, da steckt ja auch viel Leid dahinter, das aus diesen Gewaltakten entsteht. Was daran lustig sein soll, ist mir schleierhaft und ich finde es taktlos, daraus dann irgendetwas Lustiges zu machen. Vielleicht bin ich da aber auch empfindlicher als andere Menschen, ich kann auch nicht lachen, wenn Kinder irgendwo herunterfallen oder Skifahrer ungewollt fünffache Saltos schlagen und das dann in "Pleiten, Pech und Pannen"-Sendungen vorgeführt wird.
Ich sehe dabei nichts Lächerliches außer der Lächerlichkeit dieser Zeitung. Dort bemerkt man auch bereits selbst, dass solche Fotos die Gewalt mit Sicherheit nicht eindämmen. Und ich sehe daran auch absolut nichts lustiges oder peinliches oder sonst etwas. Wenn jemand im Clown Kostüm eine Straftat begehen würde, macht es das Kostüm auch nicht besser. Wenn wenn jemand mein Auto angezündet oder meinen Laden ausgeräumt hätte, sehe ich auch keinen Sinn darin denjenigen dann mit Stofftier oder TüTü darzustellen.
Trisa hat geschrieben:[...] Wenn wenn jemand mein Auto angezündet oder meinen Laden ausgeräumt hätte, sehe ich auch keinen Sinn darin denjenigen dann mit Stofftier oder TüTü darzustellen.
Es drückt doch aus, wie sinnlos letztlich der Photoshop-Künstler die ganze Randale fand. Vielleicht regt es sogar zum Nachdenken an, weil es zeigt, dass es eine Gesellschaft eben nicht adäquat findet, wenn Menschen so handeln, indem sie die Situation der Lächerlichkeit preisgeben. Oder denkt doch mal über politische Karikaturen nach. Davon sind wir hier nicht weit entfernt. Auch da wird nicht anders gearbeitet. So etwas findet man jeden Tag in der Zeitung.
Wenn ihr so harmlose Spielereien aber schon für taktlos haltet, dann solltet ihr bitte niemals in das Satire-Magazin Titanic schauen. Beispiele zum Thema England: Wittler-on-the-roof oder Olympia 2012 oder aus einem anderen Themenbereich und wo euch sicherlich die Haare zu Berge stehen Bärenhunger Manchmal muss man eben Grenzen überschreiten und manchmal muss man auch zwei- oder dreimal nachdenken, bevor man etwas begreift.
Ich bin übrigens überhaupt nicht der Meinung, dass diese Randale umsonst war, wenn das in den meisten Fällen sicher nicht Absicht der Initiatoren war. Es zeigt deutlich, wohin die Reise geht, wenn man so eine politische und gesellschaftliche Agenda verfolgt, wie es getan wurde und es ist zumindest eine Diskussion über die Ursachen in Gang gekommen. Und wenn man die Presse in Großbritannien und bei uns verfolgt, wird wohl tatsächlich auch wahrgenommen, dass es hier nicht nur einfach um kriminelle Randale ging. Genau darüber fand ich gestern ein Interview, in dem ein Reporter einen Randalierer interviewte und auf die Frage, wie man denn so seinen Protest ausdrücken könne i. d. S. antwortete: Letzte Woche haben wir mit 2000 Leuten vor dem Rathaus protestiert. In den Medien kam nichts. Heute stürmen wir Geschäfte und ihr berichtet.
Ich habe ein paar Mal in ein Titanic Magazin reingeschaut und kann auch damit so gar nichts anfangen. Ich finde da absolut nichts Lustiges daran, würde aber nicht sagen, dass mir die Haare zu Berge stehen und ich rege mich auch nicht darüber auf. Ich habe einfach keinen Bezug zu dieser Art Humor. Letztendlich interessiert mich so etwas genauso wenig wie ein Fachmagazin über Golfschläger.
Ich finde es einfach unerhört, dass man die Randalierer so runter macht. Es war immerhin berechtigt, dass sie angefangen haben. Die Polizei hat immerhin einen Unschuldigen erschossen. Es ist traurig mit anzusehen das sowas auch in Europa passiert. Doch der Tod dieses einen Mannes war anscheinend der eine besagte Tropfen, der das Fass zum überlaufen brachte. Oft genug haben wir auch aus der Geschichte gelernt, dass es mehrere Ursachen gab allerdings war das nun der Auslöser um die Leute total auf die Palme zu bringen. Schlecht war nur, dass sie es geschafft haben sich auf internationaler Ebene darzubieten und zu zeigen wie Gewaltbereit sie doch sind.
Sebek hat geschrieben:Ich finde es einfach unerhört, dass man die Randalierer so runter macht. Es war immerhin berechtigt, dass sie angefangen haben. Die Polizei hat immerhin einen Unschuldigen erschossen.
Meinst du das ernst? Die Tötung von Mark Duggan liegt ja noch genauso im Dunkeln, wie seine Person selbst. Fest steht wohl nur, er hat nicht geschossen und er starb an mindestens einer Polizeikugel. Es gab noch mindestens eine weitere Waffe am Plot, die aber nicht abgefeuert wurde. Ermittelt wurde gegen Mark Duggan angeblich wegen organisierter Bandenkriminalität. Von Unschuld möchte ich da noch nicht reden. Noch ist nicht klar, was passiert ist. Es ist noch nicht mal klar, wieso es überhaupt zum Kontakt zwischen Polizei und ihm gekommen ist. Eine versuchte Festnahme? Was war mit dem Taxifahrer? Um den Getöteten selbst kursieren noch zahlreiche Gerüchte von "liebendem Ehemann und Vater" bis "Drogendealer".
Wie auch immer, das schien jedenfalls durchaus ein Auslöser für die erste Randale. Die Sache hat dann vermutlich eine Eigendynamik bekommen und der Großteil dessen, was dann passierte, hat mit berechtigtem Protest nichts mehr zu tun. Man mag auf die Staatsmacht losgehen, aber doch nicht auf Geschäfte und letztlich seine Nachbarn.
Interessant ist ja, wer die Leute nun waren, die vor Gericht kamen. Die Presse war dabei und berichtete erstaunliche Dinge. Denn allzu häufig entsprach das Bild der Täter vor Gericht nicht dem Bild, dass man erwartet hatte. Da waren zwar hauptsächlich Jugendliche mit krimineller Karriere, aber erstaunlicherweise auch viele ältere Menschen und viele mit Jobs. Die Krönung war wohl eine 19-jährige Unternehmerstochter aus reichem Haus, gute Studentin, Privatschule und stand vor Gericht, weil sie einen Laden um Elektroartikel im Wert von 5000 GBP erleichtert hat. Und übrigens: Die meisten waren Weiße. Ich bin mal gespannt, ob es eine abschließende Statistik geben wird. Im Moment sieht es so aus, das ca. 1/5 unter 17 Jahre alt waren und ca. 50% über 21 Jahre. Das Altersspektrum geht bis jetzt von 11-58 Jahre. Die größte Berufsgruppe bis jetzt: Schüler.
Insofern ist es, bei allem Verständnis für einen Protetst, nicht von der Hand zu weisen, dass die meisten Aktionen einfach nur kriminell waren und sich zudem gegen die "eigenen Leute" richteten. Ich finde, dass man da dann druchaus mit Hilfe von etwas Photoshop ein wenig Hohn und Spott über die Täter/Revolutionäre (je nach Sicht) schütten darf.
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