Veni, vidi, vici grundlegendes Wissen?

vom 12.08.2011, 12:46 Uhr

Als ich vor knapp einem Jahr in einem Urlaub einen 14 jährigen Jungen getroffen habe, der in der 8.Klasse in Latein auf einer 1 stand, war ich als bayrischer Lateinschüler schon etwas überrascht, da dieser Junge nicht einmal wusste, was "veni,vidi,vici" heißt oder wer das gesagt hat. Auch andere bekannte Sprüche, wie "Ceterum censeo Carthaginem esse delendam", welche zwar schwieriger sind, aber bei uns in der 6.Klasse unterrichtet wurden, konnte er nicht im Ansatz übersetzten.

Da frage ich mich schon ein bisschen, ob es nicht ein kleines bisschen komisch ist, dass ein bayrischer Sechstklässler mit einer 4 (meine Note aus der 6.Klasse) einen Achtklässler aus einem anderen Bundesland mit einer 1 im Zeugnis so locker aus-sticht. Ist nicht zumindest Cäsars Spruch grundlegendes Wissen für jeden Lateinschüler (wenn nicht sogar für jede Person)?

» onlydp » Beiträge: 534 » Talkpoints: 0,35 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Manche Schulen sind hier in NRW zum Beispiel so, dass sie in der 5. Klasse wahlweise mit Latein oder Englisch anfangen. Wer mit Englisch anfängt, kann dann in der 7. Klasse noch einmal wählen, ob er französisch, spanisch oder latein dabei haben möchte. In der 8. Klasse kommt in manchen Klassen dann noch eine Sprache hinzu. Wer also bis dahin kein Latein wollte, kann es nun wählen und ist dann natürlich nicht auf dem Stand eines Schülers, der schon länger diese Sprache lernt.

Die Schulen sind im gleichen Bundesland nicht mal gleich. Was soll dann gleich sein an Schulen aus anderen Bundesländern. Man kann hier in NRW nicht mal die Schulen miteinander vergleichen, was die Fremdsprache angeht. Hätte meine Tochter in der 5. Klasse in der alten Schule Latein gewählt, wäre sie hier in der neuen Heimat in keinem Gymnasium angenommen worden, weil sie ja erst in der 7. Klasse dann eine andere Fremdsprache bekommen hätte.

Vielleicht hättest du den Jungen einfach mal fragen sollen, wann er mit der lateinischen Sprache angefangen hat und wie unterrichtet wird. Einige Lehrer lassen auch viel durchgehen und andere sind eben strenger. Auch goibt es leider auch noch Sympathienoten. Vielleicht ist der Junge dem Lehrer besonders sympathisch.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Natürlich habe ich den Jungen gefragt, wie lange er nun schon Latein hat und er hat gesagt, dass er es bereits seit 2 Jahren (also bin ich davon ausgegangen, dass er die 6.Klasse meint) hat. Das wäre dann genauso früh, wie wir es in Bayern gelernt habe (ab der 6.Klasse), wobei wir es eben schon im ersten Jahr Latein mit auf dem Weg bekommen haben.

Dabei muss man natürlich sagen, dass wir nicht wirklich soweit waren, dass wir derartige Sprüche alleine übersetzen konnten, sondern wir haben diese von unserem Lehrer beigebracht bekommen, indem er uns die einzelnen Bestandteile aufgeschlüsselt hat.

Des Weiteren muss man sagen, dass wir bereits Ende der 7.Klasse dann soweit waren, dass wir den Spruch von Cäsar alleine übersetzen hätten können (wenn wir ihn noch nicht schon gekonnt hätten) und Mitte der 8.Klasse bereits Cato's Spruch.

» onlydp » Beiträge: 534 » Talkpoints: 0,35 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Selbstverständlich gibt es große Unterschiede im Bildungssystem der einzelnen Bundesländer zu beobachten. Ich würde das aber nicht an ein paar Sprüchen aus dem Lateinunterricht festmachen wollen. Klar gehört Cäsars Spruch zur Allgemeinbildung. Aber ich möchte nicht wissen, wie viele Schüler auch in Bayern diesen Spruch in Latein gar nicht kennen. Und nicht überall ist Latein schon ein Schulfach in der 6. Klasse wie bei dir. Auch reicht es ja wohl, wenn man den Spruch in Deutsch kennt.

Ich denke mal, dass es nötig wäre, das Bildungssystem bundesweit zu vereinheitlichen. Nur dann könnte man solche Vergleiche anstellen. Wer weiß, über welches Wissen der Schüler aus der 8. Klasse verfügt hatte, wo er sagt, dass das ja wohl zur Allgemeinbildung gehört, aber du keine Ahnung davon hast. Jeder rechnet ja auch grundlegend andere Dinge zur Allgemeinbildung, je nachdem, wie seine Interessen ausgeprägt sind. Zwar scheinst du dich nicht sonderlich für Latein begeistert zu haben, aber scheinbar hattet ihr immerhin einen guten Lateinlehrer. Da kannst du dich glücklich schätzen.

Nun ist die von dir hier angegebene Situation ja noch relativ harmlos. Davon, dass der Schüler den lateinischen Spruch nicht kannte, geht ja die Welt nicht unter. Aber stell dir mal vor, wie schwierig es für Personalchefs ist, wenn es darum geht, Lehrlinge einzustellen. Jede Schule hat ein anderes Bildungsniveau. Noten sagen da nur sehr wenig über den Bildungsstand des Bewerbers. Also bleibt den Ausbildungsbetrieben nichts anderes übrig als den Kenntnisstand eines jeden einzelnen Bewerbers zu testen.

Auch habe ich so das Gefühl, dass das Bildungsniveau vom Bundesland abhängig ist. Bayern steht da wohl immer noch an der Spitze. Thüringen, wo ich herkomme hat auch ein sehr gutes Schulsystem. Aber wehe, wenn ein Schüler von einem Bundesland in ein anderes umziehen muss. Dann tauchen nämlich die Probleme auf. Manchmal wird er ein Jahr hochgestuft und manchmal ein Jahr zurückgestuft. Schwer hat er es in jedem Fall. Da spielt dann so ein profaner lateinischer Spruch gar keine entscheidende Rolle mehr.

Aber du hast natürlich auch vollkommen recht, dass die Allgemeinbildung immer mehr zurückgeht in Deutschland. Ob nun aber Latein dazu gehört, das wage ich sogar zu bezweifeln. Immerhin handelt es sich dabei ja um eine tote Sprache. Die Texte liegen alle auch in recht guten Übersetzungen vor, so dass es eigentlich keine Notwendigkeit gibt, die Lateinbildung so sehr in den Vordergrund zu rücken. Ich denke mal, es würde reichen, intensiver Sprachgeschichte in den Schulen zu vermitteln. Da spielt dann natürlich das Latein auch eine große Rolle. Aber eben auch das Griechische und indoeuropäische Wurzeln. Aber davon wird in der Schule nicht viel gelehrt, obwohl das ungemein helfen würde, um Beziehungen zwischen Deutsch und anderen Fremdsprachen herzustellen.

» bigfoot11de » Beiträge: 575 » Talkpoints: 3,11 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Die Fähigkeit des Übersetzens dieses Spruches oder die Kenntnis des Spruches samt der Übersetzung sind für mich zwei grundlegend verschiedene Dinge. Man kann Vokabeln und Grammatik lernen und damit dann gegebenenfalls (ich hatte selber nie Latein, habe aber von einem Lehrer gehört, dass die Sprache nicht einfach sein soll und dass sich der Unterricht größtenteils auf das Übersetzen von Texten bezieht) übersetzen.

Auf der anderen Seite kann man den Spruch einfach auswendig lernen, die Übersetzung auswendig lernen und dann war es das. Sich die Vokabeln bei Cäsars Spruch herzuleiten ist womöglich nicht so schwer, bei dem anderen Zitat wird es dann für einen Nicht-Leteiner schwieriger. Ich persönlich kenne nur das erste Zitat, wie gesagt, nicht weil ich Latein gehabt hätte, sondern ich glaube aus dem Geschichtsunterricht und das kam glaube ich auch mal bei Asterix und Obelix (in irgendeinem Film oder Comic) vor.

Ich hatte allerdings einen recht anspruchsvollen Englischlehrer und kenne deswegen einige (englische) Zitate aus Romeo und Julia beziehungsweise von William Shakespeare, ich könnte dann auch einen Englischschüler fragen, ob der die so kennt, denn zumindest "Sein oder nicht sein..." ist ebenso ein berühmtes Zitat. Dennoch muss und werde ich nicht davon ausgehen, dass man das wissen oder kennen sollte. manche kennen es, manche nicht. Was ist so schlimm daran?

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» Tassadar » Beiträge: 1245 » Talkpoints: -1,26 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Nur weil du dir ein paar Sprüche merken kannst, heißt das ja noch lange nicht, dass du ein (lateinisches) Sprachgenie bist. Gut, ich bin der Meinung, dass man sich die bekannten Aussagen auch gut selber herleiten kann, wenn man gut übersetzen kann, aber dazu braucht man dann schon auch ein Stowasser. Oder hast du etwa sämtliche lateinischen Wörter inklusive der Übersetzung im Kopf? Also ich nicht und ich war auch immer gut in Latein (ohne es jemals vollständig begriffen zu haben).

Ich gehe schon davon aus, dass der Schüler, mit dem du dich unterhalten hast, es hätte durchaus übersetzen können, wenn er die richtigen Hilfsmittel gehabt hätte. Ein paar dieser Aussagen gehören sicherlich dann auch zur Allgemeinbildung, aber soweit ich mich erinnern kann, kannte ich die dann eher aus dem Geschichtsunterricht aus der 6. Klasse, glaube ich. Und Allgemeinwissen hat nicht unbedingt was mit dem Können der einzelnen Fächer zu tun. Es gibt schließlich auch genug intelligente "Fachidioten".

Und mal davon abgesehen - in Latein hab ich doch lieber eine eins und kenne den Spruch nicht, als das ich eine vier habe und eine handvoll lateinischer Sprüche kenne. Aber das ist nur meine Meinung.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


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