Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz?

vom 23.05.2011, 18:19 Uhr

Ich arbeite schon mein ganzes Arbeitsleben nur mit Männern zusammen und kann mich nicht daran erinnern, wirklich ernsthaft mit sexueller Belästigung zu tun gehabt zu haben. Klar ist es in manchen Branchen durchaus so, dass es da schon etwas heftiger zugeht, da sind dann deftige Witze eher normal und auch mal rauere Umgangstöne, die aber nicht mit der Tatsache zu tun haben, dass da eine Frau anwesend ist. Es entwickelte sich eher so, dass ich dann als Kumpel und nicht mehr als Frau wahrgenommen wurde.

Wie das als Mann unter Frauen aussieht, kann ich so natürlich nicht beantworten, aber ich kenne einige Männer die Berufen arbeiten, die eine typische Frauendomäne sind und die haben da kein Problem.

Ich denke, das Problem ist einfach, dass die Grenzen der sexuellen Belästigung zwar recht klar definiert sind, aber eben jede Person eine andere Schmerzgrenze hat. Und wenn sich dann eine Person über vermeintliche Nichtigkeiten beschwert, dann wird sie es sicher schwer haben als wenn es wirklich ein handfester Übergriff war, der auch als sexuelle Belästigung wahrgenommen wird.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Bei meinem vorletzten Arbeitsplatz kam das leider auch vor. Zwar nur in "schriftlicher" Form, doch das war auch sehr unangenehm.

Es gab da einen Arbeiter in einer höheren Position, der die Arbeit von ein paar kleineren Teams überprüft hat. Er hat ein paar Mädchen im Team immer über Messenger angeschrieben, hat gefliret und dann irgendwann richtige Forderungen gestellt. Zum Beispiel wollte er die private Handynummer der Damen und wollte, dass sie sich mit ihm treffen, ansonsten würde er ihre Arbeiten als schlecht bewerten. Dem Herren wurde dann nahe gelegt zu kündigen, als das rauskam, was er letztendlich auch getan hat.

Ich hatte einen jungen Kollegen, der sich auch dauernd an mich rangemacht hat. Das Verhältnis bei dieser Arbeit war zwar sehr locker, aber ich fand es dennoch nicht angenehm, er hat immer blöde zweideutige Witze gerissen, das war sehr nervig.

Ein anderer Kollege hat mich schon in meinen ersten Tagen im neuen Job angeschrieben und ohne große Vorrede gefragt, wann ich bei ihm mal Zuhause erscheinen könnte, weil er mit mir etwas anfangen möchte.

Ich dachte erst, dass soll ein Witz sein, aber es war ihm tatsächlich ernst. Da will man seine Kollegen kennen lernen und dann so was! Er hat mir weiterhin solche Nachrichten geschickt, bis ich sagte, dass ich die Texte von ihm abspeichere und sie den Chefs zeigen werde, wenn er nicht aufhört, dann war zum Glück Schluss damit.

» Schneeblume » Beiträge: 3095 » Talkpoints: -0,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


So richtig gut beurteilen kann ich nicht, wie viele Fälle von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz es nun wirklich gibt und ob die Zahlen, die dieser Fernsehsender, von dem Du erzählst, veröffentlicht, zugunsten des Programmes geschont worden sind, denn ich habe mich mit dieser Thematik noch nicht wirklich näher befasst und kann auch keine eigenen Erfahrungsberichte dazu abliefern.

Ich selbst habe mit sexueller Belästigung am Arbeitsplatz glücklicherweise auch noch überhaupt keine Erfahrungen machen müssen und ich kenne dankenswerterweise auch niemanden, der darüber etwas berichten könnte. Zwar weiß ich von Geschichten aus meinem Freundeskreis, in dem sich eine Arbeitnehmerin und ihr Vorgesetzter näher kamen als das eigentlich laut Arbeitsvertrag und Tätigkeitsbeschreibung vorgesehen ist, aber dieses Übereinkommen, wenn man das so nennen will, beruhte dann jeweils auf Gegenseitigkeit und ging nicht nur von einem aus, der etwas wollte, das dem anderen widerstrebte.

Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass es relativ viele Fälle von sexueller Nötigung oder Belästigung am Arbeitsplatz gibt, und ich habe auch in meinem Berufsleben schon Kollegen und Vorgesetzte kennenlernen dürfen, von denen ich mir gut hätte vorstellen können, dass sie genau so drauf sind und sich da durchaus etwas Entsprechendes ereignen könnte, gewundert hätten mich solche Geschichten über sie jedenfalls überhaupt nicht. Konkret zu Ohren gekommen ist mir aber nichts, und vielleicht hat hier auch nur einfach meine Antipathie überwogen oder meine Menschenkenntnis versagt.

Dass es für eine betroffene Frau äußerst schwer ist, nach einem Vorfall von sexueller Belästigung noch einmal an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren, hätte allerdings nicht extra noch erwähnt werden müssen, denn das halte ich wohl für selbstverständlich. Es ist doch grundsätzlich so, dass ein Mensch all das nicht gerne wiederholt, was ihn bereits schädigend beeinflusst hat. In einem Fall von Mobbing sieht es doch nicht anders aus, und wer einmal eine Mobbingerfahrung in einem Unternehmen machen musste, kann sich auch nur schwer vorstellen, am nächsten Tag nochmal an seinen Arbeitsplatz zurückzukehren, denn den Betroffenen plagen dann ja nach seinem Erlebnis entsprechende berechtigte Ängste, vor allem natürlich davor, dass das bereits Erlebte sich nochmal wiederholen könnte.

Diese Angst ist auch sicherlich nicht weithergeholt, und ich denke, dass eine sexuelle Belästigung wohl grundsätzlich nahelegt, dass der, dem sie wiederfahren ist, sich diese Handlung eben nicht wünscht und sie nicht willkommen heißen kann. Dass man selbst also ablehnt, sich selbst einer Schädigung auszusetzen, und das auch noch freiwillig, liegt wohl mehr als nur auf der Hand, sonst wäre es ja auch eben keine Belästigung.

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



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