Warum empfindet ein Mensch Schadenfreude?

Dass der Mensch schadenfroh sein kann, haben wir hier schon mehrmals diskutiert. Aber ich frage mich, warum der Mensch sich über den Schaden anderer Menschen so amüsieren kann. Warum manche Menschen vor Lachen fast am Boden liegen, wenn einem anderen Menschen etwas passiert, was für diesen Menschen bestimmt nicht angenehm ist. Wenn also zum Beispiel ein Mann, der hinter einer Frau herguckt gegen eine Laterne läuft.

Selbst wenn der andere Schmerzen hat, sind dann Leute dabei, die sich nicht mehr halten können vor Lachen. Oft verstummt dann das Lachen erst, wenn sie merken, dass der andere Mensch schwer verletzt zu sein scheint. Oft wird sich über so einen Schaden unterhalten und schon wieder fangen alle an zu lachen. Was bewegt den Menschen an dem Schaden anderer Menschen dazu Freude zu zeigen?

Ich würde sagen, dass man sich in erster Linie über andere Menschen lustig macht, wenn ihnen etwas Peinliches oder Schmerzhaftes passiert, weil man froh ist, dass dieses Missgeschick nicht einem selbst passiert ist. Man weiß ganz genau, dass es einem selbst genauso gut hätte passieren können, weil man selbst auch manchmal so ungeschickt ist, und man ist einfach froh, dass es jemand anderen getroffen hat und eben nicht einen selbst.

Ein anderer Grund ist aber auch, dass manche Situationen, in denen anderen Menschen etwas Blödes passiert, einfach nur lustig sind. Die Situation mit der Laterne ist ein gutes Beispiel. Wenn ein Mann gegen eine Laterne läuft, weil er einer Frau hinterher guckt, sieht das einfach nur lustig aus. Bei so etwas muss man zwangläufig lachen. Erstens weil es eben einfach lustig aussieht, und zweitens weil der Mann in dem Moment ja eigentlich selbst Schuld ist, dass er gegen die Laterne läuft. Man lacht dann einfach über die die Blödheit desjenigen, dass er gegen die Laterne läuft, nur weil er nicht nach vorne schaut.

Wenn einem Menschen etwas Peinliches passiert, ist es ja nicht selten, dass derjenige an seiner Situation selbst Schuld ist. Wie in dem Beispiel mit der Laterne, passiert es ja oft, dass der Betroffene seine peinliche Situation selbst verursacht, auch wenn es nicht unbedingt beabsichtigt ist. Durch eine Unachtsamkeit gerät man schnell in so eine Situation und kommt, ohne die Aufmerksamkeit der umstehenden Menschen auf sich zu ziehen, dort nicht wieder heraus.

Es ist in der Tat oft so, dass man sich als Nebenstehender erstmal über den Betroffenen lustig macht und ihn auslacht, und es dadurch oftmals sehr lange dauert, bis man merkt, dass derjenige sich eventuell ernsthaft verletzt haben könnte. Ein Beispiel fällt mir da ein, als wollte sich ein Freund von mir durch einen Vorhang an eine Terrassentür anlehnen wollte. Diese Tür war aber offen und er ist mit dem Vorhang auf die Terrasse gefallen. Das klingt im ersten Moment jetzt nicht dramatisch, nur stand auf der Terrasse ein noch heißer Grill und er ist nur ganz knapp daran vorbei gefallen. Das hätte also auch ins Auge gehen können. Es sah sehr lustig aus, wie er noch versucht hat, sich irgendwie abzufangen und alle mussten natürlich erstmal lachen und es hat schon etwas gedauert bis sich einer wieder etwas gefangen hatte und ihn gefragt hat, ob ihm was passiert ist.

Ein weiterer Grund kann aber auch sein, dass man den Menschen, dem etwas Peinliches oder Schmerzhaftes passiert, schlicht und einfach nicht leiden kann. Wenn man einen Menschen nicht mag oder ihn sogar hasst, wünscht man diesem Menschen ja oft etwas Schlechtes. Manche Menschen kann man ja sogar so sehr hassen, dass man ihnen die Pest an den Hals wünscht. Und bei solchen Menschen freut man sich dann natürlich, wenn sie sich verletzen (natürlich nicht zu schwer) oder wenn ihnen etwas passiert, womit sie sich in der Gruppe blamieren.

Man möchte doch selbst immer gut dastehen, man möchte Anerkennung, usw., ich denke um so schlechter andere dastehen desto leichter fällt es positiv aufzufallen und einen guten Eindruck zu machen, was einem ja die erwünschte Anerkennung bringt. Deshalb freut man sich über Fehler und Pannen anderer Leute.
Ein weiterer Grund kann natürlich Antipathie sein. Manche Menschen kann man aufgrund ihrer Art, ihres Verhaltens einfach nicht ausstehen. Wer wünscht sich da manchmal nicht, dass der Person was wirklich blödes passiert? Ich jedenfalls schon.

Also wirkliche Schadenfreude empfinde ich eigentlich nur bei Menschen, die ich nicht leiden kann oder bei Personen, die mich vorher geärgert haben. Passiert denen dann ein Mißgeschick, freue ich mir natürlich ein Loch in den Popes.

Um mal ein Beispiel zu nennen. Ein Typ aus unserem Nachbaraufgang stellt sein Auto grundsätzlich auf einen Platz, der eigentlich zur Stadt gehört und auf dem das Parken verboten ist. Sieht es ein Mitarbeiter der Stadt, gibt es einen Strafzettel und 15,- € werden fällig. Nur rafft dieser Typ das einfach nicht oder er hat schlicht und ergreifend zu viel Geld. Er scheint, diesen Platz für seinen Dauerparkplatz zu halten. Irgendwann hat es mir gereicht und ich habe eine E-Mail ans Ordnungsamt geschrieben. Und prompt hatte er am nächsten Tag ein "Knöllchen" am Auto. Da war ich echt schadenfroh und habe mir ins Fäustchen gelacht, denn solche arroganten Typen haben es genau so verdient!

Wenn es aber so ist, dass zum Beispiel jemand eine schwere Erkrankung bekommt, kann ich keine Schadenfreude mehr empfinden. Klar sagt man mal in Wut, dass man jemandem die Pest an den Hals wünscht, aber das geht dann auch zu weit, so etwas wünscht man keinem! Doch, Tierquälern und Kinderschändern, da muss ich mich direkt revidieren! Solchen Menschen wünsche ich wirklich, dass sie irgendwann in der Hölle schmoren. Und wenn denen etwas Schlimmes passiert, wäre ich froh, ja!

Das mit der Schadenfreude ist so eine Sache. Ich glaube, da steckt sicher eine ganze Menge Erleichterung dahinter. Psychologisch gesehen, besitzt jeder Mensch eine gewisse Scham und den Willen, sich keine Blöße zu geben. Daher wird er auch ständig von der Angst getrieben, dass ihm etwas Peinliches passieren könnte. Wenn man nun sieht, dass genau das einem anderen passiert, ist man froh, dass dieses Schicksal an einem selbst vorübergegangen ist. Dadurch kommt dann die Erleichterung zustande.

Andererseits sieht man, wie ungeschickt sich manche Leute bewegen oder welches Pech sie haben. Oftmals spielt einem ja der Zufall einen Streich. Dabei kommt es dann zu ungewöhnlichen Reaktionen, die nicht dem alltäglichen Verhaltensweisen entsprechen. So läuft in dem von dir angegebenen Beispiel ein Mensch gegen eine Laterne, weil er mit den Gedanken woanders ist. Nun sieht man ja nicht allzu oft Menschen gegen Laternenpfähle laufen. Da dieses Verhalten außergewöhnlich ist, wirkt es auch absonderlich und damit lustig.

Klar hat der Betroffene meistens nichts zu lachen. Manchmal hat er ja Schmerzen und fast immer schämt er sich ob seines Missgeschicks. Da geht dann das ungewöhnliche Verhalten, welches die Erheiterung der Umstehenden auslöst, weiter. Und es kann keiner mehr anders als sich dem Lachen ergeben. Außerdem ist Lachen ja bekanntlich ansteckend, so dass, wenn einer mit Lachen anfängt, die anderen unweigerlich mit einstimmen, auch wenn sie die Situation nicht unbedingt komisch finden.

Apropos Komik. Was löst also diese Komik aus? Es ist nicht so sehr die lustige Situation (meistens ist die Situation gar nicht lustig), sondern vielmehr die Distanzierung vom Geschehen. Wenn man lacht, kann das Geschehen ja auch nicht so schlimm gewesen sein. Man redet sich also ein, dass die Handlung zwar ungewöhnlich, aber nicht schlimm war. Daher hört das Lachen dann auch auf, sobald man den Ernst der Lage überschaut. Somit ist die Schadenfreude nicht als böse Einstellung dem Betroffenen gegenüber zu verstehen. Im Gegenteil ist es vielmehr der Versuch, den Ernst der entstandenen Situation wieder in die Normalität zurückzuführen.