Meine Oma freut sich aufs Sterben

vom 03.03.2008, 19:01 Uhr

Ich bin über solche Aussagen bin ich persönlich extrem gespaltener Meinung. Auf der einen Seite finde ich so etwas sehr traurig zu hören. Wenn ein Mensch die Freude am Leben verloren hat, und den Tod schon als eine Art Erlösung sieht, finde ich das sehr beängstigend. Ich frage mich dann, wie es mir einmal gehen wird, wenn ich einmal alt wird, ob man wirklich irgendwann so sehr seine Meinung und die Einstellung zum Leben ändert, dass man sich auf den Tod freut.

Ich habe ähnliche Aussagen schon von vielen alten Menschen gehört und solche Aussagen beschäftigen mich dann grundsätzlich sehr. Es wirft bei mir einfach die Frage auf, was dazu führt, dass ein Mensch so über sein Leben bzw. über seinen Tod denkt. Und irgendwo ist es auch wieder beruhigend, dass ich solche Gedanken zumindest noch nicht nachvollziehen kann, aber dennoch finde ich es bedrückend, zu wissen, dass es Menschen gibt, die schon so mit ihrem Leben abgeschlossen habe und sich nahezu wünschen zu sterben.

In gewisser Weise finde ich solche Sätze aber auch fast schon rücksichtslos. Als jüngerer Mensch kann man eine solche Einstellung noch nicht unbedingt nachvollziehen und gerade für Angehörige stelle ich es mir wie ein Schlag ins Gesicht vor, wenn man hört, dass ein geliebter Mensch so lebensmüde geworden ist und sich auf den Tod freut. Mich würde so etwas unglaublich verletzten.

Das ist einer der Gründe, warum ich schon ein wenig Angst davor habe, einmal „alt“ zu werden. Denn in gewisser Weise kann ich mir schon vorstellen, was Menschen dazu bringt, sich auf den Tod zu freuen. Einmal ist es natürlich so, dass man mit dem Alter eine ganz andere Einstellung zum Tod bekommt. Es ist etwas, mit dem man sich zwangsweise irgendwann beschäftigen muss. Je älter man wird, desto mehr sterben Menschen im eigenen sozialen Umfeld: Man verliert Freunde, Familie und möglicherweise sogar seinen Ehemann oder seine Ehefrau an den Tod. Da kann ich mir schon vorstellen, dass bei so vielen Schicksalsschlägen und geliebten Personen, die aus dem Leben treten, die eigene Lebensfreude ein wenig verloren geht.

Darüber hinaus ist es auch so, dass nicht aufgrund des medizinischen Fortschritts Menschen heute sehr lange leben. Die Menschen werden immer älter. Ich glaube einfach, dass wenn man beispielsweise wirklich hundert Jahre gelebt hat, nicht unbedingt die Freude am Leben verliert, aber einfach das Gefühl hat, dass es nun einfach mal genug ist. In hundert Jahren hat man so viel erlebt, hat so viel gelernt und mitgemacht. Das ist einfach etwas sehr anstrengendes.

Und nicht zu vergessen ist natürlich, dass das Leben im Alter auch rein körperlich gesehen nicht unbedingt einfach wird. Die Gesundheit nimmt ab, man hat immer mehr körperliche Beschwerden und ist bei weitem nicht mehr so fit, wie man mal war. Das ist einfach der Lauf der Dinge.

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» JulietMay » Beiträge: 1078 » Talkpoints: -0,56 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich denke das kommt oft vor bei älteren Menschen. Meine Großeltern hingegen, die Mitte 70 sind, sind noch recht lebensfroh. Sie unternehmen ihrem Alter entsprechend noch recht viel. Beispielsweise meine Oma trifft sich immer ein mal pro Woche mit ihren Freundinnen und geht auch häufig spazieren. Mein Opa hält sich mit Holzhacken "fit". Von meinen Eltern (Anfang 40) höre ich oft den Satz "Werd bloß nicht alt".

Das ist wohl auch so eine Eigenschaft, die sich im Alter bemerkbar macht. Klar, man wird älter, der Körper funktioniert nicht mehr ganz so, wie man will. Trotzdem freue ich mich auch auf eine gewisse Art und Weise aufs "Alt-Werden". Wenn deine Oma sich jetzt aufs Sterben freut, muss du das wohl oder übel akzeptieren. Lass sie los.Ich kann gut verstehen, dass man in solch einer Situation nicht weiß, wie man regieren soll. Vielleicht kannst du ihr ja gerade jetzt Zuneigung entgegenbringen, damit sie glücklich sterben kann.

» Alexandra. » Beiträge: 9 » Talkpoints: 3,08 »


Ich kann deine Oma schon irgendwie verstehen. Noch bin ich zwar jung, aber ich würde ehrlich gesagt auch nicht gerne allzu alt werden, zumindest nicht wenn alt werden bedeutet, dass ich krank bin und mich kaum oder gar nicht mehr selbst versorgen kann. Für mich wäre so ein Leben auch nicht erstrebenswert. Viele alte Leute erleben ihren körperlichen Verfall und müssen damit zurechtkommen, dass selbst alltägliche Dinge auf einmal zu echten Hürden werden. Dazu kommt noch, dass viele Leute im Alter vereinsamen. Die Kinder sind aus dem Haus, Freunde und Bekannte sterben oder können selbst nicht mehr vor die Haustür gehen. Dazu kommen noch allerlei Krankheiten, die viele Leute bekommen und die gerade erst durch die moderne Medizin zunehmen. Die Leute werden älter, so dass auch die Chance, bestimmte Krankheiten zu bekommen, zunimmt. Früher sind die Leute oft schon gestorben, bevor es so weit war, dass sie zahlreiche Krankheiten bekommen haben.

Als Enkel kannst du nicht viel machen, außer dich um deine Oma bestmöglich zu kümmern. Das kann schon eine ganze Menge sein. Wenn sie nicht nur sehr viel alleine, sondern auch einsam ist, könnte die ganze Familie versuchen, sie wieder stärker einzubeziehen. Gerade wenn sie viel mitgemacht hat und keinen mehr hat, mit dem sie über ihre ganzen schlimmen Erfahrungen und ihre Probleme sprechen kann, ist das für sie auf Dauer sehr frustrierend. Das würde jungen Menschen ebenso gehen. Leider wird in unserer Gesellschaft noch viel zu selten über Depressionen und Suizidalität im Alter gesprochen. Das ist ein Thema, das oft totgeschwiegen wird.

Ich finde es nicht verwerflich, wenn sich jemand auf den Tod freut. Man steckt selbst nicht in der Situation drin und kann daher nicht beurteilen, ob eine solche Haltung gerechtfertigt ist oder nicht. Von außen kann man immer viel erzählen und den Leuten tolle Ratschläge erteilen. Vielleicht würde es einem selbst in einer solchen Situation aber auch nicht anders gehen. Ich würde daher nicht leichtfertig sagen, dass man sich nicht auf den Tod freuen sollte oder gar nicht darf. Vielmehr würde ich nach den Ursachen forschen, die es deiner Oma leicht machen, solche Aussagen zu tätigen.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Da du nicht schreibst, dass deine Oma sehr krank ist, nehme ich an, es geht ihr gesundheitlich einigermaßen gut. Dann finde ich, kannst du schon etwas gegen diesen seltsamen Wunsch tun, beziehungsweise ihr helfen, eine andere Einstellung zu bekommen. Was hat denn deine Oma gerne gemacht in früheren Jahren? Vielleicht kannst du sie dazu bewegen, ihre Memoiren zu schreiben und ihr ab und zu dabei behilflich sein. Oder wenn sie früher mit deinem verstorbenen Opa gerne Karten gespielt hat, könnte sie Mitglied in einem entsprechenden Club werden. Vielleicht interessiert sie sich auch einfach nur für ein paar Klönabende mit Freundinnen oder in einem fremden Verein. Es gibt auch Handarbeitsclubs, falls sie früher gerne gehandarbeitet hat.

Ich kann verstehen, wenn jemand frustriert ist, weil er alt ist und seinen Partner verloren hat. Aber dafür ist es wichtig, sie aus ihrer Lethargie zu reißen. Das könnte ein junger Mensch am besten. Vielleicht hat sich deine Oma notgedrungen in den Gedanken verliebt, euch alle zu schocken mit der Aussage, dass sie in ein paar Jahren tot sein will. Je nachdem, wie alt sie ist, wird ihr Wunsch auch ganz normal in Erfüllung gehen. Aber momentan liebäugelt sie eben mit dem Gedanken und erwartet von euch, ihr zu widersprechen. Und da ihr das wahrscheinlich alle wie gewünscht macht, fühlt sie sich wohl dabei. Zieht ihr den Zahn, dann kommt sie wieder zurück auf die Welt.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



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