„Ganz ok“ schlechte Arbeitsbeurteilung?
Soeben rief mich meine Kollegin an und teilte mir mit, wo sie ein persönliches Dokument, das ich während meines letzten Arbeitseinsatzes im Büro liegen gelassen hatte, deponiert hat, damit es keinem in die Hände fällt, der es nicht sehen sollte. Bei dieser Gelegenheit fragte sie mich auch, wie es so läuft.
Wie einige von Euch vielleicht mitbekommen haben, arbeite ich seit acht Wochen in diesem Büro und wurde auch nach zwei Wochen gleich als alleine Urlaubsvertretung eingesetzt. Von meinem Chef wurde ich mit Lob überschüttet und es gab auch, nachdem sich das glücklicherweise irgendwann etwas weniger intensiv ausgeprägt hat, die eine oder andere Aussage von Seiten meines Vorgesetzten, dass er hofft, dass ich mich nicht irgendwann anderweitig bewerbe, sondern in seinem Büro bleibe. Insofern bat er mich auch, immer auf ihn zurückzukommen, wenn ich meine Arbeitszeit erhöhen will oder mit irgendetwas nicht zufrieden bin, weil er eine Lösung finden will, statt mich einfach gehen zu lassen. Ich war also der Meinung, ihn mit meinem Einsatz zufrieden zu stellen.
Diese Kollegin fragte mich also soeben, wie es so läuft, weil ich ja nun seit der zweiten Arbeitswoche allein arbeite und mich mehr oder weniger durchschlagen musste, was aber wirklich gut funktioniert hat. Zwar gibt es immer wieder Neues, was mir erklärt werden muss, das ist ja klar, aber im Großen und Ganzen läuft wirklich alles selbständig und ich habe das Büro im Griff. Sie beantwortete sich ihre Frage dann selbst mit den Worten: „Also, was ich vom Herrn XY weiß, läuft ja alles ganz ok“, und ich war erstmal leicht irritiert, weil ich mit dieser Aussage nicht wirklich viel anfangen kann. Ein „ganz ok“ ist für mich ein „ausreichend“ und insofern nichts, was ich als Bewertungsgrundlage stehen lassen wollen würde.
Nun weiß ich aber auch, dass man in unserer Region sehr sparsam mit Superlativen und großartigen Belobigungen ist und normalerweise gilt hier der Grundsatz: „nicht geschimpft ist genug gelobt“, womit ich schon immer schwer klar kam, weil man so eben kaum Feedback bekommt und auch entsprechend nichts verbessern kann. Ein „ganz ok“ kenne ich hier teilweise auch als eine Art, zu sagen, dass irgendetwas sehr gut ist, mein bester Freund gibt beispielsweise sehr häufig die Beurteilung „ok“ oder „ganz ok“ ab, wenn er „super“, „sehr gut“ oder „hervorragend“ meint.
Ich bin nun im Zwiespalt, wie ich die Aussage meiner Kollegin deuten soll, weil ich mir nichts schönreden will, aber gleichzeitig auch nicht weiß, ob das, was ich nun von ihr als Feedback bekommen habe, wirklich so viel schlechter ist als das, was ich von meinem Chef in den letzten Wochen gesagt bekam, der sich mit Loben und Superlativen wesentlich weniger schwer tut als man das hier in meiner Gegend wohl zu kennen scheint. Da er seine Lobeshymnen allerdings mittlerweile wiederum fast komplett eingestellt hat, bin ich mir wirklich nicht mehr sicher, ob das ein automatischer Verlauf war oder er tatsächlich mittlerweile nicht mehr sonderlich zufrieden mit meiner Arbeit ist.
Wie seht Ihr das? Kennt Ihr auch Beurteilungen, die „ganz ok“ lauten und wisst Ihr, was das bedeuten kann? Würdet Ihr nun aufgrund dieser Aussage auf Euren Chef zugehen und ihn nach einem direkten neuerlichen Feedback fragen bzw. danach, ob Ihr Euch irgendwo verbessern könnt oder wäre das zum jetzigen Zeitpunkt vielleicht übertrieben?
Die Beurteilung „ganz ok“ ist, wenn die mündlich nebenbei geäußert wurde, ein Lob und keine Kritik. Wenn es wirklich Anlass zur Kritik gäbe, dann hätte man Dir sicherlich mitgeteilt, was Du ändern sollst. Da aber genau das nicht passiert ist, würde ich das in Deinem Fall als Lob auffassen. Es ist auch nicht empfehlenswert, ständig nach Feedback zu fragten.
Wenn jemand Beschwerden hat, gerade bezüglich der Arbeitsweise anderer, dann würde er das schon sagen. Es wirkt merkwürdig, wenn man ohne wirklichen Grund nach Rückmeldungen zur eigenen Leistung bittet, das kommt mir so übermotiviert vor. Warum machst Du Dir darüber denn so viele Gedanken? Du hast doch selbst geschrieben, dass Du auch viel gelobt wurdest? Reicht das nicht?
Es ist so, dass ich die grundlegenden Arbeitsabläufe ziemlich schnell beherrscht habe, Zitronengras. In dieser Zeit wurde ich mit fast schon wieder zu viel Lob bedacht, das sich irgendwann aber so verlaufen hat, dass es mittlerweile kaum noch vorkommt. Mittlerweile ist es so, dass ich immer wieder Hinweise zu den Detailaufgaben bekomme, die mir im Rahmen der Einarbeitungsgrundlage nicht vermittelt wurden. Das Grobe sitzt sozusagen, während die Feinheiten mir noch nicht vermittelt wurden oder zum Teil unklar sind und wiederholt werden müssen, weil ich nicht mehr die Möglichkeit habe, zu üben, ich bin ja nun mittlerweile allein im Büro.
Der Punkt ist also, dass ich manchmal das Gefühl habe, dass an einigen Tagen mehr erklärt und wiederholt wird und ich dann manchmal mit meiner eigenen Anspruchshaltung an mich selbst ein Problem habe, mir also manchmal wirklich am Ende eines Arbeitstages so vorkomme als hätte ich keine gute Leistung abgeliefert, mit der ich zufrieden sein kann. Grundsätzlich würde ich schon sagen, dass ich das Büro gut im Griff habe, aber es gibt doch immer wieder mal Kleinigkeiten, die ich übersehe oder nicht bedenke, vor allem in Stresssituationen geht gern mal irgendetwas unter, über das ich mich hinterher ein wenig ärgere, weil ich da einfach einen anderen Anspruch an mich habe – vor allem eben dann, wenn mir das bereits erklärt wurde.
Auf solche „Fehler ohne großartige Auswirkung“ werde ich von meinem Chef natürlich immer wieder hingewiesen, und auch, wenn es nicht immer dieselben Fehler sind, so gibt es eben doch Tage, an denen ich zwei- oder dreimal auf irgendetwas angesprochen werde, das ich entweder falsch gemacht oder übersehen habe oder das ich mir für die Zukunft merken sollte, was also wieder eine Form von neuer Arbeitsanweisung darstellt. Am Ende eines Arbeitstages bleibt mir genau das im Kopf hängen und ich habe das Gefühl, unterm Schnitt mehr Ansagen bekommen zu haben als dass ich mit mir zufrieden sein könnte. Deshalb hallt dieses „ganz ok“ auch sehr nach.
Es ist aber normal, nicht immer alles richtig zu machen und wenn man dann auf gewisse Details hingewiesen wird, dann eben auch nur, weil man nicht alles sofort perfekt beherrscht. Diese kleinen Hinweise sind nicht dafür da, um Dich zu entmutigen oder Dich zurecht zu weisen. Die anderen wollen Dir sicherlich nur helfen, Dich weiter zu verbessern. Du solltest vielleicht keinen so übermäßigen Anspruch an Dich haben, dass Du wegen jeder kleinen Korrektur gleich entmutigt bist. Es ist nur ein Job- mehr nicht!
Ich würde ganz OK nicht als Kritik verstehen, das liegt aber auch an den mir bekannten Arbeitsabläufen. So hat in meiner aktuellen Firma, jeder Außendienst einen Innendienst, wenn nun ein Außendienst aus Gründen wie Krankheit oder Urlaub mit einem anderen Innendienst zusammenarbeitet, dann lautet das Urteil meist auch ganz OK, weil es eben doch eine andere Zusammenarbeit ist. Das eingespielte Team hat so seine Rituale und versteht sich in manchen Situationen auch ohne Worte, mit einer Vertretung oder einem neuen Innendienst ist das wieder ganz anders da fällt dann die Beurteilung eben auch etwas anders aus.
Andererseits, selbst wenn es mit der Vertretung super laufen würde: von unseren Außendiensten würde das keiner seinem Innendienst sagen, weil er das immer wieder - wenn auch eher spaßig - auf das Butterbrot geschmiert bekäme. Daher verkneifen die sich so etwas und loben nur ihren Innendienst. Vielleicht ist das ja auch bei Euch so, moin!. Daher würde ich diese Beurteilung erst mal nicht so ernst nehmen.
Für ein mündliches Statement ist das völlig in Ordnung, das sehe ich auch so wie die meisten hier. Wenn du es genau wissen willst hilft ja eine direkte Nachfrage was man besser machen könnte wenn einem das "ganz OK" etwas zu fadenscheinig ist.
Anders sieht es aus wenn diese Grundhaltung in einem schriftlichen Arbeitszeugnis auftauchen würde. Ich persönlich würde dann diese Wortkombination ungefähr mit "erfüllt seine Aufgaben" und "es gibt bessere Leute" übersetzen.
Wenn es nur zwischen Mitarbeitern in einem Gespräch geäußert wird, würde ich dem Ganz Ok jetzt nicht so viel Bedeutung beimmessen. Wenn ich überlege, was ich so im Alltag von mir gebe, sage ich auch ganz oft Ganz Ok, ohne das jetzt etwas schlecht oder wirklich verbesserungswürdig wäre. Man will ja nicht immer gleich völlig aus sich rausgehen oder denkt, dass der Gegenüber denkt man übertreibe oder hielte es für was ganz tolles, wenn man sagt, das läuft super oder bestens.
In einem richtigen Arbeitszeugnis wäre das schon was anders. Da wird ja durchaus länger drüber nachgedacht, was man da rein schreibt und da hat ja auch fast jedes Wort eine Bedeutung. Ganz Ok wäre da also durchaus schon als 3-4 zu werten, also das die Arbeit zwar gemacht wird, aber auch nur gerade so, dass es geht. Aber das war ja bei dir nicht der Fall, also würde ich da nicht soviel drauf geben.
Frag doch einfach mal deinen Vorgesetzten ob ihr euch nicht mal 10 Minuten für ein Gespräch zusammensetzen könnt, wenn du das Gefühl hast, dass es nicht so läuft oder das Kritikpunkte an deiner Person geben könnte. Da kannst du dann ja mal genau fragen, ob es Probleme gibt oder was du verbessern kannst.
Vermutlich habe ich hier dein Posting nicht genau genug gelesen bzw. nicht verstanden. Aber du wärst bereit nach einer neuerlichen Beurteilung (mündlich) anzufragen, weil die unterstellte Beurteilung welche du indirekt bekommen haben willst, deinen Vorstellungen nicht entspricht? Was für einen Sinn hätte das? Brauchst du das Lob für das eigene Wohlbefinden?
Ganz unabhängig von der "Bewertung" oder "Deutung" einer solchen "Beurteilung": hier hast du von Dritter Seite etwas mitbekommen, was vermutlich verkürzt wieder gegeben wurde. "Ganz OK" ist schließlich nichts, was so schriftlich niedergelegt werden könnte. Hier hat offenbar die dritte Person bereits eine Vereinfachung durchgeführt, welche ich eben niemals ernsthaft betrachten würde.
Wenn dir wirklich so viel daran liegt, regelmäßig bewertet zu werden, dann frage nach einer schriftlichen Beurteilung. Sich Loben zu lassen ist aber sicher auf Dauer keine gute Idee. Und ich denke, dass bei schlechter Arbeit dein Chef schon auf dich zugekommen wäre. Daher solltest du dir weiter keine Sorgen machen und daran denken, dass eben nicht jede Tätigkeit oder Tat in irgend einer Form bewertet werden muss. Schließlich macht auch bei dir in der Firma jeder seinen Job.
Vielleicht zur Prüfung: wann und wie sehr werden die Kollegen und Kolleginnen in deinem Umfeld vom Chef gelobt und wie würdest du denen Arbeit im Verhältnis zu deiner Tätigkeit einschätzen? Richtig ist, dass man sich nach einer gewissen Zeit Feedback auch aktiv holen muss. Aber wenn du da bereits vor einer Woche entsprechende Reaktionen hattest, sollte das nicht binnen sieben Tagen bei Seite geschoben werden und auf Grund einer fragwürdigen Aussage von dritter Seite in Frage gestellt werden.
@ derpunkt: Ich denke mittlerweile, auch nach den Antworten, die hier eingingen, auch, dass diese durch eine dritte Person wiedergegebene Aussage nicht unbedingt das widerspiegeln muss, was tatsächlich gesagt worden ist und ich habe auch verstanden, dass mein Chef mich sicherlich schon angesprochen haben dürfte, wenn an meiner Arbeitsweise etwas auszusetzen wäre.
Der Grund, weshalb ich mir darüber solche Gedanken mache, liegt vermutlich allerdings noch einem anderen Punkt als dem, den ich Zitronengras geschildert habe. Es ist nämlich so, dass ich in Sachen Arbeitsbeurteilung und offenen Ansagen ein gebranntes Kind bin und mich in meinem letzten Arbeitsverhältnis eben überhaupt nicht auf das verlassen konnte, was mir gesagt wurde. Ich musste mich nach meiner ersten solchen Erfahrung dort ständig darauf gefasst machen, wegen irgendeines „Vergehens“ beschuldigt zu werden, das ich nicht begangen und mich für Fehler rechtfertigen zu müssen, die ich nicht verschuldet hatte. Kurz bin ich darauf auch in meinem Thread über den Chef, der an einem Hirntumor verstarb, eingegangen.
Für mich ist es nach meinem letzten Arbeitsverhältnis in diesem nun scheinbar komplett anderen neuen Umfeld einfach schwierig, das, was mir so gut gefällt, auch als gegeben anzusehen. Ich fühle mich wohl, angenommen und integriert, aber ich habe aufgrund meiner Erfahrungen im letzten Job eben eine besondere Form von Angst davor, dass sich irgendwann herausstellt, dass auch hier hinter meinem Rücken, also ohne mein Wissen und ohne deutliche Ansprache von Seiten eines Vorgesetzten, Dinge vorgehen, die ich so nicht erwartet oder abgesehen hätte.
Möglicherweise war diese Aussage meiner Kollegin deshalb für mich so etwas wie ein kleiner Schock, weil ich direkt Parallelen zu meiner alten Arbeitsstelle gesehen habe – mir wurde eben abrupt das Gefühl vermittelt, dass mein Chef mir gegenüber etwas zum Ausdruck bringt, das er meiner Kollegin gegenüber wesentlich entkräftet formuliert, vielleicht sogar mit dem Hauch des Negativen behaftet.
Ob das nun alles nachvollziehbar ist, weiß ich nicht und ich denke, ich werde auch nicht weiter darauf eingehen müssen, ob ich nun jeden Tag gelobt werden will, was natürlich Quatsch ist, denn darum geht es mir hier überhaupt nicht. Wie es zu meiner ursprünglichen Fragestellung kam, sollte eigentlich eher ohne Belang sein, oder nicht? Ich hoffe allerdings dennoch, dass es Dir nach diesen Ausführungen leichter fällt, meine Beweggründe für diese Fragestellung zu verstehen oder irgendwie nachvollziehen zu können, auch, wenn ich noch immer nicht weiß, was das mit meiner eigentlichen Frage, nämlich der Titelüberschrift, zu tun haben sollte.
moin! hat geschrieben:Ich hoffe allerdings dennoch, dass es Dir nach diesen Ausführungen leichter fällt, meine Beweggründe für diese Fragestellung zu verstehen oder irgendwie nachvollziehen zu können,
Ja, das tut es. Auch wenn ich dies bereits aus deiner Antwort an Zitronengras herausgelesen hatte. Allerdings ging es mir nur darum klar zu machen, dass du niemals mehr als Feedback einzufordern machen kannst. Und das hast du nun getan - und dabei solltest du es auch bewenden lassen. Jedenfalls dann, wenn du auf Grund des Feedbacks keinen Änderungsbedarf bei deiner Arbeitsweise siehst. Immer in kurzen Abständen nach einer Beurteilung zu schauen, schützt dich nämlich nicht davor, dass es dir im unglücklichsten Fall so geht, wie eben bei dem Arbeitgeber, bei dem du die schlechte Erfahrung gemacht hast.
moin! hat geschrieben:auch, wenn ich noch immer nicht weiß, was das mit meiner eigentlichen Frage, nämlich der Titelüberschrift, zu tun haben sollte.
Hierzu wollte ich, wenn auch sehr indirekt, nur sagen, dass in dem von dir gewählten Titel gar keine wirkliche Arbeitsbeurteilung zu finden ist. Denn, noch mal, "ganz Ok" wird sich kaum in einem Zeugnis finden. Daher ist es müßig, dieses "ganz Ok" bewerten zu wollen. Noch dazu, wenn es eben gar nicht vom Vorgesetzten kommt, sondern als Zusammenfassung einer dritten Person deren Motivation nicht mal dir vollständig bekannt sein dürfte. Auch nicht, wie die Aussage überhaupt zu Stande kam - nachdem ich es schon bedenklich finde, wenn der Vorgesetzte mit anderen (ihm unterstellten) Angestellten über die Leistung und Leistungsbewertung anderer spricht!
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