Staat soll nur 5 Jahre Hartz IV zahlen

vom 17.03.2010, 14:02 Uhr

Soll ALG II in Zukunft auf 5 Jahre begrenzt werden?

ja
5
19%
nein
21
81%
 
Abstimmungen insgesamt : 26

Rente und ALG 2 sollte in meinen Augen getrennt betrachtet werden. Immerhin zahlt ein Arbeitnehmer sowohl in die Rentenversicherung, wie auch die Arbeitslosenversicherung ein und zahlt auch noch Steuern an den Sozialstaat. Und aus dem Topf der Rentenversicherung sollten ja an sich auch die Renten bezahlt werden. Angedacht war ja an sich mal, das das über einen Generationenvertrag läuft. Sprich die Kinder zahlen quasi für die Eltern, um es ganz vereinfacht auszudrücken. Früher war das vielleicht auch mal durchführbar, als es jede Familie mehrere Kinder hatte. Aber heute werden die Familien mit nur einem Kind, immer mehr. Oder auch kinderlose Paare oder Singles. So kann der Generationenvertrag natürlich nicht klappen.

Und es wurde auch früher recht grosszügig mit den Geldern aus den Rentenkassen umgegangen. Da wurde wesentlich schneller als heute mal Frührente oder andere Renten vor dem eigentlichen Rentenalter bewilligt. Heute ist das schon schwerer geworden.

Sozialleistungen nur auf Zeit zu bezahlen, kann nicht funktionieren. Dazu gibt es einfach zuviele verschiedene Gruppe von Sozialleistungsbeziehern. Subbotnik hat die Gruppe ja mal aufgezählt, die eindeutig nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt selbst zu finanzieren.

Und ich bin immer wieder "erfreut" darüber, wie sehr man auf die Berichterstattung der Boulevardmedien anspringt. Im Fernsehen, wahlweise auch diversen Zeitungen, werden nur solche Sozialleistungsbezieher gezeigt, die scheinbar nur Geld kassieren wollen. Über die Fälle, die einmal halt nicht arbeiten können, weil sie krank sind oder zu jung (Kinder) oder zu alt (Rentner), wird da komischerweise kaum berichtet. Und selbst wenn, solche Berichte sind nicht reisserisch genug und gehen unter.

Ich könnte wetten, jeder kennt irgend jemand, der in irgendeiner Weise das System umgeht. Aber genauso kennt auch jeder jemand, der seit Jahren versucht eine Arbeit zu bekommen, oder jemand der Jahrzehntelang in die Kassen einbezahlt hat und nun am Existenzminimum lebt, oder jemand der seit Jahren wirklich kämpft. Und ich könnte genauso wetten, das die letzte Gruppe grösser ist, als die erste Gruppe. Aber da sieht niemand hin. Da heisst es eher noch, Gruppe zwei bekommt das und das nicht, weil Gruppe eins schmuh macht.

Gutscheine sind ja auch immer wieder ein beliebtes Thema. Ich frage mich, ob die jenigen die sowas für gut heissen, auch bereit sind, wöchentlich ihre Einkaufszettel, Kreditkarten und EC- Karten Abrechnungen, Kontoauszüge etc.pp. an eine staatliche Behörde zu senden, damit man nachverfolgen kann, in wie weit jeder Bürger bereit ist, die deutsche Wirtschaft anzukurbeln.

Ich bin kein unbedingter Fan eines gesetzlichen Grundeinkommens. Aber ich halte es durchaus für sinnvoll, das es Mindestlöhne geben sollte. Ich halte es nicht weiter für tragbar, das es Menschen gibt, die Vollzeit arbeiten gehen und am Monatsende weniger als ein Hartz 4- Empfänger haben. Wenn es eine Mindestlohn gäbe, wären wesentlich weniger Menschen auf Sozialleistungen angewiesen. Ausserdem könnte so auch die Wirtschaft angekurbelt werden, was wiederrum zu neuen Arbeitsplätzen führen würde.

Ausserdem muss mehr für die Betreuung von Kinder getan werden. Wer kann es sich heute noch leisten, das ein Elternteil daheim bleibt und die Kindererziehung übernimmt? So gut wie keiner mehr. Folge ist, das man entweder weniger Kinder bekommt und somit auch die Einzahlungen in die staatlichen Rentenkassen immer mehr sinken, oder das einer der Elternteile nur stundenweise arbeiten kann, weil die Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder nicht gegeben sind. Was wiederrum zur Folge hat, das die Familie weniger Einkommen hat und somit eventuell auch auf Sozialleistungen angewiesen ist. Oder der betreuuende Elternteil findet aufgrund der Betreeung des Kindes keinen Arbeitsplatz und die Familie ist dann auf Sozialleistungen angewiesen.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



Klehmchen hat geschrieben:Und auch sonst, denke ich sollte der Ansatz der Arbeitsmarktpolitik ja nicht darin liegen, zunächst die Binnenkonjunktur zu sichern, sondern die Leute in Arbeit zu bringen. Und wenn nicht genug Arbeit da ist, sollte man eben schauen, dass man entweder mehr Arbeitsstellen schafft oder die vorhandene Arbeit versucht anders zu verteilen. Aber daran versucht sich ja leider schon lange keiner mehr so wirklich.

Sicher, aber das Arbeitslosengeld ist ja mittlerweile ein Mischmasch aus Sozialleistung und Wirtschaftssubvention - da muss man eben auch an die Binnennachfrage denken.

Das Problem mit mehr Arbeit schaffen ist ja immer wieder das alte: Jeder hat eine Idee wie, aber keiner kann dafür garantieren. Und ehrlich gesagt glaube ich nicht daran, dass der Staat hier allzuviele Einflussmöglichkeiten hat was die Entstehung von Jobs angeht. Solange die Wirtschaft nicht mitspielt kann er Rahmenbedingungen stecken soviel er will und tendenziell werden es ja immer weniger Jobs, vor allem produzierenden Gewerbe dank der fortschreitenden Automatisierung.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Der Staat hat in der Tat nicht wirklich viele mögliche Offerten, damit neue versicherungspflichtige Arbeitsplätze entstehen. Wir leben in einer sozialen Marktwirtschaft und die Firmen regulieren selbst ihre Personalkosten durch Neueinstellungen oder durch Entlassungen, wenn es wirtschaftlich nicht so gut läuft.

Bevor man jetzt seitens der Regierung an Hartz 4 etwas ändert, sollte man erst einmal die realen Tatsachen genau begreifen. Bis jetzt kommen von der Regierung nur irgend welche sogenannte Schnellschüsse, die überhaupt keinen praktikablen Wert haben. Für offene und ehrliche Worte ist die Zeit gekommen, allerdings ohne parteipolitisches Gezänk. Nur mit gesundem Menschenverstand lassen sich diese Probleme auch bewältigen.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ein solcher Vorstoß hätte vor dem Bundesverfassungsgericht wahrscheinlich keine Chance. Selbst mit 100%iger Mehrheit in Bundesrat und Bundestag könnte man das Grundgesetz nicht so ändern, dass eine solche Regelung verfassungskonform wäre. Schließlich sind die Artikel 1, 20 und 79 (3) GG nicht abzuändern. Unsere Verfassungsväter waren klug genug, um Vorstößen eines Herrn Gunnar Heinsohn vorzubeugen.

» Hessi_James » Beiträge: 11 » Talkpoints: 2,84 »



Ich finde solche Vorschläge wirklich schlimm. Anstatt sich über "vernünftige Lösungsvorschläge" Gedanken zu machen bedient man sich immer unnd immer wieder amerikanischer Ideen.

Ich finde, dass Clinton überhaupt keinen Grund hat auf diese Regelung stolz zu sein. Zwar hat er unter anderem mit solchen Maßnahmen den amerikanischen Haushalt saniert und jahrelang Haushaltsüberschüsse eingefahren aber zu welchem Preis? Viele Amerikaner brauchen mehrere Jobs um über die Runden zu kommen. Vor Angst davor in die Mittellosigkeit zu stürzen sind sie natürlich bereit alle möglichen Jobs anzunehmen. Nicht nur das sie schlecht bezahlt werden, sie sind zudem auch noch nicht krankenversichert.

Ich habe vor den ganzen aus Amerika übernommenen Ideen langsam echt die Schnauze voll. Der Sozialstaat ist die größte kulturelle Leistung Europas und die soziale Marktwirtschaft etwas, auf das viele Deutsche früher stolz waren. Was können wir von den Amerikaner schon lernen? Einem Land, in dem 30 Millionen Menschen keine Krankenversicherung haben, in dem die Gefängnisse voll sind und welches noch die Todesstrafe anwendet. Nicht zu vergessen die sinnlosen Kriege die es führt.

Europa sollte sich mal langsam emanzipieren. Vor allem jetzt, da es sich vereinigt hat und nach anderen Lösungsmöglichkeiten suchen. Aber nein, es ist viel einfacher nach Amerika zu schauen. Schafft Hartz IV ab, baut Ghettos in denen die Menschen leben werden. Baut noch mehr Gefängnisse, weil diesen Menschen ohne Perspektive nichts anderes übrig bleibt als kriminell zu werden und führt gleich noch am besten die Todesstrafe ein. Nicht das die Insassen uns noch zuviel Geld kosten werden, wenn sie lebenslänglich sitzen.

Wenigstens gibt es noch eine Instanz, die den Sozialstaat verteidigt, dass Bundesverfassungsgericht. Solch eine Idee würde niemals von den Karlsruher Richtern akzeptiert werden und das ist auch gut so!

» DerRaucher » Beiträge: 161 » Talkpoints: 9,79 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Bei allem Respekt. Dieser Vorschlag ist verfassungswidrig und an der Grenze zur Verfassungsfeindlichkeit. Er hätte bei keiner noch so eindeutigen Regierungsmehrheit eine Chance einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht standzuhalten. Zudem ist das Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 GG durch die Ewigkeitsklausel in Art. 79 Abs. 3 GG geschützt. Das heißt, dass das Grundgesetz auch garnicht im Sinne von Herrn Dr. Gunnar Heinesohns Vorschlag ändern ließe. Dafür müssten wir uns eine neue ganz neue Verfassung geben. Ob die mit diesem Inhalt nicht gegen Acquis communautaire der EU oder die EMRK verstößt, dürfte ausgesprochen fraglich sein.

» Katzenbuckel » Beiträge: 14 » Talkpoints: 3,26 »


Es gibt einige Gründe die dagegen sprechen.

Druck: Durch diese Maßnahme würde Druck entstehen. Dieser Druck kann alles außer Kontrolle geraten lassen. Viele Arbeitslose werden sich in die Depression flüchten. Die Psychiater und Kliniken sind ja jetzt schon ohne Ende ausgebucht. Wie soll das erst werden, wenn das Arbeitslosengeld auf 5 Jahre begrenzt wird. Viele werden mit diesem Druck nicht klar kommen.

Bürokratie: Unser Rechtssystem würde das Ganze gar nicht schaffen. Denn fast jeder einzelne wird da natürlich aus verschiedenen Gründen Einspruch erheben. Außerdem kann man ja nicht alle Fälle miteinander vergleichen. Das Gesetz wäre unnötig.

» IamPirat » Beiträge: 431 » Talkpoints: 24,64 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich fürchte dann würde uns der zivile Frieden ziemlich bald auf unschöne Weise um die Ohren fliegen - was dann noch mehr Kosten verursacht. Den Hartz IV ist dieses tolle System, mit dem Leute in einen Topf geworfen werden, deren Lebensentwürfe komplett unterschiedlicher Natur sind. Da steckt der 22jährige ohne Abschluss, ohne Motivation und ohne die Kenntnis der rudimentären Höflichkeitsformen, welche das Arbeitsleben erfordert genauso drinn wie der 62jährige, der 40 Jahre lang konsequent arbeiten ging und dann wegen Betriebsverschlankungen auf die Straße gesetzt wurde.

Das ganze System Hartz IV ist ein fürchterlicher Murks, es noch mehr zu vermurksen indem man es zeitlich begrenzt - nun ja, warum dann nicht gleich Dynamit an die Leute verteilen?

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» Nephele » Beiträge: 1047 » Talkpoints: 2,22 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


eatmyshorts hat geschrieben:Was haltet ihr von der Idee Hartz IV zukünftig auf 5 Jahre zu beschränken?


Ich kann mir nicht vorstellen, das es eine gute Lösung wäre, wenn man Hartz IV oder sonstige Leistungen vom Amt, zeitlich begrenzt, denn ich bin der Meinung, das dann die Betroffenen ja auch in eine weitere Notlage gelangen und somit auch die Kriminalität mit Sicherheit wieder ansteigen würde in unserem Land. Ich bin zwar auch nicht dafür, das man einigen Menschen das Geld so einfach gibt, aber dennoch finde ich eine Entscheidung von Fall zu Fall besser, als es zu pauschalisieren.

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» Chrissiger » Beiträge: 1296 » Talkpoints: -2,34 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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