Pfarrer rät zum Ladendiebstahl
So bibelfest sind wohl die wenigsten, dass sie auch die Stellen der Bibel kennen, die Mundraub legitimieren. Die meisten verbinden das Christentum dann eher doch noch mit den 10 Geboten und Werten wie der Nächstenliebe.
Aber egal ob schon ein anderer Geistlicher Mundraub in einer Predigt legitimiert hat, ist doch die Frage, ob damit denn wirklich die Ursachen der Not bekämpft werden (was in meinen Augen nicht der Fall ist) oder eben nur die Symptome. Es ist ja nicht mal eine Art der Umverteilung wie sie Robin Hood gelebt hat; denn wenn auf Grund von Diebstahl die Preise erhöht werden, dann gibt es bald noch mehr, die sich so bedienen. Wohin das dann führen könnte, kann sich wohl jeder selbst ausmalen.
Außerdem ist doch die Frage, wie definiert man denn nun Bedürftigkeit? Bei wem kann man Diebstahl vielleicht noch verstehen, bei wem nicht mehr? Ich denke schon, dass diese Predigt durchaus geeignet ist, um auf bestehende Missstände aufmerksam zu machen und mit einem solchen Vorschlag auch einfach mal den Blick der Öffentlichkeit darauf zu lenken und eine Diskussion zu entfachen.
Der Pfarrer muss ja wirklich starke Nerven gehabt haben, solch ein Predigt zu halten. Das er keine Sorge hatte, direkt von seiner Kanzel abgeführt zu werden, wundert mich. Auch wenn ich mich jetzt nicht so gut in den einzelnen sozialen Netzwerken diverser Regionen auskenne, so sind doch mittlerweile reichlich Möglichkeiten vorhanden, um auch den Ärmeren eine warme Mahlzeit am Tag zu ermöglichen.
Wozu gibt es schließlich die Tafel und ähnliche Hilfsprojekte. Und gerade die Kirche ist hieran doch nicht ganz unbeteidigt. Dass die Leute zum Diebstahl aufgefordert werden, ist wirklich eine heiße Nummer. Andrerseits muss man es ganz klar so sehen, das wenn die Leute dieser Aufforderung gefolgt und dabei erwischt worden währen, hätten sie sich nicht auf die Kirche berufen können. Letztendliche ist ja doch jeder für sein tun und handeln selbst verantwortlich.
Ich finde es wirklich seltsam, was der Pfarrer da gesagt hat und ich bin gespaltener Meinung. Einerseits ist es ja wirklich so, dass sich das Stehlen nicht gehört und es gibt ja nicht ohne Grund ein Gesetz dagegen, weil die Welt sonst völlig außer Kontrolle geraten würde. Aber ich denke, dass es in der größten Not zu tolerieren ist, wenn man stiehlt. Die meisten Leute wissen vielleicht nicht, wie groß der Hunger und die Verzweiflung sind, wenn man ganz unten angekommen ist. Da macht einem dann nichts mehr was aus und man will nur noch überleben. Eigentlich hat der Pfarrer ja auch recht: Den Großkonzernen schadet es doch nicht.
Es wäre interessant, zu wissen, ob jemand diesen Rat befolgt hat? Ich könnte mir wirklich vorstellen, dass es in eine höchstreligiösen Gemeinde sogar zur Strafmilderung führen könnte, wenn man damit argumentiert, dass das ja der heilige Pfarrer gepredigt habe und man doch nur nach der kirchlichen Meinung gehandelt habe.
Das ist schon sehr paradox. Ich bin zwar nicht bibelfest und die Todsünden sind auch nur ein Schatten in meinem Gedächtnis, aber Diebstahl würde ich schon eher in die Das-Ist-Schlecht-Schublade stecken, selbst aus kirchlicher Sicht. Die Idee dahinter war sicher den Reichen das zu nehmen, was die Armen brauchen. Trotzdem ist das ja immernoch ein Gesetzesbruch und sicher nicht empfehlenswert. Ein Robin-Hood-Dasein funktioniert eben heutzutage nicht mehr.
Denn das Ganze ist ziemlich mittelalterlich. Wenn man bedenkt, dass die Robin-Hood-Idee ja doch irgendwie durch Einrichtungen wie die Tafel und Arbeitslosengelder umgesetzt wurde (die Reichen zahlen etwas für die Armen und im Falle der Tafel wurde das alles noch sozialer gestaltet, da das Abgeben von Lebensmitteln/Klamotten an die Tafel ja freiwillig ist und nicht über die Steuern läuft), ist die Idee bzw. der Ratschlag des Pfarrer sowieso hinfällig. Er ruft zur Kriminalität und nicht zur Selbsthilfe auf, auch wenn das vielleicht sogar gut gemeint war.
Die Kirchen erleben zur Zeit einen großen Verlust an Mitgliedern. Das kann man eben nur durch außergewöhnliche Predigten beheben. Dadurch steht die Kirche wieder mal in der Presse, aber eben anders. Es kommen immer mehr aktuelle Themen zum Vorschein. Die Kirche will eben nicht mehr verstaubt sein. Aber das was dieser Pfarrer macht ist der falsche Weg. Man kann doch nicht zu Diebstahl raten. Aber vielleicht ist ja nun seine Gemeinde voller.
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