Fehlende Satzbausteine - in Mode?

vom 05.06.2011, 18:28 Uhr

Ich habe letztens relativ kurz mit jemadem über ein Internet-Forum kommuniziert und diese Unterhaltung dann wieder schnell verlassen. Das lag allerdings weniger am Inhalt, sondern an der Art, wie derjenige schrieb. Es fehlten einfach ganz grundlegende Textbausteine, unter anderem die Artikel an Stellen, wo eigentlich welche hingehören. Da mir dies schon häufiger aufgefallen ist, vor allem bei sehr jungen Leuten (Checker-Kiddies), frage ich mich mittlerweile, ob es immer mehr in Mode kommt, sich so schlampig auszudrücken. Ein Beispiel für diese Sprechweise wäre zum Beispiel der Satz "Ich war auf dem CSD". In dem konkreten Fall entfiel das Wort "dem" allerdings komplett. Heraus kommt ein ganz schrecklicher Satz. Ganz toll wird es erst, wenn man das "ich" auch noch weglässt. Auch solche Formen von "Freestyle-Deutsch" habe ich häufiger gehört beziehungsweise gelesen. Ihr wisst vermutlich, was ich meine.

Ich frage mich, warum sich Leute so eine Sprechweise angewöhnen. So etwas lernt man doch nirgendwo. In der Schule müsste man doch eigentlich darauf hingewiesen werden, wenn man so redet und auch schreibt. Zumindest in den Deutsch-Aufsätzen müsste es massenhaft Rechtschreibfehler hageln. Wie kommt es dann, dass es dennoch immer wieder Leute gibt, die trotzdem so fehlerhaft schreiben und sprechen? Anmerken möchte ich noch, dass es sich um einen Deutschen handelt - wie in den meisten Fällen dieser Art. Gerade diese Leute müssten doch eigentlich gelernt haben, aus welchen Bausteinen ein Text bestehen soll und was definitiv nicht vergessen werden sollte. Wenn jemand noch nicht lange Deutsch spricht, habe ich für so etwas eher Verständnis. Allerdings habe ich kaum Verständnis für Leute, die ihre eigene Muttersprache kaum beherrschen.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Es ist nun mal so im Chat normal geworden, sich so zu verhalten. Alles muss schnell gehen und so lässt man dann eben relevante Wörter wie in Deinem Beispiel das "dem" weg. Ich finde es auch furchtbar, kann aber manchesmal nicht erwehren, dass mir selbst so ein Fehler unterläuft. Meistens tippe ich während des Chats so schnell, dass ich ein Wort unbewusst weglasse. Wenn ich es merke, zwinge ich mich jedoch dazu, grammatikalisch und rechtschreibtechnisch ordentliche Sätze zu bilden.

Mir ergeht es ja nicht nur so, wenn ich mit Fremden kommuniziere. Auch bei Freunden und Bekannten, mit denen ich relativ viel über ein Chatprogramm wie ICQ spreche, passiert es ihnen, dass ein Wort fehlt. Jedoch habe ich festgestellt, dass die meisten sich um eine korrekte Schreibweise als auch um einen korrekten Satzbau bemühen.

Mir ist aber aufgefallen, dass gerade die Jugend von heute gern merkwürdige Sätze bildet. Ich finde es wirklich furchtbar und wenn mir etwas an dem Menschen liegt, dann sage ich es ihm auch. Die Aufsätze oder sonstigen Arbeiten als auch die Handschrift mag ich nicht sehen. Interessieren würde es mich aber schon. Es kann ja sein, dass sich solche Leute in der Schule oder in der Ausbildung bemühen, aber in der Freizeit all ihr Wissen einfach in eine Ecke packen und sich keinen Stress mit ordentlichen Satzbauten machen.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


*steph* hat geschrieben:Es ist nun mal so im Chat normal geworden, sich so zu verhalten. Alles muss schnell gehen und so lässt man dann eben relevante Wörter wie in Deinem Beispiel das "dem" weg.


Daran liegt das nicht. Das Problem, oder sagen wir mal "fremdenfreundlicher" die Ursache, ist nicht, dass alles schneller gehen muss, sondern die schlechte Immigration in Deutschland. Ich kann ein Lied davon singen, hier in Berlin gibt es Bezirke mit einem großen Ausländeranteil und auch ganzen türkischen, russischen, polnischen oder ex-jugoslawischen Vierteln. Wenn Du dort mal jemanden nach dem Weg fragst, wirst Du zu 85% die von Dir angesprochene Sprache zu hören bekommen. Zu erklären ist das ganz leicht.

Ein Türke kommt nach Berlin, beziehungsweise nach Deutschland, um hier zu arbeiten. Er kann direkt bei diversen Supermärkten, Dönerläden, Restaurants, Obst-Händlern, Kinos anfangen, es gibt so viele Läden, in den rein türkisch gesprochen wird oder gesprochen werden kann. Von daher ist keiner dieser Menschen darauf angewiesen deutsch zu können. Irgendwann holt der Vater seine Familie nach, die genauso isoliert lebt. Zuhause wird türkisch gesprochen und nur in der Schule lernen die Kinder deutsch. Da sie das jedoch nie anwenden müssen, als in der Schule, und die Eltern auch nicht das Interesse haben, deutsch zu reden, sei es mit den Kindern oder mit anderen Berlinern, schnappen sie die Brocken auf, die man zum überleben braucht. Die Kinder, durch die Schule gebildet, können mehr, aber sprechen diese Sprache auch nur gebrochen, so wie von dir angesprochen. Artikel sind rar.

Viele dieser Jugendlichen sehen sich selbst als "krass" an, weil sie es müssen, um sich durchsetzen zu können in den "Ghettos". Viele ihrer deutschen Freunde verlernen die Sprache und passen sich an, um dazuzugehören. Und so kommt es, dass man oft diese von Dir beschrieben Sprache vernimmt. Ich habe mich inzwischen daran gewöhnt und finde es bei älteren Menschen nicht schlimm. Sie geben sich Mühe und es reicht zur Unterhaltung, ich finde man sollte nicht erwarten, dass ein 65jähriger noch eine schwierige Sprache wie die deutsche es ist, perfekt erlernt. Aber zumindest die jüngeren Generationen sollten es doch hinbekommen, bei denen stört es mich wirklich.

» benutzer7 » Beiträge: 2116 » Talkpoints: 49,80 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Benutzer7, damit magst Du ja teils Recht haben, aber Cologneboy2009 hat ausführlich im Eingangsbeitrag geschrieben, dass sich die Kommunikation mit einem deutschen Muttersprachler so zugetragen hat und nicht mit einem Immigranten. Da könnte ich es ja selbst verstehen, weil ich bereits mit vielen Kindern etwas zu tun gehabt habe, die einen Immigrationshintergrund haben und ihre Eltern wirklich Probleme mit der Sprache haben. Aber das wäre nun zu sehr off-topic.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Wie du schon sagtest, du hast dich in einem Internet-Forum mit einem jüngeren unterhalten. Ich glaube sehr wohl, dass die Jugend von heute noch in der Lage ist, auch in der Muttersprache perfekt zu schreiben, geschweige denn, diese zu sprechen. Jedoch ist es einfach so entstanden, dass man gerade in der schriftlichen Form der Kommunikation bemüht ist, sich auf das wesentlichste zu beschränken. Sätze werden also gerade in Internet-Communitys (Talkteria mal ausgenommen), Chat-Foren oder eben auch bei Kurzmitteilungen per Handy "zerstückelt".

Ich persönlich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass diese Zerstückelung der Sprache ihren Ursprung in der Kommunikation via Kurzmitteilung (SMS) per Handy hat. Ich selbst kenne es von mir zum Beispiel sehr gut, dass ich besonders darauf achte, mich sehr kurz auszudrücken, wenn ich eine SMS schreibe. Hier ist man in der Satzzeichen-Auswahl sehr stark eingeschränkt, da man sonst wieder für eine weitere SMS zahlen müsste (Wenn man keinen Handy-Vertrag hat, was bei den wenigstens Jugendlichen der Fall ist).

Auch wenn ich selbst also kein Freund dieser Zerstückelung bin, benutze ich sie in solchen Fällen aber trotzdem. Auch wenn ich einfach mal keine Lust ausführlicher zu werden (Zum Beispiel, wenn ich einem Freund im Internet-Chat etwas erklären möchte), dann lassen ich Artikel und oft auch das Subjekt aus einem Satz heraus. Es muss eben trotzdem verständlich sein. Wenn man mir also wie in deinem Fall, schreiben würde: "War auf CSD", dann wüsste ich ja trotzdem noch was gemeint ist und würde dies einfach registrieren. Ich glaube, dass jeder selbst im Stande ist, sich den Rest des Satzes zu denken.

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» damomo » Beiträge: 3334 » Talkpoints: -0,80 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich denke, dass Stephs Theorie stimmt. In der Echt-Kommunikation erlebe ich es auch immer wieder, dass in Dreiwortsätzen gesprochen wird (übrigens auch von deutschen Jugendlichen aus guten Gegenden, um das noch mal schnell einzuwerfen), weil man sich aus irgendwelchen Gründen unglaublich cool vorkommt. Da entfällt dann schnell auch mal die Präposition, nicht nur der Artikel (Ich war Disco und jetzt geh ich Mcces!).

Im Chat dagegen hat es meines Erachtens tatsächlich eher mit der Faulheit der Schreiber zu tun. Tippen ist eben mühsam und der versucht man eben die Anzahl der Zeichen zu reduzieren. Ich verwende im Chat selbst oft diverse Abkürzungen, die sich so eingebürgert haben und lasse Wörter weg. Schön ist das sicherlich nicht, aber nun einmal einfacher und zeitsparend. Bei Forenbeiträgen oder Emails, wo es nicht auf das Tempo ankommt, achte ich sehr darauf, korrekt zu schreiben. Es gelingt nicht immer, aber in diesem Zusammenhang liegt eben der Focus ganz klar auf der Form und nicht darauf möglichst viel Information in kurzer Zeit zu kommunizieren. Beim "echten" Sprechen ist das sowieso so. Und ich denke, dass diese Diskrepanz bei vielen Leuten zu beobachten ist.

Allerdings gibt es da leider auch Ausnahmen: Einer meiner Schüler reichte mir neulich eine Hausaufgabe ein, auf dem PC geschrieben, die von Kurzwörtern ähnlich wie LOL nur so wimmelte. Die musste er dann noch einmal machen und brachte keinerlei Verständnis dafür auf. Wobei der Knabe wirklich die Ausnahme ist, alle anderen, zumindest meiner Schüler, verwenden im offiziellen Rahmen und bei der verbalen Kommunkation (weitgehend) korrektes Deutsch, auch wenn sie eindeutig zur Gruppe der Jugendlichen zählen. :wink:

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Sprache entwickelt sich und das leider oft in eine Richtung, mit der mancher dann nicht mehr ganz zurecht kommt. Ich denke, es ist ein Gemisch aus all den genannten Gründen. SMS, Chat und Mail erfordern es, schnell, kurz und knackig zu kommunizieren. Wer in diesen Code eingeweiht ist, der versteht ihn ja auch, insofern mag es sich tatsächlich um eine Art neue Sprache handeln. Natürlich spielt auch die Sprachunkenntnis vieler Kinder eine Rolle, die im dann meist fremdsprachigen Elternhaus eben die deutsche Sprache nie richtig lernen konnten. Das bleibt - leicht vorstellbar - natürlich nicht ohne Folgen auf die Sprache einer ganzen Generation.

Ich finde das auch zum Brüllen und hoffe inständig, dass diese Kinder und Jugendlichen diese Marotte nicht durch ihr ganzes Leben tragen. Solange man das auseinanderhalten kann, finde ich es in Ordnung, aber es wird sicher viele geben, die das nicht können. Allerdings habe ich Hoffnung, denn auch hier im Forum hat es schon einige Einsteiger gegeben, die zunächst mal versucht haben ihren Stil zu pflegen und damit natürlich ganz schnell auf die Schnauze geknallt sind. Erstaunlicherweise, oder erfreulicherweise, sehe ich dann aber auch immer wieder, dass diese Leute es auch anders können.

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



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