Erfahrungen mit Ehe, wo man sich längere Zeit kaum sieht?
Am Wochenende habe ich mit einer Freundin telefoniert. Sie war ziemlich fertig und klagte mir ihr Leid. Sie ist verheiratet und sie hat eine Tochter mit 2,5 Jahren. Vor vier Wochen hat sie wieder mit dem Arbeiten begonnen. Das Kind geht mehr oder weniger seit 8 Wochen in die Kinderkrippe. Sie selber ist Flugbegleiterin und ihr Mann ist Pilot. Soweit die familiäre Situation.
Die Kleine ist ein Monat vor ihrem Arbeitsbeginn in die Krippe gekommen. Geplant war eben ein Monat Eingewöhnungsphase. Die ging schon recht schief, da die Kleine nach spätestens zwei Tagen immer krank wurde. Dann war sie zu Hause um sich auszukurieren, ging wieder in die Krippe und hat sich auch schon wieder erneut angesteckt. So geht es genau genommen seit acht Wochen. Die Kleine war noch nie länger als maximal drei Tage in der Krippe und so hat sie sich auch noch nicht eingewöhnt und bleibt auch nur am Vormittag für zwei Stunden, soweit sie wenigstens hingehen kann.
Der Arbeitsplan meiner Freundin und von ihrem Mann konnte zum Glück abgestimmt werden, da sie bei der gleichen Fluglinie arbeiten. Das ist bezüglich Kinderbetreuung natürlich sehr gut, weil so kann immer jemand bei dem Kind sein. Da beide eben auch immer wieder über Nacht weg sind, ist das auch notwendig, weil sonst hätten sie wohl ernsthafte Kinderbetreuungsprobleme.
Bezüglich Kinderbetreuung ist diese Regelung also sehr praktisch, aber die beiden sind ja auch ein Ehepaar und die leidet derzeit scheinbar extrem. Meine Freundin meinte, dass sie sich kaum bis gar nicht mehr sehen. Die wenigen Minuten die sie sich zwischen den Dienstzeiten sehen, schnauzen sie sich eigentlich nur noch an, weil ihr Mann mit allem total überfordert ist. Sie ist auch total fertig, weil es natürlich auch nicht leicht ist, dass sie in der Nacht fliegt, dann nach Hause kommt und die Kleine krank zu Hause ist. Sie hat sich natürlich auch schon angesteckt und so weiter.
Kurz und gut. Es geht dort gerade recht chaotisch zu. Das Problem ist, dass diese Situation wohl noch längere Zeit so sein wird. Sie meinte, dass sie selbst Weihnachten, Silvester und dergleichen nicht gemeinsam feiern können, weil eben immer einer unterwegs ist und im Dienst eingeteilt ist. Wesentlich weniger Stunden kann sie auch nicht machen, weil sie da eine Kündigung riskieren würde.
Nun würde es mich interessieren, ob es hier jemanden mit ähnlichen Situationen gibt. Wie sieht es da partnerschaftlich aus? Wie kann man so eine Situation am besten lösen? Wie sehr leidet eine Ehe unter so einer Situation?
Lösen kann man solche Probleme kaum, ohne das irgendjemand darunter leiden wird, denn meiner Meinung nach sollte man sich das überlegen, bevor man ein Kind bekommt und nicht, wenn es schon zu spät ist. Die beide waren doch sicherlich schon eine Weile vorher zusammen und waren sich darüber im Klaren, wie viel Zeit sie miteinander verbringen können und wie viel nicht und im Grunde sollte einem dann schon klar sein, dass das mit einem Kind sehr stressig laufen wird. Entweder war die Entscheidung nun sehr leichtsinnig oder aber, sie haben sich einfach ein bisschen überschätzt. Lösen kann man das Problem an sich aber doch kaum, denn dafür müsste einer von beiden seinen Beruf aufgeben, um mehr Zeit zu Hause verbringen zu können, damit man nicht mehr so viel Stress hat. Klar können Aussprachen und gemeinsame Urlaube die Situation etwas lockern und Streit schlichten, aber wenn die beiden sich damit wirklich mit der momentanen Situation überfordert fühlen, dann wird das sicherlich nicht lange anhalten.
Ich selbst kenne eine solche Situation von meiner eigenen Tante. Meine Tante hat zwei Kinder und der Mann ist dauernd auf Geschäftsreise, was sich aber auch kaum verhindern lässt. Er ist wirklich sehr häufig unterwegs und da meine Tante ihren Job als Pflegerin auch nicht aufgeben will, sehen sich die beiden auch nur sehr selten. Ich passe auch häufiger auf die beiden Söhne meiner Tante auf, sie hat aber auch noch ein Kindermädchen, welches dafür bezahlt wird. Zu Beginn sah das ganze für mich auch recht stressig aus, besonders als das zweite Kind kam. Erstaunlicherweise aber kommen die beiden damit sehr gut zurecht und ich habe eher den Eindruck, dass sie es als erfrischend ansehen, sich nicht ständig zu sehen.
Es ist ja durchaus so, dass viele Ehen auch zu Bruch gehen, weil sich die Partner nur permanent auf der Pelle hocken und täglich sehen, so das irgendwann der Alltag einkehrt und die beiden sich so aneinander gewöhnen, dass die Partnerschaft nichts besonderes mehr ist. Wenn man nun zwischendurch auch mal ein paar Pausen hat, dann kann das ganz gut tun, allerdings sollten die Pausen dazwischen natürlich auch nicht übertrieben groß sein und man sollte sich darauf freuen können, nach Hause zu kommen, was hier scheinbar nicht der Fall zu sein scheint.
Ich denke, dass es möglicherweise eben doch sehr auf die beiden Partner ankommt, ob eine solche Ehe funktionieren kann oder eben nicht. Im Grunde finde ich schon, dass das gehen kann und das daraus sogar eine sehr schöne und ausgewogene Partnerschaft entstehen kann, weil man sich durch die Pausen darauf freut, nach Hause zu kommen, wo der Partner auf einen wartet. Aber wenn man damit überfordert ist, dass man ein Kind hat und sich dann auch um dieses kümmern muss, weil es krank ist, dann kann das natürlich auch ganz schön nach hinten losgehen, aber das muss dann jeder für sich selbst wissen und ich finde, dass man in einer Situation wo die beiden wirklich gar nicht mehr damit klar kommen, auch über eine Trennung nachdenken sollte.
Erfahrungen habe ich keine, die ich Dir teilen könnte, aber ich könnte mir vorstellen, wenn sie ihren Job nicht pausieren kann oder möchte, er wird es sicherlich nicht tun, da sein Verdienst als Pilot vermutlich die Familie gut ernährt, dass sie sich einfach auch ein Kindermädchen oder eine Kinderfrau zu sich nehmen. Damit wäre schon einiges an Druck weg, so dass ein potentieller Streitpunkt auch wegwäre.
Ich denke, dass der Druck einfach zu gross ist, weil beide nun mal eine stressige Arbeit ausüben. In diesen Berufen dann noch ein Kund zu bekommen und es zu erziehen, wird nicht zweifelsfrei funktionieren können, wenn keiner bereit ist, seinen Job vorerst auf Eis zu legen und um sich das Kind zu kümmern. Das ist natürlich nicht schön, aber wie Crispin bereits geschrieben hat, hätten sie sich als Ehepaar von Beginn an darauf einstellen können, dass sich mit einem Kind vieles ändert.
Es gibt doch recht viele Beziehungen, bei denen der eine Partner stets unterwegs ist und der andere aber zumindest in der Nähe ist und vor Ort einen Job hat. Das ist der Knotenpunkt und meiner Meinung nach müssen sich die Beiden nicht streiten, sondern sich zusammensetzen und darüber diskutieren, wie sie die Situation am besten lösen. "Am besten" bedeutet nicht nur, wie sie beide ihrer Arbeit weiterhin nachgehen können, sondern was das beste für das Kind sein könnte.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass Kinder, die zum ersten Mal in eine Kindertageseinrichtung gehen, gerade am Anfang viel krank sind. Ich kann da diesbezüglich leider keine anderen Erfahrungen mitteilen. Vermutlich haben die Kinder so etwas auch nicht bedacht, von daher ist es vielleicht besser, wenn das Kind eine zusätzliche Betreuungsperson erhält.
Wie oft hat sich das Ehepaar denn vor dem Kind gesehen? War es auch eher zwischen Tür und Angel oder war es schon so, dass sie gemeinsam Flüge bestritten haben? Das ist nicht ganz unerheblich, denn, wenn sie nun neu mit der Situation zurecht kommen, dass sie sich eben nur ein paar Minuten sehen, ist das etwas neu und unbekanntes. Meiner Meinung nach bleibt nichts anderes übrig, als sich auszusprechen und sich selbst hinzusetzen, um nach der indiviudellen Lösung zu suchen. Es kann ja nicht sein, dass sich in der kurzen Zeit, in der man sich sieht, nur gestritten wird. Das geht noch mehr an die Substanz und ist absolut nicht befriedigend.
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