Weitere Milliardenspritzen für Griechenland

vom 21.05.2011, 21:45 Uhr

Die ersten "Vorschüsse" von insgesamt knapp 110 Milliarden Euro aus dem Vorjahr haben nicht gereicht, Griechenland "bettelt" um weitere 60 Milliarden Euro. Das Geld reiche bis Mitte Juli aus, danach steht die EU wieder einmal in der Pflicht ein riesen Paket zu schnüren. Deutschland ist dabei prozentual mal wieder ganz groß vertreten. Nachdem Griechenland für 110 Milliarden Euro saniert wird, wurde nach den knapp 85 Milliarden Euro für Irland nun auch ein Paket in Höhe von 78 Milliarden Euro abgeschickt. Summiert man dies mit den von Griechenland benötigten 60 Milliarden Euro kommt man auf eine Gesamthilfe von 333 Milliarden Euro. 333.000.000.000!!! In einem Jahr.

Deutschland steht in der EU wirtschaftlich mit am besten da, legt pro Hilfspaket angeblich 8-10% in den Topf. Aber kann sich Deutschland das eigentlich erlauben? Und vor allem, kann die EU diese enormen Summen rumverteilen, die Reichen ärmer machen und die armen arm aber zumindest existent lassen? Für mich ist das eine Spirale, die sich endlos nach unten zieht, bis alle arm sind. Die Europäische Union wackelt meiner Meinung nach gewaltig, die drei Länder machen den Anfang, aber steht der EU eine rosige Zukunft bevor, nachdem die drei Länder mittelfristig gerettet sind? Ich sage nein und glaube auch nicht an eine endgültige Rettung. Doch wie soll das noch weitergehen? Welche Lösung steht hier überhaupt noch zur Debatte? Oder ganz krass gesprochen, ist noch eine realistische Lösung möglich, die positives aufweist?

» benutzer7 » Beiträge: 2116 » Talkpoints: 49,80 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



benutzer7 hat geschrieben:Die ersten "Vorschüsse" von insgesamt knapp 110 Milliarden Euro aus dem Vorjahr haben nicht gereicht, [...] Deutschland ist dabei prozentual mal wieder ganz groß vertreten.

So verkürzt kann man das sehen. Aber: Wir Deutschen tragen an diesem Paket ca. 22 Mrd. Euro. Allerdings ist das eigentlich kein geschenktes Geld, sondern ein Kredit, für den der Grieche Zinsen zahlen muss - und nicht wenig. Und der deutschen Kreditgeber, der macht natürlich Gewinn. So hat die KfW Geld zu einem flexiblen Zins verliehen, der über fünf Prozent liegt. Heißt bisher: 500 Mio. Euro Gewinn, der von der KfW an den Bund zu zahlen ist. Tja und dann sind dann noch all die Panikmacher, die nun in deutsche Staatsanleihen fliehen. Und die Zinsen dafür liegen niedrig. D. h. Deutschland kriegt billig Geld. Was für ein Segen. Da haben wir einige kleine Milliarden mit gespart. Die EZB gibt auch noch Geld an die Griechen, kassiert dafür auch Zinsen und davon bekommen wir wiederum einen Teil ausbezahlt. Alles zusammen haben wir an Griechenland so bisher ca. 10 Mrd. € verdient. Aber das steht natürlich nicht in der BILD-Zeitung. Schlechter läuft es, wenn es zu einem Cut kommt. Aber wird dürften zu den erstrangig zu bedienenden Gläubigern gehören. So schlecht werden wir dabei nicht wegkommen. Bisher verdienen wir nur. Sagt das aber nicht den Griechen.

benutzer7 hat geschrieben: [...] Summiert man dies mit den von Griechenland benötigten 60 Milliarden Euro kommt man auf eine Gesamthilfe von 333 Milliarden Euro. 333.000.000.000!!! In einem Jahr.

Eine absolute Zahl sagt überhaupt nichts, aber auch überhaupt gar nichts. 10000 Euro sind für einen Studenten wohl unerreichbar viel Geld, für den Geschäftsführer eines kleinen, mittelständischen Betriebes nicht mal ein Monatsgehalt. Ich stelle dem einfach mal gegenüber, was die EU demgegenüber an Wirtschaftsleistung erbringt: ca. 12.500 Mrd. €. Da verlieren die 333 Mrd. € doch schon gleich einen Teil ihres Schreckens, oder etwa nicht.

benutzer7 hat geschrieben: [...]Deutschland steht in der EU wirtschaftlich mit am besten da, legt pro Hilfspaket angeblich 8-10% in den Topf. Aber kann sich Deutschland das eigentlich erlauben?

Das ist des Pudels Kern. Die anderen stehen vor allem auch deshalb so schlecht da, weil sie Deutschland, das sich entschlossen hat, vor allem vom Export zu leben und dafür einen gnadenlosen Lohn- und Steuersenkungswettbewerb vom Zaun gebrochen hat, alles abkaufen (müssen). Also: Wir senken unsere Kosten (auf Kosten der Lohnentwicklung und des Binnenkonsums) und die Unternehmenssteuern, so das wir wahnsinnig wettbewerbsfähig ggü. den anderen werden. Da die auf Gedeih und Verderb im Euro stecken, ist eine Abwertung ihrer Währung nicht möglich. Also muss das irgendwann in einer Katastrophe enden. Das deutsche Wirtschafsmodell ist äußerst fragwürdig. Nein, in einer Währungsunion sogar asozial und voller Sprengstoff. Wir haben das gleiche Spiel auch deutschlandintern mit Ost- und Westdeutschland. Nochmal: Wir profitieren von den Schulden der anderen. Ohne deren Bereitschaft sich zu verschulden, ginge es uns nicht so gut. Aber: Würden alle so verfahren wie wir, würde das in einem gnadenlosen Unterbietungswettbewerb enden und du kannst dir ausmalen, was das am Ende bedeutet. Merkel will das übrigens genau so.

benutzer7 hat geschrieben: [...]Und vor allem, kann die EU diese enormen Summen rumverteilen, die Reichen ärmer machen und die armen arm aber zumindest existent lassen?

Das ist in der Tat sozialer Sprengstoff. Denn wenn man fair ist, müsste man zugeben, dass es vor der Finanzkrise all diese Schuldenprobleme nicht gab. Erst mit der Rettung der Banken hat das Unglück begonnen. Die eigentlich notwendige Pleite der Banken wurde verlagert auf die Staaten, die nun ihrerseits ihre Bürger schröpfen müssen.

benutzer7 hat geschrieben:[...]Für mich ist das eine Spirale, die sich endlos nach unten zieht, bis alle arm sind.

Alle nicht, denn das Geld ist ja in irgendwessen Händen. Die einen haben es gegeben, die anderen haben es genommen. Also alle auf einmal können nicht arm sein. Es ist allerdings eine Verteilungsfrage.

benutzer7 hat geschrieben:[...]Die Europäische Union wackelt meiner Meinung nach gewaltig, die drei Länder machen den Anfang, aber steht der EU eine rosige Zukunft bevor, nachdem die drei Länder mittelfristig gerettet sind? Ich sage nein und glaube auch nicht an eine endgültige Rettung. Doch wie soll das noch weitergehen? Welche Lösung steht hier überhaupt noch zur Debatte? Oder ganz krass gesprochen, ist noch eine realistische Lösung möglich, die positives aufweist?

Eine Spaltung der EU wäre sicher ein möglicher Entwicklungsschritt, denn die Fehler, die jetzt in den Verträgen eingebaut sind, die sind nach meinem Dafürhalten nicht zu beseitigen. Dafür müssen Einstimmigkeitsentscheidungen her und 27 Länder bekommt man nie unter einen Hut. Gehen die armen Länder nicht raus aus dem Währungsraum, bleiben sie auf ewig ärmlich und am Tropf der reichen EU Länder (etwa so, wie bei uns der Osten Deutschlands). Inzwischen fangen die Ratingagenturen an, auch Italien aufs Korn zu nehmen. Das halte ich für absurd, aber das ändert nichts. Und das ist dann schon eine ganz andere Kategorie. Es bleibt also ein spannender Sommer.

Benutzeravatar

» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Also jetzt reicht es langsam. Es kann doch nicht sein dass wir jedes mal, unser Geld in das Ausland transportieren. Wir Bürger bekommen immer weniger Geld und müssen immer mehr Geld zahlen. Wann soll das endlich aufhören? Wir müssen uns erst einmal darum kümmern, dass es Deutschland besser geht. Denn wenn wir erst einmal so weit sind wie die Griechen, dann wird uns kein anderes Land helfen. Wir werden von den anderen Ländern ausgebeutet. Muss das denn sein? Müssen wird das wirklich mit uns machen lassen ? Ich finde da gilt es neue Regelungen zu finden. So kann es jedenfalls nicht mehr weitergehen.

» IamPirat » Beiträge: 431 » Talkpoints: 24,64 » Auszeichnung für 100 Beiträge



IamPirat hat geschrieben:Also jetzt reicht es langsam. Es kann doch nicht sein dass wir jedes mal, unser Geld in das Ausland transportieren. Wir Bürger bekommen immer weniger Geld und müssen immer mehr Geld zahlen. Wann soll das endlich aufhören? Wir müssen uns erst einmal darum kümmern, dass es Deutschland besser geht.

Ein kleiner Hinweis für dich, woran es denn eventuell liegen könnte, gibt dir diese Grafik. Und das ist die Nominalentwicklung. Real sind die Löhne natürlich gesunken (inflationsbereinigt).

IamPirat hat geschrieben: [...] Wir werden von den anderen Ländern ausgebeutet. Muss das denn sein? Müssen wird das wirklich mit uns machen lassen ?[...]

Das ist zwar ein hübsches Bild, dass du da entwirfst, aber du verwechselst da auch Ursache und Wirkung. Arbeit ist in Deutschland in den letzten Jahren so billig geworden, dass die Lohnstückkosten enorm gesunken sind. Damit haben wir über einen Lohn- und Unternehmenssteuersenkungswettbewerb die ausländische Konkurrenz niedergerungen. Was sollen die denn jetzt machen - verrate es mir. Sparen? Ist das wirklich eine gute Idee - für uns? Und was bedeutet das für diese Länder?

Und Deutschland schei*t weiter die Eurozone mit seinen Waren und Gütern zu. Was bekommen wir dafür (während es hier so nach und nach abwärts geht)? Vor allem mal sehr viel uneinbringbare Schuldscheine. Die Knete (die der Arbeitnehmer nicht zu sehen bekommt) muss irgendwohin und per Kapitalexport wandert sie in die Importländer (kann man sich alles in den Zahlungs- und Leistungsbilanzen anschauen), wodurch letztlich die Finanzierung des Absatzes deutscher Waren und Gütern gesichert wird (wir liefern das Geld gleich mit der Ware). Das alles ist aber letztlich auch die logische Folge der durch das deutsche Exportmodell entstehende Ungleichgewicht im Handel. Hier noch Geld hinterherzuwerfen ändert nichts an diesem Problem, machte es im Gegenteil immer größer.

Natürlich können wir nicht einfach aufhören zu exportieren, aber denke mal nach, was passieren würde, wenn diese Drift, die du da oben in der Grafik seit 2003 erkennen kannst, beseitigt würde? D. h. Lohnerhöhungen auf breiter Front. Und was passiert, wenn das Ausland plötzich komplett dem deutschen Sparwahn verfällt und unser Zeug nicht mehr kaufen will?

Benutzeravatar

» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



IamPirat hat geschrieben:Also jetzt reicht es langsam. Es kann doch nicht sein dass wir jedes mal, unser Geld in das Ausland transportieren. Wir Bürger bekommen immer weniger Geld und müssen immer mehr Geld zahlen. Wann soll das endlich aufhören? Wir müssen uns erst einmal darum kümmern, dass es Deutschland besser geht. Denn wenn wir erst einmal so weit sind wie die Griechen, dann wird uns kein anderes Land helfen. Wir werden von den anderen Ländern ausgebeutet. Muss das denn sein? Müssen wird das wirklich mit uns machen lassen ? Ich finde da gilt es neue Regelungen zu finden. So kann es jedenfalls nicht mehr weitergehen.


Dass "wir Bürger" immer weniger Geld bekommen stimmt so nicht. Vergleich mal wie lange man, in Minuten, heutzutage für ein Ei, 1l Milch, oder einen mittelmäßigen Fernseher arbeiten muss im Gegensatz von vor 20 oder 30 Jahren. Selbst wenn die Lohnsteigerungen in diesem Zeitraum sehr gering waren, so sind die meisten Güter des täglichen Bedarfs, gemessen an dem Einkommen günstiger geworden.

Außerdem ist dieses unreflektierte Schimpfen auf die Griechen vollkommen daneben. Wer sorgt sich den um unsere Arbeitsplätze? Das sind die Griechen und Portugiesen. Die kaufen bei uns Autos, Panzer und Kanonen. Ach ja, deutsche Uboote können sie jetzt nicht mehr bezahlen, also muss die deutsche Werft von sich aus den Auftrag stornieren. Schon ist das wech, das schöne deutsche Wirtschaftswachstum. Bitte mal ein wenig nachdenken, vor dem Schimpfen!

» aw_ms » Beiträge: 6 » Talkpoints: 4,28 »


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^