Relevanten Markt bestimmen

vom 23.05.2011, 21:10 Uhr

Ich sitze gerade an meiner Prüfung für European Law, die ich heute fertig kriegen muss und stehe gerade bei einer Frage ziemlich auf dem Schlauch und habe schon versucht mir Hilfe zu ergooglen, leider Recht erfolglos. Ich hoffe hier kann mir jemand weiterhelfen.

Es geht in der Aufgabe um eine Firma die doppelte Schokoladeneiscreme herstellt. Diese Firma hat einen sehr großen Marktanteil auf dem Markt für doppelte Schokoladeneiscreme, einen großen Anteil auf dem Markt für Schokoladeneiscreme, einen kleinen Anteil auf dem allgemeinen Eiscrememarkt, sowie einen unwesentlichen Anteil auf dem Eis/Lolliemarkt.

Nun soll ich darüber nachdenken, welchen dieser Märkte die Firma als relevanten Markt nennen würde und warum. Und wie die Europäische Kommission das ganze wohl betrachten würde. Ich habe eine leise Ahnung bzw. einen kleinen Ansatz, bin aber grade absolut unsicher, ob ich richtig liege und hoffe, dass mir vielleicht jemand erklären kann wie man auf die Lösung kommt.

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» Nana_2011 » Beiträge: 2250 » Talkpoints: 0,21 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Keine Ahnung, ob es schon zu spät ist? Grundsätzlich müsstest du hier den sachlichen und räumlich relevanten Markt bestimmen.

Der sachlich relevante Markt umfasst alle Produkte, die miteinander im Wettbewerb stehen. Das sind solche, die aus Sicht der Marktgegenseite (hier also etwa des Verbrauchers), zur Befriedigung eines gleichen Bedarfs geeignet sind. D. h. das Produkt ist dann nicht einfach mit anderen Produkten austauschbar (Substituierbarkeit). Zur Beurteilung der "Gleichheit" kann man heranziehen: Verwendungszweck, Preislage, Produkteigenschaften. So mag etwa ein Porsche Cayenne ein Auto sein, genau wie ein VW Polo, aber es ist leicht ersichtlich, dass diese Produkte eigentlich gar nicht im Wettbewerb zueinander stehen, wenn man o. g. Kriterien anlegt.

Räumlich relevant ist der Markt, auf dem im wesentlichen gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen herrschen.

Praktisch ist der relevante Markt schwierig festzulegen, da auf Seiten der Kommission zunächst häufig das Fachwissen fehlt und man sich erst intensiv in die Märkte intensiv einarbeiten muss. Hier greift man dann zur Kooperation mit den Marktteilnehmern, was dann aber auch Probleme aufwerfen kann, wenn etwa im Hinblick auf ein Kartell ermittelt wird.

In so einer Fallprüfung wird man also von dir nicht erwarten, dass du da in irgendeiner Weise tief in die Thematik einsteigst. Die Kommission ist letztlich ein Laden mit ca. 30000 Sesselpup ... nein, das wäre ungerecht. Wenn die für so etwas wochen- bis monatelang brauchen, kannst du dir vorstellen, was man von dir erwartet. Eine winzige Begründung anhand des Sachverhaltes. Dabei musst du dich auch immer fragen, was wollen die von mir wissen - wie dient das der weiteren Fallbearbietung am besten? Soll die Fallbearbeitung damit beendet sein oder sollte ich so begründen, dass der Fall weitergeht? So könntest du ja theoretisch begründen, es liegt keine marktbeherrschende Stellung vor, weil XYZ und hoppla, ist der Fall beendet. Aber liegt das im Sinne des Prüfers? Auch ein Blick auf die Punkteverteilung kann da helfen.

Was nun den konkreten Fall angeht, bietest du etwas wenig Information. Ich nehme an, es geht um eine Prüfung des Vorliegens einer marktbeherrschenden Stellung nach Art. 102 AEUV. Dafür muss man zunächst den relevanten Markt umschreiben. Du bietest hier aber nicht mehr Information, als die Tatsache, dass das Unternehmen 3 Produktlinien hat und bei einer davon einen großen Marktanteil. Was ist überhaupt "doppelte Schokoladeneiscreme" - auch das Netz hilft mir hier nicht weiter. Ich nehme mal an, dass es z. B. einen Markt für Speiseeis in Gaststätten gibt, einen Markt für Eis in Supermärkten, es gibt den Direktvertrieb (bofrost&Co.) und dann das Eis am Stil. Die Info ist ehrlich gesagt etwas dünn. Z. B. wäre der Markt für Speiseeis in Gaststätten natürlich leicht abgrenzbar von dem in Supermärkten. Du musst letztlich nur theoretisch etwas begründet abgrenzen. Wenn das in sich halbwegs logisch ist und sich dann weiter bearbeiten lässt (etwa bei der Prüfung der sonstigen Kriterien im Art. 102 AEUV (missbräuchliche Ausnutzung, beherrschende Stellung, Zwischenstaatlichkeitsklausel), kann dir eigenltich keiner ans Bein pinkeln. Für so eine Begründung reicht im Grunde ein Satz, abhängig von den Fakten, die dir gegeben wurden. Also nichts erfinden oder behaupten, sondern anhand der Falllage fantasievoll begründen.

Ich weiß nicht, ob ich damit etwas helfen konnte, denn eigentlich verstehe ich deine Frage nicht so 100%-ig. Es hört sich an, als wäre das Unternehmen auf 3 unterschiedlichen Märkten tätig und hätte auf zweien davon erhebliche Marktanteile. Liegt der über 50% im betreffenden Markt, ist zweifellos von einer marktbeherrschenden Stellung auszugehen, bei unter 50% muss man Hilfskriterien heranziehen (z. B. Abstand zum nächsten Konkurrenten).

Sonstige Fragen gerne auch per PN.

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Erstmal danke für deine Antwort! Leider ist es in der Tat jetzt zu spät, ich habe die Frage einfach ganz dürftig beantwortet. So richtig verstanden habe ich die Frage auch nicht und mehr Informationen als ich hier geannt habe, hatte auch ich nicht. Von daher fand ich es wirklich schwierig, diese Frage detailiert zu beantworten. Und ja, die doppelte Schokoladeneiscreme klingt in der Tat etwas merkwürdig, aber mir fiel gestern Abend keine bessere Übersetzung für "double cream chocolate ice cream" ein; die Prüfung war auf Englisch.

Ich habe jetzt einfach nur versucht zu erklären, bei welchen Kriterien die Kommission aufhorcht, unter anderem bei - wie du auch sagtest - den großen Marktanteilen. Meine Antwort ist nun ein 4 Zeiler glaube ich und hoffe wenigstens ein paar Punkte dafür zu bekommen.

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» Nana_2011 » Beiträge: 2250 » Talkpoints: 0,21 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ach, warum nicht gleich so. Und ich dachte noch: "Wieso European Law?" Was mich an eine Geschichte erinnerte, die mir eine Mutter gestern Abend noch erzählte, die am gestrigen Morgen mit einem sechsjährigen Mädchen gesprochen hatte, das stolz berichtete, dass es doch in der Ballettschule eine "Präsänteischn" hätte.

"Double Cream" - da hätte es bei dir allerdings klingeln müssen - Crème double kann man kennen. Das ist nichts weiter als ein Sahneerzeugnis mit extra hohem Fettanteil. So eine Art Crème fraiche hoch 2. D. h. das in diesem Speiseeis ein hoher Anteil an besonders fettiger Sahne enthalten war, womit das Eis besonders cremig werden dürfte.

Ich vermute, deine Antwort musste in die Richtung gehen, dass das Unternehmen die Märkte nicht differenzieren würde und alles zusammenpackt. Also nach dem Motto: 60% Marktanteil, plus 10%, plus 2% macht 72%, dividiert durch 3 macht 24% Marktanteil im Schnitt: "Wir haben keine marktbeherrschende Stellung!" (Die ja ohnehin nicht verboten wäre, lediglich deren Missbrauch.) Da müsste die Kommission dann anfangen, den relevanten Markt zu bestimmen und könnte auf die Idee kommen, dass dieses hochwertige Eis z. B. nur auf bestimmten Märkten verkauft wird, die sich nach Kriterien der relvanten Marktbestimmung abgrenzen lassen.

Was ist denn das eigentlich für eine komische Prüfung, wo du offensichtlich herumsitzt und im Netz Fragen stellen kannst?

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



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