Mitarbeiter aus Fukushima rechnen mit eigenem Tod
Ich glaube in Japan hat man einfach eine ganz andere Mentalität, die man aus europäischer Sicht vielleicht nicht ganz nachvollziehen können. Sie sind geprägt von Katastrophen. Man erinnere sich nur mal an die stolzen japanischen Samurai, die sich lieber das Leben nehmen als in die Hände des Feindes zu fallen und ihre "Ehre" zu verlieren.
Und für die japanischen Arbeiter ist es eben eine Ehre ihr Leben ihrer Bevölkerung zu opfern. Irgendjemand muss das Leck ja schließen und ihr eigenes Leben ordnen sie dann dem Gemeinwohl unter. Da gehört sehr viel Mut dazu.
Ein Skandal ist es lediglich, wie wenig Tepco die Bemühungen und das Opfer der Arbeiter annerkennt, indem sie beim Ausführungsplan geschlampt haben, Informationen unterschlagen haben und darüber hinaus auch noch beim Material gespart haben um das Leck zu schließen. Aktuell versucht man es mit Sägespänen und Zeitungspapier. Ich habe sicher nicht das Know- how um mich so einer Frage anzunehmen, aber wie wäre es stattdessen mit Beton? So wie man es in Tchernobyl gemacht hat. Die Reaktoren müssen aufgegeben werden. Da führt kein Weg dran vorbei und solche Sparmaßnahmen sind einfach nur unmenschlich.
Die Japaner haben zu allem eine andere Einstellung, eine andere Beziehung als wir Europäer. Die japanische Welt ist anders als in anderen Kulturen der Welt. In der Vorstellung der Japaner ist der Mensch ein Teil der Natur und des Kosmos; er ist nicht ein Geschöpf Gottes.
Zwischen dem Individuum, seiner Umgebung, dem Himmel und der Gemeinschaft besteht ein wechselseitiger Einfluß. Das oberste Ziel der Menschen ist es, die Dämonen und Geister, die die Kräfte der Natur darstellen, nicht zu stören, sondern sie wohlwollend einzustimmen und sie zu besänftigen. Erfaßbare, sichtbare Dinge, Naturobjekte verehren die Japaner.
Die Gruppe hat Vorrang. Das Individuum ordnet sich ihr unter. Die Familie ist als soziale Organisation wichtig. Sie handeln intuitiv und emotional im Gruppenbewußtsein als Familie, Clan und Nation.
Die Japaner, die freiwillig ihren Dienst in Fukushima machen, tun es für ihre Familie und für die Nation. Sie wissen alle, dass sie ein schrecklicher Tod erwartet. Es ist wohl einmalig, wie sie sich für das Wohl der Allgemeinheit opfern ohne zu zögern. Ich glaube nicht, dass das in einem anderen Land der Welt so selbstverständlich wäre, in Deutschland keinesfalls.
Selbst wenn die Betreiber und die Regierung ihnen die Wahrheit über die tatsächliche Höhe der Strahlungsintensität gesagt hätten, wären diese Männer aufgrund ihrer Einstellung und ihres Gruppenbewußtseins bereit gewesen, die Arbeit stellvertretend für alle anderen zu tun. Deshalb finde ich es auch umso schlimmer, dass man ihnen nicht die Wahrheit gesagt hat. Denn mir kann niemand erzählen, dass die Arbeiter im Kraftwerk mehr Informationen erhalten haben, als alle anderen.
Ich fühle mit allen betroffenen Menschen und würdige die selbstlose Handlung der Arbeiter im Kraftwerk mit der allergrößten Hochachtung. Ich hoffe nur, dass sie nicht endlos leiden müssen und dass man ihnen ihren Tod erleichtern wird.
Cid hat geschrieben:Die Japaner, die freiwillig ihren Dienst in Fukushima machen, tun es für ihre Familie und für die Nation. Sie wissen alle, dass sie ein schrecklicher Tod erwartet. Es ist wohl einmalig, wie sie sich für das Wohl der Allgemeinheit opfern ohne zu zögern. Ich glaube nicht, dass das in einem anderen Land der Welt so selbstverständlich wäre, in Deutschland keinesfalls.
Naja ich bin mir da mit der Freiwilligkeit und dem Opfern für die Allgemeinheit nicht so ganz sicher. Ich denke da wird auch schon ein wenig Druck dahinterstecken. Feuerwehrleute aus Tokio sind ja auch angeblich freiwillig zu ihrem Einsatz nach Fukushima aufgebrochen und hinterher stellte sich heraus, dass es da massiven Druck von oben gab und sie ihre Karriere und Job hätten vergessen können, wenn sie sich nicht gebeugt hätten. Und auch die Arbeiter im Kraftwerk selber bekommen ja mittlerweile 3500 Euro pro Schicht bezahlt, wie ich am Wochenende bei N-TV lesen konnte, also ein Monatsgehalt von über 100.000 Euro, da sie ja jeden Tag arbeiten. Würde da alles so ganz freiwillig laufen, dann müsste Tepco doch bestimmt nicht jetzt solche Summen zahlen. Schmerzensgeld für mögliche Hinterbliebene könnte man ja auch erst zahlen, wenn es denn soweit kommt.
Natürlich haben die Japaner schon eine andere Mentalität als wir und sicher gehen sie für die Gemeinschaft da leichter ein höheres Risiko an als das in Deutschland der Fall wäre. Aber auf der anderen Seite denke ich jetzt nicht, dass die Japaner so völlig grundverschieden von uns sind, sie sind nach außen hin einfach nur viel disziplinerter und zeigen ihren Unmut nicht so in der Öffentlichkeit. Aber ich glaub kaum, dass die Arbeiter im Kraftwerk da jetzt freudestrahlend in der Tod rennen.
Ich denke auch, dass das nicht so die Neuigkeit ist, dass die Mitarbeiter die derzeit im Atomkraftwerk arbeiten wissen, dass sie ihr Leben auf das Spiel setzen. In einer Tageszeitung habe ich einen Bericht gelesen, dass die Motivationen unterschiedlich sind. Zum einen haben sie Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, wenn sie sich weigern sollten weiter zu arbeiten und viele sind eben doch auf den Arbeitsplatz angewiesen.
Angeblich bekommt ein Arbeiter dort 3500 Euro für einen Einsatz. Dieser Einsatz kann je nach Bedarf oder eben Strahlenintensität eine Stunde oder auch einen Tag dauern. Das Geld reizt einige und ich denke, dass sie damit rechnen oder rechnen müssen zu sterben. Ich kann mir vorstellen, dass sich einige denken, dass sie ihr Leben riskieren um der Familie ein wenig Geld zu hinterlassen. Nachvollziehen kann ich so einen Gedanken natürlich auch nicht wirklich, aber ich habe den größten Respekt vor diesen Leuten!
@Klehmchen, ich hatte vor Jahren einen japanischen Brieffreund. Da hatte ich mich ein wenig mit der japanischen Kultur, dem Land und der Mentalität befaßt. Ich wollte das, was er schrieb, wenigstens in etwa zuordnen können. Für mich war es ein Mensch, der sich in seiner Denkweise von uns abhob.
Dass diese Menschen sich nun freudestrahlend nach Fukushima gemeldet haben, davon kann keine Rede sein, denn jeder hat Familie und hängt am Leben. Aber wenn Not am Mann ist und die Arbeit muß gemacht werden, weil sonst die Familie oder die Nation Schaden nimmt, dann sind sie da und man kann sich auf sie verlassen. Du wirst einem Japaner selten seinen Gemütszustand ansehen. Aber du hast natürlich Recht, dass keiner freudestrahlend in den Tod geht. Und dass es ein Tod für sie sein würde, das war ihnen klar. Dass sie 100.000 Euro pro Monat für den letzten Job ihres Lebens bekommen werden, wußte ich nicht. Aber was ist das Geld wert im Angesicht des Todes?
Das die Feuerwehrleute nur unter Druck gegangen sind, habe ich auch gehört. Letztendlich war es ein weit entfernter Bezirk, zu dem sie aufbrechen mußten. Und da sie wußten, was dort war, kann man ihnen nachsehen, dass ihr Interesse für diese verstrahlte Zone nicht groß war.
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