Was tun, wenn Verwandte mit Ratschlägen nervt?

vom 10.05.2010, 08:42 Uhr

Ich habe eine Verwandte, eine Tante um genau zu sein, die ihr ganzes Umfeld mit ihren Ratschlägen belästigt und regelrecht quält. Dieser Zustand hält schon mehrere Jahre an und mittlerweile hat sich ein Ausmaß entwickelt, das wirklich nicht mehr tragbar ist. Diese Frau ist übrigens schon weit über 70 Jahre alt.

Ich habe sie heute morgen gesehen und einmal kurz gehustet. Ich bin zwar schon seit ein paar Tagen krank, aber nicht so schlimm, dass man es abgesehen von der kratzigen Stimme direkt merken würde. Ich habe also nur ein einziges Mal gehustet und diese Frau meinte natürlich wieder mit einem schlauen Spruch kommen zu müssen, der lautete: "Ich habe noch Hustensaft, soll ich mal gucken?" Das könnte einem noch freundlich vorkommen, wenn man die Frau nicht kennen würde. Es ist so, dass sie bei jeder Regung eines anderen Menschen sofort meint, einen besonders klugen Ratschlag geben zu müssen und in den meisten Fällen ist das einfach nur lästig, da der Betroffene meistens auch selbst weiß, was er zu tun hat.

Sie ist die Schwester meiner Oma und ich habe mich mit meiner Oma auch schon oft über diese Thematik unterhalten. Meine Tante ruft meine Oma auch täglich an, um sie zu fragen, wie es ihr geht. Meine Oma sagt mittlerweile nur noch, dass es ihr gut geht, weil sie die endlose Liste an Ratschlägen nicht mehr hören kann. Letztens ging es meiner Oma sehr schlecht und ich war öfter bei ihr. Weder meine Oma noch ich haben der Tante gesagt, dass es der Oma schlecht ging, einfach weil sie dann wieder mit ihrem Geplapper anfängt. Sie hat ständig tolle Ideen, was meine Oma haben könnte und wie sie am besten wieder gesund wird. Sie zweifelt auch die Meinungen der Ärzte an und glaubt, dass diese sowieso alles falsch machen und sie als Einzige weiß, was zu tun ist - dabei hatte sie einen kaufmännischen Beruf und von Medizin gar keine Ahnung!

Meine Oma hat auch ihre Hausärztin gefragt, ob ihre Schwester dort schon nach ihrem Gesundheitszustand gefragt hätte. Die Ärztin sagte ihr dann, nach einigem Zögern, dass das schon vorgekommen ist und dass sie ihr darüber aber natürlich keine Auskunft geben wird. Meine Oma hat dann meine Tante einfach mal gefragt, ob sie die Ärztin schon einmal gefragt hat und diese hat das abgestritten und war regelrecht empört darüber, dass meine Oma so etwas von ihr denkt. Dass die Ärztin ihr bestätigt hatte, dass meine Tante dort schon nachgefragt hatte, hat meine Oma natürlich für sich behalten.

Die Mutter der beiden ist vor einigen Jahren gestorben und meine Tante hat mit ihr zusammengelebt. Meine Oma hat mir erst vor wenigen Monaten gesagt, dass meine Ur-Oma ihr mal im Krankenhaus gesagt hat, dass sie sich wünschen würde, dass ihre andere Tochter sich doch mal zurücknehmen sollte mit ihren ganzen Ratschlägen. Sie war aber schon alt und auch auf die Hilfe anderer angewiesen und sie hatte einfach nicht die Kraft, ihrer Tochter das direkt zu sagen - und Andeutungen haben ebenso wenig gebracht wie Gespräche zwischen meiner Oma und ihrer Schwester.

Seit dem Tod ihrer Mutter ist meine Tante nun dabei, andere Leute mit ihren Ratschlägen zu bombardieren. Vor allem ihre Schwester muss sich viel anhören und manchmal versucht sie es auch bei mir.

Wie kann ich einem medizinischen Laien, dessen Ratschläge ins Unermessliche steigen, beibringen, dass dieser sich mal ein bisschen zurückhalten soll? Gerade wenn es sich um solche simplen Dinge wie einen Husten handelt, wird wohl jeder selbst entscheiden können, ob er Hustensaft nehmen möchte oder nicht. Wir haben schon oft mit dieser Frau darüber gesprochen und meiden den Kontakt wo es nur geht. Aber ich finde es insgesamt einfach schlimm, dass sich jemand so verhält und derart beratungsresistent ist. Es bringt einfach nichts, mit ihr zu sprechen - das wäre wie Perlen vor die Säue zu werfen, um es mal drastisch auszudrücken.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Du sagst ja selbst, ihr habt schon oft versucht ihr klar zu machen, dass sie anstrengend für euch ist. Nicht nur, weil sie vermutlich nicht weiß wovon sie da redet, sondern auch weil sie andauernd unaufgefordert ihr Halbwissen an den Mann bringen will. Scheinbar haben all diese Hinweise nicht gefruchtet. Wahrscheinlich würde sie nicht einmal ein lautes "Lass mich in Ruhe mit dem Mist!" ernstlich zur Kenntnis nehmen. Aus irgendeinem Grund fühlt sie sich im Recht mit ihren Ratschlägen und sieht da auch keinen Anlass sich zurück zu nehmen.

Ich befürchte ehrlich gesagt, ihr müsst sie ertragen, wie sie ist. Du schreibst ja selbst sie sei über 70 Jahre alt und offenkundig verhält sie sich seit vielen Jahren so. Das wird ja nicht erst letzen Sommer angefangen haben oder so. Und da sie sich jeglichen Argumenten unzugänglich zeigt, befürchte ich, dass ihr es ihr nicht mehr abgewöhnen könnt. Diese Verhaltensweise ist drin und da ihr ja auch jede Einsicht fehlt, dass es sich um Fehlverhalten handelt, müsst ihr wohl damit leben.

Einfach "links rein, recht wieder raus" ist natürlich leicht gesagt, das weiß ich auch Erfahrung. Meine Tante ist da leider ähnlich und zwar in allen Lebensfragen. Gesundheit, berufliche Pläne, Kleidung, Familienplanung, Wohnungseinrichtung, Wahl des Fahrzeuges, Musikgeschmack, zu allen Themen hat sie eine Meinung und teilt einem diese äußert ausführlich und immer vollkommen unaufgefordert mit. Manchmal bin ich erleichtert, dass diese Tante keinen Nachwuchs hat, dessen Leben hätte sie sicherlich minutiös geplant und keinerlei Abweichungen geduldet. Damit hat sie schon bei meiner Mutter oder mir Probleme. Sogar meinem Freund, den sie mittlerweile als zur Familie gehörig betrachtet ruft sie ab und zu unvermittelt an, um ihm zu erklären, was sie für sein weiteres Leben so plant und wie er das am besten ausführen solle. Gegenargumente lässt sie nicht gelten, nur ihre Sicht der Dinge ist korrekt. Stellenweise schreitet sie sogar selbst zur Tat, ohne das vorher abzuklären.

Bei ihr funktioniert es zum Glück meistens noch, wenn man sich ihre Einmischung scharf verbittet. Ich bin da mit ihr bezüglich meiner Verhütungsmethode einmal schaft aneinander gerasselt, weil sie es mal wieder besser wusste und gleich einen Termin für mich bei meinem Frauenarzt vereinbart hatte um das endlich so zu regeln, wie sie es für richtig hielt. Da bin ich ausgeflippt und seitdem redet sie nur noch und handelt zumindest nicht mehr.

Aber letzteres stellt sie leider nicht ein, weshalb ich wirklich dazu übergegangen bin mir ihr Gelaber anzuhören (oder zumindest so zu tun), bei sinnvollen Ratschlägen(manchmal hat sie welche, auch wenn die oft einen schlechten Stand haben, weil sie von ihr und eben unaufgefordert kommen) die Pro und Contras abzuwägen und dann zu machen, was ich für richtig halte. Entspricht das dann nicht ihren Plänen ist sie oft erzürnt, aber ich habe ihr klipp und klar gesagt, dass ich meine Entscheidungen selbst treffe. Das ist anstrengend, das gebe ich zu. Aber was anderes bleibt bei einem derart hilfsbereiten Menschen nicht. Denn zumindest bei meiner Tante weiß ich, dass sie es immer gut meint, nur leider keinerlei Gefühl für Grenzen hat und das mit ihren gut fünfzig Jahren wohl auch nicht mehr entwickeln wird.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Hier hast Du ja im Grunde schon einiges geschrieben, was eine Antwort quasi vorwegnimmt. Nachdem es nicht möglich ist, die Frau nachhaltig darauf aufmerksam zu machen, dass das Geben von Ratschlägen nicht in dem Maße erwünscht ist, bleibt Dir nur übrig, diese zur Kenntnis zu nehmen und dann schlicht zu ignorieren. Damit meine ich natürlich nicht die Tante (wobei das ja genau genommen noch nicht einmal eine Tante ist) sondern deren Ratschläge.

Weil jetzt aber hinzukommt, dass die Frau nicht mehr die jüngste ist, würde ich nämlich nicht den direkten Weg irgendeiner Konfrontation gehen oder sie meiden. Denn das wird mit Sicherheit falsch verstanden und bringt beiden Seiten eigentlich zusätzlichen und unnötigen Unfrieden.

Kommt sie also mal wieder mit einem Rat oder Hilfsangebot, dann muss man dies freundlich zur Kenntnisnehmen und dankend ablehnen. Eigentlich sollte das reichen und wenn sie nicht in der gleichen Wohnung lebt wie Du kann es doch eigentlich auch nicht vorkommen, dass sie hier täglich mehrfach mit ungebetenen Ideen kommt.

Das sie natürlich bei Ärzten nach dem Gesundheitszustand anderer Nachfragt, ist ein anderes Thema! Wobei auch hier eigentlich die Sache klar geregelt ist und auch ein entsprechendes Ende gefunden hat. Der Arzt schweigt und Deine Oma muss nicht wissen, ob ihre Schwester nachgefragt hat oder nicht.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Auf eine etwas schärfere Ansprache würde sie nicht reagieren, da sie sich dann direkt angegriffen und als Opfer fühlt. Wenn man ihre Ratschläge als Unsinn abtut (was sie leider in etwa der Hälfte der Fälle sind), lebt sie ihre geliebte Opferrolle aus und sagt, dass sie es ja nur gut meint und gar nicht verstehen kann, dass alle so gemein zu ihr sind und sie auch noch zurechtweisen, wo sie es doch nur so gut gemeint hat. Vielleicht meinen diese Leute es wirklich nur gut, aber leider ist das Gegenteil von gut oft gut gemeint.

Normalerweise würde ich auch dazu tendieren, sie einfach reden zu lassen, aber wie du schon geschrieben hast, ist das nicht immer ganz einfach. Es kann richtig stören, wenn jemand immer wieder seine Meinung zum Besten gibt und sich wirklich dauernd unaufgefordert einmischt. Bei dieser Tante liegt der Fokus wirklich auf medizinischen Fragen, aber andere Lebensbereiche spart sie natürlich auch nicht aus. Vielleicht ist sie in dem Punkt nicht so extrem wie deine Tante, da sie nicht alle Lebensbereiche gleichermaßen kommentiert. Aber es ist schon schlimm, wenn man immer wieder tolle Gesundheitstipps bekommt, die man gar nicht wollte und die oft auch ziemlich realitätsfern sind.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Das kenne ich nur zu gut. Ich glaube es gibt in den meisten Familien irgendeine Person die eine solche Rolle annimmt. Ich selbst habe eine Oma, die auch so drauf ist. Meine Oma meint ebenfalls, sie wüsste alles besser und wäre uns allen überlegen, nur weil wir jünger sind. Auch ich darf mir regelmäßig anhören, dass ich mich falsch ernähre, vermutlich schon sehr viele Krankheiten ausbrüte, wahrscheinlich eine schiefe Wirbelsäule habe und bald sterben muss.

Auch meine Oma zweifelt an den Diagnosen von Ärzten und zudem kommt auch noch, dass sie Psychologen für ausgesprochen verrückt und verblödet hält und Lehrer genauso. Wissenschaftler haben Unrecht, der Nachrichtensprecher faselt Müll und überhaupt haben alle Unrecht, nur sie allein weiß über alles Bescheid und liegt richtig. Es ist schier unmöglich meine Oma von der Richtigkeit einer Sache zu überzeugen, weil sie keinem was glaubt. Sie fühlt sich einfach allen überlegen.

Der Umgang mit solchen Menschen ist einfach sehr schwer, aber da kann man nichts machen. Entweder man mag sie oder man mag sie nicht. Ich darf mir immer wieder anhören, dass ich nett zu meiner Oma sein soll, weil sie eben nun mal meine Oma ist, aber das ist sehr schwer. Im Grunde bin ich der Meinung, dass es nicht mehr möglich ist, diesen Menschen ihre schlechten Angewohnheiten abzugewöhnen. Zum einen, weil sie schon nicht mehr die jüngsten sind und zum anderen, weil ihnen einfach nicht bewusst ist, wie nervend ihr Verhalten ist.

Man kann es ihnen dauernd sagen und sich darüber beschweren und sich nerven oder man ignoriert sie ganz einfach und vermeidet den Ärger. Das fällt mir deutlich einfacher, aber manche Menschen rasten nach einer Weile einfach aus, wenn sie das längere Zeit mitmachen müssen. Ich selbst freue mich auch immer ungeheuer, wenn ich wieder nach Hause darf.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Wenn ich mich nicht ganz irre, geben wir Dir jetzt hier auch Ratschläge, die nicht erbeten wurden. :) Dennoch will auch ich meinen Senf noch hinzugeben, obwohl ich nicht wirklich weiß, ob das Thema noch aktuell ist.

Wenn ich Zustände nicht ertragen, aber auch nicht ändern kann, versuche ich immer, ihre Zusammenhänge zu verstehen. Das macht es mir manchmal wenigstens leichter, die Dinge zu akzeptieren und für die eine oder andere Person auch mal Verständnis aufzubringen, das ich ohne dieses Nachdenken nicht gehabt hätte.

Und so hört es sich für mich sehr danach an, als wäre Deine Tante eine sehr einsame Frau ohne Aufgabe und wirklichen Lebensinhalt, die einfach nur gebraucht werden will. Da sie offenbar nicht „einfach so“ gebraucht wird, sucht sie sich diejenigen, die sie brauchen sollen, aus und konzentriert sich wohl in einem Übermaß auf ihre Familie.

Vielleicht täte es ihr gut, wenn ihre Fürsorge, denn ich denke, dass ihre Ratschläge nichts anderes sein sollen, mal mit Wohltat angenommen werden könnten – von Lebewesen, die es wirklich tun. Kann man Deiner Tante nicht eine Beschäftigung verschaffen, irgendetwas Ehrenamtliches wie eine Tätigkeit im Tierheim, wenigstens mal am Wochenende für ein paar Stunden oder eine Seniorenbetreuung über einen dieser sozialen Verbände? Sowas wird ständig gesucht und ich kann mir gut vorstellen, dass Deine Tante sich da voll ausleben könnte, wenn sie vor allem merkt, dass sie wirklich gebraucht wird.

Damit sollte sich das Problem von selbst einstellen und sie hätte wieder einen Lebensinhalt, der sie fordert. Wäre das einen Versuch wert?

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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