Teilzeitbeschäftigte sollen gleichen Lohn bekommen?

vom 08.02.2011, 22:46 Uhr

@Punktedieb
Ich mache das lieber mal genauer. Der DGB hat jüngst Zahlen von ca. 500.000 Leiharbeitern in sozialversicherten Vollzeitjobs ausgewertet (alle Angaben brutto und je Monat) und die widersprechen dem Bild, dass dein Bauchgefühl bei mir geweckt hat. Bitteschön:

Durchschnittlich (wobei so eine Angabe immer etwas sinnlos ist, weil uns ja viel mehr die Verteilung interessiert) erhielten die Verliehenen in den alten Bundesländern 1456 €, im Osten 1225 €. Trotz eines Vollzeitjobs verdienten mehr als 10,5 % weniger als 1000 € (Vollzeit 5,3 %) . Nur 19,1 % kamen auf mehr als 2000 € - bei den Festangestellten sind das 70 %! Die unteren 50 % der Leiharbeiter verdienen weniger als 1400 €. Dagegen betrifft das nur 12,7 % der Vollzeitjobs. Ein Leiharbeiter verdient im Schnitt (siehe Anmerkung oben) nur etwa 50 % des Lohns eines Vollzeitbeschäftigten, wobei die Lohnabstände immer mehr gewachsen sind. Vor allem in der Industrie (ca. 45 %).

Der Witz ist, viele zahlen Sozialversicherung, können von dem Lohn nicht leben. Die brauchen Hartz IV zusätzlich, damit finanzieren wir sozusagen den Dumpinglohn des Unternehmers. Das betrifft ca. 13 % der Leiharbeitskräfte. Da geht es schon lange nicht mehr darum, irgendwelche Arbeitsspitzen aufzufangen, hier wird ganz konsequent Lohndumping betrieben - zum Schaden aller Löhne und zum Schaden des Steuerzahlers.

» ToniGard » Beiträge: 201 » Talkpoints: -2,27 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Bei einigen scheinen völlig falsche Vorstellungen über die atypischen Beschäftigungsverhältnisse zu herrschen. Man sollte und muss das auch mal im politischen Kontext einordnen. In der Wirtschaftspolitik und Volkswirtschaft werden wir seit den späten 70er Jahren zunehmend von Angebotsökonomen beherrscht. Das sind die, die man in Verbindung mit dem in letzter Zeit so häufig kritisierten Neoliberalismus sehen muss. Deren Vorstellung vom Arbeitsmarkt ist recht einfach. Im Grunde gleicht der einem Kartoffelmarkt, inklusive vollkommener Markttransparenz und unendlich schneller Reaktionszeit auf Veränderungen.

An der Realitä gemessen, dürfte klar sein, dass unsere Welt so nicht funktioniert. Man hat Familie, man ist z. B. durch Hausbau und Verschuldung räumlich gebunden, man kann in einer spezialisierten Arbeitswelt nicht mal eben von hier nach da wechseln. Um dieser lebensfeindlichen und lebensfremden Vorstellung realer Arbeitsmärkte gerecht zu werden, ist das Instrument der Leiharbeit praktisch die Reinkarnation Jesu Christi. Es erlaubt unter Druck stehende Arbeitssuchende - für den Druck sorgt die Öffnung bzw. Liberalisierung der Arbeitsmärkte - flexibel einzusetzen, also genau so, wie man auch andere Produktionsfaktoren, wie Maschinen oder Produktionsstoffe, entsprechend Angebot und Nachfrage einsetzt. Leider ist ein Mensch aber kein Produktionsfaktor, wie ein Sack Zement. Der hat weder Hunger, noch Familie, noch Schulden, von Gefühlen mal gar nicht zu reden. In deren Theorie ist das aber egal.

Bis zu einem gewissen Grad, bei ausreichendem Schutz und marktgerechter Bezahlung ist diese Flexibilität ja in Ordung und sicher ein brauchbares Instrument in einer Nische des Arbeitsmarktes, aber das Instrument hat ein enormes Wachstum erfahren, seit sich Rot-Grün dieser Sache akiv angenommen haben und die sich damit zum Handlanger neoliberaler Dampfplauderer gemacht haben. Schlechtbezahlte Leiharbeit wird immer normaler und damit steigt dann gleichzeitig der Druck auf den normalen Arbeitsmarkt - und genau das ist die Absicht der Neoliberalen.

» ToniGard » Beiträge: 201 » Talkpoints: -2,27 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich bin auch der Meinung, dass die Arbeit von Teilzeitangestellten und Angestellten, die dauerhaft dort arbeiten, gleich sein sollte, wenn sie die gleiche Arbeit verrichten. Verrichten sie die gleiche Arbeit, dann macht es keinen Unterschied, ob sie nur einen bestimmten Zeitraum da arbeiten oder länger und dann unter Vertrag. Gleiche Arbeit sollte meiner Meinung nach auch gleich bezahlt werden. Ich hoffe sehr, dass das durchgesetzt wird und dass die Teilzeitangestellten den gleichen Lohn und somit auch eine gerechtere Behandlung bekommen.

» Hufeisen » Beiträge: 6056 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Entgegen anderer Stimmen hier, kenne ich es auch so das man als Teilzeitkraft in einem Unternehmen ein bisschen weniger Verdient als die in Vollzeit Festangestellten. Womit dies begründet wird kann ich nicht sagen, so etwas ist ja meist ein gut gehütetes Geheimnis. Wechselt eine Teilzeitkraft allerdings in eine Vollzeitstelle wird, in den mir bekannten Unternehmen, der Lohn pro Stunde um ein paar Prozent aufgestockt, unabhängig vom zeitlichen Dasein in der Firma.

Da Teilzeitangstellte wirklich meist die gleiche Arbeit als Vollzeitangestellte machen, bin ich vollkommen dafür, dass diese auch entsprechend gleich bezahlt werden. Allerdings kenne ich auch arbeiten, bei denen die Teilzeitangestellten die beispielsweise Morgens arbeiten, weniger Arbeit haben, da weniger los ist. Umgekehrt ist diese Situation natürlich auch möglich. Vollzeitangestellte kriegen den ganzen Tag mit und sind auch dementsprechend eingespannt. Sie sind unter Umständen gestresster und haben eine höhere psychische und/oder physische Belastung. Ob dies allerdings moralisch zu einer höheren Vergütung, trotzdem gleicher Arbeit berechtigt weiß ich nicht. Ich habe schon oft darüber nachgedacht, bin mir aber aus den oben genannten Gründen unschlüssig.

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» beere » Beiträge: 1325 » Talkpoints: 0,93 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Zeitarbeiter verdienen in bestimmten Sektoren auf jeden fall deutlich weniger. Eine Freundin von mir hat eine Zeit lang bei einer Zeitarbeiterfirma bzw. über diese bei einem größeren Unternehmen gearbeitet. Das ist natürlich nicht in Ordnung, denn jene, welche direkt bei dem Unternehmen angestellt waren, hatten mehr verdient. Dann kommt noch hinzu, dass man als Zeitarbeiter keinerlei Aufstiegschancen hat.

Wenn man aber Teilzeit angestellt ist, verdient man den gleichen Stundenlohn wie Vollzeitbeschäftigte. Zumindest kenne ich es nur so. Es ist zwar weniger, aber man arbeitet ja auch weniger Stunden. Ich versteh das Problem auch nicht so recht. Vielleicht gibt es Teilzeitkräfte, die nahe an der 400 € Grenze sind und dann automatisch nur auf 400 € Basis arbeiten. Wenn sie aber mehr verdienen würden, würde es sich doch auch nicht lohnen, weil sie dann mehr Abgaben haben.

» floraikal » Beiträge: 1127 » Talkpoints: 2,05 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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