Gewalttätiger Opa soll in Altersheim - wie Überzeugen?

vom 19.03.2011, 21:42 Uhr

Meine Oma kam gestern Abend völlig aufgelöst zu uns nach Hause. Unser Opa hat sie geschlagen und gewürgt und gedroht sie im Schlaf umzubringen. Dann hat er sie aus der Wohnung gejagt, worauf sie zu uns geflüchtet ist und bei uns auch die Nacht verbracht hat. Schon am frühen Morgen konnte ich sie nicht davon abhalten zum Opa zu laufen. Sie hat sich natürlich die ganze Nacht Sorgen um ihn gemacht. Er hat auch früh angerufen, weil er längst vergessen hatte, dass er sie rausgejagt hat und dann hat er nur noch ins Telefon geflucht, weil sie bei uns zu Hause ist und nicht bei ihm, um ihn zu pflegen.

Er ist fast mitte 70 Jahre alt. Durch Schlaganfälle teilweise halbseitig gelähmt, blind auf einem Auge, schwerhörig. Hat eine Koronare Herzkerkrankung, Niereninsuffizienz, Nikotin abusus und etliche andere Leiden. Außerdem ist oder wird er dement, weshalb er wie oben erwähnt durchdreht. Er war schon immer ein schlecht gelaunter, unausstehlicher Mensch, dessen Gesellschaft jeder am liebsten vermeidet, aber alle schweigen natürlich tot wie schrecklich er war und ist. Und jetzt wo ihm sein Körper den Dienst nach und nach verweigert, dreht er immer mehr am Rad. Meine Oma war ihm zeitlebens die Dienstmagd. Sie tut noch immer alles für ihn, pflegt ihn und so weiter. Das alles weiß er nicht zu würdigen, im Gegenteil er beschimpft sie am laufenden Band. Er ist im übrigen sehr faul die Jahre über geworden, hat sich immer mehr zurückgezogen, sodass er in den letzten Jahren so gut wie nie das Haus verlassen hat.

Meine Oma ist das genaue Gegenteil von meinem Opa. Ich habe sie angefleht ihn in ein Pflegeheim zu geben. Wegzuschicken. Ich wusste zwar das er oft zu Beschimpfungen neigt, aber von den Schlägen und Morddrohungen wusste ich bisher nicht. Meine Oma ist mir der liebste Mensch auf der Welt und ich könnte es nicht ertragen, sie zu verlieren. Sie soll so lange wie möglich ein gutes Leben führen.

Sie selbst hat etliche Leiden, auf die er noch nie Rücksicht genommen hat. Sie hat schon seit mehr als 15 Jahren einen Schwerstbehindertenausweis. Teils weil sie fast blind war und wegen ihren zahlreichen Bein-OP's und daneben einen Diabetes mellitus Typ II. Ich mache mir große Sorgen, dass er ihr was antut in seinem Wahn und ich sie dann verliere. Deswegen soll er ins Pflegeheim, wo sich körperlich unversehrte um ihn kümmern, Menschen deren Beruf es ist, wo er ihr nicht mehr das Leben schwer macht. Aber das will sie nicht. Er schiebt sowieso Panik, dass man ihn in ein Heim "abschiebt", doch gleichzeitig wird er immer schlimmer ohne Aussicht auf Besserung.

Ich kann meine Oma einfach nicht überzeugen. Ich weiß nicht wovor sie sich fürchtet. Schließlich war sie es immer die sich um ihn gekümmert hat und nicht umgekehrt. Sie könnte ein viel besseres Leben ohne ihn führen, während er nicht einen Tag überleben würde, so unselbstständig und unfähig er ist. Das ist nun mal die bittere Wahrheit. Eigentlich hätte sie ihn vor etlichen Jahren verlassen sollen! Aber das war früher nun mal anders, das hat man früher nicht gemacht. Gott bin ich froh, dass die Frauen heute eine Trennung nicht mehr scheuen und auch das Recht dazu haben.

Ich wünschte mir schon er würde endlich gehen. Auch wenn das hart klingt, aber ich ertrage einfach nicht, was er mit meiner Oma macht. Es wird nur noch schlimmer.

Seitens meiner Mutter kann man auch keine Hilfe erwarten. Jetzt wo er so hilfsbedürftig ist, idealisiert sie ihn total. Er kann angeblich nichts dafür und er war ja noch nie so schlimm und seine Krankheit geht es ihm so schlecht. Fast wird er schon zum Heiligen. Dabei hat er schon Zeit seines Lebens alle seine Kinder gedemütigt und vergrault und alle haben irgendwann wieder den Kontakt aufgenommen, weil die Eltern soll man doch ehren. Ich finde übrigens meine Mutter kommt sehr nach meinem Opa. Sie ist sehr kalt, distanziert, depressiv, wie sie sich gibt und wie sie redet und sie ist auch ein gewalttätig. Früher hat sie mich und meine junge Schwester bei jeder Kleinigkeit geschlagen und beschimpft. Mittlerweile sind wir schon Erwachsen, aber dennoch rastet sie immer noch verbal aus und hat erst vor zwei Wochen die Hand gegen mich erhoben. Ich weiß schon jetzt, dass ich mir mein Leben nicht mit ihr versauen werde, sollte sie ein Pflegefall werden. Ich weiß das hört sich herzlos an, aber ich finde das hätte sie a) nicht verdient und b) hätte sie es auch nie für mich gemacht, denn wenn es um solche Sachen ging, dann war es immer unsere Oma, die für uns da war.

Wie bringt man so einen Opa ins Altersheim? Wie überzeuge ich meine Oma? Es soll noch geschehen, bevor es zu spät ist.

» JeanSmith » Beiträge: 422 » Talkpoints: 4,88 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Wichtig ist, dass man mit Deiner Oma behutsam die Vorkomnisse anspricht und mit ihr darüber redet, wie und ob sie die Pflege weiterhin schaffen möchte, wenn sie Angst um ihr eigenes Leben haben muss. Sicherlich ist es verständlich, wenn man seine Angehörigen pflegen möchte, aber doch nicht auf diese extreme Art und Weise. Wenn Deine Grossmutter bereits zu Euch flüchten musste, wird es in der Tat Zeit, zu handeln! Davor kann auch Deine Mutter im Grunde die Augen nicht verschliessen.

Gibt es noch andere Kinder Deiner Grosseltern oder generell Menschen, die einen guten Draht zu Deinen Grosseltern haben? Diese würde ich mit ins Boot holen, und auch wie bereits vorgeschlagen, ein Beratungsgespräch mit dem Hausarzt und/ oder mit einer Hilfestelle, die mit solchen Fällen Erfahrungen haben.

Vor kurzem habe ich im ZDF eine interessante Reportage über die Pflege Angehöriger gesehen und auch dort gab es einen Fall, der Deinem Grossvater gleicht. Allerdings ist bei ihm eine bösartige Art der Demenz aufgetreten, vorher war dieser Mensch wohl sehr liebevoll. Nun ist es so, dass seine Ehefrau als auch eine Nachbarin diesen Menschen gemeinsam betreuen und sich wohl hin und wieder von aussen Rat holen.

Wenn Deine Oma absolut nicht davon zu überzeugen ist, dass Dein Grossvater in einem Pflegeheim besser aufgehoben ist, ist es absolut ratsam, einen Pflegedienst oder eine externe Betreuungsperson zusätzlich zu bestellen. So bekommt Deine Grossmutter eine Unterstützung und ist somit nicht mehr allein für ihren Mann verantwortlich. Dadurch ist eine grosse Entlastung gewährt.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Ich würde dir vorschlagen, mit deiner Oma zusammen ein Beratungsgespräch beim sozialpsychiatrischen Dienst aufzusuchen. Wahlweise ginge auch der Hausarzt, der deinen Opa behandelt. Ein Beratungsgespräch ist erstmal unverbindlich, deine Oma fühlt sich dadurch vielleicht nicht so unter Druck gesetzt. Deine Mutter würde ich wirklich außen vor lassen, wenn sie so drauf ist, wie du sie beschreibst. Von dieser Seite bekäme deine Oma keinerlei Unterstützung, nehme ich an.

Alles Gute für euch!

» TheBigPink » Beiträge: 93 » Talkpoints: 39,29 »



Unbedingt solltet ihr einen externen Pflegedienst in Anspruch nehmen. Zum einen wird so deine Oma wirklich entlastet, auch wenn sie sich von euch nicht überzeugen lässt, dass ihr Mann in die Pflege gehört und zum anderen kommt so eine neue Ebene ins Spiel: Jemand der das ganze weniger emotional sieht und mit etwas Glück die Parteien dann doch noch überzeugen kann, das der alte Mann eine Gefahr für sich und andere ist.

Im Bekanntenkreis hatten wir einen ähnlichen Fall, wo die Frau und die Kinder immer wieder Ausreden für den Haustyrannen fanden und die Lage schön geredet haben, obwohl der Kerl auch mal an seine Töchter blaue Augen verteilte und seine Frau regelmäßig schwer misshandelte. Er konnte sich nicht mehr alleine duschen, aber komischerweise alleine zuschlagen ging bestens. Das ging einige Jahre so, bis eine externe Pflegekraft mit ins Spiel kam, die alles ziemlich beschleunigte.

Nachdem der Mann sie beschimpfte (was sie wegsteckte), mit Gegenstände bewarf (denen sie auswich) und schließlich mit dem Schuh nach ihr schlug (den sie ihm wegnahm) schnappte er ein. In den Arm der Pflegerin. Und dann steppte der Bär. Als die Riege der Töchter versuchte der tobenden Pflegerin zu erklären, das ihr Vater es bestimmt nicht so gemeint habe und eigentlich ganz, ganz anders sei zeigte sie den tiefen Bluterguss und faltete die solange zusammen, bis die Sache mit dem Heim keine Frage mehr war. Aber erst dadurch wurde das ganze Gefüge auseinandergebrochen, was bis dahin den alten Tyrannen geschützt hatte. Verwandte sehen sowas immer emotional.

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» Nephele » Beiträge: 1047 » Talkpoints: 2,22 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



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