Das Fernsehen als Vorbild für die Berufswahl

vom 10.02.2011, 07:36 Uhr

Eben wurde im Fernsehen gesagt dass, das Fernsehen mittlerweile Quelle Nummer eins ist, in der sich Jugendliche für einen Beruf entscheiden. So stehen Polizisten an erster Stelle und der Beruf ist durch Fernsehserien wie "Alarm für Kobra" und auch "Realitiy Sendungen" wie "Niedrig und Kunt" so begehrt. An zweiter Stelle stehen Köche. Dieser Beruf wurde wohl in erster Linie durch Christian Rach erst begehrt gemacht.

Auch Ärzte und Krankenschwestern werden durch das Fernsehen begehrte Berufe. Seitdem wieder "Doctor´s Diary" im Fernsehen läuft hat die Agentur für Arbeit ständig Nachfragen über die Ausbildung dieser Berufe. Nachfragen bei den Interessenten haben ergeben, dass sie sich für den Beruf entschieden haben, weil sie eine bestimmte Fernsehserie als Vorbild nehmen.

Als ich das gehört habe, habe ich mich gefragt, ob man dann überhaupt noch das Leben von Hartz 4 Empfängern filmen sollte. Denn es wird dann auch sicher Jugendliche geben, die sich für diesen "Beruf" bewußt entscheiden und lieber vom Staat leben.

Meint ihr auch, dass die Berufe die im Fernsehen in Serien und Filmen gezeigt werden wirklich begehrter sind? Woran liegt das? Die Figuren in den meisten Serien und Filmen sind doch eher realitätsfremd und haben mit der Wirklichkeit nicht viel zu tun. Sind Jugendliche so naiv, dass sie glauben, dass der Alltag als Arzt oder Krankenschwester so abläuft, wie in "Docotor´s Diary"? Oder dass der Beruf als Polizist so spannend ist, wie in den Serien?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ich bin selber Jugendlicher und ich orientiere mich wahrscheinlich an fast allem, aber garantiert nicht an meinen Lieblingsserien. Ich kann mir auch ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass jemand meines Alters wirklich glaubt, dass der Polizeidienst in Wirklichkeit genauso abläuft wie bei "Alarm für Cobra 11" oder dass Ärzte genauso handel wie etwa Dr. House. Wenn jemand wirklich meint genauso handeln zu können wie Semir oder Dr. House wird er wahrscheinlich auch nichts in seinen Beruf erreichen, da er dann einfach zu wenig qualifiziert für solche Berufe wäre ;)

Hartz-IV-Empfänger sollten aber trotzdem nicht mehr im Fernsehen gezeigt werden, da sie meistens als schlechte Vorbilder dienen. Wenn Jugendliche gezeigt bekommen, dass man sich auf Kosten des Staates auf die faule Haut legen kann, nichts mehr tun muss und trotzdem Geld bekommt hat dies sicher keinen positiven Effekt für die Entwicklung Deutschlands. Das ist allerdings nur meine Meinung; wer sich die Hartz-IV-Serien, die immer nachmittags auf RTL laufen gerne ansieht soll dies ruhig weiter tun :)

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» freezer899 » Beiträge: 66 » Talkpoints: 31,31 »


Das verstehe ich aber jetzt nicht freezer899. Auf der einen Seite sagst du, du kannst dir nicht vorstellen, dass Jugendlich sich diese Polizei-, Krimi- oder Krankenhausserien zum Vorbild nehmen und du würdest das auch nicht tun, auf der anderen Seite plädierst du aber dafür, Hartz IV Serien nicht mehr zu zeigen, weil sich Jugendliche das zum Vorbild nehmen könnten. Wieso sollten denn diese Hartz IV Serien glaubhafter sein, als die anderen Serien? Können da Jugendliche jetzt plötzlich nicht mehr differenzieren? Oder glaubst du das nun doch selber, was du da sagst, nämlich die Verinnerlichung eines Bildes, dass man sich auf Kosten des Staates auf die faule Haut legen könne?

Die permanente Berieselung mit diesen Pseudo Reality Serien hat auf Dauer Folgen. Das hat aber wenig mit 'Naivität' von Jugendlichen zu tun. Ich würde da eher ernsthaft in Richtung 'Gehirnwäsche' argumentieren. Wenn man immer wieder das Gleiche gesagt bekommt, dann wird auch eine Lüge auf Dauer zur Wahrheit. Schaut euch doch die Manipulationen im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland an und fragt mal eure Eltern. Meine sind nicht doof, aber die glauben weitestgehend unhinterfragt, was in der Tagesschau oder im Heute-Journal gesendet wird und interpretieren es auch passend in diese Richtung. Das sieht auch im Freundes- und Bekanntenkreis nicht allzuviel anders aus, wenn man sich nicht gerade für Politik oder Ökonomie interessiert. Nicht dass man mich falsch versteht, diese 'Gehirnwäsche' wird nicht absichtlich gemacht, es ist eher die Folge dauerhaft in eine Richtung gehenden Pseudo-Realismusses. Die angesprochenen 'Manipulationen' finden aber schon absichtlich statt, nur nennt man das dann PR-Arbeit.

Es ist ja positiv, dass Jugendliche hier Interesse für Berufe bekommen, aber leider ist es auch negativ, weil das Bild, das von diesen Berufen gezeigt wird, in der Regel völlig an der Realität vorbeigeht. Und neulich habe ich ebenfalls genau über diese Sache gelesen, da berichteten Richter über das geänderte Verhalten von Jugendlichen vor Gericht, aufgrund dieser Fernsehserien. Also da ist schon was dran.

» ToniGard » Beiträge: 201 » Talkpoints: -2,27 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Dann stelle ich es jetzt noch einmal ganz klar dar. Meines Erachtens werden Jugendliche von diesen Serien nicht wirklich beeinflusst und sie sind auch nicht besonders relevant für ihre Berufsentscheidung. Ich finde aber trotzdem, dass dieses RTL-Nachmittagsprogramm abgesetzt werden sollte, da es sicherlich keine Vorbildfunktion hat.

Damit meine ich jetzt nicht, dass solche Serien die Berufsentscheidung von Jugendlichen merklich beeinflussen, sondern eher, dass ihnen sozusagen gezeigt wird, wie man auch leben kann und dass dann je nach Elternhaus und Interessen eventuell Auswirkungen haben kann. Ich meine also, dass die Serien abgesetzt werden sollten, da sie nur minimales Niveau haben und ich nicht glaube, dass das die richtige Kost für Kinder ist, die gerade von der Schule heimgekommen sind. Eventuell nehmen sie sich an solchen Leuten ein "Vorbild" und rebellieren schließlich dagegen etwa im Haushalt mtzuhelfen. Mit dem Alter sollte aber dann auch eine Einsicht kommen und deshalb denke ich nicht, dass solche Serien der Grund dafür sind, dass jemand nach der Schule "Hartzer" wird.

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» freezer899 » Beiträge: 66 » Talkpoints: 31,31 »



Es fällt mir schwer zu glauben, dass Jugendliche sich heute tatsächlich an Fernsehserien und Sendungen orientieren, wenn es um ihre Berufswahl geht. Es gibt eine wirklich große Anzahl an Serien über Polizisten und Ärzte, daran besteht kein Zweifel. Aber wenn man mal überlegt, so dürfte es doch eigentlich eher die weniger intelligente Bevölkerungsschicht unter den Jugendlichen sein, die sich von solchem Quatsch beeinflussen lassen oder nicht? Wenn man mit ein wenig Verstand an die Sache gehen würde, würde kein Jugendlicher den Drang verspüren, Polizist zu werden und mit alberner Miene rumzurennen wie die Typen von ''Alarm für Kobra'' oder beim operieren albern rumzuturteln, wie ''Doctor's Diary''. Diese Serien sind bescheuert und albern, wer sehnt sich denn nach einem solchen Leben und welcher Idiot glaubt wirklich, dass ein Leben in diesem Beruf so aussieht?

Für mich klingt das ganz eindeutig nach weniger intelligenten Menschen und diese haben nun mal leider meistens auch nicht die nötige Bildung, um einen solchen Beruf zu ergreifen. Möglicherweise handelt es sich um Kinder, die sich davon inspirieren lassen, aber Kinder sind Kinder und diese werden mit den Jahren doch auch noch etwas an Erfahrung gewinnen und ihre Meinung hoffentlich auch ändern.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


So ganz abwegig finde ich es nicht, dass man sich als Kind oder als Jugendliche an Filmen orientiert. Früher habe ich ja auch gern mal Internatsgeschichten gelesen und wollte unbedingt auf ein Internat gehen, weil ich eben dachte, diese Geschichten entsprächen der Realität. Inzwischen sieht es natürlich anders aus, man wird ja reifer und erwachsener.

Dass sich nun Jugendliche an gewisse Serien orientieren, um ihren Wunschberuf auszuüben, sehe ich mit zwei Augen. Ein Auge sieht, dass es ja gut ist, wenn Jugendliche überhaupt ein Ziel vor den Augen haben, welches sie erreichen wollen. Und je nach Persönlichkeit wird der Jugendliche schon wissen, dass eine Serie oder generell im Fernsehen gezeigtes nicht die Wahrheit sein kann. Zumal wird ja durch Zugang zu Internet und auch Praktika ein Einblick in das wahre Berufsleben möglich gemacht. Man muss sich so etwas nur zu nutzen wissen. Das andere Auge sieht schon so, dass eine gewisse Naivität vorhanden sein muss, die durch das Familienleben oder mangels an Vorbildern bestehen bleibt oder aber sogar unterstützt wird.

Ich kann es zum Beispiel auch nicht verstehen, dass Eltern ihre minderjährigen Kinder zu Castingshwos schicken bzw. es erlauben, dass diese dorthin gehen können. Als Eltern sollte man doch wissen, dass so etwas nicht unbedingt förderlich ist, und wenn das Kind noch so talentiert ist. Es wird oft genug gezeigt, wie sehr manche dieser jungen Menschen sich wünschen, Superstar/ Popstar/ Modell zu werden und wie schnell sie dann auf den Boden der Tatsachen gelangen. Dennoch wird etwas in dieser Richtung als Berufswunsch angegeben.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Ich denke schon, dass es genug Leute gibt, die sich an solchen Fernsehsendungen orientieren und gerade deshalb einen bestimmten Berufswunsch haben. Diejenigen, die aber tatsächlich glauben, dass das im Fernsehen vermittelte Berufsbild mit dem in der Realität übereinstimmt, sind mit Sicherheit nicht die intelligentesten Menschen.

Wenn ich mal an die vielen Polizeisendungen wie "Alarm für Cobra 11", "K11", "Niederig und Kuhnt" oder "CSI: NY" (oder wie die alle heißen) denke und jemand aufgrund einer solchen Sendung Polizist werden will, wird das aber sowieso nicht funktioniert. Wenn es ein ganz dummer Mensch ist, bewirbt er sich und fliegt spätestens beim Bewerbungsgespräch raus, weil so jemand garantiert nicht eingestellt wird und wenn es ein nicht ganz so dummer Mensch ist, fällt ihm das schon vorher auf und bewirbt sich gar nicht erst.

Genauso ist es auch mit diesen ganzen Krankenhausserien, Gerichtsshows und so weiter. Viele haben zwar den Wunsch, einen solchen Beruf auszuüben, sind aber gar nicht in der Lage dazu.

» SuperGrobi » Beiträge: 3876 » Talkpoints: 3,22 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich habe vor meiner Karenzzeit in einem privaten Bildungsinstitut mit eher problematischen Jugendlichen gearbeitet. In erster Linie ging es um Persönlichkeitsbildung, aber ein Teil meiner Arbeit bestand auch darin, diese Jugendlichen so gut es eben geht wieder für den Arbeitsmarkt fit zu machen.

So war das Thema Berufswunsch natürlich auch immer wieder gegeben. Teilweise habe ich mich da einfach nur gewundert, was für Vorstellungen die meisten dieser Jugendlichen haben. Meistens waren sie total realitätsfremd. Sie hatten durchgehend kaum eine Ausbildung, weil sie eben Schulabgänger waren. Zum Teil war gerade einmal ein Hauptschulabschluss und das mit viel Bauchweh da.

Eine Lehre ging meistens eben aus sozialen Gründen auch nicht. Einige haben es versucht, sind aber meistens geflogen und wieder bei mir im Kurs gelandet. Ich habe mit ihnen dann natürlich auch ausführlich gesprochen, warum es in der Stelle nicht geklappt hat und da kam dann sehr häufig die Aussage, dass der Beruf nicht zu ihnen gepasst hat, weil sie eben auch einmal Aufkehren oder etwas wegräumen mussten oder dergleichen. Sie haben sich dazu einfach zu minder gefühlt.

Also diesbezüglich hatten sie wirklich die abenteuerlichsten Vorstellungen. Aber dass nun vor allem Berufe aus dem Fernsehen gewünscht wurden, wäre mir nicht aufgefallen. Ich habe mir allerdings schon auch überlegt, ob solche Sendungen eben schon auch dafür verantwortlich sind, dass die Jugendlichen oft derart realitätsfremde Vorstellungen haben. In den Sendungen wird ja immer alles schön, toll und abenteuerlich dargestellt. Dass ein Beruf jedoch nicht nur aus dieser Seite besteht, wird dann nicht so gezeigt und so kann ich mir schon vorstellen, dass Jugendliche durch solche Sendungen generell eine falsche Vorstellung der Arbeitswelt im Allgemeinen bekommen.

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» tournesol » Beiträge: 7760 » Talkpoints: 69,99 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Die Frage der Auswirkung auf die Arbeitswelt ist ja eigentlich auch schon sehr speziell - vielleicht zu speziell. Ich betrachte das grundlegend als problematisch, was Medien da für eine Realität vorspielen. Wiegesagt, man kann so schlau oder so dumm sein, wie man möchte, es ist die Dauerberieselung, die da ein diffuses Gefühl und bestimmte Einstellungen fördert. Wer glaubt denn heute nicht, dass der Islam böse ist, wer hält denn nicht jeden bärtigen Araber für die Reinkarnation Osama bin Ladens, wer glaubt denn nicht, dass Oskar Lafontaine 'hingeschmissen' hat, wer hält denn nicht 'fordern und fördern' für schlau, wer hält denn nicht Hartz IV Empfänger für grundsätzlich faul, wer glaubt denn nicht, dass die Schuldenbremse schlau wäre usw.? Klar, natürlich nicht alle, es sind nie alle, aber das diffuse Gefühl ist eben äußerst weit verbreitet. Und das wirkt in alle Bereiche des Lebens, nicht nur in die Berufwahl.

Es ist ja nicht nur das Privatfernsehen, dass mit seinen nachmittäglichen Serien in dieses Horn bläst. Wenn z. B. Stimmung gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen oder Verhaltensweisen erzeugt werden soll, dann findet das auch auf anderen Kanälen oder in anderen Medien statt. Die einen poltern, hetzen, polemisieren, wie es die BILD-Zeitung tut, das Privatfernsehen plakatiert die gleichen Zusammenhänge in Pseudo Reality Formaten, die 'seriösen', öffentlichen Programme kanalisieren Meinungen in scheinbar objektiven Formaten wie 'Plasberg' oder in den Polit Talk Shows und ehemals kritische Magazine wie der Spiegel, müssen heute auch Auflage machen und dann kommt eben alle paar Monate mal wieder der böse, schwarze Islam auf den Titel. Es ist also nicht so sehr die Kanonnade von einer Seite, sondern es wird überall aus allen Rohren geschossen und das hat Folgen, aber eben nicht nur bei der Berufwahl.

Was da an verqueren Vorstellungen teilweise bei jugendlichen herrscht, setzt sich dann aber fort in die Erwachsenenwelt und das nicht nur bei den Dummen und Doofen. Hier wird dann schnell auch nicht mehr miteinander geredet, da werden dann sofort stärkste Geschütze aufgefahren: Ich will den Geschäftsführer sprechen, sie sind ein Betrüger, ich zeige sie an, ich gebe das sofort zu meinem Anwalt, ich werde alle Medien einschalten. Auch das ist Folge des Fernsehkonsums. Jugendliche sind nun mal nicht besonders medienkritisch und empfänglich für manchen Quatsch, da haben Medien, Politik und sonstige Rattenfänger schnell mal leichtes Spiel. Und wenn dann die Eltern nicht den Finger drauf haben und die Kinder nur aus wenigen Quellen ihre Informationen beziehen, dann kommt es sicher auch zu Einstellungsänderungen.

Tournesol, die Jugendlichen, die du ansprichst, das sind im Grunde nochmal die, eine Kategorie unter der Zielgruppe von RTL II. Da herrschen dann nochmal andere Erfahrungen, denn das sind Kinder aus teilweise völlig zerrütteten Verhältnissen, teilweise auf der Straße lebend, teilweise mit Knasterfahrung, häufig im Konflikt mit dem Gesetz. Für die mag das Handy noch eine Verbindung zur Außenwelt sein, aber diese Jugendlichen nehmen im Prinzip noch nicht mal an der Informationsbildung im Fernsehen teil. Die haben deswegen keinen Bezug zum Beruf, weil sie schon in Verhältnisse reingeboren wurden, in denen niemand diesen Bezug hatte. Das hört sich verdammt nach der Klientel an, mit der ich jahrelang gearbeitet habe.

» ToniGard » Beiträge: 201 » Talkpoints: -2,27 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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