Julian Assange wird demontiert
Es ist doch erstaunlich, wie ein einst gefeierter, bewunderter Held so langsam aber sicher zu einem getriebenen Opfer wird und nach und nach öffentlich demontiert wird. Assanges Bild in der Öffentlichkeit ist inzwischen so beschädigt, dass wir uns jetzt in einer Phase befinden, in der man nicht mehr weiß, was man noch glauben soll und was nicht. Rettng für ihn scheint nicht mehr in Sicht.
Ein weiterer Sargnagel in Assanges Vita dürfte ein aktuell veröffentlichtes (09.02.2011) Interview des Stern mit Daniel Domscheit-Berg sein, der lange Zeit einer der drei bekannten Köpfe von Wikileaks gewesen ist, aber nach einem Streit Ende letzten Jahres das Unternehmen verließ.
Seine Kernaussage lautet, dass die Daten bei Wikileaks nicht mehr sicher seien, was nichts weiter bedeutet, dass dem Geschäftsmodell Wikileaks, das auf Vertrauen und Geheimhaltung basiert, die Grundlage genommen wäre. Nach dem was Domscheit-Berg erzählt, ist Wikileaks schon jetzt nicht mehr mehr, als eine notdürftig zusammengeflickte Hülle, die kaum noch funktioniere. Ein wichtiger Teil des Datenschatzes sei von ehemaligen Mitarbeitern sichergestellt worden, Assange würde jetzt nur noch versuchen, die Reste auszuschlachten. Da auch der 'Architekt' der Software, inklusive derselbigen, das Unternehmen verlassen habe, wäre auch die derzeitige Software nichts weiter als ein unsicheres Rudiment. Assange selber beschreibt Domscheit-Berg als energischen, genialen Freigeist, der aber gleichzeitig paranoid, machtversessen und größenwahnsinnig sei.
Die Gründe, warum Domscheit-Berg so etwas sagt, dürften auch darin liegen, dass er inzwischen eine eigene Leaks-Seite gegründet hat. Die genannte Kritik lässt sich für Außenstehende schwer bewerten, aber was offenkundig ist, dass der Grundgedanke von Wikileaks, der Öffentlichkeit und möglichst vielen Medien ohne eine Diskriminierung Zugriff auf die Daten zu gewähren, verraten wurde. Die Neutralität ging flöten, als man (Assange?) entschied, einzelnen Medien den Exklusivzugriff zu gewähren.
Den Rest des Spiels um Assange kann man einfach nicht mehr bewerten. Hier wird viel Dreck ausgeschüttet, von der Verbindung zur New Age Sekte Santiniketan Park Association, bis hin zum Verdacht, dass Assange willfährige Marionette der CIA und Opfer derer MKUltra Programme sei und wir alle damit Opfer einer kognitiven Infiltration wären und letztlich das denken, was interessierte Kreise wollen, was wir denken. Dazu noch das absurde Theater um die angebliche Vergewaltigung und man kann sich an seinen fünf Fingern abzählen, wo das alles sehr wahrscheinlich enden wird. Ist das nicht einfach nur noch ein trauriges Spiel um eine wirklich gute Idee?
ToniGard hat geschrieben:Es ist doch erstaunlich, wie ein einst gefeierter, bewunderter Held so langsam aber sicher zu einem getriebenen Opfer wird und nach und nach öffentlich demontiert wird.
Hier wirft sich aber schon die Frage auf, was oder wieso an Assange so bewundernswert wäre bzw. wo, mal von der gekonnten Selbstinszenierung, die besondere Leistung vorliegt. In den Medien ist ja mittlerweile eine Art Gleichsetzung aufgebaut worden, so dass Wikileaks ohne Assange nicht sein könnte. Was letztlich definitiv nicht richtig ist.
ToniGard hat geschrieben:Assanges Bild in der Öffentlichkeit ist inzwischen so beschädigt, dass wir uns jetzt in einer Phase befinden, in der man nicht mehr weiß, was man noch glauben soll und was nicht. Rettung für ihn scheint nicht mehr in Sicht.
Das mag für das Bild stimmen, welches Assange gerne von sich in der Öffentlichkeit gehabt hätte. Aber dazu sollen auch nur die Informationen genommen werden, welche er Preis gibt. Ganz gleich, ob es um seine private Vergangenheit geht oder auch um seine geschäftliche Gegenwart. Wobei immer gerne unterschlagen wird, dass Wikileaks auch ein wirtschaftliches Projekt ist und sein soll, von dem nicht nur Assange leben soll.
Was die "Rettung" angeht, so denke ich nicht, dass man sich hier Sorgen machen müsste. Wikileaks dürfte - sofern finanziell leistbar - weiter machen. Mit oder ohne die aktuelle Aushängefigur. Und er selbst wird die Chance bekommen, sich zu den Vorwürfen gegen ihn zu äußern. Dass das alles von Seiten der Justiz gestellt wirkt, ist natürlich nicht von der Hand zu weisen. Auf der anderen Seite ist Assange sicher nicht ein Heiliger oder ausschließlich ein Opfer.
Wenn jetzt ehemalige Partner von Assange in der Öffentlichkeit auftreten und hier aus dem Nähkästchen plaudern, ist natürlich auch die Gefahr immer groß, dass unverarbeiteter Frust aus ihnen spricht. Muss also nicht alles stimmen. Und gerade was technische Hintergründe angeht, wäre ich sehr vorsichtig, was das Glauben oder Bewerten der Aussagen angeht.
Wohingegen der Punkt mit der Datensicherheit bzw. mit dem Schutz der Informanten sehr wohl allgemein bekannt ist und ein jeder sicher weiß, wie wichtig Assange seine Informanten nimm. Nehmen wir den bekanntesten: Bradley Manning sitzt als Geheimnisverräter seit zig Monaten in Isolationshaft! Das wäre ein Punkt, dem Wilileaks sehr viel mehr Beachtung entgegen bringen sollte - aber nicht tut.
Ebenfalls nachweislich: man bezieht sich auf den in Schweden garantierten Schutz und die Anonymität. Dies ist auch tatsächlich gegeben - aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Und das war Wikileaks schon immer bekannt. Aber man hat nicht unternommen, um diese zu erfüllen. Hat aber (auch deren Sprecher Assange) immer wieder auf eben die besondere Schutzfunktion des Rechts hingewiesen. Diese hätte im Ernstfall aber nichts gebracht!
Desweiteren sollte auch bedacht werden, dass es durchaus möglich ist, dass Domscheit-Berg diese Aussagen gegen Wikileaks und Assange nicht nur tätigt, weil er sauer ist, sondern eventuell auch deshalb, weil er drum "gebeten" worden ist beziehungsweise ein nettes kleines Sümmchen erhält, nur um Assange bloß zu stellen. Ist natürlich nur eine Möglichkeit, die aber durchaus Sinn macht!
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