Wikilieaks Gründer für Friedensnobelpreis nominiert

vom 03.02.2011, 11:43 Uhr

Julian Assange ist von dem norwegischen linkssozialistischen Abgeordneten Snorre Valen für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen worden. In seinen Augen hat Wikileaks durch seine Enthüllungen zu Transparenz und Meinungsfreiheit beigetragen.

Gerade die Enthüllungen von Seiten Wikileaks haben das Ende der Diktatur in Tunesien herbeigeführt. So wurden Korruption und Machenschaften manch eines rechtsbrechenden Politiker oder Unternehmens aufgedeckt. Aber auch die Sauberstaaten sahen sich durch Vorwürfe in Punkto Überwachung konfrontiert.

Hat ein Unternehmen wie Wikileaks wirklich zum Frieden in der Welt beigetragen, dadurch, dass es schonungslos Machenschaften und andere "Wahrheiten" publik macht? Oder hat es dadurch erst den einen oder anderen brodelnden Kessel zum überkochen gebracht? Wieviel Wahrheit verträgt ein sensibles Gefüge wie Frieden?

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» akasakura » Beiträge: 2635 » Talkpoints: 1,50 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



bijin hat geschrieben:Wieviel Wahrheit verträgt ein sensibles Gefüge wie Frieden?

Aus so einer Frage kann man fast eine unerträgliche Menge an Arroganz herauslesen, wenn man denn zugrunde legt, dass unterstellt wird, dass es für den Frieden eine bestens informierte "Elite" geben muss - aber das einfache "Volk" die Wahrheit schlicht nicht vertragen würde. Es war u.a. die Idee von Trotzki, die Geheimdiplomatie zwischen Staaten abzuschaffen - was erst wirklich Transparenz und Beteiligung und Selbstorganisation ermöglichen würde. Leider hat er sich damit nirgends durchgesetzt.

Wie kann man denn darauf kommen, dass es Wahrheiten gibt, die es um des Friedens Willen zu unterdrücken gilt und auf welcher Art von Fundament kann dann dieser Friede stehen? Das fängt ja nun schon im privaten Bereich an, wenn man wirklich glaubt, zwischenmenschliche Beziehungen mit der Wahrheit stören zu können und lieber auf Lügengebäude setzt.

Was aber nun den populistischen Vorschlag hinsichtlich des Nobelpreises angeht: Wikileaks hat sicher viel dazu beigetragen, dass eigentlich bekannte Dinge nun offiziell bekannt wurden und hat damit sicher manche Repräsentanten der Staatsmacht in eine gewisse Bedrängnis gebracht. Aber dies nur sehr kurzfristig und auch eher moralisch. Folgen gab es im Grunde kaum welche. Daher wäre der Preis verfrüht. Hat aber bei Obama auch nicht gestört.

Und der Skandal: sogar Wikileaks scheint sich nicht oder kaum um das Schicksal von Bradley Manning zu kümmern. Das ist der Mann, welcher einen großen Stein ins Rollen gebracht hat und - anders als die Gründer von Wikileaks - tatsächlich in Gefahr geraten ist, nachdem er Unrecht bekannt gemacht hat. Der Mann den nun praktisch niemand mehr kennt, sitzt seit Juli (2010) im Militärgefängnis und hat hier sogar verschärfte Haftbedingungen auferlegt bekommen. Wäre man wirklich daran interessiert, dass mit dem Friedensnobelpreis die Wahrheit gewürdigt wird und auch jemand, der sich persönlich trotz erheblichen Gefahren dafür eingesetzt hat, dann müsste man Bradley vorschlagen. Was dann auch gut passen würde, nachdem dessen oberster Dienstherr ebenfalls diese Auszeichnung bereits erhalten hat.

Doch mit so einem Vorschlag bekommt auch ein norwegischer Abgeordneter keine mediale Beachtung. Da ist Wikileaks doch der bessere Vorschlag. Wenn es eben nicht um die Sache geht.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Mag sein, dass es arrogant wirkt. Jedoch wird es immer jemanden geben, der sich Wahrheit auf die Fahne schreibt, nur um seine eigenen Machtspielchen mit denen zu spielen, die die Tragweite der Wahrheit eigentlich nicht nachvollziehen können. Oft bleiben dann die Kleinen auf der Strecke und werden eben geopfert.

Wer ist das Volk, es setzt sich zusammen aus der Elite, denn die gehören eben auch zum Volk. Den Informierten, denjenigen, die ihre Informationen nicht am Stammtisch aufsaugen und jenen, die sich informieren, weil sie informiert sein wollen. Aber ein großer Teil ist die Stammtischfraktion. Es sind diejenigen, die als Spielball zwischen den Meinungen hin und her gestupst werden, weil sie sich nicht die Mühe machen Informationen zu hinterfragen und weitere Quellen einzufordern.

Kann man also mit der richtigen Wahrheit ein Volk manipulieren, in eine Richtung lenken, in die man es haben will. Es werden doch die wenigsten wirklich alle Wahrheiten lesen und reflektieren. Es werden nur die Mitteilungen verinnerlicht, die andere (Medien) für die Stammtischfraktion aufbereiten und die diese dann wieder verbreiten können.

Deshalb meine Frage, wieviel Wahrheit verträgt ein Volk? Ich will nicht, dass das Volk unwissend gehalten wird oder gar für dumm verkauft wird. Jedoch bezweifle ich, dass die schonungslose Aufdeckung und Publikation dessen, was da Wahrheit genannt wird wirklich zum Frieden zwischen den Völkern beiträgt.

Das letzte, was der Frieden braucht, das sind Menschen, die andere Menschen mit der Waffe durch die Straßen jagen, weil sie der Meinung sind, dass die andere Seite der falschen Seite angehört, der falschen Wahrheit folgt.

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» akasakura » Beiträge: 2635 » Talkpoints: 1,50 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



bijin hat geschrieben:Jedoch wird es immer jemanden geben, der sich Wahrheit auf die Fahne schreibt, nur um seine eigenen Machtspielchen mit denen zu spielen, die die Tragweite der Wahrheit eigentlich nicht nachvollziehen können.

Aber ist es nicht so, dass diese "Machtspiele" nur dann gespielt werden können, wenn eben nicht die Wahrheit gesagt wird bzw. die Tatsachen gefiltert kommuniziert werden. Dabei ist es gleich, ob ein Bush predigt, dass Saddam Hussein sicheren Informationen nach Massenvernichtungswaffen versteckt hält oder ob ein Scharping von KZs und einem Hufeisenplan der Serben schwadroniert - in beiden Fällen wird auf Grundlage einer Lüge (und niemand bestreitet ernsthaft, dass das damals den beteiligten nicht klar war!) ein Krieg geführt. Woher diese Informationen dann aber letztlich stammen sollen (z.B. die Existenz eines Hufeisenplans oder ähnliche Dummheiten) wird auf Grund der Geheimhaltung nicht weiter erläutert.

bijin hat geschrieben:Wer ist das Volk, es setzt sich zusammen aus der Elite, denn die gehören eben auch zum Volk.

Ja, aber hier vergisst Du, dass das was hier "Elite" ist, doch nur die Machthaber sind. Oder was kann unter Elite verstanden werden? Die Dichter und Denker, die Künstler, die Militärs? Wer oder was ist "Elite"? In dem Fall diejenigen, die die Macht an sich haben reisen können und nun bestimmen, was das gemeine "Volk" erfahren soll und was nicht. Und dabei handelt es sich doch um fundamentale Fragen, die das Selbstverständnis des Staates eigentlich erschüttern sollten. Wieso soll es Geheimnisse einer Regierung vor dem "eigen" Volk geben?

bijin hat geschrieben:Kann man also mit der richtigen Wahrheit ein Volk manipulieren, in eine Richtung lenken, in die man es haben will.

Es kann doch keine "richtig" Wahrheit neben einer "unrichtigen Wahrheit" geben. Die "unrichtige Wahrheit" wäre dann nämlich schlicht die Lüge.

bijin hat geschrieben:Es werden doch die wenigsten wirklich alle Wahrheiten lesen und reflektieren.

Es ist aber auch gar nicht möglich für den Einzelnen, wirklich alles zu beherrschen. Aber so wie es aktuell ist, kann der gewöhnliche einzelne auch gar nicht selbst bestimmen, worüber er informiert sein will. Auf der anderen Seite sind die "Hüter der Wahrheit" auch nur Menschen und für die gilt genau das gleiche: wer sagt, dass sie mit bzw. aus dem Wissen die richtigen Schlüsse ziehen? Oder wenigstens die, die eine Mehrheit begrüßen würde?

bijin hat geschrieben:Jedoch bezweifle ich, dass die schonungslose Aufdeckung und Publikation dessen, was da Wahrheit genannt wird wirklich zum Frieden zwischen den Völkern beiträgt.

Es sollte ja auch gar nicht um "Aufdeckung" gehen. Wird gar keine Geheimdiplomatie verfolgt, dann ist da auch nichts zum Aufdecken. Ich werde nie verstehen, wie eine angeblich freiheitliche Regierung, demokratisch gewählt, auf die Idee kommen, geheime Gefängnisse zu führen und die dort gefangen gehaltenen Menschen "verschwinden" zu lassen? Und vor allem: wieso wird dieser Skandal von der Folgeregierung nicht als solcher behandelt?

bijin hat geschrieben:Das letzte, was der Frieden braucht, das sind Menschen, die andere Menschen mit der Waffe durch die Straßen jagen, weil sie der Meinung sind, dass die andere Seite der falschen Seite angehört, der falschen Wahrheit folgt.

Aber genau dazu kommt es doch durch das Zurückhalten von Informationen und durch das Lügen. Wo siehst Du im anderen Fall die Gefahren?

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



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