Konsum as Konsum can? Was passiert mit unserem Geld?
Seit Monaten müssen wir "normalen Menschen" uns von unserer Regierung - und hier vor allem von Rainer Brüderle - anhören, dass wir uns in einem "Aufschwung XXL" befänden. Da ist er nicht bescheiden, weder ein L noch ein XL reichen unserem Wirtschaftsminister, der so gerne ein Ludwig Erhard des 21. Jahrhunderts - nicht so bescheiden: des 3. Jahrtausends - wäre. So müssen wir uns seit Monaten die fortwährende Leier vom Job- und Exportwunder anhören, dass die Aussichten doch rosig wären und der Aufschwung nun auch endlich vom Konsum getragen würde. Irgendwo hätte da irgendein Turbo gezündet. Dazu gehört die Penetration des Fernsehzuschauers mit Bildern kaufwütiger Konsumenten, die die Rolltreppen ins Glück der Einkaufparadiese mit vollen Tüten rauf- und runter rauschen.
Nun stellt sich aber der mündige Bürger, Konsument und "normale Mensch" beim Blick in die eigene Geldbörse irgendwann einmal hin und fängt an, das von ihm teilweise gefühlte Gegenteil anhand von Zahlen auf seine Glaubhaftigkeit zu überprüfen. Lebt unsere Politikerclique, die bis auf wenige Ausnahmen in diesen Chor einstimmt, eventuell bereits in irgendwelchen Parallelwelten? In welchem Interesse verkünden, besser prognostizieren, die Wirtschaftsforschungsinstitute gefällige Zahlen? Was ist mit den Medien los? Gehört es nicht mehr zu deren Aufgabe, Wunsch und Realität auf ihren Wahrheitsgehalt hin abzuklopfen? Können wir uns solche Führer, Wissenschaftler und Medien überhaupt leisten? Wie sieht es wirklich aus um uns Konsumenten und unser Geld? Seit wenigen Tagen gibt es neue Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) zum Konsum 2010, die nicht einen Blick in die Glaskugel darstellen, sondern einen Blick auf das wahre Verhalten von uns Verbrauchern bzw. privaten Konsumenten:
- Umsatzsteigerung im Einzelhandel im Weihnachtsgeschäft (Dez. 2010 zu Dez. 2009): + 0,3 % (nominal), real (preisbereinigt) -1,3 % (trotzdem der Dez. 2010 einen Verkaufstag mehr hatte). Mit anderen Worten, es gab alles andere als kauf lustige Konsumenten.
- Würde man zwischen realen und nominalen Einzelhandelsumsätzen (ohne Kfz-Handel) einen Zeitvergleich mit Zahlen seit 1994 vornehmen, würde sich zeigen, dass der Dez. 2010 der schlechteste Dezember seit 1994 war.
- Bereinigt man nun diese Zahlen um Saison- und Kalendereffekte, kann man erkennen, dass es seit 17 Jahren überhaupt keinen Konsumboom in Deutschland gegeben hat. Das Tief der Umsätze hatten wir im Juni 2009 (94,8 Indexpunkte), im Dezember 2010 liegen wir nur knapp darüber (95,5 Indexpunkte). Das ist der viert tiefste Stand seit 1994. Und wohlgemerkt, der Index wurde 1994 auf 100 Indexpunkte gesetzt. Wir liegen also in 2010 weit unter den Werten von 1994. So sieht also ein sich selbst tragender Aufschwung XXL, getrieben vom Binnenkonsum aus?
- Eine Art Gegenprobe: Die Einnahmen des Staates aus der Umsatzsteuer sollten ja in Zusammenhang mit den Konsumdaten stehen. Hier kam es im 3. Quartal 2010 zu einem Einbruch der Einnahmen um -6,88 %, nachdem der Vormonat schon mit Verlusten von -3,46 % geglänzt hatte (beides ggü. den 2009er Zeiträumen).
Es sind nicht die Konsumausgaben der privaten Haushalte, die den Laden am Leben halten, denn die sind in den letzten 10 Jahren gerade mal um +4,01 % gestiegen, während die Arbeitnehmerentgelte gleichzeitig um -1,77 % gesunken sind. Das ganze "Aufschwunglügengebäude" ruht auf dem wackeligen Fundament eines explodierenden Exportes, der in den letzten 10 Jahren um +69,29 % zugelegt hat.
Dass diese einseitige Exportorientierung eine der Hauptursachen für die Spannungen im Euroraum ist und das Potenzial in sich trägt, diesen Raum zu zerreißen und weitestgehend nichts weiter darstellt, als ein Leben auf (die vermeintlichen) Kosten anderer (und zwar hauptsächlich anderer Europäer), ist noch nicht in die Köpfe der Brüderles Deutschlands vorgedrungen. Wir leben davon, dass "die anderen" sich verschulden, werfen ihnen genau das gleichzeitig vor und opfern dafür unsere Binnenkonjunktur mitsamt dem Fundament des Mittelstandes, das wir Konsumenten offensichtlich nicht mehr bezahlen können. Damit das keiner so schnell merkt, betäubt man uns gleichzeitig mit dem unendlichen Märchen vom kauf lustigen Konsumenten.
Die Reallöhne sind seit der Wiedervereinigung nicht gestiegen. Dabei müssten die Fortschritte die unsere Gesellschaft gemacht hat (auch in Hinsicht auf das BIP) genau zu dem führen. Das lässt nur einen Schluss zu: Gewinnmaximierung der Eliten. Export statt Heimatmarkt. Sicher ist unsere wunderbare Stellung auf dem Weltmarkt ein Umstand, der Deutschland international zu einem sehr bedeutendem Land macht. Andererseits führt dies offensichtlich nicht dazu, dass der Wohlstand des deutschen Volkes gefördert wird. Folglich sollte man die Wirtschaftspolitik korrigieren um den Binnenmarkt zu fördern.
Mindestlöhne halte ich inzwischen für sinnvoll. Eine Höhe von 8 Euro würde garantieren, dass ein normaler Arbeitnehmer genug Geld zur Verfügung hat um halbwegs gut zu leben. Arbeit würde sich wieder lohnen. Arbeit wird vernichtet? Nach Allem was ich sehe, gibt es mehr als genug Arbeit, zumindest habe ich mich heute für 3 Vollzeitstellen beworben und mache morgen weiter. Bei Einer geht es morgen sogar nur um die Terminvereinbarung für ein Vorstellungsgespräch - dabei suche ich erst seit 1 1/2 Wochen ernsthaft nach einem Job. Und ich habe weder eine Berufsausbildung noch ein Hochschulstudium, da ich momentan noch auf meinen Studienplatz warte. Gut, ich wohne auch in Bonn und hier im Rheinland ist die Arbeitsmarktsituation relativ entspannt. Dennoch denke ich, dass dies für die Prämisse "Arbeit soll sich wieder lohnen" notwendig ist. Wer keine Berufsausbildung hat - und das sind wohl sehr viele Langzeitarbeitslose - der verdient seltenst über 8 Euro.
Die Gehaltssituation lässt überhaupt keinen Konsumboom zu. Die meisten Menschen konsumieren wohl gerne und viel. Wenn Sie es können. Doch eben am Können scheitert es häufig aufgrund der Situation die sich auf dem deutschen Markt bietet.
Was mich allerdings interessieren würde: Wie sieht es mit den Einzelhandelsumsätzen aus wenn man den KFZ - Handel auch berücksichtigt?
TuDios hat geschrieben:[...]Was mich allerdings interessieren würde: Wie sieht es mit den Einzelhandelsumsätzen aus wenn man den KFZ - Handel auch berücksichtigt?
Die genannten Zahlen stammen (im Kern) aus der "Pressemitteilung Nr.042 vom 31.01.2011" des Statistischen Bundesamtes und sind vorläufig. Die werden nach und nach noch korrigiert und ergänzt. Solche Korrekturen passieren deswegen, weil die befragten Unternehmen nicht immer rechtzeitig alle notwendigen Daten melden. Es werden noch tiefere Gliederungen nach Wirtschaftsbereichen vorgenommen werden, aber die kommen erst in ca. 14 Tagen. Die findest du dann auf der GENESIS-Online Datenbank. Im Ansatz gibt
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Es gibt Zahlen bis Nov. 2010. Den Einstieg findest du
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Und vielleicht hilft auch noch ein kurzer Blick auf den deutschen Markt der Neuzulassungen, Zahlen liefert das Kraftfahrtbundesamt. Hier muss man sich den Markt im Zeitablauf anschauen. Und hier herrscht seit vielen Jahren Stagnation. Die Abwrackprämie war natürlich ein Straßenfeger, aber das ist ja nun vorbei. Das Kraftfahrtbundesamt beschreibt den Markt zur Zeit
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Es herrscht - wie seit Jahren - weiter Märchenstunde für den unmündigen Konsumenten. Wir schauen aufs Konto und wundern uns, wo das Geld bleibt. "Mehr netto vom Brutto!" klingelt mir noch in den Ohren. Just meldet sich heute Ex-Kanzler Schröder zu Wort und stellt Deutschland mal wieder als den Sparweltmeister Europas hin und empfiehlt seine Politik eindringlich den anderen europäischen Staaten. Na prima - ca. 60% unserer Exporte gehen in den Euroraum und wir empfehlen denen jetzt nicht mehr bei uns einzukaufen?
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