Freiwilligenagenturen vermitteln Ehrenamt
Etwa 30% der Menschen ab 40 Jahren haben das Gefühl, sich für andere Bürger engagieren zu müssen. Natürlich sind auch jüngere Menschen bereit, für ihre Mitmenschen da zu sein. Nur da mangelt es oft an Zeit. Wenn sie nicht wissen, wie und wo sie am besten helfen können, wenden sie sich an die Freiwilligenagenturen, die für diese Zwecke gegründet wurden. Dort können sich Interessierte umfassend informieren und für sich herausfinden, welches Ehrenamt zur eigenen Person paßt. Diese Agenturen kennen die gemeinnützigen Einrichtungen sehr gut und können so das Passende vermitteln. In den Gesprächen wird auch geklärt, was dem Interessenten behagen könnte, welche Erfahrungen er hat, wieviel Zeit er einbringen kann und möchte und wann und an welchen Tagen es ihm möglich ist, sich zu engagieren. Auch eine flexible Zeiteinteilung wäre bei einem Patenprojekt möglich.
Ein unverbindliches "Hineinriechen" in eine solche Tätigkeit ist jederzeit möglich. Die Einrichtungen, in denen man sich betätigen möchte, kann man erst einmal kennenlernen. Es gibt viele Möglichkeiten, eine derartigeTätigkeit auszuüben, zum Beispiel in caritativen oder ähnlichen Einrichtungen. Fachwissen muß vorhanden sein bei einer Tätigkeit in einer Streitschlichtungsstelle, einer Telefonvorsorge und in der Hospizarbeit. Es gibt auch die Möglichkeit sich durch Schulungen zu qualifizieren.
Die an einem Ehrenamt Interessierten werden in das entsprechende Team eingebunden und erhalten Anerkennung durch ein Mitspracherecht. Fahrtkosten und andere anfallende Kosten werden erstattet. Das sollte aber vorab geklärt werden, damit keine Unstimmigkeiten auftauchen. Auch die Frage nach einer Versicherung für die ehrenamtliche Tätigkeit sollte vor Beginn geklärt werden.
Mitgefühl und Idealismus sind die treibenden Kräfte, die den Wunsch nach einer ehrenamtlichen Tätigkeit in vielen Fällen aufkommen lassen. Auch die Nächstenliebe spielt hier immer noch eine große Rolle, obwohl sie allgemein in der heutigen Zeit kaum noch anzutreffen ist. Erfreulicherweise gibt es aber immer noch Menschen, die der Allgemeinheit dienen mit ihren Erfahrungen, ihrem Leben und ihrer Liebe. Sie opfern sich für das Wohl der anderen Menschen auf.
Cid hat geschrieben:Etwa 30% der Menschen ab 40 Jahren haben das Gefühl, sich für andere Bürger engagieren zu müssen.[...]
Oft - speziell hier bei Talkteria - nimmt man ja Zahlen einfach so hin, weil der Umgang mit Quellen hier etwas problematisch ist, aber in diesem speziellen Fall würde mich der Ursprung dieser Zahl interessieren.
Vor allem, wie sieht es denn aus mit dem "Wollen" und dem "Tun"? Ode mit der Regelmäßigkeit? Schließlich wollen wir z. B. auch alle glückliche Schweine, aber trotzdem kauft kaum jemand das teure Biofleisch.
Etwas stutzig macht mich dann dein abschließender Satz:
Cid hat geschrieben:[...]Erfreulicherweise gibt es aber immer noch Menschen, die der Allgemeinheit dienen mit ihren Erfahrungen, ihrem Leben und ihrer Liebe. Sie opfern sich für das Wohl der anderen Menschen auf.
Wenn es um die Motive von Helfern geht, kommt das dann nur aus einem Gefühl heraus, helfen zu wollen, oder geht es darum, einem inneren Drang - und damit auch egoistischen Motiven - Befriedigung zu verschaffen? Ich finde den Begriff "Opfer" hier übertrieben, denn den Dienst an der Allgemeinheit sollte man freiwillig leisten, selber Spaß daran haben und nicht davon abhängig sein, hier Dank zu erhalten. Wenn ich im Sportverein z. B. freiwillige Aufgaben als Starter bei Wettkämpfen übernehme, dann mache ich das nicht, weil ich mich aufopfern will, sondern weil ich mich freue, wenn die Veranstaltung - auch wegen mir - stattfinden kann und alle Spaß haben.
Oft ist mir auch nicht klar, ob denn nicht der zunehmende Einsatz von Helfern auch reguläre Arbeit verdrängt und/oder ob nicht Aufgaben der Fürsorge, die eigentlich der Staat übernehmen sollte, weil er hier zuverlässiger eine gleichbleibende Qualität sicherstellen kann. Zumindest sollte jegliche freiwillige Tätigkeit daraufhin überprüft werden.
Hallo Meerbuscher, du möchtest gerne die Quelle für die angegebene Prozentzahl wissen. Die Zahlen habe ich aus einem Magazin, TV Gesund & Leben, Chefredakteur Roman Köster. Das Magazin war von Anfang Januar 2011. Im Internet habe ich den Artikel leider nicht gefunden. Aber die Information der deutschen Versicherer gibt eine Zahl von 23 Millionen Deutschen an, die ein Ehrenamt bekleiden. Nun mögen nicht alle versichert sein bei kleineren Einrichtungen, so dass bei rund 82 Millionen Einwohnern und unter Zugrundelegung von etwa 30 % die Rechnung stimmen dürfte.
Bei jemandem, der zur Freiwilligenagentur geht, um sich zu erkundigen, setze ich voraus, dass er keine "glücklichen Schweine" will, sondern ein Ehrenamt bekleiden möchte, das auf seine Möglichkeit zugeschnitten ist. Hat er dieses gefunden, will er das auch ausüben, so wie vereinbart entsprechend seiner freien Zeit.
Zu dem Motiv von Ehrenamtlichen kann ich folgendes sagen: Ich habe einen Ehrenamtlichen, der 12 Jahre bei der Telefonseelsorge tätig war, interviewt. Die treibende Kraft für ihn war das Gefühl, anderen helfen zu wollen, denen es nicht so gut ging, wie ihm. Einen Dank dafür hat er von niemanden erwartet. Er war einfach froh, anderen helfen zu können. Die Schulung für diese Tätigkeit dauerte insgesamt 12 Monate und wurde u.a. von einem evangelischen und einem katholischen Geistlichen durchgeführt. Aufgrund der langdauernden Schulung mußte sich der Interessent auf eine gewisse Zeit verpflichten.
Ich kenne diese Person und kann sagen, dass keinerlei egoistische Beweggründe hier ausschlaggebend waren. Somit kann ich hier ausschließen, dass ein innerer Drang zur Befriedigung egoistischer Wünsche vorlag. Eins möchte ich noch sagen, dass diese Tätigkeit in der Telefonseelsorge nicht von jedermann ausgeführt werden kann. Es muß sich schon um eine innerlich gefestigte Person handeln, sonst hält sie den Druck nicht aus. Die Anrufe gehen an die Nieren.
Die Aufgabe in einem Hospiz dürfte wohl noch mehr belasten und nur aus dem uneigennützigen Gefühl helfen zu wollen zu bewältigen sein. Der seelischen Belastung dürften nur wenige gewachsen sein. Sicherlich hast du Recht, dass der Staat für solche Fälle zuständig ist. Aber fühlt er sich zuständig?
An dieser Stelle sollte man auch noch anmerken, was unser Bundespräsident in seiner Weihnachtsansprache zum Thema "Ehrenamt" u. a. gesagt hat. Er sprach davon, dass eine Gesellschaft vor allem Respekt und Anerkennung von Leistungen brauche. Dabei solle jeder spüren, er gehöre dazu und werde gebraucht.
Kurz darauf hat die Bundesregierung - also Wulffs Partei - folgendes im Bundestag durchgeschoben: Die Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliches Engagement wird als Einkommen auf den Hartz-IV-Regelsatz angerechnet. Normalerweise gibt es einen Freibetrag von 2100 €, nun aber will man Langzeitarbeitslose für ihren freiwilligen Einsatz druch Kürzung des Regelsatzes bestrafen. Also auch hier eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, Ausschluss und Ausgrenzung per Gesetz. Das sollte jeder Hartz-IV Bezieher bei seiner Entscheidung mit berücksichtigen.
Wie das mit Wulffs Bild vom respektierten und gebrauchten Ehrenamtsbürger in Einklang zu bringen ist, kann ich mir nicht vorstellen. Im Bundesrat wurde das Hartz-IV Änderungsgesetz abgelehnt. Hier muss neu verhandelt werden.
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