Woher kam eigentlich die Finanzkrise?
Hallo,
Finanzkrise war für mich das Schlagwort des Jahres 2009. Allerdings habe ich damals aus der ganzen Flut von Informationen nicht zu 100 % herauslesen können, wie es nun eigentlich dazu kam.
Ich bin nun auf dem Stand, dass die Finanzkrise durch falsche Rating-Beurteilungen auf Immobilien in den USA zurückzuführen sind. Diese falschen Beurteilungen wurden dann von Banken gehandelt. Leider entwickelten sich die Immobilien nicht dementsprechend und die Preise gingen in den Keller. So entstand ein Milliarden-Loch, das nicht mehr gestopft werden konnte.
Ist das so richtig? Oder habe ich ganz wichtige Informationen übersehen?
Hallo zusammen,
es tut mir leid, das Thema ist so komplex, dass ich mich nicht kürzer fassen konnte. Es würde aber schon genügen, wenn Du nur die Videos anschaust.
Youtube
"Spiegel TV - Anatomie der Finanzkrise"
10 Teile ; November 2008
Die Ursache liegt im Grundgedanken der kapitalorientierten Gesellschaft. In allen westlichen Ländern ist es ganz normal sich zu verschulden. Man kann damit Geld verdienen, wenn man sein Geld jemandem gibt, der kein Geld besitzt.
In den USA hatte man das etwas derbe übertrieben. Es wurden unglaublich viele Kredite an Häuslebauer vergeben, die vielfach nicht die Bonität dazu hatten. Seit 2006 traten vermehrte Fälle von verschuldeten und zahlungsunfähigen Hauseigentümern auf. Jedoch machten die amerikanischen Banken munter weiter. Die Kreditvertreter waren wie in einem Rausch, so hatte man es beschrieben. Bis im Jahr 2008 eine amerikanische Bank nach der anderen einknickte und selbst Zahlungsunfähig wurden. Bis heute sollen mehr als hundert amerikanische Banken über die Klinge gegangen sein.
Da die amerikanischen Banken diese Kreditverträge als Finanzanlage / Spekulationsverträge weltweit weiter verkauft haben, waren alle Banken, selbst die deutschen Landesbanken, in diesem Strudel mit drin.
Vielen Privatanlegern, auch in Deutschland, wurden die amerikanischen Lehman Zertifikate verkauft, die ihren Wert vollständig verloren. Man hatte wohl gemeint, dass dieses Spiel immer so weiter ginge. Lehman Brothers war der Dominostein, der alles ins Fallen brachte.
Der damalige amerikanische Präsident, George W. Bush, hatte entschieden Lehman Brothers fallen zu lassen. Man meint heute, diese Geschichte war eine persönliche Fehde zwischen Bush und Chairman, CEO of Lehman Brothers.
Der Verlust dieser Bank (angeblich 800 Mdr. USD) hätte das gesamte Wirtschaftssystem der westlichen Welt zu Fall bringen können. Die Politik aller westlicher Länder waren sich einig darin, einen sogenannten Rettungsschirm von in etwa dieser Höhe aufzuspannen. Dabei handelt es sich um die Bereitstellung von Sicherheiten/Bonität für die schwankenden Banken.
Man hatte den Begriff "Systemrelevant" verwendet. Dieser Begriff mein, im Zusammenhang mit einer systemrelevanten Bank, dass der Zusammenbruch dieser Bank das kapitalistische System ruinieren würde. Es bestand die Gefahr, dass das Geld an sich seinen Wert verliert. Damit alle Kapital- und Sparanlagen.
Die fehlinterpretierten Ratings, gegenüber der Bonität einzelner europäischer Staaten ist eine Folge der Überhitzung des gesamten Finanzmarktes. Die Länder mussten zum Rettungsschirm beitragen, obwohl sie schon hart an der Grenze zum Staatsbankrott standen.
Bis heute hat sich die Wirtschaft weltweit noch nicht von diesen Vorfällen erholt. Bis Dato ist noch nicht klar, ob und zu welchem Preis sich die Eurozone erholen wird, wie sich die USA erholen wird. Auch die Deutschen insgesamt, die Gemeinden, die Länder und der Bund sind Hals über Kopf überschuldet. Eigentlich wäre unser Land längst Zahlungsunfähig. Wenn es nicht die Nationen gäbe, die unsere Maschinen, also unsere Exporte kaufen wollen. Die Käuferländer sind jedoch ebenso über ihre Verhältnisse verschuldet. Das heißt, die Exporte weden vielfach auch über Schulden finanziert. Das prekäre an der ganzen Sache ist, es ist kein Ausweg zu erkennen. Außer, dass unser Staatshaushalt unglaubliche 60 Mrd. Euro in diesem und den kommenden Jahren sparen müsste. Wer soll das leisten? Niemand weiß es.
Aktuell steht der Bund mit 1804 Milliarden Euro in der Kreide. Wenn wir jährlich ohne Zinseszins 60 Mrd. zurück zahlen würden, benötigen wir dafür 30 Jahre. Da wir Zinsen zahlen müssen, benötigen wir 50 Jahre. Es dürften aber keine weiteren kredite aufgenommen werden.
Es ist wohl eher so, dass das System nicht funktionieren würde, wenn sich nicht jemand verschulden würde. Ohne Schuld kein Kapitalismus.pixelparker hat geschrieben: .. Die Ursache liegt im Grundgedanken der kapitalorientierten Gesellschaft. In allen westlichen Ländern ist es ganz normal sich zu verschulden. Man kann damit Geld verdienen, wenn man sein Geld jemandem gibt, der kein Geld besitzt. ..
Wo letztendlich die wahre Ursache liegt, da kann man sich lange streiten und müsste dann auch gleich das ganze kapitalistische System an den Pranger stellen. Zieht man den Fokus etwas enger, könnte man z. B. noch den Freihandel als einen von vielen Punkten in die Runde werfen, der ein großes Unglück darstellt und wenn man noch enger hinschaut, war es wohl wesentlich das Resultat des Eindringens von Glücksspiel, Wetten und Kettenbriefen in die ja immer als so solide erachtete Finanzwirtschaft. Wenn man also z. B. darauf vertraut, dass der Wert eines Hauses immer steigen würde und aufgrund dessen dann Kredite vergibt.
Aber die Ursache ist nicht alleine in den USA zu suchen. Abgesehen davon, dass ohne deren Konsumfreude schon längst ein Big Bang stattgefunden hätte, muss man auch fragen, wieso solche Geschäfte überhaupt möglich waren? Und da waren in Europa maßgeblich auch deutsche Politiker unter dem Druck der 'Finanzinstitute' beteiligt. Die Öffnung der Finanzmärkte für die seltsamsten Produkte ist also das Resultat bewusster politischer Entscheidungen. Und da muss man sehr genau schauen, wer war das und warum hat der das getan?
Während in den USA fröhlich Bank nach Bank pleite geht, ohne dass das System zusammenbricht, behauptet man in Deutschland, jede Kleckersbank wäre systemrelevant. Der Steuerzahler muss es bezahlen und die Banken lachen sich ins Fäustchen.pixelparker hat geschrieben: .. Man hatte den Begriff "Systemrelevant" verwendet. Dieser Begriff mein, im Zusammenhang mit einer systemrelevanten Bank, dass der Zusammenbruch dieser Bank das kapitalistische System ruinieren würde. Es bestand die Gefahr, dass das Geld an sich seinen Wert verliert. Damit alle Kapital- und Sparanlagen ..
Wir wollen mal nicht übertreiben. Der Kern Europas steht sowas von weit weg vom Bankrott. Selbst ein Land wie Griechenland ist im Prinzip nicht bankrott. Der Eindruck, den die Bezeichnung 'Grenze zum Staatsbankrott' hervorruft, ist täuschend. Diese Grenze ist wohl kaum beschreibbar. Es geht immer um Vertrauen und da haben die Finanzmärkte Griechenland totgequatscht. Wäre die EU und die EZB sofort energisch eingeschritten und hätte klargemacht, die Anleihen Griechenlands selbstverständlich sofort selber aufzukaufen, wäre es überhaupt nicht zu dem Quatsch gekommen. Unser Merkel trägt da eine große Mitschuld.pixelparker hat geschrieben: .. Die Länder mussten zum Rettungsschirm beitragen, obwohl sie schon hart an der Grenze zum Staatsbankrott standen. ..
Die Eurozone hat ein ganz anderes Problem, das in der unterschiedlichen Wettbewerbsfähigkeit der Mitglieder begründet liegt und solange dieses Problem zwar von einigen erkannt wurde, aber vom größten Verursacher Deutschland blockiert wird, wird sich die Eurozone nicht erholen, sondern über kurz oder lang auseinanderfliegen. Ich halte das für absolut unausweichlich.pixelparker hat geschrieben: .. Bis heute hat sich die Wirtschaft weltweit noch nicht von diesen Vorfällen erholt. Bis Dato ist noch nicht klar, ob und zu welchem Preis sich die Eurozone erholen wird, ..
Das musst du mir darlegen, wie das Problem durch Sparen gelöst wird? Dadurch wird sich die Wettbewerbsfähigkeit der Schuldnerländer nicht verbessern und unsere sich nicht großartig verschlechtern. Unser Land ist auch in keinster Weise zahlungsunfähig - wir haben keinerlei Probleme zu Topp Zinsen Geld an den Finanzmärkten zu bekommen, Deutschland ist ein Topp Schuldner. Die Käuferländer sind deshalb so verschuldet, weil Deutschland auf unfaire Weise seine Wettbewerbsposition ggü. den anderen Europartnern ausgebaut hat, nämlich durch Lohnsenkung und damit durch die Opferung des Binnenkonsums. Während in den letzten Jahren die Löhne in den anderen Ländern deutlich gestiegen sind und bei uns eben nicht, sind die Lohnstückkosten in Deutschland enorm gesunken. Die anderen müssen sich verschulden um unsere Waren zu kaufen und verlieren mehr und mehr an Marktanteilen. Normalerweise würde sie ihre Währung sofort abwerten müssen, können sie aber nicht, weil sie im Euro stecken. Und da liegt genau der Konstruktionsfehler des Euro. Es kann nicht sein, dass ein Land wie Deutschland in einer Währungsunion permanten auf Kosten der anderen lebt und das durch einen unfairen Lohnsenkungswettbewerb immer weiter fortführt. Wenn also nicht in den nächsten Jahren dieser Überschuss auf unserer Seite durch 'überhöhte' Lohnabschlüsse wieder reduziert wird - und dafür spricht nichts - dann wird der ganze Laden in die Luft fliegen. Die anderen Länder werden sich das mit Sicherheit nicht mehr lange gefallen lassen.pixelparker hat geschrieben: .. Auch die Deutschen insgesamt, die Gemeinden, die Länder und der Bund sind Hals über Kopf überschuldet. Eigentlich wäre unser Land längst Zahlungsunfähig. Wenn es nicht die Nationen gäbe, die unsere Maschinen, also unsere Exporte kaufen wollen. Die Käuferländer sind jedoch ebenso über ihre Verhältnisse verschuldet. Das heißt, die Exporte weden vielfach auch über Schulden finanziert. Das prekäre an der ganzen Sache ist, es ist kein Ausweg zu erkennen. Außer, dass unser Staatshaushalt unglaubliche 60 Mrd. Euro in diesem und den kommenden Jahren sparen müsste. Wer soll das leisten? Niemand weiß es.
Was soll das? Wenn du zur Bank gehst, beurteit man dich nicht nach deinen Schulden, sondern auch nach dem, was du verdienst und nach anderen Sicherheiten, also auch nach deinem Vermögen. Warum sagst du also nicht was über die Wirtschaftskraft und über das Vermögen? Das BIP betrug 2010 fast 2500 Mrd. Euro. Da sehen die 1804 Mrd. Euro schon gar nicht mehr so tragisch aus. Und das gesamte Vermögen unserer Volkswirtschaft (und auf das könnte der Staat im Fall des Falles zum Teil zugreifen) liegt irgendwo bei 8000-9000 Mrd. Euro. Wer redet da von bankrott?pixelparker hat geschrieben: ..Aktuell steht der Bund mit 1804 Milliarden Euro in der Kreide. Wenn wir jährlich ohne Zinseszins 60 Mrd. zurück zahlen würden, benötigen wir dafür 30 Jahre. Da wir Zinsen zahlen müssen, benötigen wir 50 Jahre. Es dürften aber keine weiteren kredite aufgenommen werden.
Also wie man sieht, sind die Ursachen der Finanzkrise so eindeutig gar nicht auszumachen, es gab nicht den einen Grund. Jedenfalls stecken wir immer noch tief in der Klemme und viel gelernt hat man nicht. Das Spiel läuft längst wieder und es ist nur eine Frage der Zeit, bis es wieder knallt. Dann möchte ich sehen, dass die die gleichen Fehler wieder machen. Besonders problematisch ist das alles, weil alle gleichzeitig in der Krise stecken und wenn Unternehmen und Konsumenten als Nachfrager ausfallen und man das Sparen beim Staat als Konsument zum non plus ultra erklärt, dann frage ich mich, wie Europa wieder genesen soll (wer kauft denn unseren Mist dann?) und wie das Spiel auf der ganzen Welt funktionieren soll? Ob dann irgendwelche Außerirdischen einspringen?
Die Immobilienkrise entstand, weil amerikanische Banken vermeintlich solventen Kunden günstige Kredite gegeben haben. Vermeintlich sage ich, weil das wohl zum größten Teil auch Kunden waren, die bei Weitem nicht so vermögen waren, wie angenommen und die Banken einfach großzügig Kredite rausgerückt haben.Aber eines Tages kam es, wie es kommen musste und das Vertrauen in den Immobilienmarkt sank.
Das hatte zur Folge, dass das zuvor stark aufgebaute Vertrauen in den amerikanischen Immobilienmarkt absank und Anleger ihr Geld zurückholten. Plötzlich mussten die Banken als Ausgleich die Zinsen für die bereitgestellten Kredite erhöhen. Die Kunden, die sowieso schon schwer an den Zinsen zu knabbern hatten, konnten diese aber nicht mehr zahlen.
Im Endeffekt mussten sie dann die Häuser räumen und die Banken hatten das Problem, das sie nicht mehr bekommen haben, was sie dort reingesteckt haben. Das Ergebnis daraus war ein riesen Werteverfall, was sich natürlich auch auf die angelegten Papiere, die im Vertrauen auf die gute Entwicklung des amerikanischen Immobilienmarktes geleistet wurden, auswirkte und zwar verheerend.
Somit ist die Immobilienblase geplatzt und alle Banken, die ihr gutes Geld dort anlegten, hatten damit plötzlich hohe Verluste. Das wäre natürlich noch kein großes Problem, wenn da nicht das wichtige Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital wäre. Man bedient sich dazu einfach dem Leverageeffekt, indem man sein eigenes Eigenkapital mit Fremdkapital anreichert.
Jetzt kommt natürlich die intelligente Frage, warum sich jemand Fremdkapital besorgt, um dieses wiederum anzulegen. Weil er damit sein gesamtes Kapital vergrößert um den Fremdkapitalanteil und somit mehr am Markt dafür bekommt als mit seinem mickrigen Eigenkapital. Aus dem Mehrertrag werden dann die zu bezahlenden Zinsen für das Fremdkapital getilgt aber es bleibt bei einem klugen Einsatz immer noch mehr übrig, als wenn man nur sein Eigenkapital einsetzt.
Wenn man jetzt aber bedenkt, dass das so wichtige Fremdkapital plötzlich wegbricht, wird es schwierig diese Lücke plötzlich zu füllen, weil man bei Weitem nicht mehr das erzielt, was man vorher mit dem Fremdkapital und dem Eigenkapital zusammen am Markt gemacht hat. Das würde bedeuten, dass die Banken alles aus ihren Rücklagen und Eigenkapital tilgen müssen, was an Verlust auftritt.
Aber genau da war das Problem, weil nicht mehr genügend Eigenkapital im Haus war, um die auftretenden Verluste halbwegs zu decken, waren die Banken sofort pleite, weil nichts mehr da war. Daher wurde auch der Krisentest in Europa mit dem Eigenkapital der Banken vorgenommen. Da wird der schlimmste Fall von ausfallenden Erträgen simuliert und ob die Banken diesen noch mit ihrem Eigenkapital auffangen können.
Da die Banken aber nichts mehr hatten und die angelegten Papiere wertlos gewesen sind, hatten die Kunden auch nichts mehr. Vielen Kunden blieb dann nur noch der Klageweg wegen falscher Aufklärung et cetera. Wie das ausgehen wird, steht aber noch nicht fest, weil die entscheidenden Fälle erst in der Mitte des Jahres beim Bundesgerichtshof verhandelt werden, bisher steht es ausgeglichen zwischen Banken und Anlegern.
Die Verkürzung der Ursachen der Finanzkrise auf die Fehlspekulationen im Immobilienmarkt der USA halte ich für völlig in die falsche Richtung weisend. Das war eher ein Symptom und der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Die Ursachen sind aber viel weitreichender.
Zur Anregung mal quer durch das Beet und ohne Gewichtung, was mir gerade so durch den Kopf schießt:
- Die Veränderung in der Einkommens- und Vermögensverteilung in den letzten ca. 30 Jahren.
- Durchdringung der Welt mit neoliberalem Gedankengut.
- Die Öffnung der Märkte für Finanzprodukte aller Art.
- Die fehlende Kontrolle in den Finanzmärkten.
- Die immer größere personelle und inhaltliche Vermischung zwischen Politik und Wirtschaft.
- Die Funktion zunehmender Privatisierung.
- Ein hohes Maß an krimineller Energie im Finanzmarkt.
Link dieser Seite https://www.talkteria.de/forum/topic-152540.html
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