Darf es etwas mehr sein?

vom 29.12.2010, 18:24 Uhr

Heute war ich das zweite Mal in einem türkischen, kleinen Supermarkt. Die Lebensmittel, das Obst und Gemüse sind meist etwas billiger als in einem deutschen Laden und auch sehr frisch.

Da in den türkischen Geschäften das Fleisch immer ganz frisch ist und sie Hackfleisch stets neu durchdrehen ( in deutschen Supermärkten liegt es länger schon durchgedreht hinter der Scheibe in der Fleischabteilung), wollte ich auch Tatar mitnehmen. Die Verkäuferin wollte mir unbedingt 2kg verkaufen, ich aber wollte nur 1/2kg. Sie sprach mit dem Metzger, der mir den Rücken zudrehte. Dann sprach sie mich wieder an und meinte, ich solle um 13.00 Uhr wiederkommen, dann bekäme ich Hackfleisch. Sie zuckte die Schultern und sagte noch etwas, das ich trotz Nachfrage nicht verstand.

Da es erst 12.20 Uhr war, habe ich die restlichen Sachen bezahlt und bin gegangen. Ich frage mich jedoch noch immer, warum ich das Fleisch nicht bekam. War dem Metzger 1/2kg zu wenig? Vielleicht kaufen die türkischen Mitmenschen wesentlich mehr, ich weiß es nicht. Hat jemand da Erfahrung gesammelt?

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Ich habe noch nie Fleisch bei einem türkischen Geschäft gekauft, aber schon andere Sachen wie Peperoni und Oliven oder Schafskäse. Da ist mir auch schon aufgefallen, dass die Verkäufer dort eher größere Mengen anbieten als ich es eigentlich gewohnt bin.

Nun nehme ich einfach mal an, dass in den türkischen Supermärkten sehr viele türkische Mitbürger einkaufen. Bei türkischen Familien ist es ja üblich, dass viele Familienmitglieder entweder zusammen wohnen oder aber zumindest zusammen essen. Da wird bestimmt öfter mal mehr gekauft und daher sind die Verkäufer es dann gewohnt, auch größere Mengen auf einmal zu verkaufen. Nur so kann ich mir das Verhalten vorstellen.

Warst du anschließend nochmal dort und hast das 1/2 kg bekommen, oder bist du dann nicht mehr hin gegangen? Mich hätte nämlich interessiert, wie das Verhalten dir gegenüber dann gewesen ist.

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» Vampirin » Beiträge: 5979 » Talkpoints: 30,32 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Ich kann es mir nur so erklären, dass der Aufwand für die Menge einfach zu hoch gewesen wäre. Wenn der Metzger das Fleisch stets frisch durchdreht, muss anschließen das gesamte Werkzeug sowie der Fleischwolf gereinigt werden. Das macht man nicht eben in 5 Minuten und außerdem ist es dank des Fettgehalts auch eine schmierige Angelegenheit. Meine Mutter hat so einen großen Fleischwolf für den Gastronomiebereich. Ich habe diese Dinger früher öfters gereinigt, weil sie das Fleisch immer lieber selber zu Hack verarbeitet hat. Da kann ich schon nachvollziehen, dass der Metzger bei gerade mal 500g so reagiert.

Wahrscheinlich wollte er warten bis ein anderer Kunde ebenfalls Hackfleisch verlangt hätte um dann deinen Teil direkt mit durch den Wolf zu jagen. Hätte er deine Menge zuvor fertig gemacht und dann, damit sich die Reinigungsarbeit auch lohnt, eine größere Menge vorbereitet, wäre er evtl darauf sitzen geblieben. Ich denke es hat einen guten Grund, dass das Fleisch erst bei Bestellung zu Hack verarbeitet wird. Vielleicht ist es sonst laut deren Richtlinien nicht rein genug und eine türkische Kundin hätte das bereits liegende Hackfleisch vielleicht gar nicht mehr genommen / nehmen dürfen. Das ist nur eine Vermutung. Ich kenne mich nicht mit den Sitten und Gepflogenheiten aus.

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» Sonty » Beiträge: 1997 » Talkpoints: 20,24 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Hallo,
natürlich bin ich nicht nochmal wegen des Hackfleisches hingegangen. Das war mir einfach zu aufwendig, weil das Geschäft in Stadtmitte/Bahnhof liegt und ich 20 Minuten mit dem Bus fahren muß. Aber irgendwann, wenn ich wieder einmal etwas aus diesem Laden brauche, werde ich wieder nach Hackfleisch fragen. Mal abwarten, was dann passiert. Ehrlich gesagt, die wirklich appetitlichen riesigen Fleischstücke hinter der Theke habe ich in einer deutschen Metzgerei noch nicht gesehen.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Ich kaufe oft in ausländischen Läden ein, vor allem in türkischen Geschäften. In dem Laden, den ich am häufigsten aufsuche, gibt es auch eine Fleischtheke, wo immer sehr frisches Fleisch angeboten wird. Ein- oder zweimal habe ich dort auch Fleisch gekauft, was allerdings auch schon ein bisschen her ist. Das Fleisch wurde selbstverständlich frisch durchgedreht, auch wenn ich nicht viel gekauft habe. Wenn ich Hackfleisch kaufe, dann nur zwischen 100 und 300 Gramm. Für viele Leute ist das sicher sehr wenig, dennoch wurde mir das Fleisch immer gegeben.

Ich verstehe auch nicht, warum der Metzger in dem Laden dir das Fleisch nicht direkt durchdrehen wollte. Was sollte zu dem Zeitpunkt, zu dem du gefragt hast, anders sein als später, also zu dem Zeitpunkt, der dir genannt wurde? Ich weiß nicht, ob ein Fleischwolf erst vorbereitet werden muss, aber zur Mittagszeit sollte man doch davon ausgehen, dass man frisch durchgedrehtes Hackfleisch bekommen kann. Du wirst ja sicher nicht der erste Kunde des Tages gewesen sein, der diesen Wunsch geäußert hat.

An deiner Stelle wäre ich da auch nicht noch einmal vorbeigegangen. Interessant wäre aber dennoch, ob du beim nächsten Mal ein bisschen Hackfleisch kaufen kannst, oder ob es dann wieder ein Problem gibt.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Wie schon jemand sagte, könnte es sein, dass der Aufwand für die Menge einfach zu groß war in dem Moment.

Ich kenne es aus deutschen Metzgereien mit Geflügel- oder Wildhackfleisch so. Also zu meinen Zeiten war die Herstellung eh nicht unbedingt erlaubt. Problem an der Sache war aber vor allem, dass man den Wolf nach der Zubereitung von Geflügel- oder Wildhackfleisch sofort reinigen musste. Was mit relativ viel Aufwand verbunden ist. Im laufenden Betrieb ist das für ein paar Gramm einfach zu viel Aufwand. Mit den Kunden die solche Wünsche geäußert haben, wurden dann vereinbart, sie können es auf Bestellung haben oder sie kommen halt kurz vor Ladenschluss. Dann wurde das Hackfleisch entweder morgens vor Betriebsöffnung gemacht und der Wolf dann halt noch mal gespült. Oder es war halt Abends das Letzte was man durch den Wolf durchgelassen hatte, der eh jeden Abend gereinigt werden musste.

Ähnlich kann ich es mir in dem genannten Fall vorstellen. Das die Metzgerei vielleicht vorher halt Geflügel durchgelassen hat und deshalb der Aufwand nicht lohnte für 500 Gramm Tatar. Und in dem Falle war es wahrscheinlich besser, weil Tatar ja roh verzehrt wird. Oder was auch sein kann, dass der Metzger nur Fleisch für Rinderhackfleisch vorrätig hatte und ihm der Aufwand zu groß war, für eine kleine Menge, nun das Fleisch für Tatar zurecht zu schneiden.

Da in den türkischen Geschäften das Fleisch immer ganz frisch ist und sie Hackfleisch stets neu durchdrehen ( in deutschen Supermärkten liegt es länger schon durchgedreht hinter der Scheibe in der Fleischabteilung), wollte ich auch Tatar mitnehmen.

Bei einem Metzger bekommt man in der Regel das gewünschte Hackfleisch auch frisch durchgedreht. In Supermärkten ist die Logistik oft einfach eine andere. Problem an der Sache ist auch, dass nicht jede Verkäuferin im Endeffekt Hackfleisch machen darf. Beziehungsweise machen schon, aber sie darf das Fleisch nicht auswählen. Dazu muss man den Meisterbrief haben. Das ist oft ein Grund, warum halt morgens oft das Hackfleisch auf Vorrat gemacht wird. Oft, nicht immer. Und Tatar wird fast immer frisch gemacht, da Tatar dazu neigt, schnell grau zu werden.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


Ich kaufe gerne bei Türken ein, auch Fleisch oder Hackfleisch. Auch er lässt es oft frisch durch und ich hatte noch nie das Problem, dass ich eine größere Menge nehmen sollte. Natürlich kaufen große türkische Familien auch größere Mengen ein, genau so gibt es aber auch Türken, die ebenfalls nur ein halbes Kilogramm haben wollen. Warum sollte man das nicht bekommen? Ich kann somit die Reaktion deiner Verkäuferin nicht verstehen. Vielleicht hättest du nachfragen sollen, woran es liegt, dass man deinem Wunsch nicht nachkommt.

Was ich überhaupt nicht leiden kann, ist, wenn sich wie in deinem Fall zwei Verkäufer in ihrer Sprache über dich unterhalten, das ist absolut unfreundlich und man bekommt immer das Gefühl, das sie schlecht über einen reden. Für mich wäre das und der Aspekt, dass du dein Fleisch nicht bekommen hast, ein Grund, das Geschäft zu wechseln.

» urilemmi » Beiträge: 2263 » Talkpoints: 7,31 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich danke Euch für die Erklärungen. Es war mir nicht klar, dass es solch einen Aufwand bedeutet, frisches Hackfleisch durchzudrehen, wenn man das im Supermarkt kauft, merkt man da nichts von. Aber eine Frage habe ich noch, warum muß man einen Meisterbrief haben, um Fleisch durchdrehen zu dürfen? Welches Fleisch muß denn dafür ausgewählt werden?

Ich mag es auch nicht, wenn sich zwei Mitarbeiter hinter der Theke unverständlich über einen Kunden auslassen, dabei bin ich sehr empfindlich, auch wenn es nicht mich betrifft. In diesem Fall kam mir der Gedanke aber nicht. Die Verkäuferin sah mich an der Fleischtheke stehen und kam von der Käsetheke zu mir. Der Metzger drehte mir ja den Rücken zu. Sie war sehr freundlich. Ihre Frage an den Metzger war zwar in ihrer Heimatsprache, wie ich annehme, aber es war nur ein kurzes Gespräch. Ich glaube nicht, dass es um meine Person ging, sondern nur um die Sache. Sie nannte mir ja auch den Grund, warum sie zur Zeit mir das Fleisch nicht geben konnte, aber ich habe schon noch einmal nachgefragt und sie nicht verstanden. Sie sprach sehr schlechtes Deutsch.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Aber eine Frage habe ich noch, warum muß man einen Meisterbrief haben, um Fleisch durchdrehen zu dürfen? Welches Fleisch muß denn dafür ausgewählt werden?

Bis vor wenigen Jahren wurde die Herstellung, Verarbeitung und Verkauf von Hackfleisch und Hackfleischprodukte durch die sogenannten Hackfleischverordnung geregelt. Dort waren auch die personellen Voraussetzungen geregelt. Die Hackfleischverordnung in dem Sinne gibt es nicht mehr. Wie das mittlerweile mit der personellen Voraussetzung ist, da bin ich mir nicht sicher.

In der Hackfleischverordnung aber hieß es, dass Hackfleisch zwar generell von Verkäuferinnen hergestellt werden darf, wenn die einen Sachkundenachweis haben. Oder halt auch Lehrlinge unter Anleitung. Den Sachkundenachweis erlange man durch eine Prüfung, die man in der Regel halt mit der Lehrabschlussprüfung machte. Das Fleisch für Hackfleisch darf aber, gemäß der Hackfleischverordnung, nur von Meistern ausgewählt werden. Es gab damals eine Ausnahme, dass waren Verkäuferinnen die vor dem Jahre X ihre Prüfung gemacht haben. Da meine Tante eine der letzten Jahrgänge war, die unter die Ausnahme zählte und die schon seit über 10 Jahren Rentnerin ist, dürfte es wenig Verkäuferinnen geben, die heute noch tätig sind.

Dieses Gesetz wurde meistens in den Betrieben so gehandhabt, dass halt eh ein Meister anwesend war und der dann sagte, das und das darf für Hackfleisch genommen werden. Somit war die Fleischauswahl durch den Metzger getroffen. In Filialbetrieben in denen halt kein Meister direkt vor Ort war, wird meistens halt gleich das Fleisch gekennzeichnet geliefert. Ist das allerdings leer, darf rein rechtlich kein Hackfleisch mehr hergestellt werden.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


Danke, Little Sister, für Deine genauen Ausführungen. Jetzt weiß ich auch, warum die Verkäuferin im Supermarkt - wenn kein Hackfleisch mehr durchgedreht in der Theke liegt - sagt: "Moment bitte, ich sage dem Metzger bescheid". Es gibt eben viele Dinge, die man nicht weiß, nochmals danke.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


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