Goethe! - der Kinofilm

vom 16.10.2010, 05:30 Uhr

Viele Jugendliche lesen Goethe-Werke nur in der Schule und können ansonsten kaum etwas damit anfangen. Ich hingegen habe verschiedene Goethe-Werke schon immer sehr gerne gelesen, schon, bevor wir ihn in der Schule thematisierten, und lese sie auch heute noch lerne. Auch als Person fand ich Goethe immer spannend. Da war ich natürlich gleich aufmerksam, als ich neulich davon las, es würde nun einen Kinofilm über den jüngeren Goethe geben.

"Goethe!" heißt der Film schlicht, und es soll hauptsächlich um seine Begegnung mit und Beziehung zu Charlotte Buff gehen. Das fände ich schon nicht schlecht. Kulissen und Kostüme machen einen guten Eindruck, was man anhand der Filmbilder, die man schon sehen konnte, sagen kann. Aber das allein macht ja noch keinen Film gut und anhand von Einzelbildern kann man ja sonst nicht viel sagen.

Doch das Filmplakat wirkt arg kitschig und die Filmkritiken sind oftmals leider auch schlecht. Da heißt es mal, es sei eine leichte, seichte Liebesgeschichte, mal, es sei ein derber Studentenfilm mit viel Sex und Sauferei. Mir ist schon klar, dass auch die "großen Schriftsteller" als Privatpersonen gerade in der Jugend oft nicht gerade fromme Lämmchen waren, aber in dem Film soll das arg überzeichnet sein und nicht mehr viel auf der historischen Realität basieren, was mir nicht so gefiele. Allgemein soll der Film stellenweise sehr frei sein und Dinge hinzu erfinden oder im Sinn verdrehen.

Insgesamt soll der Film eher für Schüler im Teenager-Alter aufgemacht sein, heißt es manchmal auch. der ursprünglich geplante Titel soll "Goethe rockt!" gewesen sein. Oberflächlich betrachtet lässt das mich echt nichts Gutes ahnen. Den Film "Amadeus" über den lüsternen, dreisten Mozart fand ich damals übrigens gut, trotz enormem fiktiven Anteil, aber irgendwie wirkte der Film dennoch seriös. Ich weiß nicht, inwiefern ich das von diesem Goethe-Film erwarten kann.

Vielleicht hat ja schon einer von euch den Film gesehen. Ist er wirklich so tatsachenverdrehend? Ist er übertrieben "frech"? Niveaulos? Wie ist die Qualität der Dialoge und die schauspielerische Leistung? Bekommt man wirklich so viel Sex und Gesaufe zu sehen, oder haben die Kritiker sich da selbst etwas zusammengesponnen? Würdet ihr meinen, dass jemand, der sich mit Goethe und seinen Werken auskennt, an diesem Film Freude haben kann, oder ist das echt nur etwas für eher desinteressierte Schüler?

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich habe mir diesen Film vor einigen Wochen mit meinem Deutschkurs angesehen und obwohl ich zu der Zielgruppe des Films zu gehören scheine, war ich absolut nicht begeistert und heilfroh, als ich den Kinosaal verlassen konnte. Dass auch ein Schriftsteller privat nicht immer ein frommes Lämmchen gewesen sein kann, ist mir natürlich auch klar und somit wäre ich bereit gewesen, mir auch die ein oder andere Sex-Szene oder ein Saufgelage anzusehen, mein Problem war eher, dass ich durch diesen Film eigentlich keinen rechten Bezug zu Goethe an sich herstellen konnte, weil der Film sich eher mit einer flachen Liebesgeschichte, als mit der Person dieses Schriftstellers beschäftigt. Ein junger Student wird von seinem Vater in eine fremde Stadt geschickt, weil dort Arbeit für ihn beschafft wurde, bricht aus, besäuft sich, lernt ein Mädchen kennen, dass einem Anderen versprochen ist, schreibt über sein Schicksal und macht sich damit einen Namen unter den Schriftstellern. Gut, ich gebe zu, ich habe einige handlungsschritte in meiner Aufzählung ausgelassen, die mir unwichtig erscheinen, aber mal ehrlich, der Film hätte in dieser Form auch einen mittelmäßigen Mittelalterroman darstellen können, wenn nicht hin und wieder berühmte Persönlichkeiten und Zitate aufgetaucht wären.

Leider verdreht der Film auch einige Tatsachen, wahrscheinlich, um sie für die Liebesgeschichte tauglicher zu machen. Die Darstellung von Charlotte Buff wirkte für meine Verhältnisse schon sehr übertrieben, weil sie sich für ihr Alter und ihren Stand sehr viel herausnahm, beispielsweise mit dem jungen Goethe schlief oder ihrem Vater gegenüber Aufsässigkeit zeigte, was beides nicht bestätigt werden kann. Charlottes Verlobter, der Goethe von seiner Frau fernhalten möchte, fordert ihn zum Ende des Filmes zum Duell heraus, was Goethe ablehnt, dennoch wird er wegen eines Duells für einige Wochen inhaftiert und schreibt in der kerkerhaft „Die Leiden des jungen Werter“ nieder. Er selbst hatte im Film nicht vor, das Werk zu veröffentlichen, deshalb übernimmt Charlotte dies für ihn und als er aus seiner kurzen Haft entlassen wird, ist er ein berühmter Mann. Vor allem der letzte Teil dieses Films ist frei erfunden, denn es gab weder eine Inhaftierung, noch ein Duell und „Die Leiden des jungen Werter“ wurden erst eineinhalb Jahre nach seiner Abreise aus Wetzlar veröffentlicht.

Wenn man von dieser Tatsachenverfälschung absieht, ist der Film nicht niveauloser, als andere Liebesfilme dieser Art, zumal die Schauspieler recht gut sind und auch die Kulisse nichts zu wünschen übrig lässt. Was die Sexszenen und Gelage betrifft, so kommen diese natürlich vor, sind aber meiner Meinung nach nicht so häufig, wie von vielen Kritikern behauptet. Die Niveaulosigkeit hält sich auch ziemlich in Grenzen, wobei Teile der Dialogführung und Redewendungen in der damaligen Zeit natürlich eine Unverschämtheit gewesen wären, auch wenn das die heutige Jugend unspektakulär findet. Ich denke also, dass der Film für jemanden, der Liebesgeschichten mag und nicht viel Wert auf tatsachengetreue Darstellungen legt, durchaus unterhaltsam ist, ich selbst störte mich eben sehr an der falschen Darstellung von Goethes Leben und dem ganzen Kitsch.

» Anemone » Beiträge: 1740 » Talkpoints: 764,26 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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