Wenn man sich von Menschen nicht helfen lassen kann
Ich bin im Grunde ein Mensch, der sehr wenige andere an sich heranlassen kann. Mit meinen Eltern hatte ich immer nur eine sehr oberflächliche Beziehung, mit Verwandten war das ähnlich. Bei Freunden war ich mit einer oder zwei Ausnahmen immer sehr misstrauisch und habe immer sehr ungern irgendetwas über mich preis gegeben. Der erste Mensch, auf den ich mich ganz eingelassen habe, ist mein Freund. Aufgrund von Depressionen sollte ich vor wenigen Jahren auch schon eine Therapie machen und habe diese mehrmals abgebrochen und schließlich auch sein lassen, weil ich einfach nicht damit zurecht kam. Nach jeder Sitzung hatte ich das Gefühl, dem Psychologen zu viel über mich gesagt zu haben und mir war ganz unwohl dabei. Dann habe ich eben den Psychologen wieder gewechselt und so hin und her.
Meine jüngere Cousine ist momentan in genau dieser Phase. Auch sie ist, wie ich, eher der introvertierte und verschlossene Mensch, der sihc leicht unwohl fühlt, wenn Menschen ihm zu nahe kommen. Seit einiger Zeit geht es ihr nun nicht besonders gut, sie hat sogar einige Schnitte an den Armen und scheint auch abzunehmen. Ihre Eltern haben sie daraufhin nun auch zu einem Psychologen geschickt, doch es scheint dasselbe zu sein, wie auch bei mir. Nach wenigen Sitzungen fühlt sie sich unwohl und will einen anderen Psychologen und den alten ja nie mehr wieder sehen. So kommt die Therapie aber nun mal leider nicht voran. Drängt man sie schließlich doch, einige Stunden mehr bei einem Psychologen auszuhalten, in der Hoffnung, es könnte besser werden, verschließt sie sich ganz und antwortet dem Psychologen stundenlang nicht.
Nun hat meine Tante sich tatsächlich an mich gewandt und möchte, dass ich ihr helfe. Ich war darüber zunächst sehr überrascht, bin aber schließlich zu dem Schluss gekommen, dass sie wohl glaubt, ich wäre aus dem gleichen Problem, wie das ihrer Tochter, erfolgreich herausgekommen und hätte die Therapie geschafft, denn schließlich hatte sie meine Krise auch mehr oder weniger miterlebt. Leider war das nur eben nicht der Fall. Wenn es jemanden gibt, den man für den Erfolg verantwortlich machen sollte, dann wäre das mein Freund. Ich bin im Moment ziemlich in der Zwickmühle, denn ich weiß nicht, was ich meiner Tante sagen soll. Wenn ich ihr die Wahrheit sage, wird sie wahrscheinlich sehr enttäuscht sein und keine Hoffnung mehr für ihre Tochter sehen. Aber wie soll ich auch jemandem helfen, der dasselbe Problem hat, wie ich auch? Was würdet ihr an meiner Stelle tun?
Hallo Crispin!
Das ist natürlich eine Zwickmühle in der du dich befindest. Ich denke aber, du solltest ehrlich gegenüber deiner Tante sein; besonders um zu vermeiden, dass sie sich zu große Hoffnung macht, was deine Cousine angeht. Ich will damit nicht sagen, dass du nicht helfen kannst; aber für mich klingt es auch so, als hätte deine Tante die Hoffnung, dass du der Cousine helfen kannst, weil sie denkt, dass du damals aus dieser Situation heraus gekommen bist.
Es ist natürlich schwierig, eine Therapie fortzusetzen, wenn man sich dem Therapeuten nicht anvertrauen kann; und Sinn macht das ja dann auch keinen. Vielleicht kannst du erstmal alleine mit deiner Cousine darüber sprechen, dass sie doch bitte weiterhin versuchen soll, professionelle Hilfe anzunehmen. Das man nicht auf Anhieb einen Therapeuten findet, dem man alles anvertrauen kann und bei dem man sich sofort wohl fühlt, ist normal denke ich. Eventuell kann man auch erstmal ohne Therapie versuchen, in dem du versuchst an sie heranzukommen, je nachdem welche Verbindung ihr zu einander habt. Vielleicht kann sie sich mit deiner Hilfe selbst "therapieren"? Oder zumindest einige Schritte darauf zumachen, sich früher oder später doch auf professionelle Hilfe einzulassen; denn das wird sie müssen, wenn sie da alleine nicht wieder rauskommt.
Wie du dich gegenüber deiner Tante verhalten sollst, weiss ich grad ehrlich gesagt auch nicht. Anlügen fände ich nicht so gut, allerdings hast du Recht; es kann gut sein, dass sie ihre Tochter dann aufgibt.
Versuch das ganze vielleicht wirklich erst über deine Cousine, wenn du dich dazu in der Lage fühlst.
Ich drück dir die Daumen, dass du die Situation gut meisterst.
Deiner Tante würde ich auf jeden Fall die Wahrheit sagen und sie bitten, anderen gegenüber zu schweigen. Du kannst ihr Tipps geben, wie Deine Cousine aus dieser Sache rauskommt. Ferner sage ihr, dass Du bereit bist, generell mal mit Deiner Cousine zu sprechen.
Wenn Du mal mit Deiner Cousine sprichst, versuch mal vorsichtig zu erkunden, warum sie sich die Arme aufritzt. Vielleicht macht sie es aus Protest gegen etwas oder aber sie mag sich selbst nicht . Aber auf jeden Fall sollte sie professionelle Hilfe annehmen.
Ich würde mit deiner Tante reden. Das Problem bei der ganzen Sache ist das jemand, der das ganze nicht kennt, nicht verstehen kann wie das so ist. Ich habe im Moment genau das gleiche Problem mit einem Bekannten. Ihm geht es überhaupt nicht gut und man möchte ihm helfen, doch er will sich nicht helfen lassen, oder besser gesagt er kann sich nicht helfen lassen. Das es nichts bringt wenn man jemanden zu einem Psychologen drängt und sagt man muss, verstehen die meisten nicht. Ich musste es auch erst lernen und kann jetzt schön langsam ihm wirklich helfen, wo ich das ganze ein wenig verstanden habe. Vorher war ich eher das Gegenteil.
Du musst deiner Tante das so klar machen und eventuell auch mit deiner Cousine sprechen. Richtig helfen wirst du ihr nicht können, denn das kann wirklich nur sie selber, aber du kannst ihr sagen dass du für sie da bist. Der Weg zu einem Psychologen ist erst dann wirkungsvoll wenn man es selber will, vorher denke ich dass es das Gegenteil ist. Da hilft vielleicht eine gute Freundin besser. So habe ich es zumindest erfahren.
@ Cid & Nana_2011
Aber genau das ist doch mein Problem. Wie soll ich denn meiner Tante Tipps geben oder mit meiner Cousine reden, wenn ich aus dem Problem, was sie hat, selbst nicht raus gekommen bin? Soll ich etwa sagen '' Ohne meinen Freund hätte ich es auch nicht geschafft?''. Das wird sie ja wohl kaum aufmuntern und ich möchte ungern meine Cousine danach fragen, warum sie ritzt, wenn der Grund doch offensichtlich ist, besonders weil ich doch in der gleichen Verfassung war. Wie soll ich meiner Cousine helfen und ihr Zugang zum Therapeuten verschaffen, wenn ich das selbst nicht konnte. Das ist doch völlig paradox.
Ich verfahre da generell ein wenig anders. Ich gehöre auch zu den Menschen die wenig oder eher gar nicht reden. Und wenn mein Gegenüber noch irgendwie Psych in der Berufsbezeichnung hat, tendieren die Chancen, dass man ein Wort aus mir raus bekommt oftmals gegen Null. Ich bin allgemein als Miss Keine Ahnung, Miss Weiß nicht und Miss redet nicht bekannt. Wenn alle die je mit mir gearbeitet haben für ein Weiß nicht oder Keine Ahnung einen Cent bekommen hätten, wären sie reich.
Ich habe im Umgang mit Menschen die beruflich halt als Psychiater, Psychotherapeuten oder Menschen, die halt generell mit psychisch kranken Menschen arbeiten, in meinem Leben, so viele schlechte Erfahrungen gesammelt, dass es jeden der mich um Rat fragen würde und dem ich offen berichten würde, weit von einer Therapie oder so abbringen würde. Trotzdem rate ich immer wieder, den Weg zu gehen oder es zumindest zu versuchen.
Was aber immer ganz wichtig ist, man selbst muss es wollen. Ok ich würde mir heute wünschen, meine Eltern ( oder sonst ein Erwachsener) hätten mich zum Therapeuten geprügelt, statt alles tot zu schweigen. Aber im Endeffekt bringt halt hinprügeln auch, dass der Betroffene schweigt und nichts mehr sagt. Da sollten aber die Therapeuten fit genug für sein, ist meine Meinung. Also auch Einfühlungsvermögen zeigen. Und vor allem sollte in dem Fall deiner Cousine oder auch dir, bewusst gemacht werden, man erzählt dem Therapeuten zwar was intimes. Aber der darf mit den Eltern nicht darüber sprechen. Das ist was, was für mich eine Hemmschwelle gewesen wäre im Teenageralter ( und auch zum Teil heute noch). Die Angst es wird weiter erzählt.
Was mir irgendwann geholfen hat. Ich habe die erste Therapie auch etwa in eurem Alter gemacht und danach alles abgelehnt. Absolut abgelehnt. Mit über 30 Jahren bin ich den Weg wieder gegangen. Ein Grund war, dass es meinem Freundeskreis nicht mehr zu zu muten war. Die waren alle überfordert. Kein Vorwurf an die Freunde, aber die Last können Einzelne irgendwann einfach nicht mehr tragen. Und ich sage mir, Therapeuten etc. sind nun mal dafür ausgebildet. Die wissen wie man damit umgeht und so.
Ich für meinen Teil bereue mittlerweile bitter, dass ich damals nicht drum gekämpft habe. Vieles wäre anders gelaufen. Und vieles lässt sich auch heute nicht mehr auf arbeiten. Und je weniger man redet und je länger sich das zieht, umso schwerer wird es später. Mir fehlen da definitiv zum Teil schon die Grundbegriffe.
Ich kann als Rat nur geben, halt offen sagen, dass es dir nichts gebracht hat, weil du dich nicht öffnen konntest. Aber halt auch sagen, dass es eventuell sinnvoll ist. Vielleicht helfen dir auch ein paar meiner Worte zur Argumentation.
Weißt du es gibt einige Behandlungsformen und auch Behandler die ich ablehne. Mittlerweile denke ich aber, wenn sie mir nicht helfen, jemand anderem helfen sie vielleicht. Es liegt da halt auch viel an einem persönlich.
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