Die Kirche in Polen - Zweimal Geld einsammeln?

Ich stamme ursprünglich aus einer polnischen Familie, wo eigentlich jedes Familienmitglied katholisch ist und jeden Sonntag in die Kirche geht. Ich selbst bin allerdings Atheist und gehe nicht in die Kirche. Trotzdem war ich schon einige mal in deutschen Kirchen, um beispielsweise die Kommunion meines Bruders oder meiner Cousin zu besuchen und auch bei Beerdigungen war ich schon in der Kirche. Ganz ahnungslos bin ich in der Hinsicht also nicht. Vor kurzem nun, war ich in Polen und bin auch dort meiner Großmutter zuliebe einmal in die Kirche gegangen. In der deutschen Kirche ist mir dieses Prozedere mit dem Geldeinsammeln durchaus bekannt. Jemand, meistens ein Messdiener oder Köster, geht mit einem Körbchen herum und alle werfen brav etwas hinein, oder eben auch nicht. Nun war ich aber doch ziemlich überrascht, als ich gesehen habe, wie es in der polnischen Kirche zugeht. Denn dort wird nicht nur einmal Geld eingesammelt, sondern gleich zweimal!

Zuerst geht das so, dass alle Männer aufstehen und einmal um den Altar herum gehen. Auf der Rückseite steht dann ein Korb, wo sie das Geld rein schmeißen. Nachdem die Männer fertig sind, kommen die Frauen an die Reihe und stellen sich ebenfalls in einer Schlange auf, um um den Altar herum zu gehen und Geld in den Korb zu schmeißen. Als ich das gesehen habe, dachte ich, es sei einfach eine andere Methode, als in deutschen katholischen Kirchen, aber im Grunde eben dasselbe. Doch da hatte ich mich geirrt. Keine Viertelstunde später, geht doch tatsächlich auch so ein Geldkorb herum und alle die ich gesehen habe, schmeißen wieder Geld hinein.

Ich war darüber ehrlich gesagt doch etwas verwundert. Reicht es denn nicht, einmal Geld einzusammeln, muss man das gleich zweimal machen? Ist das nicht eine ziemliche Ausbeutung? Ich habe meine Großmutter zwar darauf angesprochen, doch diese konnte mir auch nicht weiterhelfen, für sie ist das normal. Kennt jemand vielleicht den Sinn dieser Prozedur? Wieso wird in polnischen Kirchen zweimal Geld eingesammelt?

Das höre ich ehrlich gesagt zum ersten Mal, und habe diesbezüglich auch noch nie diese Erfahrung gemacht. Vielleicht war dies ja irgendein besonderer Gottesdienst, und sie haben auch Geld für zwei verschiedene Zwecke gesammelt. Passiert im Übrigen auch in der deutschen Kirche. In der Regel wird aber auch in Polen nur einmal so ne Kollekte gesammelt. Darüberhinaus muss man allerdings auch noch erwähnen, dass es in Polen, im Gegensatz zu Deutschland, keine Kirchensteuer gibt. Das heißt in Polen spendest du als Katholik vollkommen freiwillig und musst auch nichts abgegeben, wenn du auch nichts hast. Ist also ein riesengroßer Vorteil!

AJK hat geschrieben:Vielleicht war dies ja irgendein besonderer Gottesdienst, und sie haben auch Geld für zwei verschiedene Zwecke gesammelt. In der Regel wird aber auch in Polen nur einmal so ne Kollekte gesammelt.

AJK hat geschrieben:Darüberhinaus muss man allerdings auch noch erwähnen, dass es in Polen, im Gegensatz zu Deutschland, keine Kirchensteuer gibt. Das heißt in Polen spendest du als Katholik vollkommen freiwillig und musst auch nichts abgegeben, wenn du auch nichts hast. Ist also ein riesengroßer Vorteil!

Wie gesagt, das kann ich nicht bestätigen. Komme ja auch aus Polen. Bei uns war dies so wie du es darstellst noch nie der Fall. Immer nur einmal. So wie es sich eben gehört. Außer es wurde für einen speziellen Zweck gesammelt. Dann wurde dies aber auch ausdrücklich angesprochen, und wer wollte hat eben in beide Körbchen was reingeworfen! Das was du da erzählst ist mir aber noch nie so untergekommen. Warum fragt deine Mutter denn nicht einfach? Vielleicht sammelt der Pfarrer ja beim zweiten mal für sich selbst, und keiner checkt es? (Ist natürlich nur ein Scherz)

Ähm, wo die Vorteile sind? Na ganz einfach. Natürlich steht es dir in Deutschland frei, aus der Kirche auszutreten. Das ist deine Entscheidung. Allerdings bist du dann offiziell gesehen kein Christ mehr. Gut, das ist ja nicht weiter schlimm, man kann ja weiterhin gläubig sein und in die Kirche gehen. ABER: Nicht offiziell in der Kirche sein, heißt auch keine Taufe für dein Kind, keine kirchliche Trauung für dich, falls du es noch bist und vor hast! Wie du siehst, da gibt es einen gewaltigen Unterschied. Und da ist es in Polen eben nicht so. Du musst eben keine feste Summe monatlich überweisen um offizieller Katholik zu sein. Du spendest rein freiwillig, was du dir leisten kannst, und darfst trotzdem heiraten, deine Kinder taufen lasen etc.pp. Und das wird dir automatisch in Deutschland genommen, wenn du dir die Kirchensteuer nicht leisten kannst. Also wenn das mal kein Vorteil ist, dann weiß ich auch nicht.

Naja, ganz so unbekannte ist das zweifache Spenden in Deutschland auch nicht. Zumindest gibt es das auch in der evangelischen Kirche. Dort gibt es einmal den Klingelbeutel und dann die Kollekte.
Der Klingelbeutel wird während eines Liedes im Gottesdienst eingesammelt und der Erlös gespendet für irgendwelchen sozialen, gemeinnützigen Projekte, z.B. Brot für die Welt. Die Kollekte wird nicht direkt während des Gottesdienstes eingesammelt, sondern am Ausgang. Das sind dann diese kleinen "Spendenboxen", die rechts und links am Ausgang neben der Tür hängen. Der Erlös bleibt in der Regel in der eigenen Gemeinde oder zumindest im Kirchenkreis und wird also für eigene Projekte und Maßnahmen genutzt.

Könnte es nicht so oder so ähnlich auch in Polen sein, zumindest in der Kirche, in der du warst?

Ich kenne die übergemeindliche Kollekte und die gemeindliche Kollekte ebenfalls auch aus der evangelischen Kirche und das in Deutschland. Es ist also keine Eigenheit der polnischen Kirche oder der katholischen Kirche sondern auch darüber hinaus bekannt und eigentlich den meisten Kirchgängern bekannt.

Wie schon die Bezeichnungen ausdrücken, wird die eine Sammlung für Zwecke der Bezirks- oder Landesebene durchgeführt, die andere für die eigene Gemeinde. Zumindest in der Gemeinde, der ich angehöre ist das auch immer sehr transparent, weil die Zwecke der Sammlungen auch vor der Sammlung im Gottesdienst genauer benannt werden. Darüber hinaus wird darüber auch im Gemeindeblatt erwähnt.

Allerdings kann ich die leichte Empörung nicht wirklich nachvollziehen: schließlich ist es jedem selbst überlassen, ob und wieviel er in welche Kollekte er gibt. Sicher ist da auch der Zwang der Mitmenschen ein Problem, aber das könnte man auch durch die Spende einiger Cent-Stücke umgehen.