Offener Vollzug - gar nicht so schlecht?
Wie bereits in einem anderen Thread beschrieben, wird Herr B demnächst wohl oder übel seine Straftaten im offenen Vollzug absitzen müssen. Wie lange ist noch unklar, weil das Urteil noch nicht feststeht.
So ganz vorstellen kann ich mir den Ablauf einen offenen Vollzuges noch nicht. Wenn ich das richtig verstanden habe, kann man dann eben außerhalb der Haftanstalt arbeiten gehen. Die arbeitsfreie Zeit verbringt man hinter Gittern. Nun hat Herr B in seiner Vergangenheit sicher viel Mist gebaut, das kann man nicht mehr abstreiten. Seine Straftaten gingen in Richtung heftigen Betrug. Es gab keine körperlichen Straftaten.
Ein offener Vollzug ist auch sicher kein Spaß, auch wenn man während der Arbeitszeit eben raus darf. Wenn ich es richtig verstanden habe, darf Herr B fast sein ganzes Gehalt behalten. Er muss nur einen geringen Teil mehr oder weniger für Kost und Logis abgeben. Der Rest wird auf die Seite gelegt und er bekommt dann die ganze Summe am Ende seiner Haft.
Wenn ich das richtig verstanden habe, würde ich zumindest aus finanzieller Sicht, einen offenen Vollzug gar nicht so schlecht finden. Ich hoffe es versteht mich keiner falsch. Ich möchte so eine Haftstrafe nicht beschönigen, aber ich kann mir monatlich dann wohl nicht so viel auf die Seite legen. Er ist ganztags arbeiten. Danach muss er zwar zurück und kann nicht ausgehen oder dergleichen. Das ist sicher nicht einfach. Auch zu Weihnachten und anderen Feiertagen wird er wohl nicht bei seiner Familie sein können. Das ist sicher nicht leicht und das darf man nicht unterschätzen.
Vielleicht veranschaulicht ein zugegebener Weise eher krasses Beispiel etwas besser was ich meine. Es gibt auch durchaus unfreiwillig Obdachlose. Da sehe ich die Situation eigentlich viel schwerer. Sie haben keinen festen Wohnsitz, können dadurch kaum einer Arbeit nachgehen. Sie haben oft nicht einmal einen richtigen Schlafplatz geschweige denn etwas zu essen. Trotzdem gibt es sicher auch viele Obdachlose, die ohne Straftaten in diese Situation gekommen sind.
Wenn ich jetzt diese beiden Situationen vergleiche, finde ich einen offenen Vollzug gar nicht so schlecht. Ich finde glaube ich nicht die richtigen Worte. Natürlich kann man die Situation von Herrn B auch mit einer wohlhabenden Familie vergleichen und dann sieht es sehr traurig aus.
Eine Haft ist für den Staat in der Regel wohl auch nicht gerade billig. Die Sträflinge leben doch zu einem großen Teil auf Staatskosten, oder? Wieso darf Herr B dann fast sein ganzes Gehalt behalten? Wenn er nicht in Haft kommen würde, hätte er diese Sparmöglichkeiten wohl eher nicht. Er wird das gesparene Geld nach seiner Haft zwar für seine Schulden verwenden müssen, aber trotzdem könnte er das eben außerhalb einer Haft nicht machen, weil er wohl viel mehr für Miete, Heizen und dergleichen ausgeben müsste.
Ist ein offener Vollzug also eine ziemlich humane Variante, oder habe ich da ein falsches Bild oder bin falsch informiert? Wie bereits gesagt, kenne ich mich in diesem Gebiet nicht wirklich aus, aber so hätte ich eben die Erklärungen von Frau A verstanden.
Naja, ganz so einfach ist das nicht. Ob ein Straftäter in den offenen Vollzug kommt, hängt von vielem ab und auch vom Richter. Das kann man vor einer Urteilssprechung überhaupt nicht sagen, ob der Täter wirklich in den offenen Vollzug kommt.
Das Geld bleibt dem Strafgefangenen nicht. Der Lohn geht in die JVA über und der Gefangene bekommt dann pro Arbeitsstunde 1,10 Euro von der JVA, was aber bis Strafende von der JVA angespart wird und er bekommt es dann bei der Entlassung ausgehändigt. Es wird nach dem Stundenlohn berechnet, der in einer JVA gezahlt werden würde, wenn er im geschlossenen Vollzug arbeiten würde.
Die Familie, sprich Ehefrau und Kinder müssen in der Zeit eben dann Hartz 4 beantragen, wenn die Frau kein eigenes Einkommen hat.
Siehst du, ich habe scheinbar komplett falsche Informationen von Frau A bekommen. Zum einen hat sie gemeint, dass er auf jeden Fall in offenen Vollzug gehen kann und das ist jetzt schon vor dem Urteil angeblich fix. Dann hat sie eben gemeint, dass er pro Tag etwa 22 Euro der JVA "zahlen" muss. Der Rest vom Gehalt bleibt ihm zum Sparen und wird ihm eben am Ende der Haft ausbezahlt.
So müsste er laut Erzählungen von Frau A pro Monat demnach rund 670 Euro an die JVA abgeben. Ich weiß nicht, wieviel Herr B verdient. Ich gehe einmal davon aus, dass ein Durchschnittsgehalt rund 1200 bis 1300 Euro beträgt. Nach dieser Rechnung müsste er also etwa die Hälfte der JVA geben, den Rest kann er auf sein Sparbuch verschreiben. Auch wenn er während der Haft nicht über das Geld verfügen kann.
Mich hat das ganze auch sehr gewundert. Frau A war in letzter Zeit wirklich fertig mit ihren Nerven. In den letzten Tagen wirkte sie etwas gefestigter, aber scheinbar dürfte ihr Herr B nun wieder einmal das Blaue vom Himmel erzählen. So hat er es ja bis jetzt auch gemacht. Frau A meinte vor kurzem, dass sich Herr B nun total geändert hat. Er ist viel netter und freundlicher geworden. Man muss dazu sagen, dass ich schon früher ofters mit Herrn B zusammengekracht bin, weil er einfach eine sehr unhöfliche Art hat und auch sehr heftig mit seiner kleinen Tochter umgegangen ist. Auch meinen Sohn hat er einmal aufs ärgste beschimpft, woraufhin ich ihn aus der Wohnung geschmissen habe.
So wie du es schilderst, Diamante, ist es natürlich wieder eine andere Situation. Frau A wird nun in Österreich bleiben, wohl auch weil ihre Eltern hier wohnen. Die können sie hier sicher mehr unterstützen als wenn sie in Deutschland ist. Einfach wird es für sie sicher nicht und für Herrn B sicher auch nicht, aber etwas verwundert haben mich die Erzählungen schon. Traurig nur, dass sie ihm wohl weiterhin alles glaubt.
Sie glaubt doch recht fest, dass er nach seiner Haft zumindest einen Teil der Schulden bezahlen kann. Wahrscheinlich hat sie sich das so ausgerechnet, dass er so monatlich etwa 600 Euro sparen kann. Das wären im Jahr dann 7200 Euro. Wenn er Pech hat, drohen Herrn B bis zu 7 Jahren Haft. So wären das dann über 50000 Euro! Das würde ich mir in 7 Jahren auch gerne zusammensparen können.
Und wenn man dann womöglich noch weiter rechnet, muss man auch bedenken, dass man ein Gehalt nicht 12x sondern 14x pro Jahr bekommt. Das wird in Deutschland denke ich wohl auch so sein. Wenn er diese beiden Gehälter dann womöglich zur Gänze behalten kann, kommen nochmal rund 17000 Euro dazu. So wären wir schon bei 67000 Euro. Und wenn diese Rechnung so wie sie Frau A geschildert hat, wirklich so wäre, würde ich einen offenen Vollzug wirklich heftig finden.
Die vollen 7 Jahre wird Herr B wohl kaum im offenen Vollzug bleiben können. Das ist meist am Ende einer so langen Haftstrafe der Fall, dass die Häftlinge zur Sozialisierung in den offenen Vollzug kommen und bei einer derartig harten Strafe wird von einem offenen Vollzug meist sowieso abgesehen. Eine Gefängnisstrafe soll ja eine Strafe sein und kein Hotel.
Ich glaube, dass Frau A sich das doch sehr schön redet oder eben Herrn B alles glaubt. Man sollte ihr mal die Augen öffnen, dass es so einfach nicht ist, wie sie es sich vorstellt. Herr B kann froh sein, wenn er 1-2 Jahre in offenen Vollzug kommt und auf jeden Fall kann er gar nicht davon ausgehen, dass er überhaupt in den offenen Vollzug kommt. Das ist vom Richter abhängig, vom Strafmaß abhängig und auch von den Straftaten.
tournesol hat geschrieben:Wenn er Pech hat, drohen Herrn B bis zu 7 Jahren Haft.
Ich bin nun kein Anwalt oder Richter. Denke aber, dass das schon genügt, um fest davon auszugehen, dass die Strafe (sieben Jahre!) eine Tat voraussetzt, bei der die Voraussetzung für einen offenen Vollzug nicht gegeben ist. Bei dem Strafmass jedenfalls würde ich die Fluchtgefahr als gegeben sehen. Und sofern es nicht die erste Straftat war, besteht zusätzlich die Gefahr, dass B die Zeit für weitere Straftaten nutzt. Bewährt hat er sich ja dann bisher nicht.
Wenn man noch bedenkt, dass die Anwendung von Bundesland zu Bundesland anders gehandhabt ist, würde ich schon fragen, wie B auf die fixe Idee kommt, letztlich wirklich in den offenen Vollzug zu kommen.
@derpunkt: das sehe ich auch so. Darauf habe ich Frau A auch angesprochen. Sie hat gemeint, dass eben eine Strafe bis zu 7 Jahren möglich ist. Wobei ich das auch so sehe, dass dieses Strafausmaß doch hoch ist und da wohl viel vorgefallen sein muss.
Ich habe Frau A auch gesagt, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass man 7 Jahre lang in offenem Vollzug ist. Sie meinte daraufhin, dass das eben nur bis 7 Jahre möglich ist. In der Regel kann man in der Praxis dann hoffen oder damit rechnen, dass das Strafausmaß mit Hilfe eines guten Anwaltes etwa die Hälfte sein wird und davon muss man dann auch wieder "nur" zwei Drittel absitzen.
Ich bin dann auf die Näheren Spekulationen von Frau A nicht näher eingegangen, weil mir das auch etwas supekt vorgekommen ist. Da ich mich in diesem Bereich eben auch nicht auskenne, kann ich auch eher nur Ansprechpartnerin in Form einer Zuhörerin für sie sein. Eine Beratung kann ich ihr in keinster Weise geben. Frau A tut mir nur irgendwie Leid, weil sie nun auch vieles ausbaden muss und sie an dem ganzen Mist auch nicht beteiligt war.
Weiterhin wundert es mich auch, dass Herr B laut Aussage von Frau A so sicher in einen offenen Vollzug kommen kann. Sie hat gemeint, dass er deswegen extra in eine bestimmte deutsche Stadt gezogen ist, weil das dort eben möglich ist. In anderen Bundesländern wohl eher nicht. Dieser Punkt ist für mich auch sehr rätselhaft. Warum geht das in einem Bundesland und im anderen nicht? Sie hat gemeint, dass es nur da die Möglichkeit eines offenen Vollzugs gibt. Aber das kann ich mir auch nicht wirklich vorstellen.
Du hast ja an anderer Stelle bereits geschrieben, dass Herr B. wohl eine Anstellung als Tischler hat. Da ich davon ausgehe, dass er den Beruf nicht gelernt hat oder zumindest die letzten Jahre nicht wirklich in dem Beruf tätig war, ist ein Gehalt von 1200 bis 1300 Euro Netto an sich nicht wirklich realistisch. Wobei es da noch darauf ankommt, in welcher Steuerklasse er ist. Da blicke ich zur Zeit nicht ganz durch, beziehungsweise kenne auch die steuerrechtlichen Regelungen bei einer Ehe, bei denen ein Partner im Ausland dauerhaft lebt, nicht. Und du sagtest zwar, sie ist hier mit ihrem Hauptwohnsitz gemeldet, aber in Österreich gilt der deutsche Hauptwohnsitz als Nebenwohnsitz, damit sie in Österreich Leistungen beziehen kann. Bei Lohnsteuerklasse 1 ist das Gehalt in dem Beruf als nicht Meister nicht wirklich realistisch, es sei denn Herr B. hat den Beruf sehr, sehr erfolgreich die letzten Jahre ausgeübt. Was ich mit den momentanen Hintergrundkenntnisse aus deinen Posts ehrlich gesagt nicht glaube.
14 Monatsgehälter gibt es in Deutschland kaum. In Handwerksberufen sind die eher die Ausnahme. Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld, was unter Anderem bei Beamten als 13. oder 14. Gehalt gezahlt wird, sind im Handwerk eher Kann- Möglichkeiten. Die können gezahlt werden, sind aber nicht fest geregelt. Meistens wird es bezahlt, man muss aber oftmals unterschreiben, dass es keine dauerhafte Leistung ist. Und im nächsten Jahr braucht der Arbeitgeber das dann nicht bezahlen. Erst wenn man es drei Jahre hinter einander bekommen hat, ohne das der Arbeitgeber schriftlich hat, dass es nur eine Kann- Leistung ist, besteht ein Rechtsanspruch auf die zusätzlichen Gelder. Da Herr B. aber erst seit ein paar Wochen maximal hier ist, wird er da keinen Anspruch drauf haben und ist auf die freiwillige Leistung angewiesen, die halt nicht bezahlt werden muss.
Auch ich kenne es an sich so, dass die Gehälter im Gefängnis sich in dem von Diamante genannten Bereich bewegen. Im Endeffekt scheint Herr B. doch gerade auf eine kostenlose Unterbringungen zu spekulieren. So kommt es mir vor. Problematisch wird allerdings werden, da ja seine Frau hier offiziell ihren Erstwohnsitz hat, wird er auch die Wohnung behalten müssen. Somit wären von den momentan vermuteten 600 Euro rum nicht mehr viel übrig. Und er wäre seiner Frau gegenüber auch Unterhaltspflichtig. Klar kann er die Wohnung aufgeben, nur ist dann ja wieder Fluchtgefahr gegeben, wenn seine Frau nicht mehr hier lebt- weil ja bisher mit sozialen Kontakten argumentiert wird.
So Leid es mir tut, mir macht es zur Zeit an Hand dessen was du geschrieben hast den Eindruck, dass Herr B. sich nach Deutschland geflüchtet hat, weil er meint die Sozialleistungen hier sind besser. Und er sich auch bessere Haftbedingungen erhofft. Und er scheint darauf zu spekulieren, dass der deutsche Staat ihm nun quasi seine Schulden abnimmt. Er möchte seine Haft hier verbringen, weil ihm (angeblich) unterm Strich mehr Geld über bleibt und scheint zu hoffen, nach der Haft wieder nach Österreich gehen zu können und mit dem gesparten Geld ( auf Kosten der deutschen Steuerzahler gespartes Geld) eventuell einen Teil seiner Schulden zahlen zu können. Wobei ich das noch bezweifle.
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