Rachs Restaurantschule: ein Beispiel für Nachahmer?
Der Sternekoch Christian Rach hat 12 schwer auf dem Arbeitsmarkt vermittelbare Menschen genommen und mit ihnen ein Restaurant eröffnet. Dabei konnten sie in die Arbeitsbereiche der Köche und der Bedienungen hineinschnuppern und überlegen, welcher der beiden Berufe etwas für sie sind. Nicht alle haben bis zum Ende durchgehalten, dennoch haben alle restlichen 9 Kandidaten einen Arbeits-, Praktikums- oder Ausbildungsplatz bei Rach und in dessen Restaurant bekommen.
Abschließend zu der Sendung und dem geglückten Experiment hat sich Christian Rach auch dazu geäußert. Er sagte, viele sagen immer, jeder sollte eine zweite Chance bekommen, auch diejenigen, die eine kriminelle Vergangenheit hatten, sollten irgendwie geholfen bekommen. Allerdings wird sich dann aber in den meisten Fällen auf andere verlassen, denn niemand möchte die Verantwortung übernehmen. Viele sagen, es wäre eine Sache der Politik. Rach selbst denkt nicht so, er meint, wenn jeder das tun würde, was in seiner Macht stände, dann würde in Deutschland so einiges bewegt werden.
Er hat es vorgemacht, mit einiger Mühe hat er es geschafft. Sie haben alle ihre zweite Chance genutzt und verdienen jetzt ihr eigenes Geld. Sie sind weg von Hartz 4 und führen ein geordnetes Leben. So kann man also sagen, es funktioniert. Wer aber macht es ihm nach? Sicher war es nicht ganz uneigennützig, er macht für seine Person und seine Restaurants Werbung, bekam einen Fernsehpreis für seine Sendung. Dennoch hat er aber viel Arbeit und Mühe in das Projekt gesteckt. So wie ihn, gibt es bestimmt noch viele andere, denen es so gut geht, dass sie ebenso großzügig zweite Chancen verteilen können. Wo sind sie und warum gibt es kaum welche?
Ich denke einmal, dass es kein Beispiel zum Nachmachen in einer solchen Art ist. In erster Linie ging es hier um die Werbung in eigener Sache. Auch sehr viele Details wurden ganz einfach sehr unrealistisch dargestellt. Es haben es ja nun 9 Personen geschafft, einen Vertrag zu erhalten. Das finde auch ich schon einmal positiv.
Aber werden es alle wirklich auf lange Sicht schaffen? Bei der Bewerberin Rena sehe ich allerdings ernsthafte medizinische Probleme. Hier hätte man allerdings schon im Vorfeld bzw. bei der Bewerbung gezielte Maßnahmen ergreifen müsse.
Die Idee ist gut, aber die praktische Umsetzung ist nicht so ideal gelaufen. Man muss dann auch auf die speziellen Gegebenheiten der Bewerber direkt eingehen. Natürlich muss man auch ins Auge fassen, dass diese Sache in Deutschland in dieser Form das erste Projekt ist. Es muss eben noch viel verändert und verbessert werden, damit auch alle Beteiligten einen gewissen Erfolg dabei haben.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand dieses Projekt nachahmen wird. Ich fand die Sendung interessant und fand auch die ganze Idee sehr gut. Allerdings glaube ich, dass es einfach eine Idee war welche nur im Fernsehen funktioniert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand den Aufwand und die Kosten in Kauf nehmen wird um so etwas nachzuahmen. Auch wenn es sich anfangs nur um Praktikanten handelte wurde diesen der Einsatz sicherlich vergütet. Hinzu kamen noch die Wohnungen, welche für die Kandidaten gemietet wurden. Dies würde sicherlich kein Betrieb machen, der die Kosten nicht durchs Fernsehen erstattet bekommt.
Die Frage ist, ob Christian Rach selber positive Schlüsse aus dem ganzen gezogen hat - und zwar insofern, dass er in seinen anderen "Stammhäusern" auch so problematischem Personal den Vorzug bzw. die berühmte zweite Chance geben würde. Und das glaube ich eher nicht, denn wenn ich im Tafelhaus so eine Bedienung erleben würde wie im Fernsehen im Slowman gezeigt, würde ich gleich wieder gehen und nicht mehr wieder kommen - schließlich will ich für mein Geld (und den Ruf des Hauses) auch etwas entsprechendes geboten bekommen. Und das heißt eben, dass ich mich rundum wohlfühlen möchte, ohne einen Zwischenfall.
Und ob das ganze funktioniert, naja: Man muss sich ja nur mal das Ergebnis der Sendung ansehen, sprich die Erfolgsquote:
- Angelika bekommt eine betriebsinterne Ausbildung - heißt in meinem Verständnis: Beikoch / Hilfskoch
- Can bekam eine Ausbildungsstelle als Koch
- Tim wurde als Koch angestellt (war ja schon ausgebildet)
- Jasmina bekam eine Ausbildung als Restaurantfachfrau
- Johnny kann seine begonnene Lehre (keine Ahnung ob Fachkraft im Gastgewerbe oder Restaurantfachmann) fortsetzen
- Nina bekam eine Ausbildungsstelle zur Fachkraft im Gastgewerbe
- Marco bekam eine Ausbildungsstelle zur Fachkraft im Gastgewerbe
- Nourddine bekam einen Praktikumsplatz, Entscheidung danach: offen
- Rena bekam mehr oder weniger auch nur ein Praktikum auf 6 Monate
Fachkraft im Gastgewerbe ist laut meinem Verständnis die "minderwertige" Version der Ausbildung zum Restaurantfachmann. Letztere ist laut meinem Wissenstand vollwertiger (1 Jahr längere Ausbildung) und wird auch besser bezahlt und wird höher anerkannt.
Heißt:
- von 12 Kandidaten sind 3 ausgeschieden wegen fehlender Eignung
- 2 Kandidaten bekamen lediglich einen Praktikumsplatz
- 1 Kandidat bekam eine "betriebsinterne Ausbildung"
- 2/3 Kandidaten bekamen eine "minderwertige" Ausbildung als Fachkraft im Gastgewerbe
- 1/2 Kandidaten bekamen eine vollwertige Ausbildung
- 1 Kandidat bekam eine Ausbildungsstelle als Koch
- 1 Kandidat bekam eine Anstellung als Koch
Unter´m Strich also: 3 Erfolge, 6 mal Notposten und 3 mal ein Griff ins Klo, Erfolgsquote: 25 %. Auf der Basis würde meiner Meinung nach kein anderer Betrieb diese Art Auszubildenden einstellen, vor allem in einem Gewerbe, wo der Markt recht hart umkämpft und Preise stark kalkuliert werden. Zumindest nicht dann, wenn man dafür keine kostenlose Promotion wie Christian Rach bzw. das Slowman sie bekam. Das dürfte dann auch die Frage beantworten, warum es diese Art Unternehme eben kaum gibt.
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