Oktoberfest in Amerika

vom 27.09.2010, 14:16 Uhr

Eben habe ich im Fernsehen einen Bericht über eine Partnerstadt von München gesehen. Dort feiert man zeitgleich mit München ein Oktoberfest. In der Stadt wohnen viele Menschen, deren Vorfahren aus Deutschland kommen. Deswegen wurde auch eine Partnerschaft mit München angestrebt. Nun feiern sie dort seit 20 Jahren das Oktoberfest und glauben fest daran, alles richtig zu machen.

Es gibt einen Umzug auf den Straßen, natürlich in Trachten, dann der Fassbieranstich und bayrisches Brauchtum. Da werden deutsche Lieder gesungen, obwohl man kein Deutsch sprechen kann, es wird getrunken, gegessen und geschunkelt wie bei uns in Deutschland. Allerdings läuft auch einiges schief, schon die deutsche Nationalhymne hörte sich sehr schräg an. Zum Essen gab es dann unter anderem frittierte Sauerkrautbällchen, es gab „deutsche“ Nachos mit Oliven. Natürlich durfte auch ein Bratwurstwettessen nicht fehlen. Dabei hatte dann der Gewinner innerhalb von 10 Minuten 42 Bratwürste verdrückt. Neben der bayrischen Musik und den Alphornbläsern scheint der Amerikaner zu denken, dass wir in den Bierzelten noch immer den Ententanz vorführen, denn das ist dort der absolute Renner.

So feiern die Amerikaner dort ein deutsches Fest und wissen aber in Wirklichkeit nicht viel von uns. Auch werden wir in unseren Gewohnheiten noch immer falsch eingeschätzt. Wir sind eben leider noch immer diejenigen, die jeden Tag Sauerkraut essen. Auf die Frage, was die Hauptstadt von Deutschland ist, wurde übrigens auch Belgien als Antwort gegeben. Daran sieht man, dass das Biertrinken doch eher im Vordergrund steht, nicht aber das echte deutsche Brauchtum und das Wissen einiger Eckdaten von Deutschland.

» urilemmi » Beiträge: 2263 » Talkpoints: 7,31 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Und was ist an diesem Thema so interessant oder besonders, dass darüber ein Fernsehbeitrag gesendet wurde? Ich nehme doch mal stark an, dass es Pro 7 oder RTL war, die bringen ja gerne solche stinklangweiligen "Sensationsmeldungen" heraus, und das jedes Jahr von Neuem, was es aber auch nicht interessanter macht.

Fakt ist, Vorurteile gegenüber anderen Ländern gibt es überall. Weder sind das nur die, wie die Medien es so gerne vorurteilshaft darstellen, "dummen Amis", noch gibt es nur gegenüber Deutschen Vorurteile. In jedem Land und über jedes Land der Welt gibt es Vorurteile. Und dass ein Land über ein anderes nichts weiß, ist auch nichts Besonderes. Ein US-Amerikaner mag nicht wissen, was Deutschlands Hauptstadt ist. Ich bin mir aber auch sicher, dass die meisten Deutschen nicht wissen, welches die Hauptstadt von Arkansas ist, oder die von Tennessee. Wieso man das andauernd in diversen Sendungen durchkauen muss (und zwar immer so, dass die Ausländer dumm aussehen, nie, dass die Deutschen keine Ahnung vom Ausland haben), erschließt sich mir nicht ganz.

Übrigens gibt es diese unauthentischen "Oktoberfest"-Feiern nicht nur in den USA, sondern auch in diversen anderen Ländern. Dass da einige Sachen schief laufen, wundert mich nicht. Wie viele Deutsche feiern Halloween, ohne wirklich Ahnung davon zu haben? Viele Menschen wollen halt feiern, aber sich nicht mit den Hintergründen eines fremden Festes befassen, geschweige denn "exotischere Komponenten" des Festes übernehmen, wenn sie zu der eigentlichen Kultur des Landes nicht passen. Es gibt in Deutschland beispielsweise chinesische Neujahrsfeiern. Denkst du, da gibt es authentisches chinesisches Essen? Meistens Fehlanzeige.

Ich denke, es wird immer Vorurteile über andere Länder geben, und die Tatsache, dass ausländische Feiern übernommen beziehungsweise nachgespielt werden, ohne viel darüber zu wissen, ebenfalls. Ich finde das auch nicht schlimm, so lange dabei keiner ernsthaft zu Schaden kommt. Wenn einige USA-Amerikaner Oktoberfest mit Oliven-Nachos feiern möchten, ist das doch ihre Sache. Wenn sie Spaß dabei haben, ist das doch schön für sie! Wieso sollte man ihnen ihre Freude nehmen?

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Wawa666 hat geschrieben:Und was ist an diesem Thema so interessant oder besonders, dass darüber ein Fernsehbeitrag gesendet wurde?

Die Frage muss eher lauten: Warum schaut man sich so etwas (bis zum Ende) an, wenn es einen doch so sehr stört? Unterschichtenfernsehen eben ;).

Und nur zum Thema: Das man das Oktoberfest feiert, und zwar recht verbreitet in den USA, ist nun einmal der Tatsache geschuldet, dass Deutschamerikaner die größte ethnische Gruppe in den USA stellen. Über 15 % aller Amerikaner haben deutsche Wurzeln oder Vorfahren, die nächstgrößte Gruppe sind die "Irish Americans" mit 10 %, sowie die "Schwarzen" mit 8 %.

Klar, dass das meiste Wissen hier nur oberflächlich vorhanden ist, aber es geht hier auch nicht um einen Wissenswettbewerb, sondern darum, die eigenen Vorfahren und die Vergangenheit zu feiern - auch wenn man de facto kaum etwas über diese weiß. Man nennt das auch das Bewahren kultureller Identität - zumindest ansatzweise.

Und das man hier vor allem das Oktoberfest feiert liegt einfach daran, dass wir deutschen eben ansonsten keine wirklichen Feste haben, die groß und breit gefeiert werden und mehr oder weniger einzigartig sind. Karneval feiern auch andere ethnische Gruppen und wenn Du (urilemmi) etwas mehr Allgemeinbildung hättest, wüsstest Du auch, dass das "Oktoberfest" fast überall in Deutschland mehr oder weniger gefeiert wird, wenn oft auch zeitlich versetzt und unter anderem Namen zu dem in München (z. B. Cannstatter Wasen).

urilemmi hat geschrieben:Nun feiern sie dort seit 20 Jahren das Oktoberfest und glauben fest daran, alles richtig zu machen.

Ja und? Gerade Du bist genau der richtige, der sich hier beschwert, wo Du hier im Forum andauernd Dinger raushaust, wo man sich ernsthaft fragen muss, ob Du nicht eigentlich aus Takka-Tukka-Land kommst wenn es um den "Wissensstand um Deutschland" geht. Und Deutsche bzw. Europäer feiern auch amerikanische Feste wie Halloween nach und sind der festen Überzeugung, amerikanischer als die Amis zu feiern - was man in den USA auch eher belächelt.

Und nur zum "Deutsch sprechen": In den Regionen in den USA wo noch deutsch gesprochen wird, ist dies für die meisten Deutschen sowieso schon deswegen kaum verständlich (abgesehen vom Akzent), da es sich um eine isolierte Sprache handelt, die noch auf dem Stand des 18. Jahrhunderts sind und sich allein schon durch Vokabular und Grammatik unterscheidet, siehe z. B. Pennsylvania Deutsch. Wenn man nicht gerade aus der Region wie die Vorfahren der Sprecher (beim Beispiel: Pfalz & Baden) kommt, versteht man halt kaum etwas.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



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