Redewendungen mit Gott

vom 26.08.2010, 20:33 Uhr

Neulich habe ich wieder eine Situation am Spielplatz beobachtet. Eine Oma hat total lieb mit ihrem Enkelkind auf einer Rutsche gespielt. Dabei hat sie dann gesagt "Du lieber Gott, du bist aber hoch oben!" Die Mutter des Kindes saß auf einer Park daneben, jedoch in Hörweite. Als sie das gehört hat, ist sie total erbost aufgestanden und hat die Oma fast schon angeschrien, zumindest war es härter als nur meckern, dass ihr Kind ja nicht Gott sei und sie diese Sprüche mit Gott weglassen soll, weil sie das Kind verderben! Die Oma hat sich auch gleich entschuldigt und gemeint, dass es ihr aus Gewohnheit eben nur rausgerutscht sei und sie wird versuchen es in Zukunft zu unterlassen.

Vor meiner Karrenz habe ich unter anderem auch als Deutschtrainerin für Ausländer gearbeitet. In einem Weiterbildungsseminar haben wir durchaus auch einmal besprochen, dass man bei Ausländern eher weniger "Grüß Gott" sagen soll, sondern eben eher "Guten Tag", eben aus Respekt vor anderen Religionen. So habe ich es dann bei meinen Kursen auch gemacht und habe die Kursteilnehmer auch darauf hingewiesen, dass sie es nicht böse oder persönlich nehmen brauchen, wenn im Geschäft oder sonstwo irgendwer sie mit "Grüß Gott" begrüßt, ganz einfach weil in dem Zeitpunkt wohl selten jemand wirklich an Gott denkt. Es ist eben eine Redefloskel.

Es gibt ja auch noch andere Redewendungen mit sagen wir einmal göttlichem Inhalt. So kann man natürlich "über Gott und die Welt reden" und "Gott sei Dank" und "um Gottes Willen" gibt es ja auch noch um nur ein paar Beispiele zu nennen. Natürlich gibt es für all diese Redewendungen auch gottfreie Varianten, aber sollte man es sich wirklich abgewöhnen, all diese Redewendungen mit Gott abzugewöhnen. Werden sie von andersgläubigen wirklich so schlimm aufgefasst? Verbindet man diese Redewendungen wirklich mit Gott?

Ich muss zugeben, dass ich einige dieser Redewendungen auch verwende. In meiner Schule wurde mir sogar von einer Lehrerin immer eingetrichtert, dass man nicht "Guten Tag" sagen soll, sondern in Österreich sagt man eben "Grüß Gott". Ihre Meckerei ist mir dann irgendwann mal so auf die Nerven gegangen, dass ich mir das "Grüß Gott" angewöhnt habe. An Gott habe ich dabei ehrlich gesagt noch nie gedacht.

Benutzeravatar

» tournesol » Beiträge: 7760 » Talkpoints: 69,99 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Das sind in meinen Augen bzw. Ohren wirklich nur Redewendungen und wenn ich erschrocken über was bin und "Oh Gott" rufe, dann denke ich auch nicht an Gott. Auch wenn meine Kinder was wollten und ich auch dafür war, habe ich schon mal gesagt "In Gottes Namen, mach das". Auch da habe ich nie an Gott gedacht. Ich bin auch eher ein Mensch, der Gott gegenüber zwielichtig dasteht und eher zweifelt.

Diese Floskeln sind auch bei andersgläubigen Menschen bekannt und werden auch gesagt. Ich kenne einige türkische Menschen, die auch schon mal sagen "Oh Gott" oder "Ach du lieber Gott". Im Prinzip glaubt ja jede Religion an einen "Herrscher" und bei manchen heißt er eben nur anders. In meiner Klasse war zum Beispiel eine Türkin, die, wenn ihr etwas besonders gut gelungen ist oder sie eine Klassenarbeit gut geschrieben hat, immer sagte "Allah sein Dank". Diese Sprüche gibt es also nicht nur in Deutschland und bei Christen.

Benutzeravatar

» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Nicht jede Religion hat einen Gott. Auch gibt es Menschen, die die Existenz eines Gottes in ihren Vorstellungen strikt ablehnen. Mich wundert es nicht, dass da sich einige Leute eventuell über Redewendungen, die "Gott" beinhalten, ärgern. Dasselbe gilt für die Leute, die nicht verstehen, dass Jahwe, Gott, Allah und meinentwegen auch Wotan alle irgendwie per Definition "Gott" sind, wenn auch mit kleinen Unterschieden.

Ich persönlich bin kein Anhänger der etablierten Religionen. Wenn ich "Oh Gott!" sage oder denke, dann denke ich dabei nicht an irgendeinen Gott, weder an den christlichen, noch an einen anderen. Also für mich, wie für die meisten Muttersprachler (aber auch für Nicht-Muttersprachler zum Teil, meine Mutter ist Asiatin, lebt aber so lange mit der deutschen Sprache, dass das "Oh Gott!" auch in ihre Floskelsammlung Einzug gehalten hat, obwohl es das in ihrer Muttersprache so nicht gibt), würde das eine völlig abstrakte Redewendung sein.

Doch das sollte man Menschen, für die Deutsch eine Fremdsprache ist, vielleicht erklären. Sie müssen es nicht zwangsläufig böse auffassen, aber es kann schon verwirren. Ich weiß noch, wie ich mal mit einem alten arabischen Mann über etwas sprach, und da der Begriff "Gott und die Welt" fiel. Den Mann hat es erst verwirrt, beziehungsweise hat er es wohl wörtlich aufgefasst und war dann erst einmal etwas irritiert, weil es nicht zum restlichen Gespräch passte. Er fragte dann, wie ich das meine, und als ich ihm erklärte, dass das bloß eine Floskel sei, dann war das "Problem" gelöst. Was ich aber damit zeigen möchte: Für Nicht-Muttersprachler können solche Floskeln, die für Muttersprachler völlig selbstverständlich sind, durchaus irritieren wirken! Darüber reden löst Probleme. Daher finde ich es auch gut, wenn so etwas in Sprachkursen auch erwähnt wird.

"Grüß Gott!" finde ich übrigens nicht so schlimm. Gerade, wenn man in einer Gegend lebt, wo das üblich ist, gewöhnt man sich auch als Ausländer an diese Redewendung. Ich war im Urlaub dieses und letztes Jahr im Sommer in Bayern, wo mir viele Leute begegneten, die fast alle "Grüß Gott!" sagten. Darunter waren auch dunkelhäutige Menschen und welche, die ich äußerlich in den arabischen Raum eingeordnet hätte. Für Einheimische sind diese Floskeln selbstverständlich. Nur Touristen könnte es eventuell irritieren.

Benutzeravatar

» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich denke es ist schon klar, dass die Wenigsten bei solchen Redewendungen an Gott selbst denken und das wissen die Ausländer mit Sicherheit auch. Ob sie es aber persönlich nehmen oder nicht, kann man nicht verallgemeinern, das wird sicher jedem anders gehen. Ich bin mir aber sicher, dass die meisten wissen, dass es einfach nur eine Floskel ist und keine Beleidigung. In anderen Ländern gibt es schließlich auch Redewendungen über Götter, wie beispielsweise im türkischen mit Allah. Ich selbst bin Atheist, aber ich nehme es auch nicht persönlich, wenn mich jemand mit ''Grüß Gott'' begrüßt. Das ist für mich eine normale Begrüßung wie jede andere.

Ich selbst werde öfters von meiner Familie zurecht gewiesen, wenn ich solche Floskeln gebrauche. Als ich 18 geworden bin, bin ich aus der Kirche ausgetreten und das hat mir meine Familie sehr übel genommen, da wir ursprünglich aus Polen stammen und dort alle von Kindesbeinen an daran gewöhnt sind am Sonntag und auch in der Woche zur Kirche zu gehen. Dieser Tradition habe ich mich aber widersetzt und jedes Mal, wenn ich sowas sage wie ''Oh Gott ist das lecker'', bekomme ich an den Kopf geworfen ''Rede nicht über Gott, wenn du nicht an ihn glaubst!''. Das finde ich an sich ein bisschen albern, weil sich jedem klar ist, dass ich beim Essen von Mousse au Chocolate nicht in irgendwelche religiösen, tiefgründigen Gedankenwelten abtauche, sondern einfach nur das Essen lobe.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^