Natascha Kampuschs Buch
Wir kennen Natascha Kampusch seit ein paar Jahren, es war der Skandal des Sommers, sie entkam nach langen 8 Jahren ihrem Entführer, der sie im Alter von 10 Jahren entführt hatte. Der Entführer brachte sich nach der gelungenen Flucht von Natascha Kampusch um. Danach wurde wochenlang viel über sie berichtet und sie musste sich erst einmal an ein normales Leben gewöhnen.
Nun hat sie ihr lange angekündigtes Buch geschrieben und veröffentlicht. Es werden im Moment in der Bildzeitung Teile davon veröffentlicht, die ich mit Interesse gelesen habe. Zwar kennt man ihre Geschichte, sie aber aus ihren Augen zu lesen, ist noch mal interessant. Ist das nur für mich interessant oder verfolgt ihr ihre Geschichte nun auch noch mal. Wer würde das Buch kaufen? Das, was in der Bildzeitung abgedruckt wurde, hat sich auf jeden Fall gut lesen lassen und ich bin gespannt, was wir noch erfahren werden.
Komme aus Wien, und jeden Tag steht etwas in der Zeitung über sie. Mittlerweile kann ich es kaum mehr lesen. Trotzdem habe auch ich einige Ausschnitte von ihrem Buch gelesen. Heute soll sie sogar ihr Buch in einer Buchhandlung hier in Wien vorstellen, weil die Nachfrage sich noch in Grenzen hält. So würde ich mir das Buch nicht kaufen, doch wenn ich es geschenkt bekommen würde oder eine Freundin es mir borgt, werde ich es sicher lesen.
Dieses Buch werden vor allem jene kaufen, die auch bei Unfällen stehen bleiben und gucken. Für mich ist das ein reines Trieb-Befriedigungs-Werk, um bei einer bestimmten Zielgruppe die Neugier und Sensationsgier ("Was hat sie denn nun alles Schlimmes erlebt? Bitte in allen Einzelheiten!") zu stillen.
Dass das funktioniert, zeigen schon all die anderen Bücher mit schrecklichen Frauenschicksalen. Ob Sekte, Beschneidung, Kindersoldat, Horror-Ehe oder eben jahrelange Gefangenschaft. Je schlimmer, desto besser verkauft es sich. Ganz besonders, wenn der Fall auch noch durch sämtliche Medien ging.
Mag sein, dass sie es geschrieben hat (wenn sie es selbst geschrieben hat, vermutlich hat man ihr der Lesbarkeit wegen wohl einen Ghostwriter zur Seite gestellt, was bei solchen Schicksals-Büchern durchaus gemacht wird), um die Erlebnisse zu verarbeiten. Aber nicht alles Geschriebene muss deshalb auch veröffentlicht werden.
Ich sehe es ganz genauso wie Morgaine. Bücher die schlimme Erlebnisse wiedergeben, befriedigen in der Regel die Sensationsgier des neugierigen Publikums. Ich wage zu bezweifeln, dass die meisten Leute dieses Buch von Natascha Kampusch kaufen werden, um sich mit gedanklichen Prozessen im Laufe einer so schlimmen Zeit auseinanderzusetzen. Viele sind einfach daran interessiert, was dieses arme Mädel erleben musste und wollen dabei das ganze Martyrium en detail geschildert bekommen. Je dramatischer es ist, umso besser.
Es gibt sicher gute Bücher, die die Opferperspektive beleuchten. Ein paar davon sind durchaus lesenswert, eben weil sie nicht effekthascherisch jedes grausame Detail ins Rampenlicht zerren. Der Großteil solcher Bücher, die dann auch meistens recht schnell nach einem schlimmen Ereignis auftauchen, so dass die Geschichte bei den Leuten aus der Presse noch präsent ist, dienen wohl weniger der Verarbeitung der schlimmen Ereignisse vonseiten des Opfers, sondern vor allem der Befriedigung der Neugier sensationslustiger Leute.
Ich werde dieses Buch nicht lesen. Ich bin der Meinung, dass die tragische Geschichte von Frau Kampusch ausreichend wiedergegeben wurden. Hinzu kommt noch, dass ich mir vor einiger Zeit ein Interview mit ihr angeschaut habe und sie sehr unsympathisch finde. Auch wenn sie sicher Schlimmes erlebt hat, muss ich sagen, dass ich kein Interesse an ihrer Person und ihren Erzählungen habe.
Ich habe im Internet einige Auszüge aus dem Buch gelesen. Dass was ich gelesen habe hat mich teilweise überrascht und teilweise dachte ich nur, dass man das ja schon von der Presse weiß.
Dort wo ich das gelesen habe, stand auch was von sexuellem Missbrauch. Da denkt man eigentlich gleich an das schlimmste. Ich dachte mir nur, dass Natascha immer gesagt hat, dass sie nicht von ihrem Peiniger missbraucht wurde. Ich habe diese Auszüge dann gelesen und fand die Überschrift unpassend. Das hätte man auch anders bezeichnen können. So wird das nur durch die Überschrift interessant.
Ich persönlich lese ab und zu mal gerne solche Schicksalsbücher, aber dieses Buch werde ich mir nicht kaufen. Erstens zahlt man nicht gerade wenig dafür, nur weil Natascha Kampusch dahinter steckt und zweitens wurde ihre Geschichte in den Medien so totgewälzt, dass ich (und sicher viele andere) gar kein Interesse mehr daran haben.
Ich finde es gut, wenn es ihr gut getan hat, dass Buch zu schreiben und sie dadurch vielleicht befreiter ist oder anders mit ihrem schlimmen Schicksal umgehen kann.
Ich habe darüber nachgedacht, das Buch zu kaufen, aber mittlerweile bin ich mir da nicht mehr so sicher. Ich weiß gar keinen genauen Grund, warum ich das Buch interessant finde, aber als Sensationsgier würde ich es nicht bezeichnen. Mich interessieren einfach Aurobiografien, vor allem, wenn jemand wirklich etwas zu erzählen hat. Es ist doch spannend zu sehen, was für ein Verhältnis man zu jemandem aufbaut, von dem man acht Jahre lang abhängig ist. Wie es ist, wenn der eigene Entführer die einzige Vertrauensperson ist. Das muss ja an sich ziemlich kompliziert sein, weil man ja auch nicht ganz ohne menschlichen Kontakt leben kann.
Auch in Deutschland wurde die Geschichte von Natascha Kampusch natürlich ausführlich von den Medien behandelt. Anfangs hat es mich zwar doch ein wenig gewundert, dass die Frau sich der Öffentlichkeit so intensiv gestellt hat, doch vielleicht ist dies wirklich nur ihre Art, mit dem Erlebten fertig zu werden.
Dass Natascha Kampusch nun ein gesamtes Buch veröffentlicht, um der Welt noch mehr von ihrem Martyrium zu erzählen, finde ich deshalb sehr mutig und bewundernswert. Ich glaube zwar nicht, dass ich mir das Buch selbst kaufen werde, da es schlichtweg nicht zu dem Genre gehört, aus welchem ich meine Literatur normalerweise auswähle, doch kann ich mir gut vorstellen, das Werk in einem Buchladen oder einer Bibliothek jedenfalls durchzublättern.
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