Soll ich eine Diskothek eröffnen?
Meine Stdienkollegin, die Fachjournalistik und osteuropäische Geschichte, und ich, die Russisch, Polnisch und Tschechisch zur Zeit studieren hatten heute mittag eine echt interressante Unterhaltung.
Wir haben uns gefragt, ob wir es schaffen könnten, eine große Diskothek zu gründen. Wir wollen nach dem Studium noch ein bis zwei Jahre arbeiten gehen und uns etwas zur Seite legen. Ist das jetzt eine schwachsinnige Idee oder könnte man das realisieren?
Also wir sprechen hier aber nicht von einer Bauerndisko, sondern von einem großen Projekt. Eine alte Lagerhalle oder ein alter Baumarkt wäre das Gebiet, auf dem wir uns bewegen wollen. Könnte man es mit einem Startkapital von einer Million dann zu etwas bringen oder brauch man mehr?
Und vor allem ist mir wichtig zu erfahren, ob und mit wieviel Geld man einen so hohes Darlehen bekommen kann und vor allem von wem? Ich hab nämlich gehört, dass es einige Investoren gibt, die dir mit geringer Anzahlung sehr viel ausschütten können. Ist so etwas möglich und an wen müsste ich mich denn da wenden?
Ich weiß natürlich, dass das alles nicht so einfach wäre, wie man sich das erträumen mag, aber mich würde auch interressieren, ob man mit so einer Diskothek, wenn man sich gut anstellt, dann auch seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Diskotheken haben ja regulär nur am Wochenende geöffnet.
Können also 12 Tage reichen, um zwei Familien zu ernähren?Ich weiß, dass sind viele Fragen, aber ich möchte dieses Vorgehen, wenn überhaupt, sehr langsam angehen.
Ich glaube diese Idee hatte fast jeder mal in den ersten paar Studiensemestern. Wir haben auf jeden Fall auch schon das Programm und die Inneneinrichtung bis ins Detail geplant gehabt, aber dann das doch ehrgeizige Projekt schnell wieder fallen lassen.
Grund war, dass in der Nachbarstadt jemand aus dem entfernten Bekanntenkreis eine bestehende Disko übernommen hat, die eben auch in einer Lagerhalle angesiedelt war. Diese Person hatte das Glück, dass der Innenausbau nur geringfügig verändert werden musste und die Bauvorschriften schon weitestgehend eingehalten waren, außerdem gab es schon ein Stammpublikum und einiges an Inventar. Als wir ihn dann mal interviewt hatten, wie viel Geld er denn jetzt konkret in den eigentlich schon bestehenden Bau gesteckt hat, hat er uns raten lassen. Das erforderliche Kapital haben wir dabei grundlegend unterschätzt. Ohne genaue Zahlen zu nennen kam dann letztendlich der grobe Betrag von 1 bis 1,5 Millionen Euro dabei raus, wobei der Großteil davon schon in einer bzw. mehreren neuen Ton/Lichtanlagen steckte. Er meinte dann auch nur trocken, dass er sich diese Disko als Hobby hält und von seinem normalen Ganztagesjob lebt und sollte dieses Projekt schief gehen seines Lebens nicht mehr froh werden würde.
Wenn du dir jetzt die Immobilienpreise anschaust, die für entsprechende Gebäude in guten Lagen samt Parkplätzen verlangt werden, kannst du schon einmal davon ausgehen, dass du mindestens 1 Mio. noch mal für das Gebäude zahlen musst, dazu kommt dann ein Innenausbau, der neben allem stylischen Schnickschnack auch Toilettenanlagen, Brandschutztüren, Mobiliar und eben besagte Ton und Lichtanlagen enthalten muss. Zapfanlagen und Gläser sollten dabei der kleinste Posten sein, der meines Wissens nach auch von Brauereien vermietet wird.
Also ganz ehrlich: Mit 2 Personen könnte man als Management-Laien vielleicht eine gut laufende Disco übernehmen und weiterführen. Aber von Grund auf aufbauen? Niemals!
Ihr müsst Architekten, Handwerker, Tontechniker, Elektriker, Installateure bezahlen um erstmal einen Abnahmefähigen Laden zu haben. Und glaubt nicht, dass ihr in der Zeit schonmal euer Marketingkonzept, Zielgruppenplanung, Werbung und Personal einstellen könnt, da geht nochmal ne ganze Menge mehr Zeit für drauf denke ich.
Dazu kommen lauter Sachen die man so nicht bedacht hat und Verhandlungen mit zig Interessenspersonen. Ihr müsst Gema zahlen, Ausschanklizenzen beantragen, Lieferantenverträge usw.
Mit jemandem der sich schon damit auskennt, schonmal eine Disko betrieben hat und vielleicht sogar aktuelle Auflagen kennt, wäre es eventuell zu stemmen, weil ihr dann nicht für alles selbst nachrecherchieren müsstet und euch in Materie einlesen oder selbst Dinge aneignen, die Andere schon durch Erfahrung wissen. Ich will auch nicht sagen dass ein betriebswirtschaftliches Studium nötig ist, aber grundsätzlich schadet es nicht zu wissen, wenn man gerade im laufenden Geschäft Minus macht oder Plus, das ist eben nicht so einfach wie es scheint!
Die Investoren zu bekommen ist dann das größte Problem denke ich. Das sind ja hoch risikobehaftete Geschäfte und dementsprechend setzt ihr euch eigentlich auch unter Erfolgsdruck, denn die Rendite muss dann für diese nachher umso höher sein! Das heisst euch sitzt immer der Gedanke im Nacken, die Investoren, also Shareholder zu befriedigen und genau das ist das Problem, dass meiner Meinung nach die Wirtschaftskrise mit verursacht hat, denn man denkt durch den hohen Druck nurnoch an die Tilgung der nächsten Rate oder Renditeausschüttung oder Bewertung der Aktie etc. und nicht mehr an den langfristigen Fortbestand.
Wenn euch das alles trotzdem nicht abschreckt: Viel Glück!
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