Fragwürdige Ablenkung durch Hetze gegen OB von Duisburg

vom 04.08.2010, 11:55 Uhr

Irgendwie scheint sich nach der Katastrophe von Duisburg, bei der mittlerweile schon 21 Menschen ihr Leben verloren haben, das Interesse an einer wirklichen Aufklärung zu verflüchtigen. Vielmehr stürzen sich alle auf den OB Sauerland und fordern stoisch seinen Rücktritt. Das dadurch kein Schritt in Richtung Aufklärung der Geschehnisse gemacht wird, scheinen alle zu ignorieren. Schlimmer noch: es steht ja die Befürchtung im Raum, dass durch den Rücktritt nach Außen der Schein von (personellen) Konsequenzen gewahrt wird.

Dabei dürfen die Punkte nicht vergessen werden, die Sauerland bisher von einem Rücktritt abhalten. Es ist ja letztlich so, dass er als Beamter doch nicht aus freien Stücken zurücktreten kann, ohne dienstrechtliche Konsequenzen zu befürchten. Es muss aus seiner Sicht geklärt werden, wie seine persönliche Lage danach aussieht. Was passiert mit seinen Bezügen? Und vor allem mit seinen Pensionsansprüchen? Das er die politische Konsequenz trägt ist eine feine Sache - und das er so als OB nicht weiter machen kann (als symbolischer Akt) ist auch einzusehen. Aber jetzt blind auch seinen privaten Absturz in Kauf nehmen zu wollen bzw. Unverständnis darüber zu heucheln, das er versucht, dieses Schicksal abzuwenden, ist sicher ein falscher Weg.

Außerdem darf dieser Schritt eben nicht davon ablenken, dass hier die Fehler auf unterer Ebene begangen wurden. Und hier sind eigentlich Konsequenzen zu erwarten! Denn lernen kann man für die Zukunft nur dann, wenn die Fehler aufgedeckt werden. Wenn es damit getan ist, dass ein OB abtritt oder abgewählt wird, dann steht einer Wiederholung beim nächsten Massenevent nichts mehr im Weg. :(

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Generell denke ich, das nicht jeder immer gleich zurücktreten sollte. Immerhin sollte man den Menschen auch eine Chance geben, es in Zukunft besser zu machen. Bei dem Oberbürgermeister Sauerland bin ich da aber mittlerweile recht zwiegespalten.

Fakt ist, das er die Veranstaltung genehmigt hat, obwohl es mehrfach Kritik gab und vorher von mehreren Seiten gesagt wurde, das Risiko sei sehr groß. Fakt ist, das diese Veranstaltung generell ein gutes Licht auf die Stadt Duisburg geworfen hat. Wäre die Veranstaltung im üblichen Rahmen verlaufen, also keine Toten durch Fehler im Sicherheitspaket und so weiter. Beziehungsweise, auch wenn es hart klingt, Tote kann es auch bei normal verlaufenden Veranstaltungen geben. Herzinfarkte und ähnliches. Aber irgendwie schien man ja auch nicht auf mögliche Komplikationen eingerichtet zu sein. In Berichten habe ich gelesen, das Verletzte erst bei ihrer weiterreise über Düsseldorf behandelt wurden, weil man in Duisburg selbst überfordert war. Sprich wäre alles planmässig gelaufen, wäre Herr Sauerland nun der Held der Nation, oder der Held der Ravernation- Auslegunssache. Da würde kein Hahn danach krähen, ob die Planung in Ordnung war oder so. Aber es ist nun mal anders gelaufen.

Was ich persönlich die Tage danach erlebte, war, das keiner sich dafür zuständig fühlte. Und mit dem die Verantwortung weiterschieben und sich rausreden, ist Herr Sauerland ganz vorne mit dabei. Die Veranstaltung ist erst morgens genehmigt worden. Plötzlich liegt das nicht mehr in seinem Verantwortungsbereich. Wäre die Veranstaltung ruhig verlaufen, dann würde man diesen Aspekt loben. Und dann stünde da auch eher, Herr Sauerland hat kurzfristig die Veranstaltung doch genehmigt.

Das man nur ihn direkt haftbar machen möchte, finde ich nicht unbedingt gut, aber ich als Aussenstehende finde das hin und her schon zum Kotzen. Wie fühlt man sich als Angehöriger? Würde er klar dazu stehen, das auch er Fehler gemacht hat, würde die Sachlage anders aussehen. Aber er versucht seine Hände in Unschuld zu waschen.

Klar gibt es in solchen Positionen Konsequenzen die ihn direkt betreffen bei einem Rücktritt. Aber solcher Sachen sollte man sich auch bewusst sein, wenn man Amtsentscheidungen trifft. Und zu argumentieren, das er im Falle eine Rücktrittes keine Pensionsansprüche haben könnte und so weiter- sorry im Anbetracht von 21 toten Menschen die noch Leben könnten und unzählbar vielen traumatisierten Menschen, finde ich ein wenig schwer nachvollziehbar.

Für die Menschen die vor Ort waren, ist nichts mehr wie es wahr. Und da hängt auch einiges der Zukunft der Menschen mit dran. Es sind sicherlich einige dabei, die ihren Beruf nun nicht mehr in der Form ausüben können, wie sie es getan haben. Auch da steht die Zukunft auf dem Spiel. Mit dem Unterschied, das diese Menschen dafür nichts können.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


Ich habe dieses Problem auch am Rande mitverfolgt und lehne diese massive Forderung nach einem Rücktritt des Oberbürgermeisters von Duisburg auch ab. Natürlich wurden Fehler gemacht und es ist auch schlimm, was in Duisburg passiert ist. Allerdings wäre es falsch, nun den Oberbürgermeister als einzigen Sündenbock zu deklarieren und aus dem Amt zu zwingen. Wenn dieser Mensch nun zurücktreten sollte, müssten das auch andere Leute tun, die ebenfalls beteiligt waren.

Ich finde diese Person allerdings auch alles andere als sympathisch und empfand auch dieses Rumgedruckse als absolut indiskutabel. In dem Punkt hat LittleSister schon recht - als die Frage nach der Übernahme der Verantwortung für diese Katastrophe im Raum stand, war Herr Sauerland einer derjenigen, die sich nich auf die Schuldfrage eingelassen, sondern sie möglichst weit weg von sich selbst geschoben haben. Wenn sich ein Oberbürgermeister so präsentiert, macht er sich damit nicht unbedingt Freunde und in solchen Ausnahmesituationen lassen sich viele Menschen erst einmal von ihren Emotionen leiten, während das rationale Denken und die vernünftige Beurteilung der Gesamtsituation auf der Strecke bleiben.

Wichtig ist zunächst die Aufklärung der Umstände, die zu diesem Unglück geführt haben. Aufklärung ist sicher auch für die Angehörigen der Verletzten und Toten hilfreicher als die direkte Forderung nach dem Rücktritt des Oberbürgermeisters. Es muss geklärt werden, wer in welcher Weise Fehler gemacht hat. Die Schuldigen sollten dann natürlich auch mit Konsequenzen bedacht werden, es wäre aber falsch, nun direkt einen Schuldigen auszuwählen und gegen diesen einen Menschen zu hetzen. So etwas bringt niemandem etwas.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



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