Kirchenaustritte auf Grund der Skandale
trüffelsucher hat geschrieben:In den zehn Geboten steht ganz deutlich für jeden Christen: Du sollst nicht lügen.
Das Problem ist eben, dass da nicht steht, du darfst nicht lügen. Sollen ist ja quasi nur so eine Verpflichtung. Nicht zu dürfen ist ein Zwang.
Die Logik verstehe ich nun überhaupt nicht, aber wenn du schon auf sprachlichen Feinheiten herumreiten willst, fangen wir doch mal beim Wort "Gebot" an - ein Gebot ist weder ein Gesetz, noch eine Verpflichtung oder ein Zwang. Ein Gebot im biblischen Sinne gibt die moralischen Grundsätze vor, es beschreibt also, wie man handeln sollte wenn man sich im Sinne seines Gottes verhalten will. Im Prinzip ist es also nicht mehr als eine Empfehlung.
Ob er Übersetzer nun "sollst" oder "darfst" in der deutschen Übersetzung verwendet hat, ist ziemlich irrelevant, da die Tatsache, dass es sich um ein Gebot handelt schon alles über den Sinn und Zweck des Gebotes aussagt. Mal ganz davon abgesehen, dass man als Priester die Bibeltexte wahrscheinlich auch in älteren Sprachen studiert hat, in denen es denn Unterschied zwischen "sollst" und "darfst" vielleicht gar nicht gibt.
Und was heißt hier "Freiheit ausnutzen"? Entweder man weiß, dass es falsch ist zu lügen oder man weiß es nicht, dazu braucht man keine Gebote sondern einfach ein bisschen gesunden Menschenverstand. Wenn jemand sich irgendwelche Schlupflöcher sucht und "Freiheiten ausnutzt" dann ist er doch nicht davon überzeugt, dass es richtig ist, dass man die Wahrheit sagt.
Was da zur Zeit ans Licht kommt, lässt die Kirche in einem fiesen Licht dastehen, denn es geht nicht nur darum, das diese Dinge passiert sind, es geht um den Umgang damit.
Das sich die Kirchenoberen etwas schwer damit tun, das in den Sechzigern oder noch früher ihnen anvertraute Schüler gezüchtigt wurden, ist nachvollziehbar: In der Zeit war auch an vielen normalen Schulen der Rohrstock nur theoretisch abgeschafft, praktisch zischte der noch recht zuverlässig. Dasselbe Szenario in den Achtzigern aber? Da war das verdreschen von Schülern aus disziplinarischen Gründen schon gesellschaftlich völlig geächtet und konnte eine Lehrerkarriere recht gründlich beenden. Es ist teilweise eine Frage des herrschenden Zeitgeistes und für den sich nachträglich entschuldigen ist mindestens merkwürdig.
Was hingegen keine Frage des Zeitgeistes ist, ist der Missbrauch von Kindern und angesichts der sehr hohen moralischen Forderungen der christlichen Kirchen an ihre Lämmlein, käme ich mir auch übel hochgenommen vor, wenn einerseits meine eigenen Sünden von Übel sind und ja eigentlich nach wie vor mit ewiger Verdammnis bedroht werden und andererseits der gleiche Verein Leute schützt, die da einiges an Todsünden auf sich luden und dafür nichtmal rausgeworfen wurden.
Religion ist eine Frage des Glaubens und wenn man den selbst untergräbt durch ein derart bigottes Verhalten wie die Kirche derzeit an den Tag legt, dann darf man sich nicht wundern, wenn die Leute ihren Glauben an die Kirche verlieren. Zumal: Immer mehr Leute sind sich inzwischen darüber im klaren, das Gottes Glauben und Kirchen Glauben nicht identisch sein müssen.
Hallo!
Ich finde auch, dass das eigentliche Problem in der jetzige Reaktion der Kirche liegt. Man muss offen zu den Problemen stehe und doch zumindest offen darüber reden und Stellung dazu nehmen. Stattdessen versucht man es größtenteils totzuschweigen, wohl in der Hoffnung, dass das ganze irgendwann wieder in Vergessenheit gerät. Außerdem finde ich schon, dass das das Vertrauen eines Gläubigen in die Kirche so sehr erschüttern kann, dass derjenige lieber austritt. Ich kaufe schließlich nicht ein Auto, sondern identifiziere mich mit meinem Glauben und auch der Kirche, wenn ich Mitglied in diesem „Verein“ bin.
Außerdem muss man nicht Mitglied in der Kirche sein um gläubig zu sein und vielleicht zieht der ein oder andere da einfach die logische Konsequenz, tritt aus der Kirche aus und glaubt weiterhin an Gott. Allzu viele Kirchenbesucher sieht man sonntags ja nun eh nicht. Was nicht heißt, dass keiner glaubt.
Ich glaube nicht, dass es hier um die Taten des einzelnen geht, sondern vielmehr um das Gesamtbild. Überlegen wir mal, was macht die Kirche aus? Unter anderem sind es eben diese Priester, Pfarrer und Bischöfe, die eine Kirche ausmachen und wenn dort etwas nicht stimmt, stimmt auch das Gesamtbild nicht mehr.
Die Kirche erfreut sich weit weniger Beliebtheit, als das mal der Fall gewesen ist und nun hat sie sich nur noch unglaubwürdiger dadurch gemacht, dass selbst ihre eigenen Leute sich nicht an das halten, wovon sie predigen. Das nimmt der Kirche nun mal leider jede Glaubhaftigkeit und Vertrauenswürdigkeit und so kommt es vermehrt dazu, dass Leute wieder aus der Kirche austreten.
Außerdem ist es doch ohnehin so, dass immer mehr Menschen die Interesse an der Kirche verlieren und austreten wollen. Kommen dann noch solche Skandale dazu, wirkt das wie der letzte Stoß und die Leute raffen sich endlich dazu auf, auszutreten. Es sind also nicht nur die Skandale, sondern wahrscheinlich allgemein das Desinteresse an der Religion.
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