Ausnahmen, in denen man sich nicht anschnallen braucht
Neulich saßen wir in einer Runde und A erzählte, dass er von seinem bei seinem Nachbarn gewesen ist und nachhause fahren wollte. Er kam vom Einkaufen und holte nur seinen Hund bei seinem Nachbarn ab. Er schnallte sich die 4 Meter nicht an und schon kam ein Polizist, der im 30 Euro Verwarnungsgeld aufbrummte. Nun wurde von B in der Runde gesagt, dass er auf jeden Fall Widerspruch einlegen soll, weil es Ausnahmen gibt, in denen man sich nicht anschnallen braucht.
Die Ausnahmen wären Schrittgeschwindigkeit in Spielstraßen, beim Rückwärtsfahren zum Beispiel aus einer Einfahrt heraus und beim Haus-zu-Haus-Verkehr, wenn man alo beim Nachbarn angehalten hat und nun nachhause fahren will. B meinte, dass der Polizist übertrieben reagiert hat und dass er die Straßenverkehrsordnung nicht kennt. A ist jetzt unsicher, ob er Widerspruch einreichen soll. Lohnt sich ein Widerspruch?
Wie realistisch wäre denn hier die Darstellung, dass der Fahrer wg. vier Metern sein Fahrzeug nutzen würde? Und wie viel weniger realistisch es erscheint, dass gerade für die vier Meter (also ca. 1,5 Wagenlängen - für die man keine 10 Sekunden braucht) ein Polizist um die Ecke kommen kann und die Situation erfasst.
Hier ist Person A unangeschnallt gefahren und das ist eine Ordnungswidrigkeit. Der Polizist in keinem Fall überreagiert sondern korrekt die Handlung geahndet. Jetzt einen Widerspruch einzulegen würde ja noch mal davon zeugen, dass man sich seiner Schuld nicht bewusst ist und entsprechend lernresistent wäre. Das macht die Sache eigentlich nur teurer und sollte sich meiner Ansicht nach nicht lohnen. Jedenfalls nicht für Person A. Und auf keinen Fall mit der Berufung auf Ausnahmesituationen. Denn die hat der Polizist vor Ort schlicht nicht feststellen können. Wieso sollte in einem Verfahren dem Polizisten nicht geglaubt werden?
derpunkt hat geschrieben:Wie realistisch wäre denn hier die Darstellung, dass der Fahrer wg. vier Metern sein Fahrzeug nutzen würde? Und wie viel weniger realistisch es erscheint, dass gerade für die vier Meter (also ca. 1,5 Wagenlängen - für die man keine 10 Sekunden braucht) ein Polizist um die Ecke kommen kann und die Situation erfasst.
Sehr realistisch derpunkt und ich könnte Dir noch ganz andere Geschichten erzählen, die eigentlich so unwahrscheinlich sind, dass sie schon wieder nur wahr sein können! Das würde aber an dieser Stelle zu weit führen.
Sicher gibt es Ausnahmen, die von der Gurtpflicht befreien. Allerdings ist das nicht von der Kürze des Weges sondern tatsächlich von gefahrenen Geschwindigkeit abhängig. Bei Fahrten mit Schrittgeschwindigkeit, wie es beispielsweise oft auf Parkplätzen beim Rückwärtsfahren vorkommt, muss man beispielsweise keinen Gurt anlegen. Der Ausnahmetatbestand Hau-zu-Haus-Verkehr gilt meines Wissens nur für Lieferaten, zu diesen gehört ja A augenscheinlich nicht. Es könnte also tatsächlich sein, dass A eben tatsächlich keine Ordnungswidrigkeit begangen hat.
Ob man einen Widerspruch einlegt ist natürlich die zweite Frage. Denn auch wenn A genau genommen nach der StVO ohne Fehl und Tadel gehandelt haben könnte, ist hier die Frage, wie das zu beweisen sein könnte. Besitzt A eine Verkehrsrechtsschutzversicherung könnte man dieses Problem auf diesem Wege mal mit einem Anwalt besprechen.
JotJot hat geschrieben:Bei Fahrten mit Schrittgeschwindigkeit, wie es beispielsweise oft auf Parkplätzen beim Rückwärtsfahren vorkommt, muss man beispielsweise keinen Gurt anlegen.
Aber hier war die Fahrt doch offenbar auf einer gewöhnlichen Straße. Also keine Anzeichen, dass hier nur Schrittgeschwindigkeit erlaubt wäre. Und die Haus-zu-Haus Fahrten scheiden als Ausnahme sowieso aus.
Mir als Laie erscheint dies - die Suche nach einer Ausrede bzgl. der Ausnahme - eher als eine Suche nach einem Schlupfloch, um nicht für den Verstoß gerade stehen zu müssen. Also eine typische Schutzbehauptung. Denn der Polizist hat ja deutlich gesehen, dass hier A gefahren ist. In jedem anderen Fall hätte der Polizist sicher nichts unternommen.
Ich habe jetzt auch noch mal geschaut, weil mir das keine Ruhe gelassen hat. A ist zwar in keiner Spielstraße gefahren, aber die 4 Meter ist er auf jeden Fall Schrittgeschwindigkeit gefahren. Schneller hätte er gar nicht fahren können. Er ist von einem Haus zum anderen Haus gefahren. Und laut § 21 a StVO braucht man sich bei Schrittgeschwindigkeit nicht anzuschnallen. Da ist es egal, ob A nun in einer Spielstraße gefahren ist oder ob er in der eigenen Straße von einem Haus zum anderen fährt und auch nicht schneller unterwegs ist.
Dies kann man hier nachlesen klick . Erst gurten und dann spurten gilt also wirklich nicht immer. Und A hätte wohl auch Chancen, dass er mit einem Wiederspruch durchkommt. Denn in 4 Metern Fahrt kann er nicht schneller fahren als Schritt, wenn man die Anfahrt und das Bremsen mitzählt, sind dann grade mal 1 Meter dazwischen und die kann er nicht schneller gefahren sein.
Eine Ausrede ist es von A aber nicht. Denn B hat A erst darauf gebracht, dass er Wiederspruch einlegen soll und das wird A nun wahrscheinlich auch machen.
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