Spiele: Warum erscheinen immer weniger Demoversionen?
Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass vor etwa 10 Jahren noch die Zusatz-CDs der Spielefachmagazine wie Gamestar und PC Games randvoll mit Demoversionen von Spielen waren, die man dann auch mehr oder weniger ausführlich antesten konnte. Diesen "Service" haben die Entwickler natürlich nicht aus purer Liebe zum PC-Spieler gemacht, sondern um den Spielern eine Möglichkeit zu geben, das neue Produkt der Entwickler anzuspielen und dadurch potentiell neue Käufer zu gewinnen.
In den vergangenen Jahren hingegen wurden Demoversionen aus meiner Sicht immer seltener. Inzwischen haben (HD-)Videos den Platz der Demos auf den Datenträgern der Spielefachmagazine eingenommen und nur noch selten verirrt sich eine Demo auf die DVD. Gleichzeitig werden die Spiele in der Entwicklung und Produktion immer teurer und müssen daher immer mehr Käufer haben, um letztendlich Gewinn zu machen.
Inzwischen ist die gesamte Spielerschaft ja froh, wenn sie eine Demoversion kurz vor oder sogar Monate nach dem eigentlichen Release bekommt, denn Möglichkeiten zum Testen der Spiele sind rar, sodass man sich eigentlich nur noch auf Testberichte namhafter Magazine verlassen kann. Alternative wäre es, die sprichwörtliche Katze im Sack zu kaufen, was jedoch angesichts der Preise von etwa 50 Euro bei PC-Spielen und 60 bis 70 Euro bei Konsolenspielen alles andere als geldbeutelschonend ist.
Deswegen wollte ich fragen, warum immer weniger Entwickler eine Demoversion ihrer Spiele zum freien Spielen veröffentlichen? Ist der Aufwand nicht mehr den Nutzen wert? Werden heutzutage mehr Spiele durch gute Werbung und PR verkauft? Oder haben die Entwickler Angst um ihre Kundschaft, die eventuell abspringt, wenn sich ein Hype um ein Spiel nicht erfüllen sollte?
Ich glaube, du hast das Thema schon sehr gut begonnen.
Es ist in der Tat so, dass es damals - als das Breitbandinternet noch kein weit verbreitetes und verfügbares Medium war - hauptsächlich die Spielemagazine waren, die mit monatlichen Heft-CD's die billigste Werbung für Neuerscheinungen machen konnten. Mittlerweile hat sich aber einiges verändert, teilweise handelt es sich dabei um ein Ursache/Wirkungs-Prinzip, aber auch die veränderten Geschäftsmodelle im heutigen Unterhaltungsmarkt spielen eine erhebliche Rolle.
Was ich mit dem Ursache/Wirkungs-Prinzip meine ist einfach erklärt: in allen großen Märkten der Publisher gibt es bereits eine sehr große Breitbandverfügbarkeit (in Deutschland (pdf) ist dies beispielsweise 98% ab mindestens 384kbit/s oder 92% ab 1MBit/s). Diese Entwicklung bedeutet für den Publisher, dass er sich nicht mehr auf die Printmedien als Werbeträger verlassen muss, sondern mit dem Internet eine ganz neue Plattform gefunden hat. Dort ist der Publisher sozusagen der "Herr im Haus" und kann neue Titel nach seinem Belieben bewerben. Eine Demo, wie sie früher eben das einzige Mittel war, um Live-Bilder aus einem Spiel sehen zu können, ist nun nicht mehr notwendig. Dazu kommt noch, dass mit aktueller Hardware und neuen Videocodecs endlich bewegte Bilder gezeigt werden können, die aktuelle Bildschirmauflösungen nutzen können (PAL bietet eine Auflösung von 720x576 Pixel, was schon seit Erscheinen von Monitoren mit 1024x768 Auflösungen bei der Vollbilddarstellung interpoliert werden muss).
Natürlich gibt es noch mehrere Gründe dafür, dass es heute nur noch wenige Demos gibt. Neben den schon genannten Gründen kommen auch neue Spiele-Genres hinzu, genauso wie man auch die neuen Release-Strategien in Betracht ziehen muss.
Neue Genres sind immer häufiger Spiele, welche eine Internetverbindung benötigen. Ob es sich dabei um sogenannte MMORPG's (Onlinerollenspiele) handelt, oder es simple Multiplayer-Shooter sind, diese Genres sind immer weiter verbreitet und sind deshalb auch nicht als Demo verfügbar. Je nach Strategie des Publishers kann man bei solchen Spielen manchmal kostenlos die Closed- und Open-Beta als Ersatz verwenden, um das Spiel und den Entwickler vor dem Kauf auch wirklich testen zu können. Andere Spiele bieten eine kostenlose Testperiode, die sich häufig auf 7 bis 14 Tage beschränkt oder durch eine niedrige Levelbegrenzung eigentlich nur Einblicke in die Spielmechanik bietet.
Neue Releasestrategien sind das von mir am meisten kritisierte Thema, weil das häufig halb-gare Ideen von Marketingfuzzis sind, um den extra Euro von den Spielern herauszupressen und das möglichst, ohne dafür eine eigene Leistung erbringen zu müssen. Damit meine ich beispielsweise, dass auf Grund von Veröffentlichungsterminen immer mehr Spiele unfertig auf den Markt kommen und man als kaufender Spieler plötzlich zum unfreiwilligen Beta-Tester verdammt wird (in einem solchen Fall wäre eine Demo höchstens eine schlechte Werbung). Ein weiterer wichtiger Punkt ist der stark wachsende Markt von DLC-Inhalten, also "downloadable content" welcher in aller Wahrscheinlichkeit vom Hauptspiel entfernt wurde, um damit nochmal zusätzlich Geld einnehmen zu können. Hat man also ein Spiel, welches sowieso schon beschnitten wurde und dessen Inhalt damit bereits ziemlich kurz ist, dann bleibt eben nicht mehr viel übrig für eine Demo-Version (wenige Ausnahmen wie zB Dragon Age: Origins scheinen diese Regel zu bestätigen). Natürlich gibt es auch solche Manager, die gerne eine abgespeckte Variante ihrer Spiele verkaufen würden und dies als Demos bezeichnen - denn nach Ansicht dieser Entscheidungsträger hat der potenzielle Käufer überhaupt nicht das Recht auf eine kostenlose Demoversion. Zu diesem Thema habe ich erst kürzlich ein Interview gelesen und musste heftig den Kopf schütteln.
Wie du also siehst, hat der Schwund von weit verbreiteten Demo-Versionen mehrere Gründe. Der wichtigste Faktor für diese Entwicklung ist meiner Meinung nach aber eindeutig der Publisher, welcher nun dank einer neuen Werbeplattform viel größere Kontrolle hat und sich damit nicht mehr dem Attraktionskampf der Spielemagazine (immer neue Demo-Versionen und gar ältere Vollversionen) beugen muss.
Kann mich dem von Reaper nur anschließen und ergänzend: Dass Du heute auch kaum noch Demos auf Heft-CDs findest hat einfach mit deren schierer Größe zu tun. Alle Demos von Topsielen, die ich in der Vergangenheit mal gezogen hatte, waren mindestens 1 GB groß teilweise bis zu 9 GB! Diese werden fast nur über Internet verbreitet.
Man würde sie einfach nicht mehr auf die Heft CD bekommen bzw. wenn ja, dann meist nur 2 - 4 Demos die dann einen sehr engen Interessenkreis umfassen. Dann lieber stattdessen 15 - 20 Videos verschiedener Spiele. Denn auch das Heft wirbt ja mit den Demos bzw. den Präsentationen von Spielen und muss einen möglichst großen Kundenkreis abdecken. Früher waren meist soviele Demos auf den Heften dass für jeden was dabei war.
Von aktuellen oder beliebten Spielen habe ich eigentlich bis auf wenige Ausnahmen immer eine Demoversion gefunden - manchmal werden diese jedoch nur exklusiv über bestimmte Plattformen vertrieben (Steam & Co) - daher wundert es mich, wenn Du meinst, dass es nur noch so wenige gibt.
Was übrigens auch seitens der Publisher bzw. Studios gerne ins Feld geführt wird, siehe GTA IV, ist, dass man keine Demo aus der Spielmechanik herauslösen könnte. Ob das nun an der Technik oder den zusätzlichen Kosten liegt, die man lieber in Werbung investiert - tja...
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