Eliten: Fehlkonstrukte der Gesellschaft?
Da dieses Thema für mich in so einigen Beiträgen als Unterton mitschwingt und die Suche auch keine zufriedenstellenden Ergebnisse liefern konnte, ist es mir ein Anliegen, dieses Thema zu eröffnen. Zunächst einmal muss man sich auf eine gleichbedeutende Verwendung des Begriffs Elite einigen. Definitionsgemäß bezeichnet der Ausdruck Elite eine Gruppe, die tatsächlich in einer Hinsicht überdurchschnittlich qualifiziert ist, oder sich so darstellt.
Ich kann nicht nachvollziehen, warum Elitarität in unserem Sprachgebrauch und in unserer Gesellschaft so unglaublich schlecht besetzt ist. Es fängt schon in der Schule an, wo es nahezu alle Schulen verabsäumen, Begabte zu fördern. Der schwächere Schüler wird unterstützt - das halte ich für sehr wichtig! -, der Durchschnitt übergangen und die Begabteren auch. Zunächst einmal nehme ich Anstoß am Wort Durchschnitt, es gibt keine durchschnittlichen Schüler, alle haben eine Begabung, die sie als Teil einer spezifischen Elite qualifizieren. Ein banales Beispiel: Studiere ich Chemie, bin ich überdurchschnittlich qualifiziert in meinem Fachbereich, ich bin Teil einer Elite. Bin ich aber Tischlermeister, so bin ich ebenso elitär, ich beherrsche mein Handwerk überdurchschnittlich gut.
Was ich damit sagen möchte: Es stört mich fürchterlich, dass Eliten - in welcher Hinsicht auch immer - als überheblich und arrogant verschrien sind. Elitär wird mittlerweile mit Krankheit konotiert. Was ist daran so schlecht, in seinem Fachbereich besser als andere zu sein, die nicht dieselbe Ausbildung haben? Schließlich lasse ich mich ja dazu ausbilden, dass ich gut bin. Wieso werden Eliten immer als geschlossene Kreise gesehen, die irgendwo über der Gesellschaft schweben und sich in ihrer Glorie sonnen?
Hier muss man wirklich mehrere Betrachtungsweisen anstellen, denn es kommt immer auch auf die spezielle Fachrichtung oder den genauen Berufszweig an. Wer sich für einen bestimmten Beruf ausbilden lässt, will auch später in seinen Beruf Erfolge haben. Andere Personen sind oder können auf Erfolge anderer Personen neidisch sein. Dieser spezielle Neid findet dann auch seinen direkten Ausdruck.
Die betreffenden Personen suchen dann auch gezielt nach Argumenten, um zu erklären warum sie selbst nicht diese Erfolge aufweisen können. Sie wollen den anderen Leuten damit logisch erläutern, weshalb es bei ihnen trotz Anstrengungen nicht klappt. Dann werden eben die Erfolge schon als ganz normal angesehen, obwohl anstrengende Arbeit das Ergebnis des Erfolgs war.
Das Problem mit den Eliten hat meiner Einschätzung nach allen voran Deutschland. Wenn man in anderen Ländern sieht, wird die Elite eines Jahrgangs ohne mit der Wimper zu zucken gefördert und man ist auch stolz darauf, besonders gut zu sein. Als Beispiel fallen mir da die Stipendiensysteme in den USA ein.
Wie es scheint, hängt die Angst vor der Elite eng mit der Zeit des Nationalsozialismus zusammen. Damals hat man ja in grenzenloser Selbstüberschätzung in die Welt hinaus posaunt, um wie viel besser man Deutschland im Vergleich zu anderen Nationen hält. Mit Recht kann den nachfolgenden Generationen diese Hybris peinlich sein, vor allem weil dieses ach so gelobte Volk so unsäglich viel Leid und Unrecht über andere Menschen, die als nicht dazu gehörig betrachtet wurden gebracht hat.
Allerdings denke ich auch, dass in gewissen Bereichen hier langsam eine Korrektur des Kurses notwendig wäre. In den Schulen gilt es ja als uncool und streberhaft, besser als andere zu sein, auch die mangelnde Begabungsförderung setzt da ganz klare Signale, dass es sich kaum lohnt, besser zu sein. Nur von Begabtenförderung würde sich kein Terrorregime mehr ermächtigen können. Im Gegenteil: ich halte es sogar für gefährlicher, die Leute die das Zeug zu besonderen Leistungen haben absichtlich verdummen zu lassen.
Seltsamerweise ist es so, dass ein Handwerker, der in seinem Fach überdurchschnittlich gut ist, weniger Probleme mit dem elitärsein hat. Schwieriger wird es schon, wenn man als Denker elitär sein will. Da kommt man sehr schnell in den Verruf, hochnäsig, eingebildet und lebensfremd zu sein.
Ich würde hier noch nicht einmal nur mit dem Nationalsozialismus anfangen, denn Eliten und das typisch deutsche Schielen darauf gab es ja auch schon im im Kaiserreich.
Ich glaube eher, dass das mit den in Deutschland recht radikalen 68ern angefangen hat und der verspäteten Entnazifierung - dadurch, dass die Vorgängergeneration von den 68ern durch ihre Naziverschleierung das Heuchler-Stigma weghatte sah man sich als die einzige, die mehr oder weniger das richtige tat. Und im Zuge der 68er Sozialromantik wurden Eliten prinzipiell als etwas schlechtes angesehen, sprich: die Wenigen, die über den Vielen stehen (was in einem aufgeladenen, politischem Klima immer nach Diktatur klingt).
Gleichzeitig kam hier wieder ein anderer sozialromantischer Aspekt durch, der ewige Wunsch nach Gleichheit (an sich richtig) endend in einer Gleichmacherei (an sich sinnlos). Und jede starke Ausprägung nach unten und oben (vor allem nach oben) widerspricht ja diesem "alle sind gleich" Gedanken.
Also kurz gesagt: Weil unsere Elterngeneration größtenteils politisch von irgendwelchen Nazispätschocks, egalitären Utopien und der Herrschaft von unten ohne herrschende "Eliten" geprägt waren hatte Elite gleich mal einen schlechten Ruf weg.
nirandor hat geschrieben:Wieso werden Eliten immer als geschlossene Kreise gesehen, die irgendwo über der Gesellschaft schweben und sich in ihrer Glorie sonnen?
Weil Eliten, sowie auch andere Gruppen, stets mehr oder weniger geschlossene Kreise bilden , auch ohne Allmachtsanspruch. Nur das macht der Taubenzüchterverein auch, der ja auch elitär in seinem Hobby ist.
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