Verpflichtende Teilnahmen an Schulveranstaltungen
Im Laufe einer Schullaufbahn werden immer mal wieder Ausflüge veranstaltet. Die größten sind wohl Klassenfahrten, aber inzwischen kommen, zu mindestens meinen Erfahrungen zufolge, immer mehr kleine zusätzliche Veranstaltungen hinzu. Beispielsweise Theaterausflüge, oder Tagesfahrten in andere Städte. Um was es mir hier jetzt allerdings geht, sind die "Tage der Religiösen Orientierung" im Folgenden lediglich TRO genannt. Diese TRO gehen über 3 Tage, dass heißt ich fahre Montag morgen hin, und käme Mittwoch abends zurück. Die Zeit wird gespickt sein mit, von geschultem Personal geleiteten, Meetings, in denen die Klassengemeinschaft weiter zusammenrücken und man einiges über sich selbst lernen kann.
Dies klingt zwar gut, klar. Die anderen zwei vergleichbaren Fahrten, die ich mit anderen Klassen unternahm, waren auch fast immer gut. Aber ich will ehrlich sein. Ich habe da jetzt keine Lust drauf. Nicht nur, dass ich glücklich bin, wenn ich von den Menschen aus meiner Klasse einen gewissen Abstand bekomme, deren einziges Konversationsthema Fußball zu sein scheint. Die sich jeden Abend betrinken (werden), und den Genuss von weiteren Drogen zelebrieren und gutheißen. Ich meine, ich komme gut mit ihnen klar. Aber nach einem sieben Stundentag habe ich einfach keine Lust mehr auf Ausländerfeindlichkeit und fehlende Akzeptanz anderer Denkweisen. Auch sehe ich keinen Sinn darin, eine ansonsten gut laufende Klassengemeinschaft zu stärken, obwohl sie sich in spätestens einem Jahr eh komplett auflöst. Ebenfalls finde ich es lächerlich eine Klausel unterschreiben zu müssen, die meinen Lehrern ausdrücklich die Kontrolle meiner privaten Taschen gestattet.
Mir bliebe keine andere Wahl, als mich dem Willen der Mehrheit zu fügen und diese Veranstaltung zu besuchen. Sollte ich nicht daran teilnehmen, werden mir, ohne Attest, unentschuldigte Fehlstunden eingetragen. Mit Attest bekomme ich natürlich ebenfalls Fehlstunden, entsprechend der Stundenanzahl der Schultage (25). Diese Möglichkeiten sind natürlich wertlos. Ich bin komplett hilflos. Das Gespräch mit meinem Klassenlehrer wurde mit einem, lächerlichen Argument beendet und gerade erhalte ich eine E-Mail von ihm, die einen Ausweg in noch weitere Ferne rücken lässt.
Es mag für den einen oder anderen lächerlich klingen. Ich kann es auch nachvollziehen und frage mich selber, warum ich mich denn so anstelle. Natürlich könnte ich da einfach hinfahren, meine 3 Tage absitzen und wieder heimfahren, natürlich kann es lustig werden. Ich könnte meine Klassenkameraden auch besser kennenlernen. Allerdings ziehe ich einfach zu gerne den Vergleich mit der Klassenfahrt, die für mich ebenfalls ein Reinfall war, auf den ich gut hätte verzichten können. Aber das kann doch nicht der Sinn sein. Mich stört am meisten dieser Zwang. Der offensichtliche Verlust der Selbstbestimmung. Just another brick in the Wall? Oder eher der Zwang zum Glück?
Was denkt ihr. Sollte ich mich einfach der Gewalt der Obrigkeiten beugen und den einfachsten Weg wählen. Oder sollte ich versuchen meinen Willen durchzubringen und zu versuchen, anstelle der TRO, normalen Unterricht zu besuchen? Was denk ihr zu der Vorgehensweise der Lehrer?
Ich hätte auf so etwas auch keine Lust gehabt, hätte aber in meiner Schulzeit nicht die Möglichkeit gehabt, mich diesen Veranstaltungen zu entziehen. Ich erinnere mich mit Grausen an eine Klassenfahrt noch vor der Wende, wo wir in Ostberlin kurz in eine interessante Ausstellung gingen, die wir aber nicht ansehen durften. Wir hatten den Eindruck nämlich nur bezahlt, weil unsere Lehrerin uns unbedingt ein altes Gemäuer zeigen wollte, auf das man aus dem Fenster des Gebäudes, in dem die Ausstellung war, einen besonders guten Blick hatte.
Was ich für ziemlich unverschämt halte, ist die Forderung, "freiwillig" zu unterschreiben, dass der Lehrer in den privaten Taschen rumsuchen darf. Abgesehen davon, dass hier offenbar ein Generalverdacht besteht, der Willkür Tür und Tor geöffnet ist, handelt es sich doch hier um eine Freiwilligkeit nach dem Motto: Springen Sie freiwillig aus dem Fenster oder müssen wir Sie rauswerfen? Die Tatsache, dass der Lehrer die "freiwillige" Unterschrift haben will, zeigt doch deutlich, dass er sich darüber im klaren ist, dieses Recht an sich nicht zu haben.
Dann ist es doch aber pervers, wenn man gezwungen werden soll, auf ein Recht zu verzichten; wenn das erzwungen werden kann, ist das Recht doch gar nichts mehr wert.
Möglichkeiten gibt es immer. Sicherlich, das mag jetzt dreist klingen, aber du könntest mit deinem Hausarzt darüber sprechen und ich bin mir sicher, dass er dich für die 3 Tage krank schreiben würde. Niemand kann dir aufgrund dessen Fehltage eintragen. Und selbst wenn dein Lehrer wüsste, dass du überhaupt nicht krank warst, kann dir das erstmal ziemlich egal sein. Ich kenne solche Momente, in denen man einfach überhaupt keine Lust auf eine bestimmte Gruppe hat, mit der man ansonsten eh schon dauernd rumhängen muss. Mir geht es manchmal bei Betriebsauflügen und Weihnachtsfeiern so oder, noch schlimmer, Wochenendseminaren, auf denen man sich besser kennenlernen soll und sowas. Da geht man hin und wieder eben mal mit, aber wenn man echt keine Lust mehr hat, dann tuts auch eine Krankschreibung.
Du musst natürlich selbst wissen, ob du das überhaupt möchtest und ob du deinen Lehrer in der Hinsicht eben hintergehen möchtest oder nicht. Ich denke, ich wäre so dreist und würde das machen und mir zu Hause ein paar schönere Tage machen.
Was sagen denn deine Eltern dazu? Die müssen doch auch eine Meinung zu dem Thema haben? Wenn du alleine mit dem Lehrer redest wirkt das immer ganz anders, als wenn man Rückendeckung von den Eltern bekommt.
Bei uns gab es so etwas auch, das nannte sich dann "Besinnungstage". Besinnungslose Tage wäre hier wohl treffender gewesen, denn es endete im allgemeinen Besäufnis. Verbieten ließ sich das auch schwer, weil die Fahrt kurz vorm Abi statt fand und die Schüler damit alle volljährig waren. Allerdings fuhr damals auch kein Lehrer mehr mit, sondern die Schüler wurden den Herbergseltern überlassen. Bei uns war das zum Glück freiwillig, weshalb ich es mir auch geschenkt habe. Es ging ja nicht nur um drei Tage mit unliebsamen Klassenkameraden, sondern auch darum, Geld für etwas zu bezahlen, was ich nicht machen will. Ich kann deinen Unmut also gut verstehen.
Die Sache mit den Taschen finde ich auch mal ein starkes Stück. Ich kann zwar die Lehrerseite verstehen, denn du schreibst ja selbst, dass deine Mitschüler verbotenerweise Alkohol und andere Genussmittel in rauhen Mengen konsumieren werden und je nach Alter und genauen Inhaltsstoffen ist das verboten und die Lehrer haben nunmal eine Aufsichtspflicht, sind also dafür verantwortlich, euch davon abzuhalten. Darum soll diese Regelung vermutlich als Abschreckung dienen, so etwas überhaupt mitzubringen. Aber RopiusK hat natürlich Recht, in Ordnung ist das nicht. Besonders dann nicht, wenn ihr gezwungen werden sollt, mitzufahren, denn dann zwingt man euch ja quasi auch eure Taschen neugierigen Augen zu öffnen. Ihr habt ja keine Wahl, wenn die Teilnahme verpflichtend ist. Das kann eigentlich nicht rechtens sein, dass die Privatsphäre derart verletzt wird. Protestieren denn da die Schüler, die mitfahren wollen und deren Eltern nicht auch? Ich bin entsetzt, dass das alle so hinnehmen wollen.
Hast du schon mal mit euren Stufenleiter oder dem Rektor gesprochen? Das würde ich auch noch mal versuchen, möglichst mit Unterstützung deiner Eltern. Erkläre ihm, dass du keine Lust auf Fussballmania, Komasaufen und Taschenkontrolle hast. Vielleicht zeigt er mehr Verständnis als dein Klassenlehrer. Ansonsten äußere, dass du nicht bereit bist den Unkostenbeitrag zu zahlen und das Geld auch gar nicht hast. Auf eine Klassenfahrt, die nicht bezahlt wird, werden die Schüler meist nicht mitgenommen und auch wenn es Möglichkeiten gibt, dies aus den Schulfonds zu zahlen, glaube ich nicht, dass deine Lehrer so weit gehen werden, dieses Geld zu verschwenden, nur um dich zur Teilnahme zu zwingen. Vor allem wenn die Gefahr besteht, dass du dir ein Attest besorgst und dann eh nicht fährst. Das wäre ja schon fast ein bisschen Kontrollzwang.
Vielen Dank für die Antworten. Die Idee, einfach zu sagen, dass ich nicht genügend Geld habe um die Veranstaltung zu besuchen hatte ich auch. Diese wurde allerdings durch die E-Mail meines Lehrers vernichtet, welcher mir dort direkt finanzielle Unterstützung durch den Förderverein anbot. Dementsprechend fällt dieser Versuch auch weg. Ebenfalls leider auch die Möglichkeit mich krankschreiben zu lassen. Es wäre zwar kein Problem, eben für drei Tage ein Attest zu organisieren, allerdings benötige ich auf meinem 12 / 2er Zeugnis, mit dem ich mich bewerben möchte, nicht mehr Fehlstunden als ich gerade benötige. Dementsprechend verfällt auch diese Möglichkeit. Ich habe mich jetzt also dazu entschlossen nochmals mit meinem Schulleiter zu reden, mit genau den Argumenten die Sorcya ansprach. Ich hoffe einfach, dass er es einsehen wird und mich von diesem Ausflug beurlaubt.
Sollte dies nicht funktionieren, habe ich das Problem mit der Taschenkontrolle vermeintlich gelöst. Im Grunde müsste die Klausel schließlich ungültig werden, wenn ich sie dick durchstreiche. Im Grunde müsste es quasi wie eine Vertragsveränderung gelten, solange der Lehrer das nicht unbedingt mitbekommt, besteht sogar die Möglichkeit, dass er den Zettel annimmt ohne die durchgestrichene Klausel zu entdecken. So käme ich zur Veranstaltung ohne nochmals so einen Zettel ausfüllen zu müssen. Natürlich mit einer Kopie des "Vertrags" in der Tasche, um mich auch lokal abzusichern. Eine Taschenkontrolle sollte dann, rein rechtlich, nicht mehr möglich sein. Große Gegenwehr gibt es, innerhalb der Schülerschaft, allerdings wirklich nicht. Lediglich ein weiterer Schüler weigert sich diese Klausel zu unterschreiben, er möchte allerdings unbedingt auf TRO, daher ist der Fall nicht zum Vergleich geeignet.
Ich bedanke mich nochmals für alle Antworten und würde mich über weitere natürlich weiterhin sehr freuen.
mfg
Ich würde mir sowas auch nicht an tun, wenn ich ehrlich bin. Ich selbst kenne das auch, an unserer Schule gibt es ähnliche ''Seminare''. Da verreist dann die ganze Klasse in irgendeine schrottige heruntergekommene Jugendherberge und das soll dann den Zusammenhalt stärken und den Teamgeist fördern. Die Leiter kommen sich immer oberwichtig vor und können aber letztendlich nicht mal die Gruppe ruhig halten. Die angewandten Methoden finde ich meistens absolut albern und geradezu lächerlich. Helfen tut es meistens eh nicht, weil die Klasse nicht lange zusammen bleibt und die meisten Schüler einfach nur nach Hause wollen oder andere Dinge im Kopf haben und die ganze Zeit mit Mp3 Player dasitzen und sich langweilen. Das Ganze bringt nichts, kostet manchmal sogar etwas und nimmt einem die Freizeit.
Ich selbst bin auch nicht immer zu diesen Seminaren gekommen. Zu Beginn war ich dabei, aber da es diese dummen Ausflüge irgendwie ständig gab, habe ich es irgendwann sein lassen und habe mich entschuldigen lassen. So konnte ich meine Zeit mit wichtigeren Dingen verbringen und habe nebenbei auch noch das Geld für die heruntergekommenen Jugendherbergen gespart. Ich würde es an deiner Stelle auch sein lassen, wenn du eh keinen Sinn darin siehst. Das Problem ist bei dir allerdings nun, dass der Lehrer schon Bescheid weiß, dass du keine Lust auf den Ausflug hast, deshalb ist es auch fraglich, ob er dir glaubt, dass du krank bist. Das der Lehrer deine Taschen durchsuchen darf, finde ich absolut unverschämt. Das würde ich gar nicht unterschreiben, aber es wird wohl Pflicht sein denke ich. Sowas hatten wir noch nie und ich würde mir das auch nicht gefallen lassen.
thumper hat geschrieben:Oder sollte ich versuchen meinen Willen durchzubringen und zu versuchen, anstelle der TRO, normalen Unterricht zu besuchen?
Ich würde Dir tatsächlich diesen Weg raten, wenn auch vielleicht mit einer anderen Begründung. Denn Deine wahren Beweggründe, an der Reise nicht teilzunehmen, werden Dir ja kaum Pluspunkte bringen. und mit der Aktion machst Du Dich ja von Beginn an eher unbeliebt. Nicht so sehr bei Mitschülern als bei Lehrern, die eben eine Alternative vorbereiten müssen. Denn es kann natürlich nicht sein, dass Dir Fehlstunden eingetragen werden, wenn Du ja in der Schule anwesend sein kannst und willst.
Bevor Du aber so was machst, solltest Du auch wirklich im klaren darüber sein, dass Du dem Lehrer gegenüber nicht klein bei geben darfst. Jede Ankündigung, was Dir dadurch organisatorisch als Nachteil ausgelegt werden würde, dürften jedenfalls nur leere Drohungen sein und Du musst hier stur genug sein, Dich eben nicht einschüchtern zu lassen.
Spätestens dann, wenn die Lehrkräfte merken, dass Du es ernst meinst und durchziehen wirst, gibt es für Dich ein Alternativprogramm in einer anderen Klasse. Ganz ohne verwaltungstechnische Nachteile. Und unter Umständen passiert es auch noch, dass sich Dir Trittbrettfahrer aus der Klasse anschließen, die zu "cool" waren, selbst nachzufragen und unter Umständen ganz froh sind, dass sich jemand wie Du gefunden hat.
Hast Du aber sowieso Schwierigkeiten mit hier verantwortlichen Lehrern, könnte zwar der Kampf hier zu Deinen Gunsten ausgehen. Aber es kann sein, dass Du hier an einer falschen Stelle gekämpft hast und da sollte man es sich überlegen, nicht doch in den sauren Apfel zu beißen.
Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass deine einzigen Möglichkeiten mitfahren, oder mit oder ohne Entschuldigung zu Fehlen sind. Solche Sachen müssen ja auch meistens bezahlt werden und deswegen kann man keinen Schüler zwingen mitzuführen. Außerdem kann dich niemand zwingen an religiösen Tagen teilzunehmen, wenn du dies nicht wünscht.
Bei uns war das immer etwas anders. Es MUSS schließlich eine Möglichkeit geben für Menschen mit anderer Regligion, oder kleinerem Geldbeutel, oder wenn man sich einfach nicht damit indentifizieren kann. Dann kommt man für den Zeitraum dieser Tage nämlich einfach in einer andere Klasse. Es kann dich niemand zwingen zu so etwas mitzufahren und unbedingt einfach frei machen wünscht du ja auch nicht. Da bin ich echt fassungslos, das man dir die Möglichkeit den Unterricht anderer Klassen zu besuchen einfach nicht geboten hat.
Diese Möglichkeit muss dir gegeben sein, das kann man auch erzwingen, denn niemand kann dich zu einer Teilnahme zwingen oder dazu zwingen zu unterschreiben, dass die Lehrer deine Taschen durchsuchen dürfen wenn sie das wollen. Wenn Lehrer und Schulleiter nicht dazu bereit wären, dann würde ich diese Klausel einfach mal nicht unterschreiben. Mal sehen was dann passiert, denn wenn man den ganzen Absicherungskram nicht unterschreibt weigern Lehrer sich auch, verständerlicherweise leicht, dne Schüler mitzunehmen und müssen sich etwas Anderes einfallen lassen.
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