Menschen mit zweierlei Maß messen
Ich habe da ein wenig ein Problem mit, wenn manche Menschen andere mit zweierlei Maß messen und würde gerne wissen, wie ihr das seht oder erlebt.
Ganz aktuelle Situation. Mein Vater ist ein Mensch, der mit Menschen die "anders" sind als die Allgemeinheit, eher ein Problem hat. Im aktuellen Fall erlebte ich folgende Situation: Wir waren auf einem Straßenfest und es kam uns jemand entgegen der eindeutig Transsexuell ist. Ich habe da an sich auch kein Problem mit und sah den Mann nur interessiert an. Auf einmal ein Aufschrei und der Mann stürmte auf meinen Vater zu und begrüsste ihn stürmisch. Ich schluckte, schmunzelte und innerlich fiel mir ein Stein vom Herzen. Weil mein Vater auf einmal so anders war. Ich fragte natürlich interessiert, woher er den Mann kennt. Ich bekam auch Auskunft. Und mein Vater hatte sich auch freudig mit dem Mann unterhalten. Naja mein Vater erklärte halt kurz und dann fielen so Sätze wie: An sich ist das ein ganz armer Kerl ( ich fragte mich warum), und dann packte mein Vater so ziemlich jede negative Story aus, die er über den Mann kannte. Also nichts wirklich schlimmes. Aber halt so Sachen an denen man merkte, er kann mit dem Typ Mensch einfach nicht umgehen. Und es kam auch sehr negativ rüber. Und ich fand in dem Moment diese Doppelmoral einfach nur zum Kotzen.
Ähnliches erlebe ich immer im Umgang meines Vaters im Bezug auf Psychiatrie. Er erzählt oft mal von Leuten die er kennt und die halt mal irgendwann in der Psychiatrie waren. Als Patienten wohlbemerkt. Aber dann immer in der Richtung, der und der war in der Klapse ( ich empfinde Klapse als abfälligen Ausdruck) und der war schon immer komisch und so weiter. Wohlbemerkt stehe ich dann dabei und schlucke nur. Denn ich gehe seit ein paar Jahren quasi in der Psychiatrie, ebenfalls als Patientin, ein und aus. Kenne bald die komplette Pflege vor Ort mit dem Vornamen, um es übertrieben auszudrücken. Das weiß er auch. Trotzdem wird in meinem Beisein immer wieder absolut abfällig über psychisch kranke Menschen gesprochen. Aber mich sieht er nicht als Irre oder so an. Er hält zwar nicht unbedingt große Stücke auf mich, aber zu "denen" zähle ich für ihn nicht.
Ähnliches erlebe ich auch immer wieder bei Bekannten und auch Freunden. Da wird über andere erzählt. Ob es nun ist, wie schlecht andere mit ihren Haustieren umgehen und es wird sich unendlich lange darüber ausgelassen, bis hin zu der Überlegung, ob man nicht mal die Behörden benachrichtigt. Wohlbemerkt hat die Person selber Tiere und macht mit denen genau das selbe, was sie anderen vorwirft. Aber nein ihren Tieren geht es gut.
Da wird sich über die Kindererziehung anderer ausgelassen. Auch hier bis hin zu ob man nicht das Jugendamt informieren sollte. Betreffende ist eventuell (ist ja auch Ansichtssache) eine gute Mutter, trotzdem erkenne ich in den Erzählungen aus anderen auch immer wieder Story´s wieder, die ich aus ihren Erzählungen auch kenne. Aber nein sie hat keine Probleme. Oder eine Frau rät der anderen auf keinen Fall Kinder zu bekommen. Angeführt werden so Punkte wie: Du hast keine Mann, du bekommst dein Leben nicht auf die Reihe, du hast niemand der dir eventuell mal helfen kann und dich unterstützen kann. Nur das besagte Frau weder ihr Leben auf der Reihe hat, für mehrere Kinder fast genausoviele Väter zur Auswahl hat, lange alleinerziehend war und so weiter. Aber ihr Leben läuft prima.
Oder Webmaster die einem erzählen was andere alles falsch machen. Und das passiert auf ihren Seiten natürlich nie. Aber wenn man dann mal sagt, du das und das läuft falsch oder das und das funktioniert nicht, bekommt man zur Antwort: Auf meiner Seite läuft nie was falsch, bei mir läuft ja auch alles und das muss eindeutig an den von dir genutzten Programmen liegen. Treten aber ähnliche Fehler auf anderen Webseiten auf, dann sind das natürlich nicht mehr die Programme anderer. Dann ist das eindeutig ein Fehler des Webmasters.
Wie geht man mit sowas um? Wie verhaltet ihr euch? Weil wenn man den Leuten dann direkt sagt, du ich sehe das so und so, kommt eh zurück: Nein ich mache nie was falsch.
Was man in der Situation machen kann, ist von der genauen Situation und auch der Person, die man vor sich hat, abhängig. Und eben davon, wie man selbst mit seinen Idealen umgeht.
Wobei ich auch meine, du sprichst hier drei verschiedene Dinge an. Erstens, wenn Menschen sich selbst schlecht benehmen, ihr schlechtes Verhalten aber in Ordnung finden, genau dasselbe aber bei anderen Menschen kritisieren. Zweitens, wenn Menschen anderen Menschen gegenüber freundlich reagieren, dann aber hinter deren Rücken tuscheln. Und drittens, wenn Leute bestimmte Bevölkerungsgruppen ablehnen, aber ihre Verwandten nicht, die eigentlich auch zu diesen Bevölkerungsgruppen gehören.
Was den zweiten Fall betrifft: Bei mir beispielsweise ist es so, dass ich auch Leute im Verwandtenkreis habe, die abschätzig über bestimmte Bevölkerungsgruppen reden, hinterrücks, während sie diesen Leuten direkt gegenüber Freundlichkeit heucheln. Mich regt das wahnsinnig auf. Aber ich weiß auch, wenn ich sie deswegen kritisiere, gibt es zum Teil heftigsten Streit. Da muss ich abwiegen: Riskiere ich das, oder nicht? Mein Drang, Menschen auf ihre Intoleranz und ihre Vorurteile hinzuweisen, ist stark ausgeprägt. Ich habe dafür schon einige Male üble Streits in Kauf genommen.
Wobei ich dann auch immer sehe, wie mein Freund darunter leidet. Das tut mir auch Leid, also denke ich dann schon nach, ob ich des Familienfriedens wegen nicht einfach schweige. Aber auch nur, wenn ich weiß, mein Gegenüber wird sowieso nie von seinen dummen Vorurteilen wegkommen, also ist eigentlich jede Diskussion sinnlos. Da kann man dann wohl den Frieden wahren, denn der Streit hat keinen Zweck. Was man aber tun kann, ist, den, über den hinterrücks getuschelt wird, zu informieren, was Sache ist. Damit der nicht mit der Lüge leben muss und weiß, wie wirklich vom Heuchler über ihn gedacht wird.
Fall eins und Fall drei hingegen passen irgendwie zusammen, um wieder zu den drei von dir geschilderten Situationen zu kommen. Denn wenn ein Mensch ein Verhalten bei Fremden kritisiert, dasselbe Verhalten aber nicht bei sich selbst oder bei Verwandten, dann hat das damit zutun, dass diese Leute nicht selbstkritikfähig sind. Sie mäkeln gerne an anderen Menschen herum, aber ihr komisches übersteigertes Selbstbewusstsein lässt sie tatsächlich glauben, dass sie selbst besser seien, ja, im Extremfall sogar völlig makellos.
Wobei ich nicht genau weiß, ob sie das wirklich glauben, oder ob sie nur so tun, um selbstbewusst zu wirken. Vielleicht reden sie es sich auch immer wieder ein. Der egoistisch betrachtete Vorteil ist ja offensichtlich: Wer bei sich keine Fehler sieht, muss sich nicht bemühen, sich zu ändern. Aber andere Menschen kann man ja weiter bemäkeln. Denn das heißt nicht, dass man etwas an sich selbst machen muss.
Gerade zu diesem Fall, dass Eltern ihr Kind keiner verhassten Bevölkerungsgruppe zuordnen wollen, obwohl dieses schon dazu gehört, kann ich auch noch etwas mehr schreiben. Konkret habe ich solche Erfahrungen auch schon gemacht, sowohl mit meinem eigenen Vater, als auch mit den Eltern meines Lebensgefährten. Wir sind beide recht nah an der Gothic-Szene dran, und auch bevor ich von dieser Szene überhaupt wusste, trug ich bevorzugt schwarze Kleider, weil mir das einfach immer sehr gut gefiel. Ich laufe sehr oft komplett schwarz gekleidet herum und mein Freund ebenfalls. Mein Vater hat immer auf "die Gruftis" geschimpft, dass die asozial und geistig verwirrt seien. Grufti-Sein hat er an der schwarzen Kleidung fest gemacht. Trotzdem hat er irgendwie geistig einfach nie gesehen, dass ich ja auch so ein genauso schwarz gekleideter Mensch bin. Nein, ich war natürlich nicht so ein "Asozialer". Bei meiner Schwiegersippe ist es so ähnlich. Für die sind das alles "verwirrte Satanisten". Dass sie selbst zwei solche Leute (im weitesten Sinne Gothics, keine Satanisten) in der Familie haben, das fällt ihnen irgendwie nicht auf, dabei ist es offensichtlich.
Ich glaube, da spietl einfach eine Rolle, dass man seine eigenen Kinder nicht unbedingt als schlecht betrachten möchte. Vielleicht, weil man sie noch als liebe kleine Kinder ohne eben diesen "Makel" kannte und sie viele Jahre so erlebt hat. Sie bleiben dann vielleicht im Kopf diese netten Kinder. Oder aber, man assoziiert Schlechtes immer mit Fremden und will nicht wahrhaben, dass irgendetwas, was man als schlecht betrachtet, auch in der eigenen Familie vorkommen könnte. Vielleicht hat es auch mit "Familien-Stolz" zutun, man will "sowas" nicht in seiner Sippe haben.
Oder man denkt sich, bei "allen anderen" sei eine bestimmte Sache schlimm, aber bei den eigenen Kindern ja nie, denn die kennt man ja und bei denen weiß man dann zum Beispiel, dass es eben auch "komische schwarz Gekleidete" sind, aber keineswegs Satanisten, wie "die anderen komisch schwarz Gekleideten". Man kennt ja den Spruch "Die sind alle XY, aber mein Kind nicht, das ist anders, das ist eine Ausnahme!". Natürlich ist das irgendwie etwas unlogisch. Schon komisch, wie manche Menschen versuchen, ihre Vorurteile bei zu behalten, indem sie jeden logischen dagegen sprechenden Punkt irgendwie mit einer Ausrede aus dem Weg schaffen. Bloß nicht die eigenen Vorurteile überdenken.
Das wären die Gründe, die ich mir für ein solches Verhalten vorstellen könnte.
Ich glaube bei fremden Menschen guckt man oft nur auf die äußeren Umstände. Auf Außenstehende wirkt es eben nicht positiv, wenn jemand vier Kinder von drei Vätern hat, keinen Schulabschluss und auch sonst nichts zu bieten. Da sagen fast alle auf den ersten Blick: ASOZIAL!!!! Ebenso verhält es sich vermutlich mit Menschen, die mal in der Psychiatrie waren oder noch sind. Erstmal ist das fremd und irgendwie komisch, damit möchte man nichts zu tun haben.
Handelt es sich aber um jemanden, den man näher kennt, kennt man auch die Details, wie es zu dieser Situation kam. Da argumentiert man dann eben, dass die vierfache Mutter ja auch echt Pech hatte mit den Männern und nichts dafür kann, dass sie ihr Leben nicht auf die Reihe kriegt. Was hätte sie denn machen sollen, als sie schwanger wurde? Und überhaupt! Und, dass die eigene Tochter in psychiatrischer Behandlung ist, hat natürlich auch gute Gründe und sie kommt ja auch eigentlich ganz gut klar, jetzt. Die ist nicht "irre", die hat nur ein paar Probleme, sowas kommt halt vor.
Das wohl typischste Beispiel sind Hartz-IV Empfänger. Die sind alles faule, dumme Schnorrer, die auch gar nicht aus ihrer Situation rauswollen und gerne auf Kosten anderer vergammeln. Die sollen gefälligst für einen Euro pro Stunde im Park Müll sammeln, das Pack. Aber der eigene Bruder oder die Frau des Arbeitskollegen, die ist natürlich völlig unverschuldet in diese Situation geraten. Die Firma ging halt pleite und dann findet man in der Wirtschaftskrise ja auch nicht so schnell wieder was, es gibt ja so viele andere Bewerber. Aber die Person bemüht sich wirklich und man hat ja nicht studiert, um dann irgendwo Klos zu putzen. Irgendwo muss die Würde ja auch bleiben, oder?
Bei fremden Menschen mag es all diese Gründe auch geben, warum ihre Situation so oder so ist, aber man kennt sie eben nicht und will sich auch nicht damit befassen. Die entsprechen bestimmt allen Klischees, das sind alles Ausreden. Nur bei mir ist das alles ganz anders. Dass es im eigenen Bekanntenkreis vielleicht auch das ein oder andere Beispiel gibt, das einfach wirklich völlig neben der Spur ist, so ziemlich alleine daran Schuld und auch noch stolz darauf, das übersieht man dann gerne mal. Gute Freunde nimmt auch dann gerne mal in Schutz, wenn sie eigentlich im Unrecht sind. Aber warum soll man das bei fremden Leuten tun?
Und was den Beispiel mit dem Transsexuellen angeht, muss ich mich Wawa anschließen. Das passt nicht ganz zu den anderen Beispielen. Hier handelt es sich um pure Heuchelei, bei den anderen Dingen aber tatsächlich um Doppelmoral.
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