Hartz IV und 1-Euro-Jobs - Erfahrungen
Gerade durch den Beitrag mit den Spargelstechern und da es mich eigentlich auch immer wieder etwas ärgert, dass man 1-Euro-"Jobber" generell nach denen beurteilt, die wirklich nichts bzw kaum etwas leisten, würde ich gerne mal von Euren eigenen Erfahrungen hören. Egal, ob man selbst es von Arbeitnehmer oder Arbeitgeber Seite her kennt.
Ich kenne zum Beispiel einen Freund, der nach seiner Ausbildung an einer Privatschule noch nicht gleich etwas für sich gefunden hatte, der dann erst einmal eine Zeit lang Hartz IV bekam. Dann wurde ihm und anderen Künstlern vom Arbeitsamt ein "Haus" zur Verfügung gestellt, indem Sie Ihrer Arbeit nachgehen sollten, also malen. Nun ist es in der Kunst natürlich etwas schwer, sich da einen Namen zu machen, aber ich fand diese Art des 1-Euro-Jobs durchaus in Ordnung und auch hilfreich für meinen Freund (die anderen kenne ich nicht genug, um das zu beurteilen). Jedenfalls hat er sich in seiner Arbeit dadurch weiter entwickelt und war ziemlich kreativ in der Zeit. Man begutachtete die Arbeiten der anderen und zeigte sich wohl auch untereinander verschiedene Fertigkeiten. Das ist es womit ich einen 1-Euro-Job als erstes verbinde.
Dann gibt es jetzt neuerdings eine Art soziales Kaufhaus in der Nähe von Freunden, wodurch wohl auch ein Euro Jobs geschaffen wurden. Dieses Kaufhaus existierte zuvor nicht, und da auch zumindest ein anderer Kaufladen mit billigen Textilien in der Nähe ist, fand ich den Standort etwas ungünstig gewählt, da man dort wohl hauptsächlich Second-hand Kleidung kaufen kann. Inwiefern man da gut bedient wird in dem kleinen Laden kann ich nicht sagen, da ich ihn selbst noch nicht von innen gesehen habe. Allerdings stört mich daran, dass man diesen Shop in der Gegend eröffnet, wo er eigentlich total fehl am Platz ist. Ob da nun überhaupt viele Leute hingehen, mag ich bezweifeln. Auch das man gleich außen lesen kann, dass der Shop eher eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ist, finde ich zu diesem Laden eher heikel und fast schon diskriminierend. Ich meine nicht jeder muss wissen, warum man dort arbeitet, oder? Zudem sind es für den kleinen Laden recht viele Angestellte, die sich nun auch gerne fröhlich draußen in der Sonne aufhalten und man wirklich den Eindruck bekommt - schon nach kurzer Zeit - das die nicht viel zu tun haben, aber immerhin scheint es Ihnen nicht an Pausen zu mangeln.
Hier finde ich das ganze wiederum einfach total sinnlos, denn wenn kaum Kunden vorhanden sind, benötigt man nicht viele Verkäufer, für die Größe des Ladens hätten zwei wohl vollkommen ausgereicht. Aber so kann man halt noch sagen, dass man die Leute zuerst einmal in einem 1-Euro-Job untergebracht hat. Was Sie letztlich wirklich an effektiver Zeit dort arbeiten, sei mal dahin gestellt. Das ist sicherlich nicht der richtige Weg Leute zum arbeiten zu bringen, denn da nimmt ja der eine dem anderen vermutlich schon freiwillig die Arbeit weg, wenn man selbst etwas tun möchte und ob es nun so gut ankommt bei einem eventuell zukünftigen Arbeitgeber, in einem kleinen sozialen Kaufhaus gearbeitet zu haben, welches vermutlich schon nach ein paar Monaten wieder geschlossen wurde aufgrund der mangelnden Nachfrage, weiß ich auch nicht.
Ihr kennt doch sicherlich auch ein paar Beispiele. Mich würde interessieren, was Ihr aus Eurem Umfeld denn für Erlebnisse mit einem 1-Euro-Job hattet?
Also ich finde, dass die Vorurteile gegen 1-Euro-Jobber sind nicht immer ganz unbegründet. Du schreibst, dass 1-Euro-Jobbern häufig vorgeworfen wird, dass sie nichts leisten würden. Das wiederum finde ich nicht. Ich selbst verbinde solche Menschen eher mit wenig Bildung und Faulheit, wenn ich ehrlich bin. ich weiß, dass das nicht immer der Fall ist und das es auch einige gebildete Menschen gibt, die solche Jobs machen, aber in der regel handelt es sich doch meistens eher um Menschen mit schlechter Schulausbildung und wenig Ehrgeiz.
Ich kenne mehrere Beispiele, die das für mich bestätigen, aber ein besonders aktuelles möchte ich hier kurz erläutern. Ich kenne einen jungen Mann, der nun bald 27 Jahre alt wird. Er hat nur einen Hauptschulabschluss und hat danach seinen Job sehr schnell gekündigt, weil er sich von dem Chef ''unterdrückt'' gefühlt hat. In seinem Job danach hat es ihm auch nicht gepasst, dass er jemanden über sich hatte, dem er gehorchen musste und immer meckerte er darüber, wie viel Arbeit er doch hätte und wie wenig er verdienen würde. Er hat dann den Job ganz gekündigt und ganze 5 Jahre lang nur von dem Geld gelebt, dass er vom Staat und von seinen Eltern bekam.
Jetzt hat er sich wieder beworben, weil seine Eltern ihn dazu gedrängt hatten. Er hat auch nur einen 1-Euro-Job bekommen, denn er hat keine richtige Berufserfahrung und keine richtige Ausbildung. Und trotzdem beschert er sich Tag für Tag darüber, wie viel Arbeit er nun auf dem Bau hat und wie wenig er verdient. Hier würde ich sagen, dass er wirklich recht viel zu arbeiten hat, als 1-Euro-Jobber leistet er nicht wenig. Aber was will man auch sonst erwarten, wenn man kaum die Schule geschafft hat, ich denke da ist man selbst Schuld.
Ich würde generell sagen, dass man 1-Euro-Jobbern gar nciht mal vorwerfen kann, sie würden nichts tun. Oftmals ist das richtige Drecksarbeit, die sie da zu verrichten haben und die Bezahlung ist natürlich unterirdisch. Meine Erfahrungen mit 1-Euro-Jobbern begrenzen sich momentan aber besonders darauf, dass es sich um extrem faule Menschen mit schlechtem Abschluss handelt, die selbst Schuld an ihrer Situation gibt, Es gibt auch Ausnahmen, keine Frage, aber meinen bisherigen Erfahrungen nach trifft die Beschreibung auf den Großteil dieser Menschen zu.
@ygil, ich verstehe gerade überhaupt nicht, wieso der Standort des Sozialkaufhauses ungünstig gewählt sein soll. Ich kenne genügend Menschen, die lieber gebraucht als billig kaufen und genug Menschen, die umgekehrt lieber billig als gebraucht kaufen. Und das wird sicher auf einen Großteil der Bevölkerung zutreffen, so wie ich analog zu meinem Bekanntenkreis vermuten würde, dass es etlichen Gebrauchtkäufern peinlich ist, sich dazu zu bekennen, dass sie dort kaufen. Eine wirkliche Konkurrenz sehe ich da erst mal nicht.
Auch die Tatsache, dass sich die Angestellten des Gebrauchtkaufhauses die Sonne auf den Pelz scheinen lassen, würde ich nicht unbedingt als Mangel an Arbeit deuten. Auch wenn das öfter vorkommt, würde ich lieber mal nachfragen, was dahinter steckt. Ich bin ja auch an einer Erwachsenenbildungseinrichtung in der es auch regelmäßig Kurse für Langzeitarbeitslose gibt. Das ist zwar kein Ein-Euro-Job aber dort sollten die Teilnehmer einfach wieder zu einem geordneten Tagesablauf zurückfinden. Wer sagt denn, dass die in dem Kaufhaus geschaffenen Arbeitsplätze nicht auch einem ähnlichen Zweck dienen? Und wenn es erst eröffnet hat, könnte es vielleicht noch Anlaufschwierigkeiten haben?
In meinem Bekanntenkreis habe ich nicht viel Erfahrungen mit Ein-Euro-Jobs, denn die meisten meiner Freunde sind sehr gut qualifiziert und haben daher keine Probleme mit Arbeitslosigkeit. Einige weitere Bekannte bemühen sich zwar um einen solchen Job, aber in einer Region mit einer hohen Arbeitslosenquote und wenig solchen Jobs sind die Wartelisten lang. Diejenigen, die einen solchen Job bekommen haben, müssen wirklich ziemlich hart ran. Die meisten ersetzen den früher üblichen Gemeindediener und haben so viel zu tun.
Zwar kenne ich den von Dir als Grundlage angeführten Bericht nicht, aber ich kenne niemanden persönlich, der abschätzig über Ein-Euro-Jobber redet. Wieso auch, die Leute jobben für ein Taschengeld und das zum Teil wirklich körperlich schwer. Wenn die Ein-Euro-Jobber aber nicht so viel zu tun haben, wieso sollte man diese Menschen dann verurteilen?
Zu den Sozialkaufhäusern. Ganz einfaches Sache, die sind, wie der Name schon sagt Sozial. Müssen also mit möglichst wenig Kosten arbeiten, um überhaupt tragbar zu sein. Und die Mieten direkt in der Innenstadt sind ja schon um einiges teuerer als außerhalb. Bei uns ist ein Sozialkaufhaus in einem Gewerbegebiet. Ich war da noch nie, weil ich kein Auto habe und nicht weiß, wie ich mit dem Bus dort hin komme. Allerdings ist es wohl irgendwie mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Nur kostet hier eine Busfahrt knapp 2 Euro. Sind Hin- und Zurück also knappe 4 Euro. Und es gibt zwar für Hartz 4 Empfänger eine vergünstigte Monatsfahrkarte, die aber nicht wirklich viel unter dem Preis der regulären Karte liegt. Und man bekommt diese Monatsfahrkarte halt auch nur, wenn man Leistungen aus dem Hartz 4 Topf bezieht.
Günstig einkaufen kann da an sich jeder. Käufer mit einem Sozialhilfebescheid bekommen dann noch mal einen Rabatt. Und das Geschäft muß ganz gut laufen. Allerdings werden halt vorallem Ein- Euro- Jobber beschäftigt. Und so ganz mit rechten Dingen scheint es da nicht abzulaufen. Zumindest wenn man dem örtlichen Hartz 4 Hilfeverein glauben schenken kann. Die haben da zumindest Hausverbot oder so.
Allerdings habe ich im Fernsehen mal einen interessanten Bericht über ein Sozialkaufhaus gesehen. Da wurden auch Ein- Euro- Jobber beschäftigt. Die Ware kam teilweise von der Sperrmüllabfuhr. Sprich wenn die was entdeckten, was noch brauchbar war, wurde das, statt auf die Deponie, in das Sozialkaufhaus gefahren oder abgeholt. Und dann wurden die Möbel dort aufgearbeitet. Und das mit richtiger Phantasie und so.
Generell finde ich die Idee von Ein- Euro- Jobbern gut. Wenn es laufen würde, wie es laufen sollte. Einmal halt wieder einen regelmäßigen Tagesablauf reinbekommen UND eine Chance auf den Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt. Statt dem sind aber viele dazu übergegangen, Ein- Euro- Jobber als billiger Arbeitskräfte zu sehen. Die werden dann für sechs, eventuell zwölf Monate eingestellt und stehen dann wieder auf der Straße. Und ich weiß das in meiner Stadt auch reguläre Arbeitsplätze gestrichen wurden und die nun mit Ein- Euro- Jobbern besetzt sind. Ein Bekannter hat ist in der Firma gekündigt worden und hat irgendwann dann dort als Ein- Euro- Jobber gearbeitet. Selbe Aufgaben etc. aber weniger Geld.
Zum Lohn. Das ist in meinen Augen Ansichtssache. Als Hartz 4 Bezieher bekommt man im Monat die Miete bezahlt, Heizkosten, diverse andere Sachen und bekommt um die 350 Euro zum Leben. Je nach Miete ( hier sind etwa 300 Euro kalt für eine Person zulässig), sind das um die 700 Euro im Monat. Das Geld aus den Ein- Euro- Massnahmen darf man behalten. Wobei es selten nur Ein Euro gibt. Meistens sind es 1,50 Euro bis 2 Euro pro Stunde. Die wöchentliche Arbeitszeit liegt bei um die 30 Stunden. Sind bei einem Euro knapp 130 Euro die man im Monat mehr hat. Sind dann schon 830 Euro. Wenn man einen mittelmäßig bezahlten Vollzeitjob hat, verdient man nicht viel mehr Netto.
@ Crispin
Wie viele Menschen die Leistungen aus dem Hartz 4 Topf bekommen, kennst du denn? Wieviele von denen sind wirklich in der Lage zu arbeiten? Ich kenne sicherlich eine Menge Menschen. Und die meisten der Menschen, die ich kenne, die Hartz 4 Leistungen beziehen, sind aus irgendeinem Grund gar nicht arbeitsfähig. Einmal weil sie krank sind und nur ergänzende Leistungen beziehen. Trotzdem werden sie wie Hartz 4 Empfänger ( und zum Teil noch schlechter) behandelt. Mütter mit kleinen Kindern. Alte Menschen. Und so weiter. Und viele von denen sind weder dumm noch faul. Und wenn sie dürften oder könnten, würden sie wahrscheinlich jeden Job der Welt machen.
Dank einer angeschepperten Gesundheit hab ich überraschenderweise selbst mal ein paar Erfahrungen mit dem Thema gemacht und bin gemischter Meinung. Die Maßnahme bei der ich war, konnte man getrost mit "Basteln fürs Vaterland" umschreiben und der eigentliche Sinn von herstellen unzähligen Bilder mit Window Color und häkeln großer Tischdecken bestand da drin die Teilnehmer teilweise wieder zu sozialisieren. Viele waren nicht nur sehr lange arbeitslos, sondern hatten sich inzwischen arg in ihrem Schneckenhaus verkrochen und waren oft am Anfang kaum in der Lage normal zu kommunizieren. Nebenbei wurde Bewerbungstraining durchgeführt und rudimentäre PC Kenntnisse vermittelt, einige erhöhten ihre Berufschancen dadurch das sie ihren Führerschein dort machten. Soweit, so vernünftig.
Auch die Bastelei war ganz nett, die Ergebnisse wurden dann zugunsten z. B des Kinderschutzbundes verkauft und so mancher entdeckte bei der Gelegenheit ungeahnte kreative und handwerkliche Fähigkeiten. Bei einer weiteren Maßnahme die von der Leiterin angeleiert worden war wurde gar ein ziemlich cooler Generationen Spielplatz aufgebaut, der sich inzwischen großer Beliebtheit erfreut. Ich selbst bin beim vaterländischen basteln auf eine ganz gute Geschäftsidee gekommen (mal sehen ob sie wirklich gut ist) und einige fanden dort wieder den Elan sich wirklich auf den Arbeitsmarkt zu werfen.
Nur gab es da noch eine andere Seite: Die ARGE hat bei diesen Maßnahmen teilweise durchprobiert welche ihrer Schäfchen überhaupt noch vermittelbar sind und welche - sagen wir mal: Probleme haben. Meistens flüssige Probleme. Einige waren da irgendwie reingerasselt, meistens weil sie gesundheitlich angeboxt sind oder einfach echt Pech hatten. Die sind meistens stark motiviert und nicht wenige fangen an aus der Position raus sich Gedanken zu machen wie sie einen Neueinstieg hinbekommen können. Ähm, hätten die meisten aus der Gruppe wohl aber eh gemacht.
Einige wurden aus ihrem Dornröschenschlaf aufgeweckt und dadurch das sie merkten, das ihre Mitmenschen nicht beissen fassten sie neuen Mut, den sie schon länger verloren hatten. Und eine nicht unbeträchtliche Menge war einfach: Au weia. Kennt ihr das Gefühl, euer Gegenüber denkt mit der Geschwindigkeit von Kontinentalplattenverschiebung? Habt ihr schonmal erlebt wie Leute in eine normale Stunde sieben 10 Minütige Zigarettenpausen quetschen kann? Den lieblichen Geruch von Alkoholfahne am Morgen, bereits vor 10:00 Uhr schon mindestens auf Halbmast gehisst? Leute die an allen nur was zu motzen haben und aller drei Tage mit einer neuen Krankheit angeschlichen kommen?
Mein persönliches Fazit war, das ich bei einigen Aktionen (Wie Generationen Spielplatz) auch danach freiwillig meine Zeit zur Verfügung stellte (da wo meine bescheidenen Gaben gefragt waren) und das ich feststellte: Manches sind keine Vorurteile. Grundlegend halte ich die Maßnahmen nicht für verkehrt, auch weil sie teilweise neue Horizonte eröffnen. Ich nehme an bei solchen Maßnahmen wie dem Wiederherstellen von alten Möbeln usw. ist das ähnlich - wovon ich nichts halte sind die Maßnahmen, die in Konkurrenz zu echten Jobs stehen. Und Spargelstechen gehört da zu. Auch Gartenanlagen instand zu halten usw. Da entsteht ein grauer Arbeitsmarkt, der extrem verzerrend wirkt und letztlich dann nämlich verhindert, was eigentlich gefördert werden soll: Den Wiedereinstieg in den echten Arbeitsmarkt.
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