Studium - Wie funktioniert das mit den Wartesemestern?

vom 15.09.2008, 12:43 Uhr

Ich habe schon seit längerem eine Frage, die mir nicht mehr aus dem Kopf geht, konnte aber bisher leider noch nirgendwo die Antwort dazu finden. Vielleicht weiß hier ja jemand bescheid!

Und zwar werde ich nächstes Jahr mein Abitur machen und möchte dann auch studieren, allerdings ein Fach mit einem relativ hohen NC, den ich wahrscheinlich nicht ganz erreichen werde. Wenn ich mich dann bei der Uni bewerbe und, wie ich annehme, keine Zusage bekomme, wird mir dann von vornherein gesagt: "Sie müssten 5 Wartesemester warten, um einen Studienplatz zu bekommen"? (Als Beispiel) Also bekommt man dann direkt gesagt, wie lange man genau warten muss und hat dann auch einen Studienplatz sicher? Oder bekommt man nur gesagt, DASS man warten muss, aber nicht genau wie lange? Letzteres kann ich mir eigentlich gar nicht vorstellen, weil man dann ja nie wüsste, wie lang man warten muss und dann für sein weiteres Leben überhaupt nichts planen kann. Allerdings haben mich verschiedene Aussagen von Freunden etwas verunsichert und auch dort wusste keiner genau Bescheid!

Also, kann mir jemand von euch erklären, wie das genau abläuft?

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» B. » Beiträge: 796 » Talkpoints: 2,36 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Das ist ein spannendes Thema. Um welches Fach geht es denn? Ich werde versuchen, ein wenig Klarheit beizusteuern, allerdings werde ich es ausgehend von dem Studienfach Medizin erklären. Bei anderen Fächern müsste das ähnlich sein, und wer weiß, vielleicht willst du ja auch gerade Medizin studieren.

Erst einmal ist es wichtig zu wissen, dass man Wartesemester automatisch sammelt, es sind die Semester, die zwischen dem Erlangen der Hochschulreife und dem möglichen Studienbeginn verstrichen sind und in denen du NICHT an einer deutschen Hochschule eingeschrieben warst.

Nun gibt es bei der Bewerbung über die ZVS, die die Studienplätze in Fächern wie Medizin, Tiermedizin, Pharmazie... zentral verteilt, mehrere Möglichkeiten. Ein Teil der Plätze, im Moment 20%, werden über die Wartezeit vergeben. Wie viel Wartesemester man benötigt, um einen Platz zu bekommen, hängt immer von der Nachfrage ab. Studenten mit mehr Wartezeit haben hier selbstverständlich Vorrang vor denen, die noch nicht so lange gewartet hat.

Somit kann man sich zwar an den Werten der vergangenen Semester orientieren, eine definitive Vorraussage der benötigten Wartezeit ist allerdings nicht möglich. Somit wird dir auch keine Uni versprechen können, dass du in x Semestern einen Platz erhältst. Im Prinzip muss man sich zu jedem Semester neu bewerben und hoffen, dass es reicht. Im negativen Fall bekommst du eine Ablehnung mit der Information, dass deine Wartezeit noch nicht ausgereicht hat. Diese Wartezeit kann mitunter recht lange sein, wenn ich mich nicht täusche war in Medizin in diesem Jahr die Grenze bei 10 WS und einer Note von 2,8. Das heisst, dass alle mit über zehn Wartesemestern genommen wurden (unabhängig von ihrer Note), hatte man dieses Jahr 10 WS, so brauchte man eine Note von 2,8 oder besser. Diese Grenze kann natürlich sinken und steigen (Medizin: Tendenz im Moment steigend).

Sollte man sich entscheiden zu warten, muss man die Zwischenzeit natürlich überbrücken. Das kann man auf viele verschiedene Weise tun, solange man sich nicht an einer deutschen Hochschule (z.B. für ein anderes Fach) einschreibt.

Ich habe auch schon Stimmen gehört, die befürchten, dass die Wartezeit abgeschafft werden könnte. Dazu kann ich aber nichts sagen. Dies sollten jetzt nur einige grundlegende Informationen sein, ich schreibe ohne Gewähr, wenn du definitive Infos bekommen möchtest, ist sicherlich eine Studienberatung, wie sie vom Arbeitsamt oder auch an den einzelnen Hochschulen durchgeführt werden, vernünftig.

Nur eine kurze Ergänzung: wollte jetzt keine Panikmache tun, von wegen Wartezeit könnte abgeschafft werden, aber da es mal in einem Medizinerforum aufgekommen ist, wollte ich es der Vollständigkeit erwähnt haben. Schließlich ermöglicht einem die Wartezeit-Regelung ja auch gewissermaßen eine freie Berufswahl (wenn man denn lange genug wartet), ich habe keine Ahnung, ob das einfach gekippt werden könnte.

» oase » Beiträge: 6 » Talkpoints: 0,06 »


Wartesemester werden, wie oase schon erklärt hat, nicht vorausgesagt. Wenn du nicht unbedingt solche "schwer zu erlangenden" Ziele wie Medizin hast, sind meistens 2 oder 3 Wartesemester wahrscheinlich. Natürlich kommt dies auf viele Faktoren an, wie deinen Abi-Schnitt und den Andrang auf den Studiengang bzw. die Uni usw.

Wartesemester zu "sammeln" ist auch ganz einfach. In der Zeit kannst du zum Beispiel deinen Wehr- oder Zivildienst ableisten (als Mann jedenfalls) oder auch ein FSJ (FÖJ, FKJ) machen. Oder du verbringst die Zeit mit einem oder mehreren Praktika, die dir teilweise dann im Studium schon als Praxisnachweise angerechnet werden können, das wäre also Zeit, die du im Studium dann sparen könntest. Natürlich kannst du die Zeit auch einfach mit Jobben rumbringen und schon etwas Geld fürs Studium sammeln, um dir zum Studienbeginn zum Beispiel eine Wohnungskaution anzusparen.

Alles in allem finde ich es wirklich gar nicht so verkehrt, wenn zwischen Abitur und Studium wenigstens zwei Semester (also ein Jahr) liegen. Das ist wertvolle Zeit, in der man dann die Studienzeit viel besser zu schätzen lernt. Im Nachhinein sagen so ziemlich alle, dass die Studienzeit die Schönste im Leben ist, sie es aber gar nicht zu schätzen gewusst hätten damals. Wenn man wenigstens ein Jahr lang schonmal in typischen Arbeitsalltag schnuppert, freut man sich wahrscheinlich umso mehr auf den Studienbeginn.

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» Taline » Beiträge: 3594 » Talkpoints: 0,75 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Schonmal ganz vielen Dank für eure Antworten, ihr habt ir schon ein ganzes Stück weitergeholfen!

Ganz konkret möchte ich Medizinische Biologie studieren und soweit ich weiß, wird dieses Studienfach bisher nur an der Uni in Essen angeboten und es geht, auch soweit ich weiß, nicht über die ZVS. Den momentanen NC weiß ich leider noch nicht, allerdings war er in den letzten Jahren etwa bei 1,3. Welche Note ich im Abiturdurchschnitt haben werde, weiß ich ja noch nicht, aber ich arbeite schonmal so auf 1,5 bis 1,7 hin.

Es wurde mir auch irgendwann mal gesagt, dass man pro Wartesemester etwa eine Nachkommastelle "gutmachen" könnte, ist da wirklich irgendwas dran?

Ich hab auch schon damit gerechnet, dass ich vielleicht 2 oder 3 Wartesemester haben werde und auch schon überlegt, was ich in der Zeit tun könnte, weil ich diese 2 oder 3 Wartesemester auch in Kauf nehmen würde - viel länger allerdings nicht, denn ich will ja auch nicht 33 sein, bis ich mal mit dem Studieren fertig bin. Sie Grenze lag hier, soweit ich informiert bin, bei 10 oder 11 Wartesemestern und das geht definitiv zu weit.

Nur ist es natürlich ziemlich blöd, wenn man nur eine ungefähre Angabe bekommt, wie viele Wartesemester man zu warten hat, schließlich muss man doch eigentlich auch irgendwie planen können oder zumindest wissen, wenn man in der Zwischenzeit etwas anderes macht, wie z.B. arbeiten, für wie lange man das dann machen kann. Es könnte ja sein, dass man dann ein FSJ macht und schon nach einem Semester eine Zusage bekommt. Dann hat man schon wieder ein halbes Jahr "verschenkt".

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» B. » Beiträge: 796 » Talkpoints: 2,36 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Habe mich mal grad ein wenig selbst durch die Seiten der Uni Essen geklickt. So wie ich die Auswahlgrenzen verstehe, wurden in den letzten Jahren immer 60% der Plätze nach Abi Note und 40% der Plätze nach Wartezeit vergeben. Das sind dann vermutlich zwei völlig unterschiedliche Töpfe, zumindest wird das bei der ZVS so gehandhabt. Das heißt, dass in dem Abi Notentopf auch nur die Abi Note zählt, ich sehe zumindest keine Informationen darüber, dass man seine Note mit einigen Wartesemestern hochziehen kann. Dir bleibt also nichts anderes übrig, als eine mögliche Wartezeit einzuplanen oder in der Schule noch einmal richtig durchstarten und alles zu geben, zumindest wenn es der Studiengang in Essen sein soll.

Es gibt noch andere Unis, an denen man Ähnliches studieren kann, wie ich dich verstehe, geht es ja um die Schnittstelle von Medizin und Biologie. Die einzelnen Unis haben dabei vielleicht unterschiedlich Schwerpunkte, aber zumindest die grobe Ausrichtung sollte denke ich ähnlich sein.

Hier ein paar Beispiele (kannst auch selbst mal bei Wikipedia Humanbiologie eingeben):

- molekulare Biomedizin in Bonn
- Biomedizin in Würzburg
- molekulare Medizin in Göttingen, Freiburg, Erlangen und Ulm
- Humanbiologie (Biomedical Science) in Marburg

Was genau die Studieninhalte und Arbeitsfelder betrifft, kannst du dich mal bei den einzelnen Uniseiten informieren. Auch die Fachschafts-Homepages von den entsprechenden Studiengängen können informativ sein und bieten in Foren o.ä. die Möglichkeit, auch Fragen zu stellen. Man sollte sich aber nichts vormachen, die Studiengänge sind sehr belebt, möglicherweise kann man aber in Auswahlgesprächen punkten (z.B. durch Praktika, Wettbewerbe, soziales Engagement).

Ein FSJ zu machen ist bestimmt auch keine schlechte Idee. Und zumindest in Essen müsstest du dir keine Sorgen machen von wegen nach einem Semester eine Zusage zu erhalten: Hier beginnt das Studium immer zum Wintersemester.

Daneben gibt's natürlich auch die Möglichkeit, Medizin zu studieren. Mit einem guten Abi (und 1,5 ist gut) hat man dort auch Chancen auf einen Platz. Und nicht jeder, der Medizin studiert, wird deshalb Arzt. Es gibt nämlich auch hier die Möglichkeit in die Forschung etc. zu gehen.

» oase » Beiträge: 6 » Talkpoints: 0,06 »


Natürlich bekommst du nie gesagt, wie lange du warten musst. Die Uni weiß doch auch nicht, wie viele Studenten sich in den folgenden Semestern bewerben und könnten sich bei festen Zusagen ganz schön verschätzen und hinterher mit überfüllten Hörsälen dastehen.

Normalerweise bekommst du, wenn du abgelehnt wirst, nur einen Ablehnungsbescheid, in dem drin steht, wie weit du von der Note weg bist, die als schlechteste noch zugelassen wurde und wie viele Wartesemester die Bewerber hatten, die gerade noch zugelassen wurden. Dann kannst du dir ja ausrechnen, wie lange du so warten musst.

Das mit der Planung stimmt zwar schon, ist aber doch kein Problem. Wenn du jetzt beispielsweise an der Uni abgelehnt wird, und stattdessen eine Ausbildung anfängst, solltest du diese Ausbildung doch nicht nur machen, weil du nichts besseres mit dir anzufangen wusstest, sondern damit du schon mal eine berufliche Qualifikation hast. Nach der Ausbildung bekommst du dann ja noch eher einen Studienplatz, weil du dann ja noch mehr Wartesemester gesammelt hast.

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» pepsi-light » Beiträge: 6018 » Talkpoints: 2,14 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


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