Zwangsversteigerungen, worauf sollte man achten?

vom 15.06.2010, 12:17 Uhr

In der Mitteldeutschen Zeitung habe ich einen interessanten Artikel gefunden in dem Profis ein paar Tipps für eine erfolgreiche Ersteigerung eines Traumobjektes geben. Da diese Frage schon ein paar Mal hier im Forum Thema war habe ich hier die Fakten noch einmal zusammengefasst.

Jedes Jahr wechseln zehntausende Häuser per Versteigerung ihre Besitzer, das Angebot ist also vorhanden und mit einer guten Vorbereitung kann man durchaus ein gutes Geschäft machen oder zumindest einen Reinfall vermeiden. Von den Fachleuten wird empfohlen in eine Versteigerung ohne Zeitdruck zu gehen und nichts zu überstürzen. Es sollte ungefähr die gleiche Zeitinvestition wie bei einem Hauskauf erfolgen.

Es wird dringend empfohlen sich mal eine Versteigerung probeweise anzuschauen damit man ein Gefühl für das Prozedere und die Abläufe im Amtsgericht hat. Auch sollte man aufmerksam zuhören was noch so für Dinge im Zusammenhang mit der Immobilie angesprochen wird wie Wohnrechte oder Räumungsfristen.

Die Zwangsversteigerungen finden in den Amtsgerichten statt. Als Interessent kann man sich über die Termine direkt per Aushang dort informieren, das ist die beste Methode da solche Aushänge langfristig erfolgen und man deshalb auch ausreichend Zeit hat um sich optimal vorzubereiten. Weiterhin findet man die Termine in der örtlichen Zeitung, das sind die umrandeten Kästchen mit extrem kleingedruckter Schrift und dem Wort „Zwangsversteigerung“ in der Überschrift. Als Drittes bleibt noch die Möglichkeit des Internets, unter www.zvg-portal.de werden durch die Gerichte ihre Versteigerungstermine veröffentlicht. Die Nutzung ist kostenlos und man bekommt auch umfangreiche Auskünfte zum Ablauf. Übrigends erhält man bei den Aushängen und den Zeitungsannoncen zusätzlich noch eine knappe Beschreibung des Objektes, den Verkehrswert und die erforderlichen Sicherheiten die man als potenzieller Interessent und Bieter dann vorweisen muss.

Hat man nun endlich ein schönes Objekt gefunden sollte man sich die die drei As merken, Adresse-Ansprechpartner-Aktenzeichen. Gerade letzteres ist unheimlich wichtig, ohne das Aktenzeichen (AZ) läuft bei erforderlichen Auskünften garnichts. Als nächstes sollte das Wunschobjekt besichtigt werden. Nicht immer ist das von Innen möglich, aber zumindest von Außen sollte man sich einen ersten Eindruck verschaffen. Wer die Ausgaben nicht scheut sollte eventuell noch einen Bausachverständigen bei der Besichtigung um Unterstützung bitten. Gerade versteckte Mängel wie Feuchtigkeit können den Wert mindern, bei Eigentumswohnungen sollte man den Verwalter zusätzlich nach den Umlagen und zukünftig geplanten Sanierungen befragen.

Ein absolutes Muss ist das Studium des Gutachtens, das liegt im Gericht aus. Auch sollte man sich unbedingt ein Limit setzen und dann auch einhalten. Eventuell bestehende Mietverträge sind ebenfalls noch möglich, hier muss dann später noch eine Eigenbedarfskündigung erfolgen da bestehende Mietverträge weiterlaufen. Allerdings gilt gekauft ist gekauft, später festgestellte Mängel können beim Amtsgericht nicht reklamiert werden, ebenso wenn plötzlich Einbauten fehlen die der ehemalige Eigentümer eventuell noch demontierte. Es gibt keine Garantie.

Wer jetzt Bieten will muss die Finanzierung abgeklärt haben, neben den Ausweispapieren ist eine Sicherheitsleistung von 10 % des Verkehrswertes fällig. Bei einem Zuschlag sind dann noch die Gerichtsgebühren zu zahlen sowie der Grundbucheintrag und die Steuer für den Erwerb der Immobilie.

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



hooker hat geschrieben:und mit einer guten Vorbereitung kann man durchaus ein gutes Geschäft machen

Es ist aber davon auszugehen, dass hier die wirklich guten Geschäfte schon im Vorfeld durch die Immobilienprofis und Investoren gemacht werden. Es ist jedenfalls sehr unwahrscheinlich, dass bei all den Angeboten wirklich interessante Objekte an private Käufer fallen, die sogar noch Selbstnutzer sein wollen.

hooker hat geschrieben:oder zumindest einen Reinfall vermeiden.

Ich denke auch, dass das der springende Punkt ist. Als Selbstnutzer ist es einem sicher egal (zumindest wird es nebensächlich), wie interessant das Grundstück aktuell ist. Wichtig ist, dass man es sich leisten kann und nicht in eine Bauruine investiert, bei der sich später herausstellt, dass noch massiv Geld nachgeschoben werden muss. Der Worst Case ist ja der, dass ein Käufer einer zwangsversteigerten Immobilie später sein Objekt selbst wieder versteigern lassen muss.

hooker hat geschrieben:Von den Fachleuten wird empfohlen in eine Versteigerung ohne Zeitdruck zu gehen und nichts zu überstürzen.

Diese Regel gilt ja eigentlich bei jedem Einkauf. Besonders dann, wenn die Sachwerte auch noch in solche Höhen schießen. Es ist eben so, dass ich wirklich keine Investition kenne, welches man überstürzt tätigen kann. ;)

hooker hat geschrieben:Es sollte ungefähr die gleiche Zeitinvestition wie bei einem Hauskauf erfolgen.

Weil es eben letztlich ein Hauskauf ist! Es geht ja um nichts anderes, als um den Erwerb einer Immobilie.

Wenn übrigens eine Besichtigung von Innen nicht möglich ist, weil das Objekt aktuell noch (vom Besitzer) bewohnt ist, muss man sich das Risiko vor Augen halten, welches man eingeht. Denn auch wenn es vertragliche Räumungsfristen gibt, kann es zu Konstellationen kommen, die es unmöglich machen, den ursprünglichen Bewohner auf die Straße zu setzen.

Dazu kommt, dass man auch "kaltherzig" genug sein muss, hier auch Menschen zu "vertreiben". Dabei spielt es keine Rolle, dass man von rechtlichem Standpunkt ja nur sein Haus frei bekommen will. Immerhin sieht man hier dann, wie andere auf Grund des Kaufs aus dem Haus geworfen werden und im Zweifel eben auf der Straße landen. Und das im Wortsinn. Diesen Gedanken muss man auch bedenken und entsprechend einschätzen, ob alle beteiligten damit kein Problem haben.

Ist das Haus bewohnt von einem Mieter, ist auch zu beachten, dass eine einfache Eigennutzung nicht angezeigt werden kann. Bzw. kann es in so einem Fall auch zu langwierigen Auseinandersetzungen vor Gericht kommen. Schließlich weiß der Käufer vor dem Kauf, dass das Haus vermietet ist.

Das Ganze stellt eigentlich - sofern eben nicht frei- und leerstehend - immer ein Risiko dar. Nicht nur finanziell, sondern auch menschlich. Nur wenn man sich dessen von Anfang an bewusst ist, würde ich so einen Schritt riskieren. Hinzu kommt übrigens, dass man auch zeitlich flexibel sein sollte, was den Einzug angeht. Wird hier zu knapp kalkuliert, kann sich - so denke ich - ein Schnäppchen zu einem Albtraum wandeln.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Das ist schon richtig dass so ein Kauf viele Risiken birgt und die Rosinen bereits von den Profis herausgepickt wurden. Ich denke es hängt auch viel von der Lage und dem herrschenden Angebot ab. In ärmeren Gegenden sind Luxus sanierte Häuser nur weit unter Wert zu verkaufen und wo viele Zwangsversteigerungen stattfinden weil sich die Besitzer einfach übernommen haben sinkt der Preis auch zwangsläufig. So richtig gute Käufe kann man sicherlich auch nur bei dem zweiten oder dritten Versteigerungstermin machen weil dann die Gebote auch unter dem Verkehrsweg liegen dürfen.

Ich kann hier immer nur meinen neuen Nachbarn anführen der als einziger Bieter bei der dritten Zwangsversteigerung zugeschlagen hat und eine Top sanierte Villa mit riesigem Garten für etwas mehr als als 100 000 Euro erwarb. Für ihn ist das Objekt ideal, es können mehrere Familienmitglieder in dem Haus wohnen, er hat genug Platz für sein kleines Gewerbe, es liegt direkt an der Hauptstraße mit viel Durchgangsverkehr und er hat genug Zeit um auch seinen Garten zu pflegen. Das Objekt wurde übrigends über mehrere Jahre von einem Makler für ungefähr 320 000 Euro angeboten ohne dass sich je ein Interessent fand. Kleines Manko war allerdings dass er sich noch mit dem Vorbesitzer herumärgern musste dem er in seiner Gutmütigkeit noch zustand seinen alten Krempel in einem Nebengelass aufzubewahren und der in dann verklagte weil angeblich wertvolle Dinge fehlten und der Rest angemodert war.

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



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