ZDF mit "verbaler Entgleisung"
Jetzt ist die WM und ich habe bisher eher wenige Spiele gesehen. Ganz eigentlich noch gar keines. Obgleich ich gerne Spiele der Fußball Bundesliga schaue, begeistere ich mich eher weniger für solche Ereignisse wie die der WM oder EM im Fußball.
Jetzt gab es aber gestern das erste Spiel der deutschen Mannschaft und offenbar habe ich ein gutes Spiel verpasst. Sowohl das Ergebnis als auch die Erzählungen über das Spiel sprechen ja für sich. Schade, aber das nächste Spiel werde ich wohl ganz sicher verpassen, obwohl ich jetzt schon Lust hätte es zu sehen.
Überschattet wird aber so ein Ereignis, durch eine unglaublich dumme Bemerkung der Reporterin und Journalistin "ohne Geschichtskenntnisse" (oder gerade mit Kenntnissen?). Offenbar hat die Moderatorin Müller-Hohenstein im ZDF davon gesprochen, dass der Miroslav Klose (slawischer Vorname, polnische Herkunft) hier im Spiel seinen "inneren Reichspartietag" hält. Ich bin schon etwas fassungslos, weil es meines Wissens nur eine Partei gab, die hier solche Reichsparteitage zelebriert hat.
In meinem Wortschat kommt diese Redewendung eigentlich nicht vor. Das hat übrigens nichts mit übertriebener "Political Correctness" zu tun. Denn auch vor dem Dritten Reich hätte man nie davon gesprochen, seinen "inneren Reichsparteitag" zu haben. Der Bezug ist für eigentlich ganz klar.
Was nun das ZDF angeht, welches wohl in der Äußerung "nichts Schlimmes" sieht (jedenfalls, was zu Konsequenzen führen könnte), glaubt mit einer Entschuldigung wäre alles wieder gut. Ich verstehe nicht, was die damit meinen, dass hier nur etwas gesagt wurde, was zwar nicht schlimm ist, aber nun eben "nicht ins Fernsehen" gehört. Wie ist es, wenn sie Cacau dazu beglückwünscht hätte, nun "in seiner Heimat" Afrika ein Tor gemacht zu haben? Auch ein Rassismus, der OK ist, aber nicht ins Fernsehen gehört? Was bitte um alles in der Welt kann zwar OK sein, aber nicht "Ausstahlungsfähig"?
Ich finde, entweder gemachte Aussagen sind schlicht dumm und gehören sanktioniert oder eben nicht. Ob Kameras oder Mirkos dabei sind, spielt dann keine Rolle. Eben keine "Political Correctness", sondern Überzeugungen sind ausschlaggebend!
Offenbar haben all jene Recht, die behaupten, dass ein bisschen Nationalismus nicht geht. Man berauscht sich immer und führt immer zum Extremen, wenn auch hier nur verbal. Sprach ist schlicht verräterisch. Schade eigentlich, denn es sollte um Fußball gehen.
Ich habe diese Bemerkung nicht mitbekommen, habe aber mir auch nicht das Gelaber in der Halbzeitpause und nach dem Spiel angehört. Ohne das verharmlosen zu wollen, es war sicherlich live und spontan und da kann es schon einmal zu Versprechern kommen, auch wenn so etwas einem ausgebildeten Journalisten eigentlich nicht passieren darf (denke mal an Schalke 05- erster und letzter Auftritt einer Sportjournalistin).
Ich selber kenne die Wortkombination "innerer Reichsparteitag" überhaupt nicht, allerdings zu DDR-Zeiten sprach man öfters von einem inneren Parteitag wenn einem etwas besonders gut gelungen war oder wenn man etwas ergattert hatte was besonders selten war oder anders ausgedrückt, das ist so etwas wie sich selber auf die Schulter zu klopfen. Vom Sinn her würde es passen.
hooker hat geschrieben:Ohne das verharmlosen zu wollen, es war sicherlich live und spontan und da kann es schon einmal zu Versprechern kommen,
Und genau das ist der Punkt, welcher mich schockiert. Denn ich sehe das auch so: es war live und spontan. Da hat die gute Frau nicht nachgedacht und geredet, wie sie denkt. Aber ist es jetzt besser, hier jemanden zu haben, der sich nur kontrolliert und sein u.U. sehr reaktionäres Gedankengut versteck hält?
Was macht z.B. eine abfällige Aussage bei Politikern besser, wenn keine Mikrofone dabei sind? Hilft es da zu beteuert, dass diese Aussage keinesfalls gemacht worden wäre, wenn man von Zuhörern gewusst hätte?
Ich schaue mir die Spiele der WM ja nicht an, höchstens mal die der Niederlande, so dass ich diesen Kommentar auch nicht mitbekommen habe. Ich habe allerdings früher, als ich mir hin und wieder Fußballspiele angesehen habe, dass das Schlimme an diesen Ereignissen nicht einmal der langweilige Sport ist, sondern vor allem die dummen Sprüche der Kommentatoren. Was da manchmal an hirn- und sinnfreiem Blödsinn verzapft wird, ist wirklich unglaublich. Das von dir genannte Beispiel ist nun etwas, das aufgrund der speziellen Brisanz wahrscheinlich noch stärker auffällt als der andere Unsinn, der bei solchen Übertragungen gefaselt wird.
Insgesamt bewegen sich solche Kommentare zu Fußballspielen meistens auf einem ganz unangenehmen Stammtisch-Niveau. Solche Sprüche mit Anspielungen auf das Dritte Reich bilden da keine Ausnahme und kommen sicher insgesamt häufiger vor als man denkt. Ich finde es ebenfalls erschreckend, dass ein Kommentator so etwas von sich gibt, aber leider gibt es auch jenseits der Fernsehwelt genug Leute, die nicht auf ihre Wortwahl aufpassen und unreflektiert Dinge von sich geben, die man, sofern man noch bei Verstand ist, vielleicht besser unterlassen sollte.
Ich frage mich bei solchen Leuten auch immer, wie ihnen so etwas herausrutschen kann. Zu meinem Wortschatz gehört ein solcher Ausdruck ebenfalls nicht und es erscheint ja naheliegend, dass bei den Leuten, die mit solchen verbalen Entgleisungen um sich schmeissen, dieser Ausdruck einen festen Bestandteil im persönlichen Wortschatz hat. Und das ist etwas, was ich wirklich schlimm finde.
Es ist eine Redwendung, die schon zu Urgroßmutters Zeiten gesagt wurde, wenn man einen inneren Triumpf feiert und sich über etwas besonders freuen kann. Ich sehe da absolut nichts politisches dahinter und ich denke, dass man das Haar mal in der Suppe lassen sollte (und damit habe ich auch keine Haare in der Suppe und esse sie mit) .
Ich finde nicht einmal, dass dieser Satz unbedacht gewesen ist. Es ist einfach eine Redewendung, die sehr bekannt ist und ich nicht negativ deuten würde. Die Moderatorin hat sich bestimmt nichts schlechtes dabei gedacht.
Diamante hat geschrieben:Es ist eine Redwendung, die schon zu Urgroßmutters Zeiten gesagt wurde
Dann können wir gerne darüber reden, welche Reichsparteitage denn hier zu Bismarcks Zeiten gemeint sein können. Gerne frage ich auch, welche Partei es denn in der Weimarer Republik so weit gebracht hat, dass deren Reichsparteitage so populär und richtungweisend wurden, dass es zu einer Redewendung gereicht hat. Oder auch aus der Zeit nach der Gründung der Bundesrepublik. Wenn hier schlüssige Antworten kommen, werde ich auch an mir arbeiten.
Ich weiss jetzt nicht das Geburtsjahr Deiner Urgroßmutter. Aber ich kenne und kannte auch Menschen, die sehr von den Reichsparteitagen angetan waren. Denen waren sie heilig und die sehen nicht schlimmes daran. Sie wurden dann auch nie befreit, sondern haben einen Krieg verloren.
Diamante hat geschrieben:wenn man einen inneren Triumpf feiert
Da widerspreche ich Dir nicht. Ich denke sogar, dass das der Ursprung ist. Der Triumph, der eben auch auf den Reichsparteitagen, an die man sich anlehnt, zelebriert wurde. Nichts anderes. Wenn das nichts politisches hat, dann irre ich auch hier.
Diamante hat geschrieben:und ich nicht negativ deuten würde.
Und das ist auch nicht notwendig. Der Satz ist Deutungsfrei durch seine Eindeutigkeit! Aber mit solchen "Anspielungen" nimmt man es immer lockerer. Und macht man darauf aufmerksam, gehört man gleich zu den "Gutmenschen", die keinen (heiß ersehnten) Schlussstrich ziehen können.
Diamante hat geschrieben:Die Moderatorin hat sich bestimmt nichts schlechtes dabei gedacht.
Ob sie überhaupt was gedacht hat? Und der gute und belesene Titan, welcher dann als Reaktion darauf von "Erlösung" sprach?
derpunkt hat geschrieben:hooker hat geschrieben:Ohne das verharmlosen zu wollen, es war sicherlich live und spontan und da kann es schon einmal zu Versprechern kommen,
Und genau das ist der Punkt, welcher mich schockiert. Denn ich sehe das auch so: es war live und spontan. Da hat die gute Frau nicht nachgedacht und geredet, wie sie denkt.
Du meinst sicherlich die freudschen Verspecher, also wenn man sich eigentlich verspricht aber in Wirklichkeit doch das ausdrückt was man eigentlich denkt. Schon klar, aber ich kannte diese Wortschöpfung überhaupt nicht.
Da mich das doch interessierte habe ich mal gegoogelt und unter www.redensarten-index.de eine ganze Reihe von Zitaten dieser Art, auch aus heutigen Zeiten, gefunden. Ich nehme mal an dass Frau Müller-Hohenstein dort auch bald Eingang findet. In der Tat umschreibt man damit ein Gefühl tiefster Befriedigung, es wird aber auch im Zusammenhang mit rechtsradikalem Gedankengut genannt. Man umschreibt damit unter anderem die Reichsparteitage und die Aufmärsche und Totengedenken der NSDAP in den Dreißigern als Demonstration ihrer Macht und ihrer Ideologie.
Die Redewendung des "inneren Parteitages", der gemeinhin als stiller, weil innerlicher Triumph, gekrönt mit ein ganz klein wenig Schadenfreude, ist aber doch hoffentlich erlaubt? Oder erinnert das zu sehr an das SED-Regime? Diese Redewendung ist zwar auch nicht extrem alt, aber sie wird eben in der Regel nicht ideologisch gesehen.
Sicher habe ich diesen Patzer auch mitbekommen und auch ein wenig gestutzt, weil mir das irgendwie seltsam erschien. Kahns Antwort darauf habe ich gar nicht mehr als merkwürdig wahrgenommen. Und daraus so einen Aufstand zu machen finde ich einfach nur überflüssig. Es hätte ja ausgereicht, die Frau Müller-Hohenstein darauf hinzuweisen, dass das "Reichs" in der von ihr bemühten Redewendung nicht nur überflüssig sondern auch völlig missverständlich ist.
Das Gespräch zwischen Kahn und Müller-Hohenstein jetzt noch genauestens auf nationalsozialistisches Gedankengut untersuchen zu wollen ist in meinen Augen völlig überzogen!
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