Ost und West = Ossi und Wessi =/= Deutschland?

vom 17.04.2010, 09:02 Uhr

Punktedieb hat geschrieben:Das dieses Ossi und Wessi noch lange vorhanden sein wird in den Köpfen merkt man allein an dem aktuellen Rechtsstreit, wo ein schwäbischer Unternehmer die eingereichten Unterlagen mit einem (-) Ossi versehen hat und der Bewerberin zurück geschickt hat.

Dieses Beispiel ging mir beim Lesen des Threads auch als erstes durch den Kopf, denn das habe ich gestern erst in so richtig schöner Breite in der Zeitung gelesen. Es war ja im konkreten Fall sogar so, dass die Dame vor dem Mauerfall ausgereist ist und seitdem in Stuttgart immer gearbeitet hat. Trotzdem wurde hinter die Stationen ihres Berufslebens vor der Ausreise noch DDR geschrieben. Da zeigt sich, dass die Mauer noch lange nicht wirklich gefallen ist.

Ich selbst habe geschilderte Erfahrungen noch nicht gemacht. Lediglich, wenn ich beruflich mit Firmen zu tun habe, die ihren Sitz in den alten Bundesländern haben, gibt es mal Kommentare dazu, dass man vor 9:00 Uhr dort in der Regel nicht anrufen braucht. Genauso weiß ich aber, dass einige der Leute in den dortigen Firmen gewarnt werden, dass sie in bestimmten Abteilungen unserer Firma nach 15:30 Uhr nicht mehr anrufen brauchen.

Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass das auch etwas mit dem Alter zu tun hat. Ich war zur Wende 15 1/2 Jahre und habe durch meine Eltern immer Offenheit erfahren; meine Eltern haben allerdings sehr realistische Erwartungen gehegt. Das fällt mir auch bei vielen Gleichaltrigen auf, die eher selten zwischen Ost und West unterscheiden.

daturaferox hat geschrieben:
Punktedieb hat geschrieben:Und ja ich bin Ossi und das auch mit Herz und Seele. Für mich kam es nie in Frage beruflich, wie privat in den Westen zu gehen. Nicht weil ich eine Abneigung dagegen hätte. Aber ich liebe doch meine Ostdeutsche Heimat, so wie andere auch ihre Heimat lieben.

Findest du solchen Lokalnationalismus angebracht? Ich halte ihn für äußerst fragwürdig.

Ich finde, das ist die typische Argumentation, die nur immer wieder Vorwürfe hin- und herwirft. „Die haben das gesagt, darum reagiere ich jetzt so.“ Glaubst du, damit kommen wir wirklich weiter?

Ich glaube nicht, dass man damit die Gräben noch tiefer macht. In meinen Augen ist es nichts anderes, als wenn ein Düsseldorfer nicht aus seiner Heimat weg möchte oder ein Schwabe oder ein Franke. Gefährlich wird es erst dann, wenn Beleidigungen dazu kommen.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich glaube die Diskussionen wird es wohl noch so lange geben bis der letzte gebürtige Ossi und Wessi verstorben ist. Ich gebe aber wirklich den Medien an der Misere die Hauptschuld. Ob das nun die hier im Osten hochgelobte Super- Illu ist oder die Bildzeitung oder die unsäglichen Talkshows. Schlagwörter wie Wessi- Berater, Jammer-Ossi und so weiter geistern immer noch durch die Medien und damit auch durch die Köpfe, ich finde es einfach traurig und widerlich.

Wenn wir als Familie mal in gemeinsamer Runde mit den Eltern und Großeltern sitzen dann kommt gleich nach der Abarbeitung aller Krankheiten das Thema DDR zur Sprache. Wie toll es war, es hatte jeder Arbeit, es wurde niemand ständig abgezockt, die üblichen Parolen halt. Dabei werden eigentlich immer Themen aus der Presse aufgegriffen, was mir eigentlich zeigt wo der wahre Uhrheber dieser Gedanken zu finden ist.

Für das Arbeitsleben kann ich solche Beobachtungen nicht machen, hier bei mir sind wir eben alle Ossis. Das Einzige was mich bis vor kurzem noch daran erinnert hat dass wir hier im Osten sind war mein Gehaltsscheck, ab diesem Jahr gibt es aber auch hundert Prozent. Ich weiß aber von gemischteren Strukturen dass da öfters über die Wessis und Ossis gefrotzelt wird. Das beruht aber meines Erachtens auf Gegenseitigkeit und sollte nicht so ernst genommen werden, dass sind meistens nur harmlose Späße unter den Kollegen. Es gibt aber natürlich auch heute noch bornierte Köpfe, hüben wie drüben, wenn ich so an den Minus- Ossi denke.

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Vorurteile gegen andere zu hegen ist wohl typisch menschlich. In Bayern regen sich die südlichen Bayern über die Franken auf. Obwohl Franken längst schon Teil Bayerns sind, werden sie von Münchnern nicht als vollwertige Bayern akzeptiert, die Franken wiederrum fluchen oftmals über die Bayern aus den südlichen Regionen. Irgenwo hat das einen gewissen komischen Faktor. Und so lange man das ganze nicht bösartig und hasserfüllt sieht, finde ich es schon amüsant. Die Bayern mögen eigentlich auch nicht sonderlich die Schwaben. Kann man aber gemeinsam gegen den Franken stänkern, ist man sich plötzlich einig.

Wenn also der ganze Ossi-Wessi-Konflikt eines Tages zu so einem Maß eingeschrumpft ist, wie der Konflikt zwischen Bayern, Schwaben und Franken, dann wird das auch erträglich und eher komisch als ernst sein.

Ich selbst bin in Bayern groß geworden und wohne jetzt in den neuen Ländern. Ich habe auch manches mal einen schiefen Blick auf mich gerichtet gesehen und ein verächtliches "Pfff Wessi und dann auch noch aus Bayern, schlimmer geht es ja kaum" gehört. Man denkt sich dann seinen Teil. Entweder man nimmt es mit Humor, reißt grinsend einen platten Ossiwitz mit übertriebener Mimik und Gestik und lässt sich ganz offensichtlich nicht stänkern oder man nimmt das persönlich und gerät in ernsthaften Streit. Ich bin bislang immer am Besten gefahren, wenn ich auf so einen hirnlosen Kommentar schlagfertig und lustig reagiert habe.

Klar, es gibt immer ein paar bornierte Köpfe, bei denen man auch mit Humor nicht weit kommt, aber ein Großteil der Leute wird dadurch schon lockerer. Ich hatte manchmal sogar den Eindruck, dass viele Leute hier einfach etwas ungeschickt mit einem Anti-Wessi-Kommentar prüfen wollten, in wie weit ich fest stehende Vorurteile habe und auf einen locker-flapsigen Kommentar viel entspannter reagieren. Wenn man sich selbst auf die Schippe nimmt und sowas sagt wie, "ja ja, ich komme aus Bayern,und wenn Du mir zeigst, wo Du deinen Trabi geparkt hast, zeige ich Dir auch mein Dirndl; dann ist der ganzen Sache schon der Ernst genommen, weil man ganz offensichtlich auf derbste Klischees anspielt und zeigt, dass man auf solche Abgrenzungen ein Ei haut.

Je jünger die Leute sind, desto weniger Bedeutung hat das in der Regel auch, ob man Ossi oder Wessi ist. Das Problem ist eben, dass bei der älteren Generation durch die sehr unterschiedlichen politischen Modelle und durch den kalten Krieg gezielt Feindbilder genährt wurden. Das sitzt bei vielen tief. Aber mit gezielter Information und Diskussion lässt sich da auch vieles als Mythos enttarnen. Darüber darf man auch nicht vergessen, dass die jüngere Generation dafür andere Mauern im Kopf hat, die uns vielleicht selbst nicht auf den ersten Blick auffallen.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Ich frage mich allgemein schon seit ich erfahren habe, was damals passiert ist, warum es heute immernoch Unterschiede gibt und man Abstriche macht zwischen Ost und West, obwohl wir doch schon seit 20 Jahren nur EIN Deutschland haben?!

Ich persönlich bin in der ehemaligen DDR aufgewachsen, hab die DDR aber selber nicht mehr miterlebt. Ich weiß nur von Erzählungen meiner Eltern, Großeltern und Lehrer, wie es damals gewesen sein muss. Deshalb frage ich mich noch mehr, warum nicht einfach alle froh sind, dass nach dieser schlimmen Zeit der Trennung von sozusagen Brüdern, nicht alle sowas von froh sind, dass sie endlich wieder vereint wurden?!

Ich kann nicht nachvollziehen warum man heute noch immer Unterschiede macht. Warum Menschen unterschiedlich angesehen werden, unterschiedlich bezahlt werden und und und.
Ich meine wir waren ein Land und sind es seit 20 Jahren endlich wieder, also warum belassen wir es nicht dabei, werfen die ganzen Vorurteile weg und sind wieder eins?

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» Mietzis » Beiträge: 802 » Talkpoints: -0,75 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Man muss natürlich auch fairer Weise sagen, dass es den damaligen BRD Bürgern vor der Wiedervereinigung einfach besser ging. Mit dem damaligen Vorhandensein der DDR konnten auch die Leute im Westen gut leben. Und auch die DDR hatte mit der damaligen BRD ihre gewissen Vorteile. Diesen Gesichtspunkt muss man einfach offen und ehrlich betrachten.

Mit der Wiedervereinigung fiehlen diese o.g. Vorteile auf beiden Seiten sofort weg. Daher waren auf beiden Seiten der damaligen Grenze der Menschen mit der Zeit unzufrieden. Dieser so entstandene Frust wurde dann auch öffentlich gezeigt. Dieser Zustand wird erst vollständig beseitigt werden, wenn die Lebensverhältnisse annähernd angeglichen sind.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


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